Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Geschäftsführer einer Familien-GmbH - abhängige Beschäftigung - selbstständige
Tätigkeit - Auswirkungen einer behaupteten Befreiung von der Versicherungspflicht im Beitrittsgebiet vor dem 1.1.1992
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Beigeladenen zu 1. bis 4. vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2015 ihre
Tätigkeit als Geschäftsführer der die Berufung führenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) im Rahmen eines versicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnisses ausübten und die diese Tätigkeit betreffende Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung
in Höhe von 173.459,68 € rechtmäßig ist.
Die Beigeladenen zu 3. und 4. (geboren 1955 und 1959) sind Brüder; der Beigeladene zu 3. ist der Vater des Beigeladenen zu
2. (geboren 1982), der Beigeladene zu 4. ist der Vater des Beigeladenen zu 1. (geboren 1982).
Dem Antrag des Beigeladenen zu 4. unter dem 29. November 1991 auf Befreiung von der Versicherungspflicht in seiner hauptberuflichen
Tätigkeit als selbstständiger Versicherungsmakler entsprach die ehemalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA)
mit Bescheid vom 27. März 1992. Der Beigeladene zu 3. meldete am 5. März 1991 ein Gewerbe „Vermittlung von Bausparverträgen
und Lebensversicherungen“ an. Von Mai 1989 bis Oktober 1991 wurden für ihn Beiträge zur Sozialversicherung auf Grund seiner
Beschäftigung als Kraftfahrer bzw. seiner Arbeitslosigkeit abgeführt. Auf seinen Antrag erfolgte ab dem 1. Mai 1992 eine freiwillige
Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Gegenstand der von den Beigeladenen zu 3. und 4. mit Gesellschaftsvertrag vom 19. Dezember 2001 gegründeten GmbH ist ausweislich
der Eintragungen im Handelsregister des Amtsgerichts S. (HRB ...) die Vermittlung von Kunden an Versicherungsgesellschaften und Bausparkassen zum Zwecke des Abschlusses von Verträgen
über Versicherungen, Bausparen, Finanzierungen und Investment. An dem Stammkapital der Gesellschaft von 25.000,00 € hielten
nach dem am 22. April 2009 notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag die Beigeladenen zu 1. und zu 2. jeweils 6.000,00 €
(24 Prozent) sowie die Beigeladene zu 3. und zu 4. jeweils 6.500,00 € (26 Prozent). Nach § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages
in dieser Fassung bedurften die von den Gesellschaftern in Angelegenheiten der Gesellschafter zu treffenden Bestimmungen der
Beschlussfassung regelmäßig der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wobei je ein Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme gewährte.
Als Geschäftsführer waren bis zur Übertragung der Geschäftsanteile auf die Beigeladenen zu 1. und 2. mit Einzelvertretungsberechtigung
die Beigeladenen zu 3. und 4. bestellt. Am 18. Mai 2009 wurden im Handelsregister auch die Beigeladenen zu 1. und 2. als Geschäftsführer
(ohne Einzelvertretungsberechtigung) eingetragen.
Die Geschäftsführerverträge mit den Beigeladenen zu 3. und 4. vom 20. Dezember 2001 sahen mit der jeweiligen Ergänzung vom
28. Dezember 2006 ab dem 1. Januar 2007 ein Bruttogehalt von monatlich 5.600,00 € vor, das auch im streitigen Zeitraum noch
gezahlt wurde. Im Übrigen wurde im Wesentlichen eine private Pkw-Nutzung abgerechnet. Die Geschäftsführerverträge mit den
Beigeladenen zu 1. und 2. vom 23. April 2009 regelten mit der Ergänzung vom 28. April 2011 für den Beigeladenen zu 1. ab dem
1. Mai 2011 ein Bruttogehalt von monatlich 2.500,00 € und mit den Ergänzungen vom 28. April 2011 und 13. Februar 2013 für
den Beigeladenen zu 2. ab dem 1. Mai 2011 ein Bruttogehalt von monatlich 2.000,00 € und ab dem 1. April 2013 ein Bruttogehalt
von monatlich 2.100,00 €. Im Übrigen wurde jeweils im Wesentlichen eine private Pkw-Nutzung abgerechnet.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 10. Juni 2016 änderten die Beigeladenen zu 1. bis 4. die Regelung in § 7 des Gesellschaftsvertrages
dahingehend, dass die von den Gesellschaftern in Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung
mit 100 Prozent der abgegebenen Stimmen erfolgen und auch die Beigeladenen zu 1. und 2. jeweils als Geschäftsführer einzelvertretungsberechtigt
sind.
Die Beklagte führte bei der Klägerin am 13. April 2016 eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 31.
Dezember 2015 durch. Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 26. April 2016 zur sozialversicherungsrechtlichen Statusfeststellung
für die Beigeladenen zu 1. bis 4. forderte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Juli 2016 für den gesamten Prüfzeitrum Beiträge
für die Beigeladenen zu 1. und 2. zur Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung, Arbeitsförderung und zur
Insolvenzgeldumlage, für den Beigeladenen zu 3. zur Rentenversicherung, Arbeitsförderung und zur Insolvenzgeldumlage sowie
für den Beigeladenen zu 4. zur Arbeitsförderung und Insolvenzgeldumlage in Höhe von insgesamt 173.459,68 €. Die sozialversicherungsrechtliche
Beurteilung sei für die Gesellschafter-Geschäftsführer durch die Klägerin fehlerhaft vorgenommen worden. Inwiefern das Dienstverhältnis
eines Gesellschafter-Geschäftsführers ein die Versicherungspflicht auslösendes Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung
darstelle, sei nach den allgemeinen Grundsätzen zu prüfen, wobei die Organstellung eines Geschäftsführers der Versicherungspflicht
nicht entgegenstehe. Ausschlaggebend sei die sich nach dem Gesellschaftsrecht ergebende Rechtsmacht. Zur Beurteilung, ob ein
Gesellschafter-Geschäftsführer maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft habe, gelte als vorrangiges Beurteilungskriterium
dessen Beteiligung am Stammkapital der GmbH und das damit verbundene Stimmrecht bei Gesellschafterbeschlüssen. Die Beigeladenen
zu 1. und 2. seien seit dem 22. April 2009 Gesellschafter der Klägerin und sei dem 1. Mai 2009 deren Geschäftsführer. Mit
jeweils 24 Prozent am Stammkapital hätten diese keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft und stünden
daher ab dem 22. April 2009 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin. Die Beigeladenen zu 3. und 4. seien
seit dem 19. Dezember 2001 Gesellschafter der Klägerin und seit dem 1. Januar 2002 deren Geschäftsführer. Mit 26 Prozent am
Stammkapital hätten auch die Beigeladenen zu 3. und 4. keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Das
Vorliegen einer Alleinvertretungsbefugnis und eine Befreiung von den Beschränkungen des §
181 Bürgerliches Gesetzbuch reichten nicht aus, um eine selbstständige Tätigkeit zu bejahen. Aus den Geschäftsführerverträgen ergäben sich für die vier
Geschäftsführer Vereinbarungen zu monatlichem Gehalt, Lohnfortzahlung, Urlaub und Weisungsgebundenheit. Der Beigeladene zu
3. habe im Prüfzeitraum die Jahresarbeitsentgeltgrenze der Krankenversicherung überschritten, sodass eine Versicherungspflicht
und Beitragspflicht nur zur Rentenversicherung und Arbeitsförderung bestehe. Der Beigeladene zu 4. habe im Prüfzeitraum die
Jahresarbeitsentgeltgrenze der Krankenversicherung überschritten. Er habe die Befreiung von der Versicherungspflicht in der
Rentenversicherung nach §
231a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung -
SGB VI) nachgewiesen, sodass seine Versicherungs- und Beitragspflicht nur zur Arbeitsförderung bestehe.
Zur Begründung ihres hiergegen am 25. Juli 2016 eingelegten Widerspruchs unter Vorlage einer von den Beigeladenen zu 1. bis
4. unterschriebenen Vollmacht verwies die Klägerin in Bezug auf die von der Beklagten angenommene Versicherungspflicht der
Geschäftsführer darauf, dass hier eine „Familien-GmbH“ vorliege und die Änderung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) keine Geltung für in der Vergangenheit liegenden Zeiträume haben könne. Dem stünden Grundsätze des Verfassungsrechts, insbesondere
ein Rückwirkungsverbot entgegen. In Bezug auf den Beigeladenen zu 3. sei im Übrigen zu berücksichtigen, dass dieser von der
Versicherungspflicht befreit gewesen sei und nachfolgend eine Versicherungspflicht auf Antrag in der gesetzlichen Rentenversicherung
nicht begründet worden sei. In der Anlage fügte die Klägerin ein Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland
vom 26. Juli 2016 bei, in dem der Eingang eines Schreibens des Beigeladenen zu 3. auf Befreiung von der Versicherungspflicht
vom 28. Dezember 1991 bei der BfA nicht bestätigt wird. Danach habe sich die Eingangsbestätigung der BfA vom 24. Februar 1992
auf einen Antrag auf eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen. Die Selbstständigen im
Beitrittsgebiet, die ihre Tätigkeit nach dem 31. Juli 1991 aufgenommen hätten, hätten nicht kraft Gesetzes der Versicherungspflicht
unterlegen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. November 2016 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung des angefochtenen Bescheides
als unbegründet zurück. Keiner der vier Geschäftsführer verfüge über einen maßgeblichen Kapitalanteil. Für den Beigeladenen
zu 3. liege ein Bescheid über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vor.
Insbesondere aus den Feststellungen der vorausgegangenen Betriebsprüfungen sei ein Vertrauensschutz des Arbeitgebers nicht
abzuleiten, da diese Prüfungen nur Stichprobencharakter hätten.
Unter dem 14. November 2016 lehnte die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 4. die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens
nach §
7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -
SGB IV) ab, da einem solchen Verfahren bereits das Ergebnis der durchgeführten Betriebsprüfung entgegenstehe, half indes dem hiergegen
eingelegten Widerspruch indes mit Bescheid vom 22. Dezember 2016 mit dem Ergebnis der Feststellung, dass der Beigeladene zu
4. seit dem 10. Juni 2016 in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-,
Pflege, Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung unterliege, im Wesentlichen ab.
Die Klägerin hat vor dem Sozialgericht Magdeburg am 16. November 2016 Klage erhoben. Sie hat im Wesentlichen ihr Vorbringen
aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und weiter ausgeführt, es fehle an einer Anhörung der Beigeladenen zu 1. bis 4. vor
Erlass des angefochtenen Bescheides. Diesen gegenüber hätten Bescheide über ihren Sozialversicherungsstatus bekannt gegeben
werden müssen. Deshalb sei der im vorliegenden Verfahren angefochtene Bescheid aus formalen Gründen rechtswidrig und aufzuheben.
Die Beigeladenen zu 3. und 4. hätten hier als „Alt-Geschäftsführer“ über die Familienbande mit dem jeweiligen Sohn Anteile
von jeweils insgesamt 50 Prozent gehalten. Ein Befreiungsbescheid sei in Bezug auf den Beigeladenen zu 3. nicht erforderlich.
Die Arbeitslosigkeit vom 1. Juni bis zum 31. Oktober 1991 sei mit der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit im Familienunternehmen
beendet gewesen. Die damalige Rechtslage müsse die Beklagte weiter gegen sich gelten lassen. Für die Beigeladenen zu 1. und
2. sei festgestellt worden, dass diese als Selbstständige nicht der Versicherungspflicht nach §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI unterlägen. Insoweit werde auf den Bescheid vom 13. Oktober 2017 für den Beigeladenen zu 2. verwiesen. Die Beigeladenen zu
1. bis 4. hätten davon ausgehen können und dürfen, als selbstständig tätige Versicherungsmakler unter dem Dach ihrer Familien-GmbH
nicht versicherungspflichtig in der Sozialversicherung zu sein. Soweit das BSG in seiner Entscheidung vom 11. November 2015 (u.a. B 12 R 2/14 R -, juris) einen Paradigmenwechsel vollzogen habe, bestehe gegenüber rückwirkenden Beitragsforderungen ein Vertrauensschutz
(Hinweis auf BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 - B 12 R 11/14 R -, juris). Sie - die Klägerin - habe keine Möglichkeit gehabt, Vorkehrungen für eine derart geänderte Rechtsprechung und
ein geändertes Verwaltungshandeln zu treffen. Für die Beigeladenen zu 1. und 2. würden, obwohl diese über eine private Krankenversicherung
abgesichert gewesen seien, rückwirkend Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung gefordert. Die Entscheidung der Beklagten
gefährde den Bestand des Unternehmens.
Das Sozialgericht hat mit Beschlüssen vom 14. Dezember 2018 und 14. April 2020 die Beiladungen zu 1. bis 7. bewirkt.
Die Hauptbeteiligten und die Beigeladenen zu 2. bis 7. haben schriftsätzlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des
Sozialgerichts ohne mündliche Verhandlung erklärt. Insoweit wird (in der Reihenfolge des Rubrums) auf Blatt 205, 211, 225,
224, 223, 219, 198 und 209 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen. Der Beigeladene zu 1. hat am 29. Mai 2020 in der Geschäftsstelle
der 10. Kammer des Sozialgerichts telefonisch auf den Schriftsatz des u.a. von ihm bevollmächtigten Prozessbevollmächtigten
der Klägerin vom 23. April 2020 verwiesen und sein Einverständnis mit einer Entscheidung des Sozialgerichts ohne mündliche
Verhandlung bestätigt. Insoweit wird auf den Gesprächsvermerk, Blatt 217 Bd. II der Gerichtsakten, Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 17. September 2020 abgewiesen. Die angefochtenen
Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Geschäftsführer einer GmbH seien nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich abhängig beschäftigt und deshalb in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig. Eine abhängige
Beschäftigung sei nur dann ausgeschlossen, wenn wegen der gleichzeitig bestehenden Gesellschafterstellung die Willensbildung
der GmbH vom Geschäftsführer bestimmt werde (Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. September 1992 - 7 RAr 12/92 -, juris; BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris). Die Klägerin könne auch keinen Vertrauensschutz nach Art.
20 Abs.
3 Grundgesetz wegen einer Änderung der Rechtsprechung beanspruchen. Eine verfassungsrechtlich relevante Abkehr von früheren Rechtsprechungsmaßstäben
zur Versicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern in Familiengesellschaften sehe das BSG in seinem Urteil vom 19. September 2019 (- B 12 R 25/18 R -, juris) nicht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe sehe das Gericht unter Hinweis auf §
136 Abs.
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ab, da insoweit der Begründung in dem angefochtenen Bescheiden der Beklagten gefolgt werde.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 30. Oktober 2020 zugestellte Urteil am 25. November 2020 Berufung bei dem Landessozialgericht
(LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt und ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung ihres Rechtsmittels hat die Klägerin ihr Vorbringen
aus der ersten Instanz wiederholt und vertieft. Der Schriftverkehr der Rentenversicherung mit dem Beigeladenen zu 3. ergäbe
keinen Sinn, wenn dieser bei seiner freiwilligen Versicherung im Jahr 1992 versicherungspflichtig gewesen wäre. Es widerspreche
Treu und Glauben, von diesem einen Befreiungsbescheid zu fordern. Für die Beigeladenen zu 1. und 2. sei maßgebend, dass diese
nicht als selbstständig Erwerbstätige versicherungspflichtig nach §
2 SGB VI gewesen seien. Die Entscheidung der Beklagten verstoße gegen Treu und Glauben und werde dem Vertrauensschutz nicht gerecht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. September 2020 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2016 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 1. November 2016 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie sei der Auffassung, dass der Beigeladene zu 3. am 31. Dezember 1991 versicherungspflichtig
gewesen sei, weil er seine Tätigkeit entsprechend der Gewerbeanmeldung vor dem 1. Juli 1991 aufgenommen habe. Anknüpfungspunkt
der Befreiung von der Versicherungspflicht sei ihrer Auffassung nach nur die jeweils ausgeübte Tätigkeit zum Zeitpunkt der
Entscheidung des Rentenversicherungsträgers. Für die Beigeladenen zu 1. und 2. sei nur über das Ende ihrer Versicherungspflicht
als selbstständig Tätige zum 30. April 2009 entschieden worden, nicht indes über ihre Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin.
Mit Beschluss des Senats vom 10. Mai 2021 ist die Beiladung der Pflegekasse nachgeholt worden.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 1. April 2021 sind die Hauptbeteiligten und die Beigeladenen zu einer Entscheidung des Senats
gemäß §
153 Abs.
4 SGG angehört worden. Die Klägerin hat hierzu im Wesentlichen mitgeteilt, dass sie eine weitere Erörterung der Rechtssache für
geboten erachte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese Akten
haben bei der Entscheidungsfindung des Senats vorgelegen.
II.
Der Senat hat über die Berufung im Rahmen der pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens durch Beschluss nach §
153 Abs.
4 SGG entscheiden können. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden.
Der Umstand, dass das Sozialgericht ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, steht einem Beschluss des Senats nicht entgegen
(vgl. die Nachweise bei Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG Kommentar, 13. Aufl. 2020, §
153 RdNr. 14). Der Senat muss sich nicht vertieft mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Beschluss ggfs. auch möglich sein kann,
wenn das Sozialgericht ohne das erforderliche Einverständnis eines Beigeladenen entschieden hat, da das aktenkundig gewordene
Einverständnis des Beigeladenen zu 1. hier den Anforderungen eines Einverständnisses im Sinne des §
124 Abs.
2 SGG genügt. Der Prozessbevollmächtigte hat sich für die Beigeladenen zu 1. bis 4. nicht besonders bestellt, ist aber durch diese
bevollmächtigt und vertritt mit dem Rechtsschutzziel dieser Beigeladenen gleichlaufende Rechtspositionen für die Klägerin.
Die Geschäftsstelle hat sich nach dem Gesprächsvermerk vom 29. Mai 2020 hinreichend von der Person des Anrufenden überzeugt
(vgl. zu einer fernmündlichen Erklärung: BSG, Urteil vom 27. Oktober 1967 - 2 RU 54/64 -, juris, RdNr. 28). Ein fehlendes Einverständnis ist insoweit auch im Berufungsverfahren nicht gerügt worden. Der Senat
hat in Bezug auf die Entscheidung durch Beschluss auch besonders in die Abwägung eingestellt, dass die Klägerin die aus ihrer
Sicht für eine mündliche Verhandlung sprechenden Gesichtspunkte noch einmal begründet hat. Aus Sicht des Senats überwiegt
indes in der Abwägung die klare Rechtslage gegenüber dem Charakter einer mündlichen Verhandlung auch als Forum, in dem im
Rahmen des rechtlichen Gehörs das Unverständnis von Beteiligten in Bezug auf die Gesetzesauslegung durch Gerichte zum Ausdruck
gebracht werden kann.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 13. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 1. November 2016 ist rechtmäßig. Die Klägerin ist hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt (§§
153 Abs.
1,
54 Abs.
2 Satz 1
SGG).
Zutreffend hat die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. bis 4. im Zeitraum
vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2015 und damit eine Versicherungspflicht für die Beigeladenen zu 1. bis 4. In allen
Zweigen der Sozialversicherung, für den Beigeladenen zu 3. in der Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung und für den
Beigeladenen zu 4. zur Arbeitsförderung festgestellt. Die Beitragspflicht für die Insolvenzgeldumlage besteht ebenfalls für
die Beigeladenen zu 1. bis 4.
Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Die Beklagte hat der Anhörungspflicht gemäß § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) genügt. Die im Widerspruchsverfahren vorgelegte Vollmacht dokumentiert, dass den Beigeladenen zu 1. bis 4. zumindest vor
Erlass des Widerspruchsbescheides vom 1. November 2016 der Gegenstand des Verfahrens bekannt war und sie sich hierzu äußern
konnten, sodass nähere Ausführungen zu den rechtlichen Anforderungen insoweit bereits auf tatsächlicher Ebene entbehrlich
sind. Ob die Beigeladenen zu 1. bis 4. eine fehlende Bekanntgabe von vier weiteren Bescheiden rügen könnten, steht im Rahmen
einer ausschließlich von der Klägerin geführten Berufung nicht zur Entscheidung des Senats.
Im Rahmen der Betriebsprüfung konnte die Beklagte gemäß §
28 p Abs.
1 Satz 5
SGB IV durch Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin als Arbeitgeberin auch über die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. bis
4. in der Sozialversicherung entscheiden.
Versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung
und beitragspflichtig nach dem Recht der Arbeitsförderung sind insbesondere Angestellte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt
sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes
Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung [SGB XI], §
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI, § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung [SGB III]).
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung
des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in
einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen
nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 R 2/14 R, juris, RdNr. 18 m.w.N.).
Der zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 4. geschlossenen Geschäftsführeranstellungsvertrag enthalten
Regelungen, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen, vorrangig die feste, monatlich gezahlte Vergütung in
gleichbleibender Höhe.
Dass die Beigeladenen zu 3. und 4. im Prüfzeitraum vom Selbstkontrahierungsverbot (§
181 Bürgerliches Gesetzbuch) befreit waren, spricht demgegenüber nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 18 m.w.N.).
Sind GmbH-Geschäftsführer - wie hier die Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 4. als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft
beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft
ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Hinzu kommen die Stimmrechte
in der Gesellschafterversammlung. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist dabei, ob die rechtliche
Möglichkeit besteht, als beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer
nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 19. September 2019, a.a.O., RdNr. 15). Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr
als 50 Prozent der Anteile am Stammkapital hält. Bei einem Anteil am Stammkapital von 50 Prozent oder weniger muss dem Geschäftsführer
für eine selbstständige Tätigkeit eine umfassende, die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt
sein (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2019, a.a.O., RdNr. 15 m.w.N.).
Der Beigeladenen zu 1. und 2. verfügten mit einem Geschäftsanteil von jeweils 24 Prozent, die Beigeladenen zu 3. und 4. von
jeweils 26 Prozent am Stammkapital hier weder über eine für die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung erforderliche
Mehrheit noch über eine sogenannte Sperrminorität. Ausweislich § 7 des Gesellschaftsvertrages vom 22. April 2009 werden Gesellschafterbeschlüsse
regelmäßig mit einfacher Mehrheit gefasst. Im Hinblick auf diese Abstimmungsmodalitäten konnten die beigeladenen Geschäftsführer
ihnen nicht genehme Entscheidungen nicht verhindern.
Bereits das Sozialgericht hat darauf hingewiesen, dass das
Grundgesetz keinen Vertrauensschutz in die höchstrichterliche Rechtsprechung garantiert (vgl. hierzu die Nachweise in BSG, Urteil vom 19. September 2019, a.a.O., RdNr. 20). Im vorliegenden Fall ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass sich hier
aus der Rechtsprechung zu keinem Zeitpunkt eine eindeutige Bewertung des Versicherungsstatus der Beigeladenen zu 1. bis 4.
für den streitigen Zeitraum ableiten ließ. Vielmehr führt die Klägerin selbst aus, dass ihrer Auffassung nach der bestimmende
Einfluss jeweils in Paaren aus Vater und Sohn mit in der Summe einem dann hälftigen Anteil ausgeübt worden sei. Soweit die
Rechtsprechung früher bei einem Minderheitsgesellschafter als Geschäftsführern ausnahmsweise eine selbstständige Tätigkeit
bejahte, wenn dieser „das Sagen hatte“ (vgl. schon BSG, Urteil vom 15. Dezember 1971 - 3 RK 67/68 -, juris, RdNr. 27), oder auf Grund familiärer Bindungen, Fachkunde und Erfahrung „Kopf und Seele“ des Unternehmens ist (vgl.
BSG, Urteil vom 23. September 1982 - 10 RAr 10/81 -, juris, RdNr. 19) wurde davon die Konstellation einer im Ergebnis stets jeweils zwei Geschäftsführern (den Vätern qua Erfahrung
oder eines dominanten Stammes) bestehenden Dominanz im Unternehmen nicht erfasst. Im vorliegenden Fall hätte sich für diese
Konstellation der Weg der Statusfeststellung nach §
7a SGB IV (eingeführt mit Wirkung ab dem 1. Januar 1999 durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999, BGBl. I 2000, S. 2) aufgedrängt. Denn insbesondere die Beigeladenen zu 1. und 2. waren vom zuständigen Rentenversicherungsträger darauf hingewiesen
worden, dass sich mit dem Eintritt in die GmbH eine Veränderung des Versicherungsstatus ergab. Für den Senat ist nicht nachvollziehbar,
dass die Klägerin meint, aus der Mitteilung einer Beendigung der Versicherungspflicht nach §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI als sogenannter „Solo-Selbstständiger“ habe sich eine hinreichende Klärung für eine nachfolgende Tätigkeit als Geschäftsführer
einer GmbH ergeben können. Vor diesem Hintergrund bietet das vorliegende Verfahren keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen
verfassungsrechtliche Grundsätze.
Soweit in Rechtsprechung und Literatur Bedenken in Bezug auf die rückwirkende Feststellung einer Sozialversicherungspflicht
nach beanstandungsfreien Betriebsprüfungen geäußert wurden, haben sich die tragenden Argumente in der höchstrichterlichen
Rechtsprechung nur insoweit durchsetzen können, als die Rentenversicherungsträger inzwischen verpflichtet worden sind, die
Betriebsprüfungen mit Bescheiden abzuschließen (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2019, a.a.O., RdNr. 33).
Der Beigeladene zu 3. kann sich nicht auf eine Befreiung von einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
nach §
231 Abs.
1 Satz 1
SGB VI stützen. Nach dieser Regelung in der ab dem 1. Januar 1992 geltenden Fassung bleiben Personen, die am 31. Dezember 1991 von
der Versicherungspflicht befreit waren, nur noch in derselben Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit von der Versicherungspflicht
befreit (vgl. zur Frage eines Vertrauensschutzes in Bezug auf die vorausgegangene Gesetzeslage: BSG, Urteil vom 23. September 2020 - B 5 RE 6/19 -, juris, RdNr. 20 ff.).
Für die hier geltend gemachte Befreiung des Beigeladenen zu 3. in der gesetzlichen Rentenversicherung fehlt es bereits an
einem Bescheid der zuständigen Behörde (vgl. zur Frage der Beweislast z.B.: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. Januar 2014
- L 3 R 411/11 -, juris, RdNr. 43 ). Die Befreiung von der Versicherungspflicht setzte neben einer versicherungspflichtigen selbstständigen
Erwerbstätigkeit insbesondere eine hinreichende anderweitige Absicherung für den Antragsteller und seine Familie voraus (§
20 Abs. 2 des Gesetzes über die Sozialversicherung [SVG] vom 28. Juni 1990, GBl. I Nr. 38 S. 486). Soweit in Bezug auf eine
hinreichende Absicherung im Klage- und Berufungsverfahren keine Darlegungen erfolgt sind, bedurfte es keiner weiteren Ermittlungen
des Senats, da es bereits an der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 3. nach dem SVG in seiner im maßgebendem Zeitraum 1. August bis zum 31. Dezember 1991 ausgeübten selbstständigen Tätigkeit fehlt, die Voraussetzung
einer Befreiung von der Versicherungspflicht gewesen wäre. Denn der Beigeladene zu 3. war hier bei In-Kraft-Treten des
SGB VI im Beitrittsgebiet nicht von der Versicherung „befreit“, sondern „versicherungsfrei“. Letzteres schließt eine Befreiung von
der Versicherungspflicht grundsätzlich aus.
Für die Frage einer vor dem 31. Dezember 1991 eingetretenen Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 3. gilt § 10 SVG, der mit dem SVG am 1. Juli 1990 in Kraft trat (§ 84 SVG). Nach § 10 Abs. 1 SVG unterlagen Personen, die Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielten, das entsprechend den Rechtsvorschriften der Beitragspflicht
unterlag, der Versicherungspflicht, soweit in Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt war. Personen, die eine selbstständige
Tätigkeit ausübten, wurden nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SVG auf Antrag innerhalb von fünf Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit von der Versicherungspflicht
unter den in Absatz 2 dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen befreit. Für den Versicherungszweig der gesetzlichen Rentenversicherung
galt das SVG noch bis zum 31. Dezember 1991 weiter (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 2 und 4 Einigungsvertrag).
Für den Beigeladenen zu 3. ergab sich hier eine Ausnahme von der Versicherungspflicht auf Grund seiner selbstständigen Tätigkeit
nach den vorgenannten Vorschriften aus dem maßgebenden Übergangsrecht, da er nach seinen Angaben zwar vor dem 1. August 1991
seine selbstständige Erwerbstätigkeit aufnahm, er indes nicht vor diesem Zeitpunkt nach dem SVG in dieser selbstständigen Tätigkeit versicherungspflichtig geworden war. Der Gesetzgeber normierte in Art. 35 Abs. 3 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung vom 25. Juli 1991
(BGBl. I S. 1606) für den Zeitraum vom 1. August bis zum 31. Dezember 1991 (Art. 42 Abs. 8 des Gesetzes), dass § 10 SVG nicht mehr gilt, soweit er bestimmt, dass auch andere als die in §
2 oder §
229a Abs.
2 SGB VI genannten selbstständig Tätigen durch Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit in der Rentenversicherung versicherungspflichtig
werden. Der Beigeladene zu 3. war bis Oktober 1991 arbeitslos mit einem Bezug von Leistungen der Arbeitsförderung, die eine
Versicherungspflicht nach § 18 Buchst. a) SVG auslösten. Eine während der Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit löste, insbesondere
nach § 5 SVG, eine (doppelte) Versicherungspflicht regelmäßig nicht aus. Nur nach dem bis zum 31. Juli 1991 geltenden persönlichen Anwendungsbereich
des § 10 SVG wäre mit dem Ende der Arbeitslosigkeit des Beigeladenen zu 3. eine Versicherungspflicht in seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit
eingetreten, der die vorgenannte Übergangsvorschrift indes nun entgegenstand. Denn die Voraussetzungen einer Versicherungspflicht
nach §
2 oder §
229a Abs.
2 SGB VI, die ab dem 1. August 1991 Voraussetzung einer Versicherungspflicht nach § 10 SVG war, bestand bei dem Beigeladenen zu 3. zum Zeitpunkt der Beendigung der Arbeitslosigkeit nicht. Eine Versicherungspflicht
nach §
229a Abs.
2 SGB VI galt nur für Landwirte. Nach §
2 SGB VI in der hier maßgebenden Fassung waren (nur) folgende selbstständig Erwerbstätigen versicherungspflichtig: (Nr. 1) Lehrer
und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
(Nr. 2) Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer
selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, (Nr. 3.) Hebammen und Entbindungspfleger,
(Nr. 4.) Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen, (Nr. 5.) Künstler und Publizisten nach näherer
Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes, (Nr. 6) Hausgewerbetreibende, (Nr. 7) Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder
als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen
und (Nr. 8) Handwerker, die in die Handwerksrolle eingetragen sind (mit bestimmten Ausnahmen). Die Regelung über die Versicherungspflicht
der sogenannten „Solo-Selbstständigen“ (§
2 Satz 1 Nr. 9
SGB IV in der Fassung des Art. 2 Nr. 1 Buchst. a und Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999, a.a.O.) galt erst ab
dem 1. Januar 1999.
Die Regelung in §
231 Abs.
6 SGB VI über eine spätere Befreiungsmöglichkeit von der Versicherungspflicht findet hier u.a. deshalb keine Anwendung, da der Beigeladene
zu 3. selbst angibt, bereits bei Aufnahme seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit über die nach dem SVG im Beitrittsgebiet vorgesehene Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung informiert gewesen zu sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197 a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
154 Abs.
2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Die Beigeladenen haben selbst keine Anträge gestellt und sich damit auch nicht in ein Kostenrisiko begeben, §
162 Abs.
3 VwGO. Vor diesem Hintergrund hat der Senat ihnen auch keine Kostenerstattung zugesprochen.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.