Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im sozialgerichtlichen Verfahren
Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Hilfebedürftigkeit
Gründe
I.
Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Dortmund, das den Antragstellern
mit Beschluss vom 23.04.2021 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Wege der einstweiligen Anordnung für die Zeit
vom 13.01.2021 bis 30.06.2021 zugesprochen hat.
Der Antragsteller zu 1), geboren am 00.00.1968, ist mit der am 00.00.1974 geborenen Antragstellerin zu 2) verheiratet. Aus
der Ehe sind fünf Kinder hervorgegangen, die Antragsteller zu 3) bis 7), die am 00.00.2002 (zu 3), 00.00.2005 (zu 4 und 5),
00.00.2011 (zu 6) und 00.00.2014 (zu 7) geboren sind. Die Antragstellerin zu 2) ist pakistanische Staatsbürgerin mit unbefristeter
Niederlassungserlaubnis. Die übrigen Antragsteller sind deutsche Staatsbürger.
Der Antragsteller zu 1) hat mit notariellem Vertrag vom 12.03.2008 ein Grundstück auf dem P-Straße 1 in Soest für rund 65.000
€ erworben. Auf diesem Grundstück ließ er im Jahr 2008 ein zweigeschossiges Einfamilienhaus (125 m²) mit Carport errichten,
in dem die Antragsteller bis heute leben. Die Baukosten betrugen rund 185.000 €. Die Antragsteller zu 1) und 2) nahmen zur
Finanzierung der Immobilie zwei Darlehen bei der Commerzbank (IBAN DE000 ... 23 und DE000...01) über insgesamt 130.000 € und
ein Darlehen bei der NRW-Bank über 50.000 € (DE000...22) auf. Die Restschuld beträgt derzeit rund 143.000 €. Für Zins und
Tilgung haben die Antragsteller hierfür zuletzt monatsdurchschnittlich rund 1.240 € (monatlich 855,13 € und 240 € an Commerzbank/
halbjährlich 875 € an die NRW Bank) aufgebracht. Daneben hat der Antragsteller zu 1) im April 2020 ein Darlehen über 20.000
€ bei der Commerzbank wegen der Umschuldung eines früheren Kontos aufgenommen (IBAN DE000...01). Hierauf zahlt der Antragsteller
zu 1) monatlich 400 € (rund 300 € Tilgung / rund 100 € Zinsen) an die Commerzbank. Zur Tilgung eines Verbraucherdarlehens
bei der AXA aus dem Jahr 2018 (Nr. 000...15) hat der Antragsteller zu 1) monatlich rund 130 € in eine Lebensversicherung einzuzahlen.
Der Antragsteller zu 1) war von 2006 bis zum 31.01.2020 Inhaber eines Bekleidungsgeschäfts ("T") in Soest. Zuletzt hatte er
Ende Oktober 2019 für dieses Gewerbe ein Leasingfahrzeug angeschafft (Fabrikat Lexus, Listenpreis nebst Zubehör: 67.550 €,
monatliche Leasingrate: 529,88 €). Er veräußerte das Geschäft nebst Inventar und Lager mit Vertrag vom 31.01.2020 für 9.982,91
€ an einen Erwerber. Es wurde vereinbart, dass die Kaufsumme in Raten von dem Erwerber an den Antragsteller zu 1) gezahlt
wird. Die Einzelheiten sind zwischen den Beteiligten umstritten. Der Antragsteller zu 1) gibt an, dass er aus seinem Gewerbe
Schulden iHv 150.000 € habe. Mit den Ratenzahlungen des Erwerbers bediene er Schulden, die er bei früheren Lieferanten habe.
Im Januar 2020 beantragten die Antragsteller erstmalig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Bis auf das Kindergeld sei kein Einkommen vorhanden. Als Vermögen bestehe lediglich die selbst bewohnte Immobilie. Der Antragsgegner
bewilligte den Antragstellern in der Folgezeit für Januar 2020 bis Dezember 2020 vorläufig Leistungen iHv monatlich zuletzt
1.752,31 € (Bescheide vom 13.03.2020, 25.03.2020, 02.04.2020 und 17.05.2020).
Auf den Fortzahlungsantrag der Antragsteller, die keine wesentlichen Änderungen in ihren persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen angaben, teilte der Antragsgegner mit Schreiben vom 13.01.2021 mit, es sei eine Leistungsablehnung ab Januar
2021 beabsichtigt, weil den Kontoauszügen der Antragsteller regelbedarfsfremde Ausgaben in einem Umfang entnommen werden könnten,
die Zweifel an der geltend gemachten Bedürftigkeit aufkommen ließen. Es sei von wesentlich höherem Einkommen oder Vermögen
auszugehen.
Am 13.01.2021 haben die Antragsteller bei dem Sozialgericht Dortmund einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
gestellt. Sie hätten bis auf das Kindergeld kein Einkommen. Mit Ausnahme der Liegenschaft P-Straße 1, die grundsicherungsrechtlich
beliehen und sanierungsbedürftig sei, sei kein Vermögen vorhanden. Die Finanzierung des Hauses sei durch das Verhalten des
Antragsgegners gefährdet. Das vorhandene Vermögen sei geschont. Erhebliches Vermögen iSv § 67 SGB II sei nicht vorhanden. Die laufenden Belastungen würden über hoch verzinste Kredite über die Kreditkarten der Antragsteller
bedient. Bis auf ein Darlehen iHv von 1.500 € für die Finanzierung eines Pkws, den der Antragsteller zu 3) berufsbedingt benötige,
habe man keine Zuwendungen von Dritten erhalten.
Der Antragsteller zu 3) hat zum 16.02.2021 eine Vollzeitanstellung (40 Stunden/Woche) als Versandmitarbeiter gefunden. Der
Antragsteller zu 1) hat zum 15.04.2021 einen Beschäftigungsvertrag (monatlich brutto 700 €) mit dem Erwerber seines ehemaligen
Gewerbes abgeschlossen.
Mit Bescheid vom 08.04.2021 hat der Antragsgegner den Leistungsantrag der Antragsteller ab dem 01.01.2021 mit der Begründung
abgelehnt, die Antragsteller hätten ihre Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen. Die Einlassung der Antragsteller, sie finanzierten
ihren Lebensunterhalt und die laufenden Verbindlichkeiten für das Haus und das Leasingfahrzeug über ihre Kreditkarten, sei
nachweisbar falsch, da die Kreditkarten seit Januar 2021 kaum in Anspruch genommen worden seien. Dennoch würden Zinsen, Tilgung,
Leasingraten und die sonstigen laufenden Kosten (Lebensversicherungsbeiträge etc.) von den Antragstellern bedient. Hiergegen
haben die Antragsteller mit Schreiben vom 16.04.2021 Widerspruch eingelegt, den sie nicht begründet haben.
Mit Beschluss vom 23.04.2021 hat das Sozialgericht dem Antrag stattgegeben und den Antragsgegner im Wege der Folgeabwägung
verpflichtet, den Antragstellern in der Zeit vom 13.01.2021 bis zum 30.06.2021 Leistungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Hiergegen hat der Antragsgegner am 26.04.2021 Beschwerde eingelegt und beantragt, die Vollstreckung aus dem Beschluss des
Sozialgerichts gemäß §
199 SGG bis zu einer Entscheidung über die Beschwerde auszusetzen. Die Hilfebedürftigkeit der Antragsteller sei nicht glaubhaft gemacht
worden. Die Angaben der Antragsteller seien teilweise nachweisbar falsch und auch im Übrigen nicht plausibel.
Der Senat hat unter dem 17.05.2021 folgende Verfügung erlassen:
"Zur Vorbereitung einer zeitnahen Entscheidung werden die Antragsteller aufgefordert, folgende Unterlagen vorzulegen:
- Alle Kontoauszüge aller Antragsteller für Januar 2021 bis laufend (auch ggf. Kreditkarten, Paypal, Auslandskonten). Insbesondere
sind folgende Kontoauszüge des Antragstellers zu 1) vorzulegen:
1. Spardabank, IBAN DE000...58
2. Advanzia Bank, IBAN LU000...73
3. Santander ComfortCard
4. American Express
5. Barkley Card
6. Raiffeisen Westfalen eG
7. Santander, IBAN DE 000...81
- Alle Lohnabrechnungen des Antragstellers zu 3) seit Februar 2021
- Ggf. alle Lohnabrechnungen des Antragstellers seit April 2021
Daneben werden Sie gebeten, folgende Fragen zu beantworten:
1) Wurden seit Januar 2021 die Verbindlichkeiten für den Pkw-Leasingvertrag (monatlich 529,88 €), die Zins- und Tilgungslasten
für das Haus bei der Commerzbank, NRW-Bank (monatlich rund 1.240,96 €) sowie die Beiträge in die AXA-Lebensversicherung (monatlich
128,13 €) bedient? Wenn ja, wie konnte das allein mit Kindergeld sichergestellt werden?
2) Seit dem 16.02.2021 bzw. 15.04.2021 gehen die Antragsteller zu 1) und 3) sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen
nach. Zusammen mit Wohngeld, Kindergeld und Kinderzuschlag dürfte damit Hilfebedürftigkeit wegfallen (§ 12a SGB II). Zuletzt haben die Antragsteller ein Wohngeld von 737 € bezogen (Bescheid der Gemeinde Soest vom 17.02.2020 - Blatt 108
VA). Bei 5 Kindern ist zudem ein Kinderzuschlag (neben dem Kindergeld) von bis zu 1.025 € möglich. Haben die Antragsteller
bereits einen Wohngeld- und Kinderzuschlagsantrag gestellt? Wenn nein, ist dies unverzüglich nachzuholen oder es sind Hinderungsgründe
zu benennen. Kann ggf. der Leistungsantrag angepasst werden?
3) Warum wurde bei dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe beantragt? Ausweislich der Kontoauszüge sind die Antragsteller rechtsschutzversichert.
4) Woher stammte das Geld für die Kontoeinzahlung iHv 1.170 € am 04.01.2021 und iHv 450 € am 05.01.2021?
5) Was hat es mit dem Guthaben auf dem IBAN-Konto DE000...58 auf sich, für das der Antragsteller zu 1) regelmäßig Dividende
erhält?
6) Aus den Kontoauszügen ist ersichtlich, dass Führerscheinkosten (vermutlich für den Antragsteller zu 3) erbracht wurden.
Wann hat der Antragsteller zu 3) seinen Führerschein erhalten? Wie wurden die Kosten hierfür erbracht?
7) In welcher Höhe hat Herr B K den Kaufpreis für Inventar und Lager iHv 9.982,91 € (Kaufvertrag vom 31.01.2020) erbracht?
8) Welche Antragsteller haben neben dem Antragsteller zu 1) ein eigenes Konto? Ggf. welche?
9) Ist im Hinblick auf die geltend gemachten Schulden von 150.000 € ein Insolvenzverfahren eingeleitet worden? Wenn ja, wird
um Benennung des gerichtlichen Aktenzeichens gebeten."
Unter dem 27.05.2021 haben die anwaltlich vertretenen Antragsteller mitgeteilt, dass sie die Verfügung des Senats vom 17.05.2021
am 25.05.2021 erhalten hätten und unverzüglich bearbeiten würden. Die Rechtsschutzversicherung habe den Deckungsschutz für
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts abgelehnt. Mit Schriftsatz vom 03.06.2021 haben die Antragsteller Fristverlängerung
um eine Woche beantragt.
Mit Beschluss vom 14.06.2021 hat der Senat die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 23.04.2021
bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschwerdeverfahrens L 7 AS 667/21 B ER ausgesetzt, nachdem die Antragsteller auf die Verfügung vom 17.05.2021 nicht weiter reagiert hatten.
Am 24.06.2021 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller fernmündlich für die Erledigung der Verfügung vom 17.05.2021
um Fristverlängerung um eine Woche gebeten, die der Senat mit Fristende zum 01.02.2021 gewährt hat. Am 02.07.2021 haben die
Antragsteller u.a. Lohnabrechnungen für den Antragsteller zu 1) für April 2021 und für den Antragsteller zu 3) für März bis
April 2021 sowie die Kontoauszüge des Antragstellers zu 1) vom 29.12.2020 bis zum 24.06.2021 vorgelegt. Sie haben geltend
gemacht, durch weiteres Überziehen des Kreditlimits der Kreditkarten die fälligen Raten für das Immobiliendarlehen, für das
Fahrzeug sowie die AXA-Versicherung beglichen zu haben. Hierzu werde Geld von den Kreditkarten abgebucht und bar auf die Girokonten
eingezahlt. Der Antragsteller zu 3) habe im September 2020 seinen Führerschein erhalten. Hierzu habe sein Onkel ihm ein Darlehen
iHv 1.500 € zur Verfügung gestellt. Ein Insolvenzverfahren sei bisher nicht eröffnet worden.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Antragstellern Leistungen
im Wege der einstweiligen Anordnung zugesprochen.
Einstweilige Anordnungen sind nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung
zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt
grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung.
Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung
(Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 ZPO). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung zu ermitteln. Können ohne Eilrechtsschutz
jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist
eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller
umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 05.09.2017 - L 7 AS 1419/17 B ER und vom 21.07.2016 - L 7 AS 1045/16 B ER).
Gemessen hieran war der Antrag abzulehnen, denn die Antragsteller haben weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund
glaubhaft gemacht.
Für den volljährigen Antragsteller zu 3) folgt dies bereits daraus, dass er seit Februar 2021 einer bedarfsdeckenden Vollzeit-Erwerbstätigkeit
als Zusteller bei H mit einem Nettodurchschnittsgehalt von monatlich rund 1.450 € erzielt und damit auch nicht mehr Mitglied
der antragstellenden Bedarfsgemeinschaft ist.
Aber auch für die übrigen Antragsteller, die keine eidesstattlichen Versicherungen vorgelegt haben, ist Hilfebedürftigkeit
iSv §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 SGB II nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsteller erhalten seit Januar 2021 kein Alg II und geben an, im Wesentlichen vom Kindergeld
iHv monatlich 1.163 € zu leben. Dies deckt sich nicht mit dem Ausgabeverhalten der Antragsteller. Allein für die Ausgabepositionen
Telekommunikation (monatlich rund 120 €), Lotteriespiele (monatlich rund 50 €), Zins und Tilgung für Kredite (monatlich rund
1.020 €), Fahrzeugleasing (monatlich 529,88 €), Private Krankenversicherung (monatlich 180 €), Gewerbesteuertilgungsrate (monatlich
150 €), Lebensversicherung (monatlich rund 130 €) haben die Antragsteller ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge in der
ersten Jahreshälfte 2021 monatlich rund 2.200 € ausgegeben, was mit dem Kindergeld nicht möglich ist. Hinzu kommen weitere
Ausgabepositionen für die kalten Betriebskosten, Grundbesitzabgaben, Energiekosten, die die Antragsteller im Wesentlichen
ohne größere Rückbelastungen aus ihrem Girokonto bestreiten können. Ausgaben für Lebensmittel und Bekleidung wurden dabei
nicht über das Girokonto bestritten, ohne dass - bis auf einige sporadische Kreditkartenbelastungen - erkennbar wäre, wie
diese laufenden Kosten für einen siebenköpfigen Haushalt bestritten werden.
Auch im Übrigen ist eine Hilfebedürftigkeit nicht zu erkennen. Besonders bemerkenswert ist etwa, dass die Antragsteller Anfang
2021 sogar eine Gewerbesteuerabbuchung iHv rund 9.000 € aus ihren laufenden Einnahmen bestreiten konnten. Die Einlassung der
Antragsteller, sie hätten diese laufenden Einnahmen aus ihren Kreditkarten, mithin auf Darlehensbasis bestritten, ist nicht
glaubhaft, denn den Kontoauszügen ist zu entnehmen, dass die Salden auf den Kreditkarten ebenfalls laufend aus dem Girokonto
bestritten wurden. Hinsichtlich des American Express Kontos wurden etwa drei Abrechnungen für Januar 2021 (988,43 €), März
2021 (566,24 €) und Mai 2021 (121,99 €) vorgelegt, deren Salden ausweislich der Kontoauszüge im jeweils selben Monat aus dem
Girokonto ausgeglichen wurden. Auch im Übrigen kann den Kontoauszügen nicht entnommen werden, dass die Antragsteller ihren
Lebensunterhalt auf Kreditbasis bestritten hätten. Im Gegenteil: Wies das Barclays-Konto am 08.03.2021 noch ein Saldo von
9.019 € auf, reduzierte sich die Verbindlichkeit sogar bis zum 07.05.2021 auf 8.802 €. Ähnlich verhält es sich mit der Kreditkarte
von "Gebührenfrei.de" (Saldo im Dezember 2020: 4.954 €/ Saldo im Mai 2021: 4.534 €). Das Kreditkartenkonto bei der Raiffeisenbank,
das ausweislich der Abrechnung für April 2021 iHv rund 150 € ausschließlich für das Betanken des Leasingfahrzeugs bzw. für
"Komplett-Wäsche"/ "Premium-Wäsche" des Pkws genutzt wurde, wurde ebenfalls aus dem Girokonto laufend ausgeglichen. Weitere
Kreditkartenabrechnungen haben die Antragsteller trotz großzügiger Fristverlängerung des Senats über knapp 2 Monate nicht
vorgelegt. Auch die weiteren Kontoauszüge, die der Senat - auch für den Antragsteller zu 3), der ein eigenes Konto hat - angefordert
hat, sind nicht vorgelegt worden.
Für den Senat spricht zudem gegen die geltend gemachte Hilfebedürftigkeit, dass der Antragsteller zu 3) trotz der prekären
Lebensverhältnisse, die die Antragsteller behaupten, seinen Führerschein und den Erwerb eines eigenen Pkws finanzieren konnte.
Hierauf angesprochen hat der Antragsteller zu 3) jeweils situationsangepasst geltend gemacht, dies durch ein Darlehen seines
Onkels finanziert zu haben, obwohl zuvor die Inanspruchnahme von (weiteren) Darlehen sogar verneint wurde. Bei der Darlehenshöhe
haben die Antragsteller sich zudem selbst widersprochen. Zunächst haben sie das Darlehen für den Pkw-Erwerb mit 1.500 € (Schriftsatz
vom 25.03.2021) und später mit 1.000 € (Schriftsatz vom 13.04.2021) beziffert. Da der Pkw des Antragstellers zu 3) ausweislich
des Kaufvertrags vom 05.10.2020 für 2.200 € angeschafft wurde, ist auch nicht glaubhaft gemacht, wie die Differenz zum darlehensweise
finanzierten Teil des Kaufpreises finanziert wurde.
Bei dieser Sachlage kann der Senat auch keinen Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit erkennen. Die Antragsteller,
von denen zwei Mitglieder zuletzt einer sozialpflichtigen Beschäftigung nachgehen, konnten in den letzten Monaten ihren Lebensunterhalt
ohne ersichtliche Probleme bestreiten und haben angesichts der hohen Tilgungsanteile in den Kreditverträgen sogar Vermögen
aufgebaut. Hinzu kommt, dass der Antragsteller zu 1) von dem Erwerber seines früheren Unternehmens monatliche Zuwendungen
aus dem Warenbestandverkauf erwarten kann. Dass er diese für Schulden bei seinen Lieferanten verwendet, ist bisher nicht ersichtlich.
Der Antragsteller zu 1) hat ausweislich der Kontoauszüge lediglich Gewerbesteuerschulden aus seinem früheren Gewerbe gezahlt,
was angesichts einer Ratenzahlungsvereinbarung auch weiterhin kontinuierlich zu erwarten ist. Angesichts der aufgenommenen
Beschäftigungsverhältnisse ist auch sehr wahrscheinlich, dass die Antragsteller neben dem Gehalt und Kindergeld demnächst
auch Wohngeld und Kinderzuschlag beziehen werden, was sie nach eigenem Bekunden sogar schon beantragt haben. Den Antragstellern
ist daher das Abwarten des Hauptsacheverfahrens möglich und zumutbar.
Aus den dargelegten Gründen sieht der Senat - anders als das Sozialgericht - auch keine Veranlassung für eine Folgeabwägung
zugunsten der Antragsteller.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§
177 SGG).