Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im sozialgerichtlichen Verfahren
Unbegründetheit der Beschwerde gegen die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zur Gewährung von Schutzmasken
nach dem FFP2-, KN95-, N95- oder einem vergleichbaren Standard als Mehrbedarf
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen zur Finanzierung von Atemschutzmasken des
Standards FFP2 (im Folgenden: FFP2-Masken) i.H.v. 127,50 € monatlich, hilfsweise eine Sachleistung in Form von 85 FFP2-Masken
monatlich.
Die am 00.00.1989 geborene Antragstellerin steht im laufenden Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach
dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Mit Bescheid vom 31.03.2020 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 18.12.2020 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin
Leistungen für den Zeitraum vom 01.05.2020 bis zum 30.04.2021 unter Berücksichtigung einer Regelleistungen i.H.v. 432,00 €
(01.05.2020 bis 31.12.2020) bzw. 446,00 € (01.01.2021 bis 31.03.2021) sowie von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe
von insgesamt 370,00 €. Mit Bescheid vom 29.03.2021 bewilligte die Antragsgegnerin auf den Weiterbewilligungsantrag der Antragstellerin
vom 24.03.2021 hin Leistungen für den Zeitraum vom 01.05.2021 bis zum 30.04.2022 in Form einer Regelleistungen i.H.v. 446,00
€ sowie von Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 370,00 € monatlich.
Am 22.02.2021 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Ausgabe von 20 FFP2- Masken pro Woche oder eine Geldleistung
i.H.v. 129,00 € pro Monat. Der Anspruch ergebe sich aus § 21 Abs. 6 SGB II. Der Bedarf bestehe laufend, da die Pflicht zum Tragen der Masken seit dem 25.01.2021 bestehe und ein Ende der verschärften
Maskenpflicht nicht absehbar sei.
Mit Bescheid vom 24.02.2021 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Übernahme von Kosten zur Anschaffung von FFP2-Masken
ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der geltend gemachte Bedarf bereits vom Regelbedarf gedeckt sei und ein Mehrbedarf
nicht vorliege. Der Regelbedarf decke den Teil des soziokulturellen Existenzminimums, der unter anderem auch die Gesundheitspflege
umfasse. Ein erhöhter Bedarf, der nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen aus der Regelleistung bestritten werden
könne, lasse sich nicht erkennen. Eine FFP2-Maske sei aktuell in zahlreichen Geschäften des Einzelhandels und bei Erwerb über
den Onlinehandel für unter 1,00 € zu erwerben. Darüber hinaus seien gemäß der Ersten Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung
(SchutzmV) bereits zehn Masten kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Laut einer Untersuchung der Fachhochschule der Westfälischen
Wilhelms-Universität Münster sei außerdem die Wiederverwertbarkeit der Masken nach siebentägiger Trocknung bei Raumluft oder
einer Stunde Erwärmen im Backofen bei 80 °C bejaht worden. Der Mehrbedarf wegen der FFP2-Masken liege nicht in mehr als in
geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe. Die Mehraufwendungen könnten durch Minderausgaben in anderen Bedarfsbereichen
ausgeglichen werden. Ferner ergäben sich derzeit durch die Pandemie erhebliche Einschränkungen des sozialen und kulturellen
Lebens, wodurch den Antragstellern Einsparungen in diesem Bereich nicht nur zuzumuten seien, sondern sich situationsbedingt
ergäben. Beispielsweise fielen die im Regelbedarf für Freizeit und Kultur sowie für Beherbergung und Gaststättenleistung vorgesehenen
Aufwendungen nicht an. Auch eine darlehensweise Gewährung nach § 24 Abs. 1 SGB II komme vorliegend nicht in Betracht. Denn es liege aus den bereits genannten Gründen keine Notsituation vor.
Am 11.03.2021 legte die Antragstellerin Widerspruch gegen den Bescheid ein. Zur Begründung führte sie unter Bezugnahme auf
die Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.02.2021, Aktenzeichen S 12 AS 213/21 ER aus, dass ein Ausstattungsbedarf bezüglich der FFP2-Masken bestehe und dieser bei der Bemessung der Regelsätze nicht berücksichtigt
worden sei. Die Masken seien als Einmalprodukte konstruiert und nach der Nutzung zur Vermeidung weiterer Infektionsrisiken
zu entsorgen. Es bestehe ein Bedarf von 20 Masken pro Woche. Die zehn Masken, die der Antragstellerin zur Verfügung gestellt
worden seien, seien inzwischen verbraucht. Einsparmöglichkeiten im Hinblick auf die Einschränkungen des sozialen und kulturellen
Lebens bestünden nicht. Es gebe keine Zuwendungen Dritter, die geeignet wären, den laufenden Bedarf zu decken.
Am 25.03.2021 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgerichts Duisburg gestellt.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass die wöchentliche Versorgung mit 20 Masken der Qualität FFP2, KN95 oder N95 erforderlich
sei. Der Stückpreis liege bei 1,50 €. Aus der Regelleistung lasse sich der Bedarf nicht finanzieren. Die Masken seien nicht
wiederverwertbar. Sie verfüge über keine Mittel, um die aus hygienischen Gründen erforderlichen Masken zu erwerben. Die Ausstattung
mit Masken sei nach der aktuellen Rechtslage Voraussetzung dafür, eine Vielzahl von Örtlichkeiten betreten zu dürfen. Des
Weiteren sei die Eindämmung der Pandemie oberstes staatliches Ziel. Die Antragsgegnerin gefährde Menschenleben, indem sie
die begehrten Mittel zurückhalte. Sie, die Antragstellerin, benötige die Masken, wenn sie den öffentlichen Personennahverkehr
nutze, einkaufen gehe, Arzttermine wahrnehme sowie bei privaten Zusammentreffen. Sie habe viele Arzttermine und nehme derzeit
eine Physiotherapiebehandlung in Anspruch. Außerdem müsse sie die Maske bei einem Vorstellungsgespräch Ende März 2021 tragen.
Zur Glaubhaftmachung dieser Angaben hat die Antragstellerin eine Versicherung an Eides statt vom 20.03.2021 zur Gerichtsakte
gereicht.
Die Antragstellerin hat schriftsätzlich beantragt,
die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, ihr Leistungen zur Finanzierung von FFP2-Masken i.H.v. 127,50 € monatlich,
hilfsweise 85 Masken monatlich als Sachleistung zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Auffassung, dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden ist. Es sei davon
auszugehen, dass im Regelfall kein Bedarf von mehr als sieben FFP2-Masken im Monat bestünde. Diesbezüglich beruft sie sich
auf die Informationsbroschüre eines Forschungsprojekts der Fachhochschule Münster und der Westfälischen Wilhelms-Universität
Münster, wonach die FFP2-Masken nach einer siebentägigen Trocknung bei Zimmertemperatur wiederverwendet werden könnten. Der
Trocknungszyklus könnte insgesamt fünfmal wiederholt werden.
Mit Beschluss vom 09.04.2021 hat das Sozialgericht Duisburg den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie den
Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. M abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt,
dass weder das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs noch eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht worden sei. Die Voraussetzungen
des § 21 Abs. 6 SGB II lägen nicht vor. Es liege kein unabweisbarer Bedarf vor. Zum einen halte das Gericht bereits die begehrte Anzahl von monatlich
85 FFP2-Masken für völlig überzogen. Aber auch unter Zugrundelegung eines solch hohen Bedarfs liege kein unabweisbarer Bedarf
vor. Nach § 3 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung) bestehe
die Pflicht zum Tragen einer sogenannten medizinischen Maske. Hierunter fielen neben Masken des Standards FFP2 auch sogenannte
OP-Masken. Letztere seien bereits ab 0,06 € pro Maske erhältlich. Unter Zugrundelegung des geltend gemachten Bedarfs von 85
Masken pro Monat ergebe sich ein Bedarf i.H.v. 5,10 €. Auch die FFP2-Masken seien mittlerweile ab 0,46 € erhältlich. Hieraus
würde sich ein rechnerischer Bedarf von 39,10 € ergeben. Aufgrund der gegenwärtig vorhandenen Einsparmöglichkeiten könne keinen
Anordnungsanspruch gesehen werden. Eine besondere Eilbedürftigkeit könne ebenfalls nicht erkannt werden.
Gegen den dem Bevollmächtigten der Antragstellerin sowie der Antragsgegnerin am 09.04.2021 zugestellten Beschluss hat die
Antragstellerin am 12.04.2021 Beschwerde eingelegt und einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren
gestellt. Sie trägt vor, die vom Gericht für die FFP2-Masken herangezogenen Preise seien nicht marktgängig. Sie habe zwar
im Februar 2021 zehn Schutzmasken erhalten, diese seien jedoch mittlerweile verbraucht. Die Verwendung der Schutzmasken diene
dem eigenen sowie dem Schutz der Mitbürger. Auch unter Berücksichtigung der für Mai 2021 einmalig ausgezahlten "Prämie" i.H.v.
150,00 € bestehe ein Eilbedürfnis jedenfalls für die Zeiträume vor Mai 2021 sowie ab Juni 2021. Im Rahmen des Verfahrens würden
Leistungen ab dem 25.03.2021 für einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Zeitraum begehrt, wobei angemessen aus Sicht
der Antragstellerin ein Zeitraum von sechs Monaten sei.
Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 09.04.2021 abzuändern und die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, ihr
Leistungen zur Finanzierung von FFP2-Masken i.H.v. 127,50 € monatlich, hilfsweise 85 Masken monatlich als Sachleistung für
die Zeit ab dem 25.03.2021 sowie zur Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von
Rechtsanwalt Dr. M zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich,
die Beschwerde abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Beschluss vom 09.04.2021 sowie auf
ihre erstinstanzlichen Ausführungen.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 20.04.2021 hat der Senat die Antragstellerin dazu aufgefordert, den geltend gemachten Mehrbedarf
für die Vergangenheit in Form von Nachweisen für die Anschaffung der FFP2-Masken darzulegen. Diese hat daraufhin mitgeteilt,
die Belege für die Anschaffung dieser Masken nicht aufgehoben zu haben. Mit gerichtlicher Verfügung vom 29.04.2021 ist die
Antragstellerin aufgefordert worden darzulegen und glaubhaft zu machen, wie häufig und für welche Dauer sie monatlich den
öffentlichen Personennahverkehr nutzt und über welchen Zeitraum und zu welchen Gelegenheiten die begehrten Masken wöchentlich
getragen werden. Des Weiteren sollte dargelegt werden, wie bisher ihr Bedarf an Masken gedeckt worden ist. Die Antragstellerin
hat daraufhin eine Versicherung an Eides statt vom 04.05.2021 übersandt, aus der hervorgeht, dass sie täglich öffentliche
Verkehrsmittel nutze. Sie fahre zum Markt nach Werden, zu Freunden und Bekannten, zum Arzt, zum Anwalt und auch in die Innenstadt.
Sie fahre praktisch jeden Tag mit öffentlichen Verkehrsmitteln, führe über die genauen Fahrten jedoch kein Buch. Sie habe
in der Vergangenheit immer mindestens eine Maske am Tag gebraucht. Dies sei aus ihrer Sicht jedoch zu wenig und unhygienisch.
Den bisherigen Bedarf habe sie aus der Regelleistung finanziert. Dadurch fehle jedoch Geld an anderer Stelle. Des Weiteren
hat sie auf gerichtliche Aufforderung hin die Kontoauszüge für den Zeitraum vom 30.03.2021 bis zum 03.05.2021 sowie eine Sammelauskunft
Umsätze für den Zeitraum vom 28.01.2021 bis zum 30.03.2021 vorgelegt. Das Konto wies in diesem Zeitraum stets ein Guthaben
auf.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte
Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen.
II.
Die Beschwerden sind zulässig, aber unbegründet.
Die Beschwerden sind insbesondere statthaft. Die Statthaftigkeit der Beschwerden richtet sich nach §
172 Abs.
3 Nr.
1 und
2c Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Hiernach ist die Beschwerde ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung
der Zulassung bedürfte, und gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet,
gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist. Nach §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder
Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Nach §
144 Abs.
1 S. 2
SGG gilt dies nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Bei einer Klage
auf Gewährung einer Geldleistung richtet sich der Beschwerdegegenstand nach dem Geldbetrag, den das erstinstanzliche Gericht
versagt hat und der vom Rechtsmittelführer weiterverfolgt wird (vgl. Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Aufl., §
144 SGG, Stand: 06.04.2021, Rn. 19). Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Antragstellerin ihr Begehren nicht konkret
beziffert. Zwar hat sie ihren monatlichen Bedarf mit 127,50 € bzw. 85 FFP2-Masken angegeben, jedoch nicht konkretisiert, für
welchen Zeitraum sie diesen Bedarf geltend macht. Auf eine entsprechende gerichtliche Anfrage im Rahmen des Beschwerdeverfahrens
hat sie durch ihren Prozessbevollmächtigten mitteilen lassen, dass die Leistungen ab dem Eingang des Eilantrags am 25.03.2021
für einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Zeitraum begehrt werden, wobei angemessen aus Sicht der Antragstellerin
ein Zeitraum von sechs Monaten sei. Unabhängig davon, dass die Bewilligung eines monatlichen Mehrbedarfs für FFP2-Masken über
einen Zeitraum von sechs Monaten ausgehend vom 25.03.2021 nicht erreicht werden kann, da der insoweit maßgebliche Bewilligungsbescheid
nur den Zeitraum bis zum 30.04.2021 erfasst, ist dieses Begehren jedenfalls bei der Berechnung des Wertes zugrunde zu legen.
Dies wäre nur dann nicht der Fall, wenn ein willkürlicher bzw. rechtsmissbräuchlicher Antrag zur Erreichung der Beschwerdefähigkeit
vorläge. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist von solchen Umständen nur auszugehen, wenn eine eindeutig funktionswidrige Inanspruchnahme einer an sich gegebenen Rechtsschutzmöglichkeit
vorliegt, indem etwa ein Anspruch nur ins Spiel gebracht wird, um eine Sachurteilsvoraussetzung "gezielt" herbeizuführen (BSG, Urteil vom 05.03.1980 - 9 RV 44/78 -, Rn. 15 bei juris) oder - entgegen einer eindeutigen gesetzlichen Regelung - Prozessanträge nur deshalb und ohne gesetzliche
Grundlage gestellt werden, um die Berufungsfähigkeit zu erreichen (BSG, Urteil vom 22.08.1990 - 10 RKg 29/88 -, Rn. 14 bei juris). Die gezielte Umgehung von Prozessvorschriften muss als "willkürlich" in dem Sinne erscheinen, dass
für das Verhalten des Rechtsmittelklägers ein vernünftiger Grund nicht erkennbar ist (BSG, Urteil vom 28.02.1978 - 4 RJ 73/77 -, Rn. 10 bei juris; BSG, Beschluss vom 26.07.2016 - B 4 AS 12/16 B -, Rn. 11 bei juris). Anhaltspunkte für ein derartiges rechtsmissbräuchliches Verhalten sind vorliegend jedoch nicht ersichtlich,
so dass ein Beschwerdewert von 765,00 € (6 x 127,50 €) vorliegt und in der Hauptsache die Berufung nicht der Zulassung bedürfte.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts, mit dem dieses den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
abgelehnt hat, ist jedoch unbegründet, da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet ist.
Für die Zeit ab dem 01.05.2021 ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässig, da kein Rechtsschutzbedürfnis
vorliegt. Die Antragstellerin bedarf keiner gerichtlichen Hilfe, um die von ihr begehrte Gewährung der SGB II-Leistungen zu erreichen. Solange sie die ihr zumutbaren Möglichkeiten nicht ausgeschöpft hat, das erstrebte Ziel auch ohne
Einschaltung des Gerichts zu erlangen, fehlt es an der Notwendigkeit gerichtlichen Eingreifens (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Auflage 2020, §
86b Rn. 26b). Die Antragstellerin macht einen laufenden Mehrbedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II geltend, der nach § 19 Abs. 1 S. 3 SGB II neben dem Regelbedarf und den Bedarfen für Unterkunft und Heizung einen weiteren Berechnungsfaktor für die Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II darstellt und über den nach § 41 Abs. 3 S. 1 SGB II in der Regel für ein Jahr zu entscheiden ist (Bewilligungszeitraum). Im Rahmen des Leistungsbescheids vom 29.03.2021, den
Bewilligungszeitraum vom 01.05.2021 bis zum 30.04.2022 betreffend, wurde jedoch über einen laufenden Mehrbedarf nicht entschieden.
Die Antragstellerin müsste den begehrten Mehrbedarf für den Zeitraum ab dem 01.05.2021 zunächst bei der Antragsgegnerin geltend
machen und eine normale Bearbeitungszeit abwarten, bevor sie in zulässiger Weise vorläufigen Rechtsschutz geltend machen kann.
Im Weiterbewilligungsantrag vom 24.03.2021 kann nicht zugleich das Begehren auf Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für die
Beschaffung von FFP2-Masken gesehen werden, auch nicht unter Berücksichtigung des sog. Meistbegünstigungsgrundsatzes. Welche
Leistungen ein Antrag umfasst, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der Antrag so auszulegen, dass das Begehren der
Antragstellerin möglichst weitgehend zum Tragen kommt. Als beantragt sind dementsprechend alle Leistungen anzusehen, die nach
Lage des Falles ernsthaft in Betracht kommen (vgl. Silbermann in Eicher/Luik, 4. Aufl. 2017, SGB II § 37 Rn. 30; BSG, Urteil vom 23.03.2010 - B 14 AS 6/09 R -, Rn. 15 bei juris). Zum einen ist jedoch im Weiterbewilligungsantrag vom 24.03.2021 kein Hinweis auf einen begehrten
Mehrbedarf enthalten und zum anderen kommt eine Leistung für den Zeitraum ab Mai 2021 in Form eines laufenden Mehrbedarfs
nicht ernsthaft in Betracht. Denn der Antragstellerin erhält mit den Leistungen für den Monat Mai nach § 70 S. 1 SGB II für den Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 30. Juni 2021 zum Ausgleich der mit der COVID-19-Pandemie in Zusammenhang stehenden
Mehraufwendungen eine Einmalzahlung in Höhe von 150,00 €. Mit dieser kann sie - auch nach eigenem Vortrag - ihren Bedarf an
FFP2-Masken für den Monat Mai decken. Inwiefern nach Ablauf des Monats Mai 2021 unter Berücksichtigung der dann geltenden
gesetzlichen Bestimmung ein Bedarf an FFP2-Masken bestehen wird, war im Zeitpunkt des Weiterbewilligungsantrags noch nicht
absehbar.
Zwar kann ausnahmsweise ohne vorherige Geltendmachung bei der Behörde auf die Leistung ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen,
wenn die Sache sehr eilig ist und die Antragstellerin aus besonderen Gründen mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen
kann, bei der Verwaltung kein Gehör zu finden (vgl. Keller, a.a.O., Rn. 26b). Aufgrund der Einmalzahlung in Höhe von 150,00
€ ist die Angelegenheit jedoch nicht sehr eilig. Angesichts der sich in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen auch kurzfristig
ändernden Sach- und Rechtslage in Bezug auf die Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken kann die Antragstellerin auch nicht mit
großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, bei der Antragsgegnerin kein Gehör zu finden.
Für die Zeit vom 25.03.21 bis zum 30.04.2021 ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unbegründet, da die Antragstellerin
weder das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs noch eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht hat.
Nach §
86b Abs.
2 S. 2
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug
auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz
begehrt wird (Anordnungsanspruch), und dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist (Anordnungsgrund).
Eilbedürftigkeit besteht, wenn dem Betroffenen ohne eine schnelle Entscheidung eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende
Verletzung seiner Rechte unmittelbar droht, die durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden
kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 zum Az. 1 BvR 569/05, Rn. 23 bei juris). Der gemäß Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz (
GG) von den Gerichten zu gewährende effektive Rechtsschutz erfordert auch Rechtsschutzerlangung innerhalb angemessener Zeit.
Daraus folgt, dass gerichtlicher Rechtsschutz namentlich in Eilverfahren so weit wie möglich der Schaffung solcher vollendeter
Tatsachen zuvorzukommen hat, die dann, wenn sich eine Maßnahme bei (endgültiger) richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist,
nicht mehr rückgängig gemacht werden können (BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 - 1 BvR 1087/91 -, Rn. 28 bei juris).
Der geltend gemachte (Anordnungs-) Anspruch und die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 S. 4
SGG in Verbindung mit §§
920 Abs.
2,
294 Abs.
1 Zivilprozessordnung -
ZPO -). Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund
zur Überzeugung des erkennenden Gerichts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001 - B 9 V 23/01, Rn. 5 bei juris).
Es liegt kein Anordnungsanspruch vor. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, einen Anspruch auf Gewährung höherer
Leistungen über einen Mehrbedarf für die Finanzierung von FFP2-Masken in Höhe von weiteren 127,50 Euro aus § 21 Abs. 6 SGB II monatlich zu haben. Nach § 21 Abs. 6 S. 1 SGB II wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht;
bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder
wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Nach S. 2 ist der Mehrbedarf unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die
Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner
Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
Bereits das Vorliegen eines Einzelfalls im Sinne des § 21 Abs. 6 S. 1 SGB II ist nicht glaubhaft gemacht worden. Mit dem Bezug auf einen "Bedarf im Einzelfall" wird ein atypischer Bedarf erfasst, der
nur bei einer mehr oder weniger kleinen Gruppe von Leistungsberechtigten auftritt (Behrend in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 21, Stand: 08.02.2021, Rn. 86; vgl. BT-Drs. 17/1465, S. 8 f.). Dies ist nicht der Fall, da der geltend gemachte Bedarf ausnahmslos
alle Leistungsberechtigten nach dem SGB II trifft, da die Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske in bestimmten Situationen grundsätzlich für alle natürlichen Personen
im Geltungsbereich des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - dort § 28b Abs. 1 Nr. 4c, Nr. 8 und 9) bzw. der jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften gilt (für Nordrhein-Westfalen: § 3 Abs. 1a und 2 Coronaschutzverordnung;
zu Ausnahmen s. § 3 Abs. 4 ebd.) (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. März 2021 -
L 12 AS 377/21 B ER -, Rn. 7 bei juris).
Die Antragstellerin hat ferner nicht glaubhaft gemacht, dass ein unabweisbarer Bedarf besteht. Zunächst fehlt es an jeglichem
substantiierten Vortrag dazu, inwiefern überhaupt ein Bedarf an finanziellen Leistungen zur Beschaffung von FFP2-Masken besteht.
Einerseits wird vorgetragen, dass 20 Masken wöchentlich notwendig sind und von einem Stückpreis von 1,50 € auszugehen sei.
Die Antragstellerin versichert hingegen am 04.05.2021 an Eides statt, in der Vergangenheit eine Maske am Tag benötigt zu haben,
was einem wöchentlichen Bedarf von sieben Masken entspricht. Belege über die Anschaffung der Masken könnten nicht vorgelegt
werden. Ein konkreter Vortrag dazu, wie häufig, für welche Dauer und zu welchen Gelegenheiten die Masken getragen wurden,
erfolgte trotz gerichtlicher Aufforderung nicht detailliert.
Unabhängig davon besteht aus Sicht des Senats jedenfalls keine Unabweisbarkeit des Bedarfs, da dieser durch Einsparmöglichkeiten
gedeckt werden kann. Nach dem Vortrag der Antragstellerin hat diese den Kauf der FFP2-Masken bislang aus der Regelleistung
finanziert. Zwar hat sie vorgetragen, dass ihr dadurch Geld an anderer Stelle fehle, glaubhaft gemacht hat sie dies jedoch
nicht. Unter Berücksichtigung der vorgelegten Kontoauszüge, die stets ein Guthaben des Girokontos aufwiesen, ist dieser Vortrag
auch nicht nachvollziehbar. Selbst wenn man annähme, dass die Antragstellerin 85 FFP2-Masken im Monat benötigte, würde sich
hierdurch eine finanzielle Belastung von 24,65 € ergeben, da diese zu einem Stückpreis von 0,29 € erhältlich sind (https://masken24.at/products/ffp2-atemschutzmaske-en149-1,
Stand: 11.05.2021). Auch wenn dieser Bedarf bei der Regelbedarfsermittlung im Rahmen der Verbrauchsausgaben für Gesundheitspflege
nicht berücksichtigt wurde (vgl. § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch
ab dem Jahr 2021 - Regelbedarfsermittlungsgesetz - dort Abteilung 6), weil die maßgebliche Einkommens- und Verbrauchsstichprobe
2018 noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie stattfand, können diese Kosten durch Einsparungen im Bereich Freizeit, Unterhaltung
und Kultur kompensiert werden. Die im Regelbedarf enthaltene Position für diesen Bereich beträgt 42,44 € (vgl. § 5 Regelbedarfsermittlungsgesetz,
dort Abteilung 9). Aufgrund der Corona-Pandemie sind deutlich geringere Ausgaben in diesem Bereich zu erwarten, so dass eine
Umverteilung innerhalb der pauschalierten Regelbedarfe zur Sicherung des Lebensunterhalts vorgenommen werden kann (Behrend
in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 21, Stand: 08.02.2021, Rn. 97).
Soweit die Antragstellerin hilfsweise die Gewährung eines Mehrbedarfs in Form einer Sachleistung - Bereitstellung von 85 FFP2-Masken
- begehrt, existiert schon keine Rechtsgrundlage. Leistungen nach dem SGB II werden grundsätzlich als Geldleistungen erbracht, nur in Ausnahmefällen ordnet das Gesetz die Gewährung von Leistungen in
Form von Sachleistungen an (§ 24 Abs.1, 24 Abs. 3 SGB II, § 29 Abs. 2 SGB II, § 31a Abs. 3 SGB II). Die Gewährung eines Mehrbedarfs i.S.v. § 21 Abs. 6 SGB II in Form einer Sachleistung sieht das Gesetz nicht vor (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom
19. April 2021 - L 19 AS 391/21 B ER, L 19 AS 392/21 B -, Rn. 23 bei juris).
Schließlich hat die Antragstellerin das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht. Eine aktuelle Notlage,
die es unzumutbar macht, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, ist nicht ersichtlich. Denn die Antragstellerin hat
die Aufwendungen für die Anschaffung der FFP2-Masken nach eigenem Vortrag im Zeitraum vom 25.03.2021 bis zum 04.05.2021 (Zeitpunkt
der Abgabe der Versicherung an Eides statt) aus der Regelleistung finanziert. Ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge ist
es hierdurch nicht zu einem finanziellen Engpass gekommen. Dies war angesichts der aufgezeigten Möglichkeit der Umverteilung
der pauschalierten Regelbedarfe auch nicht zu erwarten. Es droht mithin ohne eine schnelle Entscheidung nicht unmittelbar
die Verletzung ihrer Rechte, die durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnte.
Auch die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe konnte keinen Erfolg haben. Das Sozialgericht hat diesen Antrag
ebenfalls zu Recht abgelehnt, weil keine hinreichenden Erfolgsaussichten des einstweiligen Rechtsschutzgesuchs gegeben sind
(§
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 Abs.
1 Satz 1
ZPO).
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht hinsichtlich des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG, hinsichtlich des PKH-Beschwerdeverfahrens auf §
73a SGG i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO.
Mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Beschwerde war auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren
abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §
177 SGG.