Fahrtkostenerstattung für einen Begutachtungstermin
Nichteinhaltung der Dreimonatsfrist
Unbefristete Beschwerde
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Erstattung von Fahrkosten betreffend ihre Hin- und Rückfahrt zum Gutachter sowie zum Termin
zur mündlichen Verhandlung am 29. April 2014.
In dem beim Sozialgericht Lübeck unter dem Aktenzeichen S 20 U 64/11 geführten Rechtsstreit der Antragstellerin war auf den 29. April 2014 eine mündliche Verhandlung terminiert worden; das persönliche
Erscheinen der Antragstellerin war dazu angeordnet worden. In dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Januar 2014 war die Antragstellerin
darauf hingewiesen worden, dass ihr notwendige Aufwendungen für die Wahrnehmung des Termins erstattet würden, wobei - dieser
Hinweis erfolgte hervorgehoben durch Fettdruck - der Antrag auf Entschädigung innerhalb einer Frist von drei Monaten nach
Beendigung der Zuziehung bei Gericht eingegangen sein müsse, weil sonst der Anspruch erlösche. Außerdem war ein medizinischer
Sachverständiger geladen worden.
Auf entsprechenden Antrag der Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten bewilligte das Sozialgericht mit Schreiben
vom 19. Februar 2014, dass die Kosten für An- und Abreise der Antragstellerin zur Begutachtung bei dem geladenen Sachverständigen
M____________ per Taxi von der Landeskasse übernommen werden.
Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 29. Juli 2014, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht am 31.
Juli 2014, die Erstattung der Kosten der Fahrten mit dem Taxi zum Gutachter und zum Sozialgericht in Höhe von 353,40 EUR beantragt
und entsprechende Belege vorgelegt. Der Kostenerstattungsantrag wurde durch den Kostenbeamten des Sozialgerichts mit Schreiben
vom 5. August 2014 abgelehnt, weil der Antrag auf Entschädigung am 31. Juli 2014 beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht
außerhalb der 3 Monats Frist eingegangen und damit der Anspruch erloschen sei. Die Antragstellerin hat daraufhin am 8. September
2014 die richterliche Festsetzung mit der Begründung beantragt, dass sie den Antrag beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht
termingerecht eingereicht habe. Sie sei dringend auf das Geld angewiesen.
Der Kostenprüfungsbeamte bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht hat die Entscheidung des Kostenbeamten für zutreffend
gehalten, weil die Dreimonatsfrist nicht eingehalten worden sei. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand habe
die Antragstellerin nicht vorgetragen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 20. November 2014 den Antrag abgelehnt, weil die Antragstellerin die Dreimonatsfrist
nicht eingehalten habe.
Gegen den ihr am 25. November 2014 zugestellten Beschluss richtet sich die am 18. März 2015 beim Sozialgericht Lübeck eingegangene
Beschwerde der Antragstellerin, ihr die beantragten 353,40 EUR zu überweisen. Mit ihrem Schreiben vom 1. September 2014 habe
sie bewiesen, dass das Gericht sich mit der Behauptung irre, die Unterlagen seien nicht rechtzeitig übersandt worden. Die
Krankenkasse habe ihr noch nie ein zeitliches Limit für die Vorlage von Taxigebühren gesetzt. Die zwei Tage seien dadurch
entstanden, dass ihr der Taxifahrer bewusst keine Quittung ausgehändigt habe.
Der Kostenprüfungsbeamte bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
II.
Der Senat entscheidet nach § 4 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 JVEG durch den Einzelrichter.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere fristgerecht. Die Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen
Beschluss mit einer dort aufgeführten Beschwerdefrist von einem Monat verkennt, dass die Beschwerde nach § 4 Abs. 3 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) unbefristet ist (so Bayerisches LSG vom 21. Dezember 2011 - L 15 SF 208/10 B E; Hartmann, Kostengesetze, § 4 JVEG Rz. 26; Schneider, JVEG-Kommentar, § 4 Rz. 44). Die gegenteilige Auffassung (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. September 2009 - L 6 R 303/09 B), wonach die Monatsfrist des §
173 Satz 1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) insoweit heranzuziehen sei, überzeugt nicht. Für eine Fristungebundenheit der Beschwerde spricht vielmehr die Gesetzesentstehung
des § 4 Abs. 3 JVEG. So galt nach § 16 Abs. 2 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, der Vorgängerregelung des § 4 Abs. 3 JVEG, nach Satz 3 ausdrücklich die Fristungebundenheit der Beschwerde. Irgendwelche Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber mit
der Neuregelung diese Fristungebundenheit abschaffen wollte, sind nicht ersichtlich. Zudem sieht auch § 66 des Gerichtskostengesetzes (GKG) eine Beschwerdefrist nicht vor. Und auf die Regelung des § 66 GKG wird in den Gesetzesmaterialien zu § 4 JVEG unter dem Gesichtspunkt der Angleichung der Vorschriften hingewiesen (BT-Drucks. 15/1971, S. 179). Überdies bestimmt § 1 Abs. 5 JVEG, dass die Vorschriften dieses Gesetzes über die gerichtliche Festsetzung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrundeliegende
Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften (hier
SGG) vorgehen (entsprechend zum GKG s. dort § 1 Abs. 5).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zutreffend hat der Kostenbeamte des Sozialgerichts Lübeck und ihn bestätigend das Sozialgericht
in dem angefochtenen Beschluss den Anspruch der Antragstellerin auf Fahrkostenerstattung wegen Fristversäumnis abgelehnt.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten
herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren.
Zutreffend weist der Kostenprüfungsbeamte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass im Falle der Untersuchung durch den Sachverständigen
die Frist mit der Beendigung der Vernehmung der Antragstellerin beginnt (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 JVEG), hier also mit dem Sitzungstag beim Sozialgericht am 29. April 2014. Vorliegend hat die Antragstellerin die Erstattung der
Fahrkosten erst nach Ablauf der Dreimonatsfrist beantragt. Ausweislich des Eingangsstempels des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts
ging dort der Antrag am 31. Juli 2014 ein.
Die Antragstellerin ist auch über den Beginn der Frist belehrt worden, wie von § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 JVEG vorgeschrieben. Dies ist mit dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Januar 2014 unter Hervorhebung durch Fettdruck geschehen.
Der Antragstellerin ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Fristversäumnis zu gewähren. Unabhängig
davon, wann sie letztlich die Quittungen von den Taxifahrern erhalten hat, hätte sie die Kostenerstattung beim Gericht innerhalb
der Dreimonatsfrist beantragen und die Quittungen später vorlegen können. Im Übrigen hätte sie auch von den Taxifahrern nach
Abschluss der Fahrt jeweils die Ausstellung einer Quittung verlangen können. Ihr war ja zum Zeitpunkt der Taxifahrten bekannt,
dass sie deren Kosten gegenüber dem Gericht noch geltend machen würde.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).