Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung; Mitwirkungsbereitschaft des Versicherten; Verweisbarkeit eines
Maschinenbedieners nach dem Mehrstufenschema
Tatbestand:
Der am ... 1956 geborene Kläger erlernte von 1970 bis 1973 den Beruf des Bautischlers. Er war anschließend bis 1990 im erlernten
Beruf tätig. Zuletzt arbeitete er vom 01. Juni 1990 bis 31. Oktober 1998 als Maschinenbediener. Gemäß Auskunft der Firma I.
K. Sch. OHG in G. vom 30. März 2001 dauerte die Anlernzeit des Klägers zwei Monate. Vorkenntnisse besaß er nicht. Er erhielt
Lohn nach der Lohngruppe 5 des MTV-Bayern. Seit dem 01. November 1998 ist der Kläger arbeitsuchend und bezieht seit 01. Dezember 2001 eine Rente für Bergleute.
Am 28. August 2000 erlitt der Kläger bei einem Treppensturz eine Fraktur des 2. Halswirbelkörpers und des 4. Brustwirbelkörpers.
Bereits am 06. März 2001 stellte er einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, den die Beklagte ablehnte.
Das Widerspruchsverfahren und das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Magdeburg (SG) blieben erfolglos. Im anschließenden Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) - L 3 KN 23/05 - erstattete der Facharzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin Dr. D. das Gutachten vom 20. April 2007. Dr. D. diagnostizierte:
chronisch rezidivierende alkoholtoxische Pankreatitis,
Zustand nach Hals- und Brustwirbelsäulenkörperfraktur mit inkompletter Nervenwurzelschädigung (Unfall im Jahre 2000),
chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit Lungenemphysem bei Nikotinabusus.
Der Kläger könne eine leichte körperliche Arbeit in temperierten Räumen überwiegend im Sitzen, zum Teil im Stehen und Gehen,
ohne Steigen und Klettern auf Leitern sowie Gerüsten, ohne Knien, Bücken und ohne besonderen Zeitdruck unter Berücksichtigung
einer leichten Beeinträchtigung der Handfunktion beidseits noch sechs bis acht Stunden täglich verrichten. Daraufhin wies
das LSG die Berufung des Klägers mit Urteil vom 20. September 2007 zurück.
Am 18. Dezember 2007 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte zunächst
Berichte der behandelnden Ärzte ein. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. K. teilte am 31. Januar 2008 mit, dass sich
der Kläger zuletzt am 16. Juni 2005 bei ihm in Behandlung befunden habe. Dr. G., Facharzt für Orthopädie und Chirotherapie,
gab am 03. März 2008 an, dass der Kläger nur einmalig am 17. Juni 2005 vorstellig gewesen sei. Daraufhin beauftragte die Beklagte
die Fachärztinnen für Innere Medizin W. und Dr. H. von ihrem Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit der Erstellung eines Gutachtens.
Diese diagnostizierten im Gutachten vom 17. April 2008 aufgrund der Untersuchung am 14. April 2008:
inkomplette sensible Querschnittssymptomatik bei Z. n. Reposition und Schraubenfixierung einer dislozierten Dens-Axis-Fraktur
am 28. August 2000, zusätzlich Z. n. BWK 5. Fraktur und distaler Radiusfraktur rechts,
chronisch-lumbales Schmerzsyndrom bei leichten degenerativen Veränderungen,
beginnende Gonarthrose,
Lungenemphysem mit partieller pulmonaler Insuffizienz bei chronischem Nikotinabusus,
chronischer Alkoholmissbrauch.
Insgesamt hätten sich die Funktionsstörungen der Haupterkrankung seit der Begutachtung durch Dr. D. nicht wesentlich verändert.
Der Kläger könne körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, mit der Möglichkeit zum selbstgewählten
Haltungswechsel sechs Stunden und mehr verrichten. Häufiges Bücken, häufige Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten sowie Arbeiten
auf Leitern und Gerüsten seien nicht möglich. Die als Hauptberuf genannte Tätigkeit des Maschinenbedieners sei dem Kläger
dauerhaft nicht zumutbar. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 30. Mai 2008 ab. Der Kläger werde
noch für fähig erachtet, eine Erwerbstätigkeit mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes auszuüben. Es liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Es liege auch keine Berufsunfähigkeit
vor. Hauptberuf des Klägers sei die Tätigkeit des Maschienbedieners. Auf Grund des ärztlicherseits festgestellten Leistungsvermögens
werde er noch für fähig erachtet, als Pförtner oder Bürohilfskraft mindestens sechs Stunden täglich tätig zu sein. Hiergegen
legte der Kläger am 12. Juni 2008 Widerspruch ein. Die von der Beklagten erhobenen Befunde seien nicht in Beziehung zueinander
gesetzt und in diesem Zusammenhang unter dem Gesichtspunkt einer gegenseitigen Verstärkung der körperlichen Einschränkungen
betrachtet worden. Die chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung führe zu einer weiteren Verminderung der körperlichen Belastbarkeit
und schränke die Erwerbstätigkeit zusätzlich ein. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens teilte Dipl.-Med. K. unter dem 21.
August 2008 wiederum mit, dass die letzte Behandlung am 16. Juni 2005 stattgefunden habe. Die Beklagte wies daraufhin den
Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2009 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 11. Mai 2009 Klage beim SG erhoben. Er hat zunächst einen Bericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. K. vom 01. Oktober 2009 eingereicht.
Dieser hat angegeben, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers in den letzten sechs Monaten erheblich verschlechtert habe.
Aus seiner Sicht sei dieser erwerbsunfähig.
Das SG hat daraufhin Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers eingeholt. Dr. G., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie,
hat unter dem 14. April 2010 ausgeführt, dass die Befunde seit Mai 2009 gleich geblieben seien. Neue Leiden seien nicht hinzugekommen.
Schwere körperliche Arbeiten seien dem Kläger nicht anzuraten. Akkordarbeit unter Zeitdruck sei von ihm sicher nicht mehr
umzusetzen. Das Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sei bei der vorhandenen Krümmung der Wirbelsäule nicht möglich. Hierbei
bestehe erhöhte Sturzgefahr. Das Tragen von Gegenständen auf dem Gerüst sei nicht mehr möglich. Eine gesamte Arbeitszeit zwischen
sechs und acht Stunden sehe er als möglich an. Bei einseitigen Haltungsarten seien vermehrte Pausen sinnvoll; hier sei eine
5 bis 10-minütige Pause pro Arbeitsstunde zu empfehlen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. K. teilte im Befundbericht
vom 10. Juni 2010 mit, dass keine Besserung, sondern eher eine leichte Verschlechterung des Allgemein- und Kräftezustandes
eingetreten sei. Der Kläger könne nur noch weniger als sechs Stunden, jedoch mindestens drei Stunden, täglich leichte Arbeiten
verrichten. Es seien vermehrte Pausen aufgrund der Einschränkung der Belastbarkeit notwendig. Ergänzend hat Dipl.-Med. K.
unter dem 21. September 2010 ausgeführt, dass der reduzierte Kräftezustand des Klägers durch eine allgemeine Kachexie (Abmagerung)
durch die chronische Emphysembronchitis bei Nikotinmissbrauch sowie durch den seit 2009 manifesten Diabetes mellitus hervorgerufen
werde. Weitere Leistungseinschränkungen würden durch degenerative Veränderungen der Hals- und Brustwirbelsäule nach Wirbelkörperfrakturen
nach einem Sturz bestehen. Die Compliance des Klägers scheine eher schlecht zu sein.
Mit Urteil vom 25. November 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger leide wesentlich unter einem Zustand nach Frakturen der Hals- und Brustwirbelsäule mit inkompletter
Nervenschädigung, degenerativen Veränderungen an der Lendenwirbelsäule und der Kniegelenke, einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung
bei Nikotinabusus, einem Diabetes mellitus Typ II und einem chronischen Alkoholmissbrauch. Der damit einhergehende schlechte
Allgemeinzustand reduziere das Leistungsvermögen des Klägers auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit leichter körperlicher
Arbeit in temperierten Räumen, mit der Möglichkeit des Haltungswechsels, ohne Zwangshaltungen, Überkopfarbeit, Tätigkeit auf
Leitern und Gerüsten sowie mit häufigem Bücken, Knien und Akkord mit Zeitdruck. Tätigkeiten mit diesen Anforderungen könne
der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Das SG hat sich den übereinstimmenden Einschätzungen von Dr. D. und Dr. G. angeschlossen. Das sozialmedizinische Leistungsvotum
von Dipl.-Med. K. könne mangels objektiver Befunde nicht überzeugen. So finde sich weder für eine Wegeunfähigkeit noch für
"unerträgliche" Schmerzen ein hinreichender medizinischer Grund, zumal es der Kläger nach Auskunft des Dipl.-Med. K. an der
notwendigen Bereitschaft und Zuverlässigkeit in Bezug auf die Mitarbeit bei Diagnose und Therapie mangeln lasse. Eine rentenbegründende
Minderung der Erwerbsfähigkeit habe zur Gewissheit des Gerichts beim Kläger nicht festgestellt werden können. Er könne aufgrund
seines Hauptberufes als angelernter Maschinenbediener zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden.
Gegen das am 09. Dezember 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04. Januar 2011 Berufung beim LSG eingelegt. Die beim
SMD der Beklagten durchgeführte Fahrradergometrie sei bei 25 Watt bei 1 min 17 sec. gescheitert. Der Gutachter habe hier gemutmaßt,
dass er durchaus mehr als nur 25 Watt belastbar sei, zumindest ausreichend belastbar für seine hauswirtschaftlichen Belange.
Es wäre Aufgabe des SG gewesen, seinen Gesundheitszustand medizinisch weiter aufklären zu lassen. Zudem habe sich das SG nicht mit der im Befundbericht vom 14. April 2010 getroffenen Aussage des Dr. G. auseinandergesetzt, dass bei einseitigen
Haltungsarten vermehrte Pausen, hier zwischen fünf und zehn Minuten pro Arbeitsstunde, zu empfehlen seien. Die Einlegung mehrerer
Pausen entspreche nicht den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 25. November 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2008 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen voller
Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem
01. Januar 2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 25. November 2010 zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf ihr Vorbringen in erster Instanz sowie die Entscheidungsgründe im Urteil des SG.
Das Gericht hat zur weiteren medizinischen Sachverhaltsaufklärung Befundberichte vom Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
Dr. G. vom 15. Februar 2012 und vom Facharzt für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. K. vom 15. Juni 2012 eingeholt. Dipl.-Med. K.
hat mitgeteilt, dass Pankreasveränderungen neu festgestellt worden seien. Anschließend hat das Gericht Dr. B., Fachärztin
für Arbeitsmedizin, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Die Arbeitsmedizinerin hat nach Untersuchung am 17. September
2012 im Gutachten vom 24. Oktober 2012 folgende Erkrankungen festgestellt:
verbliebene leichtgradige Sensibilitätsstörungen an Armen und Beinen nach Verletzung des Rückenmarkes durch Fraktur 2. Halswirbelkörper
und 4. Brustwirbelkörper,
chronische Bronchitis mit Lungenüberblähung,
Verdacht auf Durchblutungsstörung der Beine (PAVK im Stadium IIa n.F.),
Diabetes mellitus,
Fettleber,
chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse mit Verminderung von Verdauungsenzymen,
Gewichtsverlust von 20 kg seit 2000 mit deutlichem Verlust an Muskelmasse, aktuell leichtes Untergewicht,
leichtgradige Abnutzungserscheinungen in den Kniegelenken.
Der Kläger könne noch körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen ausführen. Einseitige körperliche Belastungen, Tätigkeiten,
die feinmotorische Fähigkeiten erfordern, Arbeiten an laufenden Maschinen, auf Gerüsten oder Leitern, unter Zeitdruck, im
Akkord oder am Fließband sowie in Nachtschicht seien nicht möglich. Er könne nicht kräftig zugreifen oder Lasten heben und
halten. Kälte, Zugluft, Hitze, feuchte Räume und staubige Tätigkeiten müssten vermieden werden. Wegen der chronischen Bronchitis
dürfe der Kläger nicht mit atemwegsreizenden Stoffen arbeiten. Eine Herabsetzung der täglichen Leistungsfähigkeit auf unter
sechs Stunden sei aber medizinisch anhand der vorliegenden Befunde nicht begründbar. Zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich.
Mit Schriftsätzen vom 09. Januar 2013 und 18. Januar 2013 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Senats durch
Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats.
Das Gericht hat ferner die Gerichtsakten des Rechtsstreits L 3 KN 23/05 zum vorliegenden Verfahren beigezogen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden können.
Die nach §
143 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil der ablehnende
Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2009 rechtmäßig ist und den
Kläger nicht im Sinne der §§
157,
54 Abs.
2 Satz 1
SGG beschwert. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
I. Gemäß §
43 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, dann einen Anspruch auf eine
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift ist
derjenige teilweise erwerbsgemindert, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dabei ist die
jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§
43 Abs.
3 Zweiter Halbsatz
SGB VI).
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger noch in der Lage war und ist, mindestens sechs Stunden täglich einer körperlich
leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt überwiegend im Sitzen nachzugehen. Einseitige körperliche Belastungen,
Tätigkeiten, die feinmotorische Fähigkeiten erfordern, Arbeiten an laufenden Maschinen, auf Gerüsten oder Leitern, unter Zeitdruck,
im Akkord oder am Fließband sowie in Nachtschicht sind nicht möglich. Kälte, Zugluft, Hitze, feuchte Räume und staubige Tätigkeiten
müssen vermieden werden. Wegen der chronischen Bronchitis darf der Kläger nicht mit atemwegsreizenden Stoffen arbeiten. Insoweit
folgt der Senat aufgrund eigener Urteilsbildung den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen Dr.
B. in dem Gutachten vom 24. Oktober 2012. Danach liegen bei dem Kläger folgende Gesundheitsstörungen vor, die sein Leistungsvermögen
im Erwerbsleben beeinflussen:
- verbliebene leichtgradige Sensibilitätsstörungen an Armen und Beinen nach Verletzung des Rückenmarkes durch Fraktur 2. Halswirbelkörper
und 4. Brustwirbelkörper,
- chronische Bronchitis mit Lungenüberblähung,
- Verdacht auf Durchblutungsstörung der Beine (PAVK im Stadium IIa n.F.),
- Diabetes mellitus,
- Fettleber,
- chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse mit Verminderung von Verdauungsenzymen,
- Gewichtsverlust von 20 kg seit 2000 mit deutlichem Verlust an Muskelmasse, aktuell leichtes Untergewicht,
- leichtgradige Abnutzungserscheinungen in den Kniegelenken.
Dr. B. hat nachvollziehbar festgestellt, dass es durch eine Fraktur des 2. Halswirbels und des 4. Brustwirbels zu Störungen
der Nervenfunktionen im Bereich des rechten Armes und des rechen Beines kommt, die sich aber über die Jahre gut zurückgebildet
haben. Die Bewegungsabläufe wirken nicht ganz flüssig, Lähmungserscheinungen bzw. Einschränkungen der Muskelkraft lassen sich
jedoch nicht mehr nachweisen. Es bestehen noch Störungen der Sensibilität. Diese leichtgradigen Sensibilitätsstörungen an
Armen und Beinen begründen aber keine zeitliche Einschränkung. Der Kläger hat durch den massiven Gewichtsverlust nur noch
wenig Muskelmasse. Andererseits ist das Gewicht zumindest in den letzten Jahren konstant geblieben, so dass von einer gewissen
Stabilisierung ausgegangen werden kann. Aufgrund der mangelhaften Mitarbeit des Klägers konnte durch Dr. B. eine Untersuchung
zur Belastbarkeit und zur Lungenfunktion nicht durchgeführt werden. Es ergeben sich jedoch keine Befunde, die eine zeitliche
Einschränkung der Leistungsfähigkeit begründen. Insbesondere der unauffällige Herzbefund spricht dagegen, dass die Lungenerkrankung
funktionell sehr schwer ist, da sich in diesem Fall regelmäßig auch Schäden am Herzen (Rechtsherzbelastung) finden würden.
Übereinstimmend damit haben die Ärzte W. und Dr. H. im Gutachten vom 17. April 2008 ein vollschichtiges Leistungsvermögen
für körperlich leichte Tätigkeiten festgestellt. Auch hier zeigte der Kläger eine ungenügende Anstrengungsbereitschaft bei
der Fahrradergometrie und dem Gehtest. Nach Einschätzung der Sozialmediziner haben sich die Funktionsstörungen seit 2007 nicht
wesentlich verändert. Der Gutachter Dr. D. hatte bei dem Kläger im Gutachten vom 20. April 2007 ein sechsstündiges Leistungsvermögen
für leichte Tätigkeiten mit weiteren qualitativen Einschränkungen festgestellt.
Weitere medizinische Ermittlungen hält der Senat nicht für erforderlich, da die fehlenden Befunde auf der mangelnden Mitwirkungsbereitschaft
des Klägers beruhen. Für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung müsste zur vollen Überzeugung des Senats ein Leistungsvermögen
des Klägers von unter sechs Stunden gegeben sein. Im sozialgerichtlichen Verfahren trägt derjenige die objektive Beweislast,
zu dessen Gunsten ein Tatbestandsmerkmal im Prozess wirkt. Der Grundsatz der objektiven Beweislast greift dann ein, wenn das
Gericht trotz aller Bemühungen bei der Amtsermittlung den Sachverhalt nicht weiter aufklären kann (Keller: in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Auflage, 2012, §
118 Rdnr 6). Im Ergebnis der vorliegenden Beurteilungen ergibt sich das eingangs geschilderte Leistungsbild. Mit einem Leistungsvermögen
von mindestens sechs Stunden täglich ist der Kläger aber nicht teilweise erwerbsgemindert im Sinne von §
43 Abs.
1 Satz 2
SGB VI.
II. Ist der Kläger danach schon nicht teilweise erwerbsgemindert, so ist sie erst recht nicht voll erwerbsgemindert. Denn
dies erfordert gemäß §
43 Abs.
2 Satz 2
SGB VI, dass ein Versicherter wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Da der Kläger, wie dargelegt, noch mindestens
sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, erfüllt er dieses Kriterium nicht.
Der Kläger ist auch nicht deshalb voll erwerbsgemindert, weil er wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder
einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes
tätig sein kann. Eine konkrete Verweisungstätigkeit ist daher nicht zu benennen. Sein Restleistungsvermögen reicht vielmehr
noch für leichte körperliche Verrichtungen wie z. B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen,
Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss
des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44
SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.; in der Anwendbarkeit auf die aktuelle Rechtslage bestätigt in BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - juris, Rdnr. 14 ff.). Betriebsunübliche Pausen sind nicht erforderlich. Dies ergibt sich aus der nachvollziehbaren Einschätzung
von Dr. B.
Schließlich ist der Kläger auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen (sog. Wegefähigkeit,
vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 79/11 R - juris). Nach Einschätzung des behandelnden Orthopäden Dr. G. im Befundbericht vom 14. April 2010 kann der Kläger im Rahmen
des täglichen Arbeitsweges 4-mal eine Wegstrecke von mehr als 500 m in einer Zeit von jeweils unter 20 Minuten zurücklegen.
Nach Auffassung der Gutachterin Dr. B. liegen keine Befunde vor, die dagegen sprechen.
III. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §
240 SGB VI. Danach haben Versicherte bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie vor dem ... 1961 geboren und berufsunfähig sind. Der Kläger ist zwar vor
diesem Zeitpunkt geboren worden (nämlich ... 1956), er ist aber nicht berufsunfähig.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit vom bisherigen Beruf der Versicherten auszugehen. Es ist zu prüfen, ob sie diesen
Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiter ausüben können. Sind sie hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage,
ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten die Versicherten verwiesen werden können.
Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit.
Dabei ist nicht unbedingt auf die letzte Berufstätigkeit abzustellen, sondern auf diejenige, die bei im Wesentlichen ungeschwächter
Arbeitskraft nicht nur vorübergehend eine nennenswerte Zeit ausgeübt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2000 - B 13 RJ 79/99 R -, SozR 3-2600 § 43 Nr. 23). "Bisheriger Beruf" des Klägers war der des Maschinenbedieners. Er war in diesem Beruf von
1990 bis 1998 tätig. Seine Anlernzeit dauerte nach Angabe der ehemaligen Arbeitgeberin, die I. K. Sch. OHG in G., vom 30.
März 2001 zwei Monate. Vorkenntnisse waren beim Kläger nicht vorhanden. Er ist damit allenfalls in die Stufe des Angelernten
im unteren Bereich einzuordnen und somit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Eine konkrete Tätigkeit, die er noch
verrichten kann, muss daher nicht benannt werden. Damit ist der Kläger nicht berufsunfähig.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1,
2 SGG bestehen nicht.