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LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27.05.2021 - 3 BA 16/19
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Gesellschafter-Geschäftsführer - Kapitalbeteiligung - abhängige Beschäftigung - selbstständige Tätigkeit - Abgrenzung
Gesellschafter-Geschäftsführer sind aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung nur dann selbstständig tätig, wenn sie mindestens 50 vH der Anteile am Stammkapital halten oder ihnen bei geringerer Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine "echte" bzw "qualifizierte" Sperrminorität eingeräumt ist. Eine "echte" bzw "qualifizierte" Sperrminorität setzt voraus, dass sie nicht auf bestimmte Angelegenheiten der Gesellschaft begrenzt ist, sondern uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit umfasst. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags (Satzung) zustande gekommene, das Stimmverhalten regelnde Vereinbarungen (Abreden) sind bei der Bewertung der Rechtsmachtverhältnisse nicht zu berücksichtigen (vgl BSG vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R = BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35, juris, Leitsätze 2-4).
Normenkette:
§ 25 Abs 1 S 1 SGB II
,
§
2
Abs
2
Nr
1
SGB IV
,
§
7
Abs
1
S 1
SGB IV
,
§ 28p Abs
1
SGB IV
,
§
5
Abs
1
Nr
1
SGB V
,
§
1
S 1 Nr
1
SGB VI
,
§
20
Abs
1
S 2 Nr
1
SGB XI
Vorinstanzen:
SG Halle 02.05.2019 S 13 BA 4/18
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 2. Mai 2019 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Den Beigeladenen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Beigeladene zu 1. als geschäftsführender Gesellschafter der Klägerin bei dieser in der Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2016 versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Klägerin ist im Metall- und Maschinenbauerhandwerk einschließlich Entwurf, Bau und Montage der Erzeugnisse tätig und seit dem 8. August 2001 im Handelsregister eingetragen (AG G., HRB XXXX; nach der Verlegung ihres Sitzes AG S., HRB XXXX). Sie hat gemäß § 5 Nr. 1 ihrer Satzung vom 29. Mai 1997 einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. Die Gesellschafterversammlung kann allen oder einzelnen Geschäftsführern Alleinvertretungsbefugnis einräumen und sie von den Beschränkungen des §
181
Bürgerliches Gesetzbuch
(
BGB
) befreien. Sie kann gemäß § 5 Nr. 2 eine Geschäftsordnung für den oder die Geschäftsführer beschließen. In dieser Geschäftsordnung können Rechtsgeschäfte und Handlungen bezeichnet werden, die der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen. Soweit diese Geschäftsordnung für den Beschluss der zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäfte oder Handlungen keine qualifizierte Mehrheit vorschreibt, was zulässig ist, bedarf der Zustimmungsbeschluss der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Der Beschluss über die Aufstellung oder Änderung der Geschäftsordnung selbst bedarf einer Mehrheit von 75 v.H. der abgegebenen Stimmen. Die Abtretung eines Geschäftsanteils oder von Teilen an einen Erwerber, der nicht schon Gesellschafter ist, bedarf der Zustimmung der Gesellschafter mit einer Mehrheit von 75 v.H. der ihnen zustehenden Stimmen (§ 7 der Satzung). Die Gesellschafterversammlung ist gemäß § 8 Nr. 4 der Satzung beschlussfähig, wenn mindestens 75 v.H. des Stammkapitals vertreten sind. Erweist sich eine Gesellschafterversammlung als nicht beschlussfähig, so ist binnen einer Woche eine zweite Versammlung mit gleicher Tagesordnung einzuberufen, die ohne Rücksicht auf die Höhe des vertretenen Stammkapitals beschlussfähig ist. Hierauf ist in der Einberufung hinzuweisen. Laut § 10 der Satzung (Minderheitsschutz) können Gesellschafter, denen zusammen Geschäftsanteile von mindestens 1/10 des Stammkapitals gehören, bei der Geschäftsführung unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung beantragen. Gemäß § 12 der Satzung (Stimmrecht) werden Beschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst, soweit die Satzung oder das Gesetz nicht zwingend eine andere Mehrheit vorschreiben. Die Abänderung des Gesellschaftsvertrages bedarf gemäß § 16 der Satzung einer Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen. Der Beschluss muss notariell beurkundet werden und zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden. Gemäß § 13 der Satzung beschließt die Gesellschafterversammlung u.a. über die Entlastung der Geschäftsführer (Buchst. b) sowie die Auflösung der Gesellschaft (Buchst. g).
Der 1965 geborene Beigeladene zu 1. ist gelernter Schlossermeister. Bis 2001 arbeitete er - nach seinen Angaben im Feststellungsbogen der Beklagten zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern, Fremdgeschäftsführern und mitarbeitenden Gesellschaftern einer GmbH sowie Geschäftsführern einer Familien-GmbH unter dem 27. Februar 2017 - als Schlosser, Niederlassungsleiter sowie Schlossermeister. Seit dem 8. Juni 2001 ist er Gesellschafter der Klägerin und seit dem 1. November 2001 deren Geschäftsführer. Seine Stammeinlage betrage 30 v.H.; daneben halte G. 70 v.H. der Stammeinlage. Der Beigeladene zu 1. habe der Klägerin in der Vergangenheit ein mittlerweile abgelöstes Darlehen in Höhe von ca. 5.000,00 € gewährt. Er sei als Geschäftsführer einzelvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot nach §
181
BGB
befreit. Seine tatsächliche durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrage ca. 60 Stunden nach Bedarf. Er gab weiter an, er unterliege keinem Direktionsrecht (Weisungsrecht) der Gesellschaft bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung. Er könne seine Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten sowie selbstständig Personal einstellen und/oder entlassen. Urlaub müsse er sich nicht genehmigen lassen. Eine Abberufung/Kündigung sei nur aus wichtigem Grund möglich. Eine Kündigungsfrist sei nicht vereinbart. Es werde eine monatliche, gleichbleibende Vergütung unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens als Gegenleistung für die geleistete Arbeit gezahlt. Die Vergütung werde im Falle einer Arbeitsunfähigkeit sechs Wochen weitergezahlt. Von der Vergütung werde Lohnsteuer entrichtet. Die Verbuchung der Vergütung erfolge als Lohn/Gehalt sowie Betriebsausgabe. Er sei am Gewinn durch eine Gewinnausschüttung beteiligt. Krankenversichert sei er bei der Allianz-Krankenversicherung AG. Gemäß § 1 des Geschäftsführer-Vertrages vom 21. September 2001 zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. vertritt der Beigeladene zu 1. die Klägerin gerichtlich und außergerichtlich. Er hat Einzelgeschäftsführungs- und Einzelvertretungsbefugnis. Ihm obliegt die gesamte kaufmännische, technische und organisatorische Leitung der Gesellschaft. Der Umfang der Geschäftsführungsbefugnis ist gemäß § 3 Nr. 1 grundsätzlich uneingeschränkt. Er ist gemäß § 3 Nr. 2 von den Beschränkungen des §
181
BGB
befreit. Gemäß § 4 Nr. 1 stellt der Geschäftsführer seine ganze Arbeitskraft, Erfahrungen und Kenntnisse der Klägerin zur Verfügung. Er bestimmt Inhalt und Dauer des Einsatzes seiner Arbeitskraft eigenverantwortlich in voller Wahrung der Interessen der Gesellschaft. Für seine Tätigkeit erhält er gemäß § 5 Nr. 1 ein festes Monatsgehalt von 5.800,00 DM brutto, zahlbar jeweils am Zehnten des folgenden Monats, sowie eine Gewinntantieme in Höhe von 10 v.H. (§ 5 Nr. 1.). Gemäß § 5 Nr. 6 wird das Festgehalt im Falle der Erkrankung oder sonstiger unverschuldeter Verhinderung für die Dauer von sechs Wochen fortgezahlt. Der Beigeladene zu 1. hat Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen (§ 6 Nr. 1). Er hat bei Geschäftsreisen Anspruch auf Ersatz seiner Spesen (§ 6 Nr. 2). Gemäß § 8 Nr. 1 tritt der Vertrag mit Wirkung ab dem 1. November 2001 in Kraft. Er war bis zum 31. Dezember 2002 fest abgeschlossen. Wird er nicht mit einer Frist von sechs Monaten von einer der Parteien gekündigt, verlängert er sich jeweils um ein weiteres Jahr (§ 8 Nr. 2). Gemäß § 8 Nr. 3 endet der Vertrag, wenn der Beigeladene zu 1. aus wichtigem Grunde aus seinem Amt abberufen wird, ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedarf.
Vom 17. Februar bis 17. Mai 2017 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Nach deren Anhörung mit Schreiben vom 19. Mai und 14. Juni 2017 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2017 hinsichtlich des Prüfzeitraumes vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2016 fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Klägerin seit dem 1. November 2001 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Versicherungspflicht bestehe in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Aus der Betriebsprüfung ergebe sich eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 81.264,24 €. Zur Begründung führte die Beklagte aus, aus der Satzung der Klägerin ergebe sich, dass Beschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst würden. Der Beigeladene zu 1. habe im Prüfzeitraum mit 30 v.H. der Geschäftsanteile keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Klägerin gehabt, da er nicht über die erforderliche Mehrheit des Stammkapitals verfügt habe und somit auch nicht die erforderliche Mehrheit habe erreichen können. Der Beigeladene zu 1. habe somit zwar Einfluss auf die Firmenpolitik nehmen können, aber nicht auf die Willenserklärung der Klägerin hinsichtlich der Beendigung seines Anstellungsvertrages bzw. Mitarbeiterverhältnisses. Der Beigeladene zu 1. habe diesbezüglich keine Sperrminorität gehabt. Die §§ 5 und 7 der Satzung regelten, dass Beschlüsse der Gesellschaft nur mit qualifizierter Mehrheit (75 v.H.) getroffen werden könnten. Dies betreffe jedoch die Aufstellung einer Geschäftsordnung sowie die Abtretung von Geschäftsanteilen. Eine Sperrminorität sei im Gesellschaftsvertrag nachweislich nicht vereinbart worden. Eine fehlende Rechtsmacht spreche bei Gesellschafter-Geschäftsführern bzw. mitarbeitenden Gesellschaftern mit einer Kapitalbeteiligung von weniger als 50 v.H. des Stammkapitals oder einer nur eingeschränkten Sperrminorität bzw. bei Minderheitsgesellschaftern für die persönliche Abhängigkeit des Betroffenen und damit ganz regelmäßig für eine abhängige Beschäftigung. Es komme im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch nicht mehr auf eine faktische Machtposition an, wonach die zu beurteilende Person „Kopf und Seele“ der GmbH oder alleiniger Branchenkenner sei oder in der GmbH faktisch frei schalten und walten könne. Eine freie Tätigkeits- und Arbeitszeitgestaltung bzw. Eigenverantwortlichkeit führe diesbezüglich nicht zu einer anderen Einschätzung.
Dagegen hat die Klägerin am 8. Januar 2018 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben und vorgetragen, für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status seien nicht allein die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse maßgebend. Von Anfang an sei zwischen den Gesellschaftern abgesprochen gewesen, dass der Beigeladene zu 1. ihre Geschicke eigenverantwortlich und selbstständig leiten solle. Eine mögliche Bewertung einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. in Anlehnung an den Umfang der Gesellschaftsanteile sei von den Gesellschaftern nicht bedacht worden. Hätten sie das bedacht, wäre auch eine hälftige Übernahme der Geschäftsanteile durch den Beigeladenen zu 1. in Betracht gekommen. Die Tatsache, dass sich die Gesellschafter nach Eröffnung des Statusprüfungsverfahrens für den Beigeladenen zu 1. kurzfristig darauf geeinigt hätten, dass der Beigeladene zu 1. alle ihre Gesellschaftsanteile übernehme, zeuge davon. Ihr Betrieb sei von dem Beigeladenen zu 1. durchgängig seit Umfirmierung durch einen Notarvertrag vom 1. Juli 2001 geführt worden. Trotz des abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages habe der Mitgesellschafter G. zu keinem Zeitpunkt in die Geschicke und Belange des Betriebes eingegriffen. Dessen Führung habe ausschließlich und allein beim Beigeladenen zu 1. gelegen. Das sei so weit gegangen, dass es regelmäßig nur eine Gesellschafterversammlung im Jahr gegeben habe, und zwar nur die, in der der Jahresabschluss des Betriebes zu entscheiden gewesen sei. Auch über die Verwendung von geringen Gewinnen habe der Beigeladene zu 1. selbst entschieden. Im Arbeitsvertrag sei zwar ausgewiesen, dass er Anspruch auf eine Gewinntantieme in Höhe von 10 v.H. des körperschaftsteuerlichen Gewinns habe. Zumeist habe er Gewinne aber dafür verwendet, in den Betrieb selbst zu investieren. Der Beigeladene zu 1. habe nach dem Geschäftsführervertrag Einzelgeschäftsführungs- und Einzelvertretungsbefugnis übertragen erhalten und sie, die Klägerin, gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Das bedeute, dass er alle für sie maßgebenden Entscheidungen selbst habe treffen dürfen und auch selbst getroffen habe. Ihm habe als Geschäftsführer niemand vorgestanden, der ihm hätte Weisungen erteilen können. Er habe eindeutig eine Arbeitgeberstellung in der Gesellschaft gehabt. Es sei keine regelmäßige Arbeitszeit vereinbart worden. Die tatsächlichen Verhältnisse seien insoweit von den Möglichkeiten G. als Mehrheitsgesellschafter abgewichen. Das sei zwischen den Gesellschaftern so abgesprochen und gewollt gewesen und sei auch tatsächlich so praktiziert worden. Die Einflussmöglichkeit des Mehrheitsgesellschafters sei selbstverständlich zu beachten, führe vorliegend aber unter Berücksichtigung der gegebenen tatsächlichen Verhältnisse nicht dazu, dass die selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. in irgendeiner Weise in Frage gestellt werden könne. Die Leitungsmacht des Beigeladenen zu 1. habe sich nicht nur auf einen Teil der Gesellschaft bezogen, sondern auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft, sowohl deren technische als auch kaufmännische. Die Satzung der Gesellschaft habe Möglichkeiten vorgesehen, Regelungsmechanismen für die vom Beigeladenen zu 1. als Geschäftsführer zu treffenden Entscheidungen aufzustellen. Gerade hier sei aber eine qualifizierte Mehrheit der Stimmen im Umfang von 75 v.H. vorgesehen gewesen, was den Einfluss des Beigeladenen zu 1. in dieser Hinsicht als nicht unbedeutend darstelle. Immerhin habe er auf diese Weise mitbestimmen können, inwieweit er in der Ausübung seiner Befugnisse reglementiert werde oder nicht.
Mit Beschluss vom 7. Februar 2018 hat das Sozialgericht die Beiladung zu 1. bewirkt. Schließlich hat es mit Urteil vom 2. Mai 2019 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, nach Maßgabe der vom BSG aufgestellten Grundsätze sei der Beigeladene zu 1. nicht selbstständig tätig, sondern abhängig beschäftigt gewesen. Er sei zwar Gesellschafter-Geschäftsführer, als Minderheitsgesellschafter mit 30 v.H. der Gesellschaftsanteile aber nicht in der Lage gewesen, seine minderheitsbedingte Weisungsgebundenheit aufzuheben oder abzuschwächen. Die ihm eingeräumte („unechte“) Sperrminorität habe sich ausschließlich auf bestimmte Bereiche und nicht allumfassend auf die gesamte Unternehmenstätigkeit bezogen, sodass er nicht jegliche Weisung durch den Mehrheitsgesellschafter hätte verhindern können. Nur wer als Minderheitsgesellschafter über eine gesellschaftsvertraglich eingeräumte Sperrminorität verfüge, könne sich im Konfliktfall gegen eine Entziehung seiner Sperrminorität oder gegen sonstige ihn belastende Maßnahmen wehren. Deshalb könnten nur im Gesellschaftsvertrag selbst vereinbarte Minderheitenrechte für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Gesamtbildes einer Tätigkeit verlässlich bedeutsam sein, soweit daraus eine Selbstständigkeit hergeleitet werden solle. Im Übrigen werde die bereits aus der Stellung als Minderheitsgesellschafter ohne „echte“ Sperrminorität resultierende Zuordnung als abhängig Beschäftigter durch den zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. abgeschlossenen Geschäftsführer-Vertrag bestätigt, der typische Regelungen einer Beschäftigung enthalte. Danach sei dem Beigeladenen zu 1. für seine Geschäftsführertätigkeit ein monatliches Bruttogehalt von 5.800,00 DM zzgl. 10 v.H. Gewinntantiemen gezahlt worden. Außerdem sei ein Urlaubsanspruch von jährlich 30 Tagen sowie bei Krankheit Entgeltfortzahlung für sechs Wochen vorgesehen gewesen.
Gegen das ihr am 22. Mai 2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. Juni 2019 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dem Beigeladenen zu 1. seien durch den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag weitreichende Kompetenzen eingeräumt worden. Hervorzuheben seien die uneingeschränkte grundsätzliche Geschäftsführungsbefugnis des Beigeladenen zu 1., die Erteilung einer Einzelgeschäftsführungs- und Einzelvertretungsbefugnis, die Befreiung von den Beschränkungen des §
181
BGB
, das Fehlen der Festlegung einer bestimmten Arbeitszeit, die freie Entscheidung zu Inhalt und Dauer des Einsatzes der Arbeitskraft, die freie Genehmigung des Urlaubs sowie die Gewinnbeteiligung an der Gesellschaft. Die Satzung der Gesellschaft habe dem Beigeladenen zu 1. zwar keine qualifizierte Sperrminorität eingeräumt. Allerdings seien Regelungen des Gesellschaftsvertrages zu beachten, die seine besondere Stellung, wie sie auch im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag dokumentiert werde, in besonderer Weise prägten. Der Beschluss über die Aufstellung oder Änderung der Geschäftsordnung der Gesellschaft selbst habe einer Mehrheit von 75 v.H. der abgegebenen Stimmen bedurft. Der Beigeladene zu 1. habe hier ein wesentliches Mitbestimmungsrecht gehabt. Ein solches, entgegenstehende Beschlüsse verhinderndes Mitbestimmungsrecht habe er auch im Zusammenhang mit der Abtretung von Geschäftsanteilen und bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung gehabt. Nicht zu vergessen sei auch eine qualifizierte Mehrheit von 75 v.H. der abgegebenen Stimmen bei Satzungsänderungen. Auch hier hätten solche Änderungen nur unter Zustimmung des Beigeladenen zu 1. vorgenommen werden können. Die tatsächlichen Verhältnisse in dem umstrittenen Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2016 sprächen für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1.; dieser habe die Geschäftsführung der Gesellschaft wahrgenommen, ohne jedweden Einschränkungen zu unterliegen. Praktiziert worden seien die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen in einer Weise, die dem Beigeladenen zu 1. uneingeschränkte Befugnisse in der Gesellschaft zugebilligten, ohne dass diese nach dem Gesellschaftervertrag in rechtlicher Weise statuiert worden seien. Damit hätten die Gesellschafter, insbesondere der Mehrheitsgesellschafter G., auf ihnen nach dem Gesellschaftervertrag zustehenden Rechte ausdrücklich verzichtet. Es sei in der Rechtsbeziehung zwischen den Gesellschaftern prägend und gewollt gewesen, dass der Beigeladene zu 1. einen bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft ausgeübt habe. Von den Gesellschaftern sei ausdrücklich gewollt gewesen, dass die Gesellschaft durch den Beigeladenen zu 1. aufgebaut, organisiert und geleitet werde und ihm hierfür alle Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt worden seien. Nach der Eröffnung des Statusprüfungsverfahrens hätten sich die tatsächlichen Verhältnisse der Gesellschaft dahingehend geändert, dass der Beigeladene zu 1. alle Gesellschaftsanteile übernommen habe. Der Verkauf der Geschäftsanteile von G. an den Beigeladenen zu 1. sei durch Kaufvertrag vom 1. September 2017 erfolgt. Der Gesellschafter G. sowie der Beigeladene zu 1. hätten mit diesem notariellen Kaufvertrag den Rechtszustand hergestellt, den sie von vornherein in der Sache beabsichtigt gehabt hätten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 2. Mai 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 2. Mai 2019 zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des Sozialgerichts und ihren Bescheid für zutreffend.
Mit den Beschlüssen vom 9. Dezember 2019 und 22. März 2021 hat der Senat die Beiladungen zu 2. bis 5. bewirkt. Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten (zwei Bände) sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Diese haben bei der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung des Senats vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§
153
Abs.
1
,
54
Abs.
2
Sozialgerichtsgesetz
[SGG]).
Die Beklagte ist zutreffend von einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. in seiner Funktion als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2016 ausgegangen.
Die Sozialversicherung umfasst gemäß §
2
Abs.
1
Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -
SGB IV
) Personen, die kraft Gesetzes oder Satzung (Versicherungspflicht) oder aufgrund freiwilligen Beitritts oder freiwilliger Fortsetzung der Versicherung (Versicherungsberechtigung) versichert sind. In allen Zweigen der Sozialversicherung sind nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nach §
2
Abs.
2
Nr.
1
SGB IV
Personen versichert, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Es unterliegen hier nur Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung [SGB V]; §
1
Satz 1 Nr.
1
Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung
[SGB VI]; § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung [SGB III]; § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung [SGB XI]).
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7
Abs.
1
Satz 1
SGB IV
. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen „Etikettenschwindel“ handelt. Auf der Grundlage des festgestellten (wahren) Inhalts der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris, RdNr. 16 f., m.w.N.).
Ausgehend von diesen Prämissen enthält der Geschäftsführer-Vertrag des Beigeladenen zu 1. zahlreiche Regelungen, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen (Anspruch auf ein festes Monatsgehalt, zahlbar jeweils am Zehnten des folgenden Monats, § 5 Nr. 1; Fortzahlung des Festgehaltes im Falle der Erkrankung oder sonstiger unverschuldeter Verhinderung für die Dauer von sechs Wochen, § 5 Nr. 6; Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen, § 6 Nr. 1). Der Beigeladene zu 1. konnte zwar im normalen Geschäftsbetrieb frei agieren. Aber in der Geschäftsordnung für den oder die Geschäftsführer konnte die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit Rechtsgeschäfte und Handlungen bezeichnen, die ihrer vorherigen Zustimmung bedürfen (§ 5 Nr. 2 der Satzung). Dies hätte der Beigeladene zu 1. aufgrund seines geringen Anteils am Stammkapital (30 v.H.) nicht verhindern können. Allein diese rechtliche Möglichkeit der Gesellschafterversammlung und damit der Klägerin - ob sie nun genutzt wurde oder nicht - spricht maßgeblich für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1.; es war ihm rechtlich nicht möglich, dies abzuwenden. Derartige Befugnisse ergaben sich weder aus seiner Stellung als Mitgesellschafter noch aus dem Geschäftsführer-Vertrag. Die rechtliche Einordnung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Beigeladene zu 1. die Klägerin selbstständig und allein führen konnte. Diese gelockerte Weisungsdichte ist bei Personen, die Dienste höherer Art verrichten, üblich. Dass der Beigeladene zu 1. vom Selbstkontrahierungsverbot des §
181
BGB
befreit war (§ 3 Nr. 2 des Geschäftsführer-Vertrages), spricht - wie das BSG wiederholt entschieden hat - nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 18 m.w.N.). Auch die Übernahme von Darlehen und Bürgschaften begründet für sich kein für eine selbstständige Tätigkeit sprechendes Unternehmerrisiko. Das hat das BSG für die Darlehensgewährung ausdrücklich entschieden (Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 -, juris, RdNr. 33).
Der Beigeladene zu 1. verfügte als Minderheitsgesellschafter in der Gesellschafterversammlung nicht über eine vergleichbare Stellung, wie sie ein mit einer im Gesellschaftsvertrag begründeten Sperrminorität ausgestatteter Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer innehat. Ist ein GmbH-Geschäftsführer - wie hier der Beigeladene zu 1. - zugleich (mittelbar) als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Hinzu kommen die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist dabei, ob die rechtliche Möglichkeit besteht, als beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 24 m.w.N., Urteil vom 23. Februar 2021 - B 12 R 18/18 R -, juris, RdNr. 15 m.w.N.). Gesellschafter-Geschäftsführer sind aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung nur dann selbstständig tätig, wenn sie mindestens 50 v.H. der Anteile am Stammkapital halten oder ihnen bei geringerer Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine „echte“ bzw. „qualifizierte“ Sperrminorität eingeräumt ist. Eine „echte“ bzw. „qualifizierte“ Sperrminorität setzt voraus, dass sie nicht auf bestimmte Angelegenheiten der Gesellschaft begrenzt ist, sondern uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit umfasst. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags (Satzung) zustande gekommene, das Stimmverhalten regelnde Vereinbarungen (Abreden) sind bei der Bewertung der Rechtsmachtverhältnisse nicht zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R -, juris, Leitsätze 2. bis 4.).
Der Beigeladene zu 1. verfügte im umstrittenen Zeitraum als Gesellschafter nur über einen Anteil von 30 v.H. am Stammkapital und damit nicht über die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Gesellschafterbeschlüsse werden bei der Klägerin grundsätzlich mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht Gesetz oder Satzung zwingend eine andere Mehrheit vorschreiben (§ 12 Satz 2 der Satzung). Die Satzung sieht keine Regelung vor, die dem Beigeladenen zu 1. als Minderheitsgesellschafter im umstrittenen Zeitraum eine Sperrminorität vermittelt hätte. Nur bei besonders wichtigen und einschneidenden Maßnahmen (§ 5 Nr. 2 Satz 4 der Satzung: Aufstellung oder Änderung der Geschäftsordnung; § 7 der Satzung: Abtretung eines Geschäftsanteils oder von Teilen an einen Erwerber, der nicht schon Gesellschafter ist) hatte der Beigeladene zu 1. eine Sperrminorität. Diese Ausnahmen verschafften dem Beigeladenen zu 1. aber keine rechtlich maßgebliche Machtstellung im Alltagsgeschäft.
Es ist rechtlich auch unbeachtlich, wenn es zwischen den Gesellschaftern nie zu erheblichen Differenzen gekommen ist. Eine gegenseitige Rücksichtnahme mag solange eine gewisse Bedeutung haben, wie das Einvernehmen der Beteiligten gewahrt bleibt. Im Falle eines Zerwürfnisses wäre jedoch allein die den einzelnen Gesellschaftern zustehende Rechtsmacht zum Tragen gekommen. Insoweit hatte der Beigeladene zu 1. im umstrittenen Zeitraum mit seinem Gesellschaftsanteil von 30 v.H. ohne Sperrminorität keine wesentliche Machtposition. Eine „Schönwetter-Selbstständigkeit“, solange die Beziehungen intakt und unbelastet sind, ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 R 2/14 R -, juris, RdNr. 41 m.w.N.). Nur wer als Minderheitsgesellschafter über eine im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Sperrminorität verfügt, kann sich im Konfliktfall gegen eine Entziehung seiner Sperrminorität oder gegen sonstige ihn belastende Maßnahmen wehren. Deshalb können nur im Gesellschaftsvertrag selbst vereinbarte Minderheitenrechte für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Gesamtbildes einer Tätigkeit verlässlich bedeutsam sein, soweit daraus eine Selbstständigkeit hergeleitet werden soll (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 32 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a
Abs.
1
Satz 1
SGG
in Verbindung mit §
154
Abs.
2
Verwaltungsgerichtsordnung
(
VwGO
). Die Beigeladenen haben selbst keine Anträge gestellt und sich damit auch nicht in ein Kostenrisiko begeben; daher sind ihnen keine Kosten zu erstatten (§
162
Abs.
3
VwGO
).
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von §
160
Abs.
2
SGG
liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in §
160
Abs.
2
Nr.
2
SGG
genannten Gerichte abweicht.