Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Entschädigung wegen einer unangemessenen Dauer des sozialgerichtlichen Verfahrens
aus dem Vertragsarztrecht hat, das erstinstanzlich mit dem Aktenzeichen S 7 KA 3495/04 bei dem Sozialgericht Gotha und im Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen L 11 KA 356/09 - Thüringer Landessozialgericht - geführt wurde.
Die Klägerin ist zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie führt seit Jahren verschiedene Rechtsstreitigkeiten gegen
die K.
Sie beantragte unter dem 12. Mai 2004 bei der K. einen Zuschuss zur Förderung des ambulanten Notfalldienstes. Mit Bescheid
der K. vom 5. Juli 2004 wurde der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Juli 2004 (irrtümlich ist im Bescheid das Datum 1. Juli
2003 genannt) bis zum 30. Juli 2005 ein Zuschuss zur Förderung des ambulanten ärztlichen Notfalldienstes in Höhe von 500,00
EUR pro Quartal gewährt. Unter dem 18. Juli 2004 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Die Entscheidung der K. sei
in Anbetracht der bisherigen Notfalldienstsituation in B. (ihrem Praxissitz) unzureichend. Sie führte aus, dass sie bereits
seit dem Quartal III/1997 Anträge auf Erweiterung ihres Praxisbudgets gestellt habe. Sie habe in der Vergangenheit umfangreiche
Notfalldienste leisten müssen. Die K. wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2004 zurück.
Mit Eingang vom 3. Dezember 2004 hat die Klägerin anschließend beim Sozialgericht Gotha Klage erhoben. Das Verfahren wurde
unter dem Aktenzeichen S 7 KA 3495/04 geführt. Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, dass die von der K. bewilligte Förderung ihres Notfalldienstes unzureichend
sei. Der tatsächlich geleistete Notfalldienst sei seit dem Quartal II/1996 zu berücksichtigen. Seit diesem Quartal sei sie
als praktische Ärztin in B. niedergelassen. Der Klageschrift hat sie umfangreiche Anlagen beigefügt, unter anderem eine Liste
der durchgeführten Notfalldienste, Zeitungsartikel, Anträge auf Erweiterung ihres Praxisbudgets vom November 1998, einen Widerspruch
gegen einen Honorarbescheid für das Quartal I/98, eine Klageschrift vom Dezember 1999 gegen den Honorarbescheid für das Quartal
III/97, für verschiedene Klageverfahren beim Sozialgericht Gotha gefertigte Schriftsätze und Klagebegründungen, ein Schreiben
des Prüfungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen Thüringen zu einer Wirtschaftlichkeitsprüfung der Honorarforderung der
Klägerin für das Quartal IV/2003, sowie weitere Unterlagen, die mit dem streitgegenständlichen Begehren in keinem Zusammenhang
standen.
Mit Verfügung vom 7. Dezember 2004 hat das Sozialgericht die Klageschrift mit der Bitte um Stellungnahme und Aktenübersendung
der K. zukommen lassen und mit Beschluss vom 13. Dezember 2004 den Streitwert vorläufig auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Die
K. hat unter dem 31. März 2005 die Verwaltungsakten übersandt. Das Sozialgericht hat anschließend mehrfach, zuletzt mit Verfügung
vom 1. Juni 2005, die K. an die Klageerwiderung erinnert.
Mit Eingang vom 31. August 2005 hat die K. beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat ausgeführt, dass ihrer Auffassung nach
die Klage bereits unzulässig sei, weil die Klägerin eine Förderung erst im Mai 2004 beantragt habe. Soweit die Klägerin einen
früheren Bewilligungszeitraum begehre sei festzustellen, dass der Sicherstellungsstatus der K. (erst) zum 1. Januar 2003 in
Kraft getreten sei. Erst ab diesem Zeitpunkt könne demzufolge eine finanzielle Förderung des ambulanten ärztlichen Notfalldienstes
gewährt werden. Im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte Höhe einer Förderung von 1.500,00 EUR pro Quartal verwies
die K. darauf, dass die Obergrenze bei der Klägerin nicht in Betracht komme, vielmehr habe bei ihr eine Förderung in Höhe
von maximal 500,00 EUR pro Quartal erfolgen können.
Mit Verfügung vom 7. September 2005 hat das Sozialgericht die Klägerin aufgefordert, stichwortartig zu konkretisieren, wozu
die K. verurteilt werden solle. Mit am 6. Oktober 2005 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin sinngemäß darauf bestanden,
eine Förderung in Höhe von 1.500,00 EUR pro Quartal ab Quartal II/1996 zu erhalten. Dies entspräche einer Gesamtförderungssumme
von 52.500,00 EUR für drei Arzte in dem Zeitraum von insgesamt 35 Quartalen. Die Klägerin war - sinngemäß - der Meinung, sie
habe einen derartigen Notfalldienst seit dem Quartal II/96 geleistet.
Mit Verfügung vom 11. Oktober 2005 hat das Sozialgericht den Schriftsatz der K. mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt
und den Rechtstreit zur Sitzung geschrieben.
Mit am 3. März 2006 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin über das Ergebnis eines Erörterungstermins beim Thüringer Landessozialgericht
in einem anderen Rechtsstreit berichtet und umfangreichen Schriftverkehr aus anderen Rechtsstreitigkeiten (u. a. Klagebegründungen,
Stellungnahmen, Berechnungen, Tabellen, einen Bescheid über eine Wirtschaftlichkeitsprüfung) übersandt. Das Sozialgericht
hat der K. die Unterlagen zukommen lassen und den Rechtsstreit wiederum zur Sitzung verfügt (Verfügung vom 7. März 2006).
Am 16. Mai 2006 ist beim Sozialgericht ein Schriftsatz der Klägerin eingegangen, "in Ergänzung" ihres Vorbringens. Die beigefügten
Anlagen betreffen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der Klägerin.
Am 10. November 2006 ist ein Schriftsatz der Klägerin, ausdrücklich zu dem streitgegenständlichen Aktenzeichen, eingegangen.
Dieses Verfahren sei mit einem anderen Verfahren verbunden worden (offensichtlich hatte die Klägerin die Aktenzeichen verwechselt).
Der Schriftsatz bezog sich auf eine Honorarklage gegen die Festsetzung des Honorars für die Quartale IV/1997, I/1998, II/1998
und III/1998. Im Nachgang zu einer am 2. April 2000 eingereichten Klageschrift - so die Klägerin - würden die Unterlagen zur
Ergänzung beigefügt und das Gericht gebeten, die Klage selbst entsprechend zu vervollständigen.
Mit Verfügung vom 15. November 2006 hat das Sozialgericht die Übersendung dieses Schriftsatzes zur Kenntnis an die KV Thüringen
verfügt und das Verfahren (erneut) zur Sitzung geschrieben.
Am 23. Oktober 2007 legte die Klägerin einen Schriftverkehr mit der K. vor sowie einen Bescheid vom 20. September 2007, mit
dem ein Antrag der Klägerin auf Befreiung vom organisierten ärztlichen Notfalldienst abgelehnt worden ist. In diesem Zusammenhang
hatte sich die Klägerin auch an das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit des Freistaates Thüringen gewandt und
ein Schreiben vom 20. September 2007 erhalten, das sie ebenfalls vorlegte.
Die Klägerin übersandte am 29. Oktober 2007 unter dem streitgegenständlichen Aktenzeichen Unterlagen, die Honorarklagen ab
Februar 1996 bis Januar 2007 betrafen (offensichtlich hatte die Klägerin wiederum die Aktenzeichen verwechselt).
Mit Verfügung vom 1. November 2007 hat das Sozialgericht auch dieses Schreiben der K. zur Kenntnisnahme übersandt und das
Verfahren erneut zur Sitzung geschrieben. Mit Verfügung vom 12. November 2008 hat das Sozialgericht Termin zur mündlichen
Verhandlung auf den 10. Dezember 2008 bestimmt. Die Ladung ist der Klägerin am 20. November 2008 zugestellt worden. Am 8.
Dezember 2008 ist ein Schriftsatz der Klägerin zur weiteren Begründung ihrer Klage beim Sozialgericht eingegangen.
Mit Urteil vom 10. Dezember 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Streitgegenständlich seien unter anderem Leistungen
zur Sicherung des Notfalldienstes für den Zeitraum der Quartale II/1996 bis IV/2004 mit einer begehrten Förderung in Höhe
von 1.500,00 EUR je Quartal.
Das Urteil ist der Klägerin am 22. April 2009 zugestellt worden. Am 5. Mai 2009 hat die Klägerin hiergegen Berufung eingelegt.
Das Berufungsverfahren wurde von insgesamt drei wechselnden Berichterstattern bearbeitet. Der erste zuständige Berichterstatter
hatte die Berufung vom Eingang bis zum 2. August 2010 zu bearbeiten. Mit Verfügung vom 26. Mai 2009 hat er die Berufung der
K. zur Kenntnisnahme und Stellungnahme übersandt sowie um Übersendung der Verwaltungsakten gebeten. Die Verwaltungsakten wurden
am 9. Juni 2009 übersandt. Mit am 29. Juli 2009 eingegangenem Schriftsatz hat die K. Thüringen beantragt, die Berufung zurückzuweisen
und den Antrag begründet. Der Klägerin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Klägerin hat sich hierzu mit Schriftsatz
vom 8. August 2009 geäußert. Der Schriftsatz wurde der Beklagten zur Kenntnisnahme übersandt (Verfügung vom 19. August 2009).
Die (zweite) nachfolgende Berichterstatterin war vom 3. August 2010 bis zum 30. Juni 2011 zuständig. Mit am 25. Januar 2011
eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin eine Sachstandsanfrage an das Thüringer Landessozialgericht gerichtet und die Berufung
weiter begründet. Der Schriftsatz wurde der K. zur Kenntnis gegeben, eine Stellungnahme war freigestellt (Verfügung vom 3.
März 2011). Die Sachstandsanfrage wurde nicht beantwortet. Vielmehr ergibt sich aus den Vermerken, dass ein Entscheidungsvorschlag
gefertigt werden sollte.
Ab dem 1. Juli 2011 wechselte wiederum die Berichterstatterin. Mit Verfügung vom 2. November 2011 hat diese an die K. eine
Anfrage gerichtet und mit Verfügung vom 5. Dezember 2011 an die Beantwortung erinnert. Mit am 31. Dezember 2011 eingegangenem
Schriftsatz hat die K. die Anfrage beantwortet.
Anschließend wurde mit Verfügung vom 5. Januar 2012 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 1. März 2012 bestimmt.
Die Klägerin hat am 30. Dezember 2011 einen Rechtsanwalt bevollmächtigt, der mit am 4. Januar 2012 eingegangenem Schriftsatz
die Vertretung angezeigt und Akteneinsicht beantragt hat. Die Akten wurden an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersandt.
Mit am 11. Januar 2012 eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt, den Termin zur mündlichen
Verhandlung aufzuheben. Mit Verfügung vom 13. Januar 2012 wurde dieser Antrag abgelehnt. Am 23. Januar 2012 hat der Prozessbevollmächtigte
der Klägerin die Akten zurückgesandt. Mit Verfügung vom 6. Februar 2012 hat die zuständige Berichterstatterin eine weitere
Anfrage an die K. zur Aufklärung des Sach- und Streitstandes gerichtet. Die Anfrage wurde mit am 6. Februar 2012 eingegangenem
Schriftsatz der K. beantwortet.
Die Klägerin hatte zwischenzeitlich beantragt, den ehrenamtlichen Richter Dr. L. wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.
Mit Beschluss vom 21. Februar 2012 hat das Thüringer Landessozialgericht festgestellt, dass das Gesuch, den ehrenamtlichen
Richter Dr. L. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, begründet ist.
Mit bereits am 15. Februar 2012 per Fax eingegangenen zwei Schriftsätzen hat die Klägerin für sieben beim Thüringer Landessozialgericht
anhängige Berufungsverfahren, unter anderem in dem hier streitgegenständliche Ausgangsverfahren, "unverzüglich die Dauer der
vorliegenden Verfahren beim Sozialgericht Gotha" bzw. "beim Thüringer Landessozialgericht gerügt".
Mit am 29. Februar 2012 eingegangenem Schriftsatz, der als "Verzögerungsrüge" überschrieben ist, hat die Klägerin erklärt,
dass Anlass zur Besorgnis bestehe, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen werde. Die Verfahrensdauer
habe bereits zum jetzigen Zeitpunkt die Regelverfahrensdauer von einem Jahr überschritten. Die Klägerin verwies darauf, dass
ihre Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht wegen überlanger Verfahrensdauer mit Aktenzeichen B 1 BvR 1304/09 Erfolg gehabt habe. Zwischenzeitlich sei eine Vielzahl von noch anhängigen Nachfolgeverfahren vor den Sozialgerichten Thüringens
notwendig geworden. Eine Änderung der überlanger Verfahrensdauer vor Thüringer Gerichten sei trotz ständiger Rügen beim SG
Gotha, LSG Erfurt, BSG Kassel, Bundesverfassungsgericht Karlsruhe und dem Thüringer Justizministerium nicht zu verzeichnen.
Untätigkeitsklagen würden erst nach Jahren bearbeitet und seien heute noch nicht entschieden. Außerdem sei eine Beschwerde
vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg mit dem Aktenzeichen 12014/10 seit 15. Februar 2010 wegen
überlanger Verfahrensdauer anhängig. Bei ausbleibenden sozialgerichtlichen Entscheidungen in Thüringen über viele Jahre sei
die Existenzerhaltung des Praxisbetriebes nur mit Fremdmitteln und entsprechenden Zinsbelastungen möglich gewesen. Ferner
führt die Klägerin unter anderem aus, die Vielzahl der Verfahren gegen die K. habe sie als die schwächere Partei gegenüber
ihrer weisungsberechtigten Institution diversen angreifbaren Verwaltungsakten und vergleichsweise härteren Bestrafungen sowie
nachweislichen Verleumdungen vor dem Disziplinarausschuss ausgesetzt.
Mit Urteil vom 1. März 2012 hat das Thüringer Landessozialgericht die Berufung zurückgewiesen. Streitgegenständlich sei eine
Förderung zur Sicherstellung des Notfalldienstes in Höhe von 500,00 EUR pro Quartal für den Zeitraum der Quartale II/1996
bis II/2004.
Das Urteil ist der Klägerin am 24. Mai 2012 zugestellt worden. Die Klägerin hat hiergegen bei dem Bundessozialgericht unter
dem Aktenzeichen B 6 KA 28/12 B Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, die das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 12. Dezember 2012 zurückgewiesen hat.
Mit einem auf den 2. Juni 2012 datierten Schriftsatz, der bereits am 1. Juni 2012 beim Thüringer Landessozialgericht eingegangen
ist, hat die Klägerin in insgesamt 30 von ihr bezeichneten Rechtsstreitigkeiten ausdrücklich "Schadenersatzklage" erhoben
und das hier streitgegenständliche Ausgangsverfahren ausdrücklich erwähnt. Als Grundlage für die Schadenersatzklage wird das
Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011
genannt.
Am 18. September 2012 hat die Klägerin einen Befangenheitsantrag gegen die für das Entschädigungsverfahren als Berichterstatterin
zuständige Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht gestellt. Der Antrag ist mit Beschluss vom 13. Dezember 2012 als unbegründet
abgelehnt worden.
Nachdem die Klägerin ein Ruhen bzw. ein Verbinden mit anderen Entschädigungsverfahren beantragt und dies vom Senat abgelehnt
worden ist, hat sie in einem ausführlichen Schriftsatz vom 22. Mai 2013 u. a. vorgetragen, dass die von ihr erhobene Entschädigungsklage
zulässig sei. Im Anschluss daran hat die Klägerin eine Vielzahl weiterer, zum Teil umfangreicher Schriftsätze eingereicht,
die erneut Anträge auf Aussetzung und Durchführung von Musterverfahren, erneut die Verbindung von Verfahren, Befangenheitsanträge
gegen Richter des anderen für Entschädigungsverfahren zuständigen Senates des Thüringer Landessozialgerichts, Klagebegründungen,
Stellungnahmen, und Rechtsausführungen zum Gegenstand haben. Die Schriftsätze tragen stets sämtliche Aktenzeichen der von
der von der Klägerin erhobenen bzw. zum Zeitpunkt des Einreichens noch anhängigen Entschädigungsklagen. Einige Schriftsätze
betreffen das vorliegende Entschädigungsverfahren nicht bzw. nur am Rande. Unter dem 30. Oktober 2013 hat die Klägerin in
einem ausführlichen Schriftsatz ihre Rechtsauffassung - teilweise wiederholend - dargelegt. Diesen Schriftsatz hat die Klägerin
im Zusammenhang mit der Ladung zu mündlichen Verhandlungen von Verfahren des anderen, für Entschädigungsverfahren zuständigen,
12. Senat des Thüringer Landessozialgerichts eingereicht.
Schließlich hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 9. November 2013 (am 15. November 2013 eingegangen), ihre Klageanträge konkretisiert.
Sie hat verschiedene Verfahrensabschnitte aufgelistet und dargelegt, aus welchen Gründen ihrer Auffassung nach von einer überlangen
Verfahrensdauer auszugehen sei. Für die Feststellung der überlangen Verfahrensdauer sei von einer Gesamtverfahrensdauer vom
8. Juli 2004 bis zum 23. Juni 2012, dies entspreche sieben Jahren und elf Monaten, insgesamt 95 Monaten, auszugehen. Hier
hat die Klägerin Zeiträume eines Vorverfahrens mit einbezogen. Für die Feststellung der Entschädigungssumme sei von dem Zeitraum
vom 29. November 2004 bis zum 23. Juni 2012, dies entspreche sieben Jahren und sieben Monaten, insgesamt 91 Monaten, auszugehen.
Sie beantrage neben der Feststellung einer überlangen Verfahrensdauer bei Verzögerung von 67 Monaten bei angenommener Normalverfahrenszeit
von jeweils 12 Monaten in der ersten und in der zweiten Instanz und den von ihr aufgeführten Stillstandszeiten eine Entschädigung
für immaterielle Schäden in Höhe von 6.700,00 EUR plus Prozesszinsen. Die abschließende Beantragung hinsichtlich ihrer Forderung
auf Entschädigung für den erlittenen immateriellen und materiellen Schaden zzgl. Prozesszinsen sowie Feststellung der überlangen
Verfahrensdauer werde von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgenommen. Die in dem Schriftsatz aufgeführten Berechnungen
dienten lediglich der Orientierung.
Die Klägerin beantragt,
wegen der Feststellung einer überlanger Verfahrensdauer den Beklagten zu verurteilen, eine Entschädigung für immaterielle
Schäden in Höhe von 6.700,00 Euro plus Prozesszinsen zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, die Klägerin habe auch eine Amtshaftungsklage erhoben, die sie zurückgenommen habe. Die Klage sei
unzulässig, die Klägerin habe die 6-Monatsfrist des §
198 Abs.
5 Satz 1
GVG nicht eingehalten. Die Klage sei auch nicht zulässig geworden. Die Verzögerungsrüge sei nicht unverzüglich erhoben worden.
Eine Überlänge des Verfahrens dürfte für den Zeitraum nach der Rüge und auch insgesamt nicht vorliegen. Die Klägerin habe
durch ihre Prozessführung, insbesondere ihre wechselseitige Bezugnahmen auf Parallelverfahren zur Verfahrensdauer beigetragen.
Gegebenenfalls sei nach einer Einzelfallprüfung auch nur die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer in Betracht
zu ziehen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den sonstigen
Akteninhalt Bezug genommen. Die das Hauptsacheverfahren betreffende Akte lag vor und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung
und der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig.
Für das Klageverfahren wegen einer Entschädigung auf Grund einer unangemessenen Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens
sind die Vorschriften des §
198 Abs.
1 des
Gerichtsverfassungsgesetzes (
GVG) sowie die §§
183,
197 a und 202 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) in der ab 3. Dezember 2011 geltenden Fassung durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und
strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGRG) vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) maßgebend. Nach Art. 23 S. 1 ÜGRG gilt dieses Gesetz auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten am 3. Dezember 2011
- wie hier - bereits anhängig waren, sowie für abgeschlossene Verfahren, deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von
anhängigen Beschwerden beim EGMR ist oder noch werden kann.
Für die Entscheidung über die Klage ist das Landessozialgericht (LSG) zuständig. Nach §
200 S. 2
GVG haftet der Bund für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten des Bundes eingetreten sind. Für Klagen auf
Entschädigung gegen den Bund ist nach §
201 Abs.
1 S. 2
GVG der Bundesgerichtshof (BGH) zuständig. Für sozialgerichtliche Verfahren ergänzt §
202 S 2
SGG diese Regelung dahin, dass die Vorschriften des 17. Titels des
GVG (§§198 - 201) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden sind, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das LSG, an die Stelle
des BGH das Bundessozialgericht (BSG) und an die Stelle der
ZPO das
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) tritt.
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage nach §
54 Abs.
5 SGG statthaft; sie wurde formgerecht erhoben.
Die Klage ist, obwohl zunächst die Wartefrist des §
198 Abs.
5 Satz 1
GVG nicht eingehalten worden war, wie in den Fällen der Untätigkeitsklage nach §
88 SGG, durch Zeitablauf zulässig geworden (vgl. zur Untätigkeitsklage BSGE 75, 56, 58).
Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet und im Übrigen unbegründet. Es war eine unangemessen lange Verfahrensdauer festzustellen.
Ferner hat die Klägerin wegen einer unangemessenen Verfahrensdauer einen Nachteil nicht vermögenswerter Art erlitten, für
den nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise nach §
198 Abs.
4 GVG nicht ausreichend ist. Der Senat hält eine Entschädigung in Höhe von 3.600 Euro für angemessen.
Anspruchsgrundlage für einen Entschädigungsanspruch wegen einer unangemessenen Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens
ist §
198 Abs.
1 GVG in Verbindung mit §
202 SGG. Nach §
198 Abs.
1 GVG (in der ab 3. Dezember 2011 geltenden Fassung durch das ÜGRG) wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer
eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet
sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten
des Verfahrensbeteiligten und Dritter (§
198 Abs.
1 S. 2
GVG).
Entschädigung wird für materielle und immaterielle Schäden geleistet.
Für immaterielle Schäden erleichtert §
198 Abs.
2 GVG die Geltendmachung. Danach wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen
lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung
auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1.200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung.
Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren
Betrag festsetzen. Der Entschädigungsanspruch kann ein Vielfaches des ursprünglichen Klagebegehrens einschließlich der Kosten
betragen. Ob im Einzelfall nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes eine Entschädigungsgrenze festzustellen ist, kann jedoch hier
dahinstehen.
Entschädigung enthält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens
gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das
Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs
Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände
an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Andernfalls werden sie von dem
Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer
nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge
(§
198 Abs.
3 GVG). Nach Art. 23 ÜGRG gilt für anhängige Verfahren, die bei seinem (des ÜGRG) Inkrafttreten schon verzögert sind, §
198 Abs.
3 GVG mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben werden muss. In diesem Fall wahrt die
Verzögerungsrüge einen Anspruch nach §
198 GVG auch für den vorausgehenden Zeitraum.
Bei der Verzögerungsrüge handelt es sich - als materiell-rechtliche Voraussetzung der Entschädigungsklage - prozessrechtlich
um eine Obliegenheit (BT-Drs. 17/3802 S. 20). Das Gericht der Hauptsache oder das Entschädigungsgericht haben weder eine förmliche
Entscheidung über die Verzögerungsrüge zu treffen noch muss auf Grund der Verzögerungsrüge das Verfahren vorrangig bearbeitet
oder erledigt werden. Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3802 S. 20) ergibt sich zwar, dass die Rüge dem bearbeitenden
Richter - soweit erforderlich - auch die Möglichkeit zu einer beschleunigten Verfahrensförderung eröffnen und insofern als
Vorwarnung dienen soll. Eine Verzögerungsrüge steht damit aber auch in einem Spannungsverhältnis zu dem, dem Rechtsuchenden
nach Art.
97 Abs.
1 des
Grundgesetzes (
GG) gewährleisteten, Recht der richterlichen Unabhängigkeit des für ihn zuständigen Richters. Dass eine Verzögerungsrüge Einfluss
auf die richterliche Tätigkeit haben und Art.
97 Abs.
1 GG hierdurch berührt werden kann, ergibt sich beispielsweise daraus, dass sechs Monate nach der Rüge Klage erhoben werden kann
(§
198 Abs.
5 GVG), d. h. nach Erheben der Rüge der Richter mit einer Entschädigungsklage rechnen muss.
Dies ist insgesamt bei der Frage zu berücksichtigen, wann Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in angemessener
Zeit abgeschlossen wird, mithin die Verzögerungsrüge als Anspruchsvoraussetzung für eine Entschädigung wirksam ist. Der Gesetzgeber
war einerseits bemüht zu verhindern, dass die Rüge zu früh, unter Umständen vorsorglich schon mit der Klageerhebung, angebracht
wird, andererseits soll sie aber auch so rechtzeitig erhoben werden, dass sie ihre präventive Funktion noch entfalten kann
(kein Dulden und Liquidieren, vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 20; Söhngen, NZS 2012, S. 493, 469), ohne dass der Richter wegen Art.
97 Abs.
1 GG allerdings zu einem bestimmten Vorgehen/Verhalten gezwungen werden kann. Unwirksam wäre danach eine Verzögerungsrüge nur
in der Absicht, sich gegenüber anderen Klägern einen zeitlichen Vorteil zu verschaffen oder nur um Einfluss auf die Bearbeitung
durch den Richter ausüben zu wollen.
Eine Besorgnis im oben genannten Sinne ist somit nur anzunehmen, wenn objektive Umstände vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung,
unabhängig von subjektiven Vorstellungen und Empfindungen der Beteiligten, auf eine unangemessene Verfahrensdauer hindeuten
(vgl. Scholz, SGb 2012, S. 19, 24). Solche Umstände können angenommen werden, wenn Zeiträume von gewisser Dauer verstreichen, ohne dass das Gericht für die
Beteiligten nachvollziehbar nach §§
103,
106,
106 a SGG tätig wird oder bei einer unberechtigten bzw. gegen den Willen eines Beteiligten angeordneten Aussetzung. Eine Besorgnis
kann unabhängig vom Zeitmoment bei einem Richterwechsel in komplexen Fällen, längeren Vertretungszeiten oder Überlastungsanzeigen
gerechtfertigt sein. Verzögerte oder vollständig unterbleibende Beantwortung von Sachstandsanfragen sind zu beachten (vgl.
Söhngen, NZS 2012, S. 493, 467). Eine möglicherweise lange Verfahrensdauer in einem anderen/früheren Verfahren des Klägers rechtfertigt per se noch nicht
die Besorgnis der Verzögerung des aktuellen Verfahrens. Die Anforderungsvoraussetzungen dürfen allerdings auch nicht überspannt
werden.
Nach §
198 Abs.
4 GVG ist eine Wiedergutmachung auf andere Weise insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die
Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der
Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes
3 nicht erfüllt sind.
Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge
erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet,
oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch
nicht übertragbar (§
198 Abs.
5 GVG).
Nach §
198 Abs.
6 GVG ist im Sinne dieser Vorschrift
1. ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens
auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenbeihilfe; ausgenommen ist das
Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2. ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane,
der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts
an einem Verfahren beteiligt sind.
Damit setzt der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch voraus, dass eine wirksame Verzögerungsrüge erhoben wurde, dass
eine unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens vorliegt, dass die Klägerin einen Nachteil vermögenswerter oder nicht vermögenswerter
Art erlitten hat, dass nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise nach §
198 Abs.
4 GVG nicht ausreichend ist und dass der geforderte Betrag als Entschädigung angemessen ist.
Art.
19 Abs.
4 S. 1
GG gewährleistet nicht nur das formelle Recht, die Gerichte gegen Handlungen öffentlicher Gewalt anzurufen, sondern auch die
Effektivität des Rechtsschutzes (BVerfGE 93, 1, 13). Wirksamer Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit (BVerfGE 55, 349, 369). Jedoch lassen sich weder dem
Grundgesetz noch dem ÜGRG allgemein gültige Zeitvorgaben dafür entnehmen, wann von einer unangemessenen Verfahrensdauer auszugehen ist.
Wegen der Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs an Art.19 Abs.
4 GG (i. V. m Art.
20 Abs.
3 GG) sowie als Menschenrecht nach Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt es darauf an, ob der Beteiligte durch die Länge des Gerichtsverfahrens in seinem Grund- und Menschenrecht beeinträchtigt
worden ist. Damit wird eine gewisse Schwere der Belastung von vornherein vorausgesetzt. Es reicht also nicht jede Abweichung
vom Optimum, vielmehr muss eine deutliche Überschreitung der äußeren Grenze des Angemessenen vorliegen (BSG, Urteil vom 21. 2. 2013, B 10 ÜG 2/12 KL).
Die Dauer eines Verfahrens ist auch in hohem Maße von dem Verhältnis abhängig, in dem die Zahl der von Rechtsuchenden betriebenen
Verfahren zu den Personal- und Sachmitteln des jeweils zuständigen Gerichts steht. Dabei reicht es aus, dass dieses Verhältnis
angemessen ist. Der Staat ist jedenfalls nicht verpflichtet, so große Gerichtskapazitäten vorzuhalten, dass jedes anhängige
Verfahren sofort und ausschließlich von einem Richter bearbeitet werden kann. Vielmehr muss ein Rechtsuchender damit rechnen,
dass der zuständige Richter neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Verfahren zu bearbeiten hat. Insofern ist
ihm eine gewisse Wartezeit zuzumuten (BSG, aaO.).
Der Senat folgt der Rechtsprechung des BSG (BSG, aaO.) auch insoweit, als es im Hinblick darauf von Bedeutung sein kann, in welcher Zeit vergleichbare Verfahren erledigt
werden und entsprechende statistische Zahlen einen hilfreichen Maßstab bei der Beurteilung der Angemessenheit der Dauer eines
konkreten Verfahrens bieten (können). Hierbei ist jedoch zunächst zu berücksichtigen, dass die Feststellung, in welcher Zeit
vergleichbare Verfahren erledigt wurden, nicht bedeutet, dass die statistischen Vergleichsverfahren auch in angemessener Zeit
erledigt wurden. Ferner ist die Bedeutung solcher statistischer Zahlen bei den Instanzgerichten weitaus geringer als beim
BSG. Denn entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles. Bei den Instanzgerichten sind die Verfahren schon deshalb nicht ohne
weiteres statistisch zu vergleichen, weil es sich um Tatsacheninstanzen handelt, die Verfahren weitaus unterschiedlicher sind
und sich nicht auf reine Rechtsfragen beschränken. Ein ungewöhnlicher Geschäftsanfall kann bei den Instanzgerichten nicht
in gleicher Weise, etwa durch Unterstützung durch Vorberichterstatter, abgefangen werden wie dies beim BSG möglich ist. Eine Änderung der Geschäftsverteilung oder Überlastungsanzeigen führen per se nicht zu einer schnelleren Erledigung
der Verfahren. Schließlich sind in den Instanzgerichten Richter regelmäßig in verschiedenen Kammern und Dezernaten tätig und
für verschiedene Rechtsgebiete zuständig; auch dies erschwert eine statistische Vergleichbarkeit. Bei der Frage des Maßstabes
bleibt nach der oben genannten Rechtsprechung des BSG im Hinblick auf die Instanzgerichte allerdings offen, ob eine bundesweite Statistik "vergleichbarer" Verfahren oder die statistischen
Zahlen des betreffenden Bundeslandes zugrunde zu legen sind, um die angemessene Dauer eines konkreten Verfahrens zu beurteilen.
Ob der Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung seines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit verletzt
wurde, ist daher vor allem im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie des Bundesverfassungsgerichts zu Art.
19 Abs.
2, 20 Abs.
3 GG zu beurteilen (vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 15). §
198 Abs.
1 S. 2
GVG nennt als Maßstab die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie das Verhalten
der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Als weiteres Kriterium ist die Notwendigkeit von Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht
zu nennen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. 8. 2012, NZS 2013, S. 21, 22). Bei einer erheblichen (Existenz sichernden) Bedeutung des Verfahrens können schon kurze Verzögerungen Entschädigungsansprüche
auslösen (BVerfG, info also 2012, S. 28, 29). Bei dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter ist die besondere (bürgerfreundliche) Ausgestaltung des sozialgerichtlichen
Verfahrens zu beachten (vgl. Söhngen, NZS 2012, S. 493, 465). Beispielsweise Unerfahrenheit und Unbeholfenheit eines Verfahrensbeteiligten rechtfertigen keine Verfahrensverzögerung,
weil das sozialgerichtliche Verfahren stärker als andere Verfahrensordnungen auf den rechtlich nicht bewanderten Bürger Rücksicht
nimmt und eine Reihe von Vorschriften enthält, die es ihm erleichtern, sein Recht zu suchen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, Kommentar, 10. Aufl. 2012, Vor §
60 RdNr. 1; Söhngen, NZS 2012, S. 493, 465). Diesbezüglich und allgemein ist schließlich auch die Verfahrensführung durch das Gericht unter Berücksichtigung der durch
Art.
97 Abs.
1 GG garantierten richterlichen Unabhängigkeit zu würdigen (vgl. Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren,
§
198 GVG, RdNr. 127, 128).
Steht eine überlange Verfahrensdauer in diesem Sinne fest, ist in einem zweiten Schritt der Umfang der Verzögerung zu würdigen.
Für die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer sowie für die Beurteilung einer wirksamen Verzögerungsrüge kommt
es auf die Dauer und die Umstände des gesamten Ausgangsverfahrens "Instanz übergreifend" bis zum Zeitpunkt der Entscheidung
des Entschädigungsgerichts an. Ein Vorverfahren ist nicht gesondert zu beurteilen, kann aber für die Gesamtverfahrensdauer
unter Umständen von Bedeutung sein. Das zuständige Entschädigungsgericht beurteilt mithin die Unangemessenheit einer Verfahrensdauer
in einer Gesamtschau, unabhängig davon, wie viele Instanzen das Verfahren durchlaufen hat. Ansatzpunkt ist zwar zunächst die
Verfahrensdauer in der jeweiligen Instanz, es erfolgt jedoch keine isolierte Betrachtung der Instanz. Dies kann beispielhaft
dazu führen, dass ein Verfahren in einer Instanz zwar geraume Zeit in Anspruch genommen hat, jedoch insgesamt nicht von einer
Unangemessenheit des (Gesamt)Verfahrens auszugehen ist, weil eine zügige Bearbeitung in der anderen Instanz stattgefunden
hat. Denn grundsätzlich dauert ein Gerichtsverfahren über mehrere Instanzen länger, als ein Verfahren, das sich nur auf eine
Instanz beschränkt. Dem entsprechend herrscht Einigkeit darüber, dass die Unangemessenheit einer Verfahrensdauer grundsätzlich
erst nach Abschluss des gesamten Verfahrens beurteilt werden kann. Dabei kann zwar auch der Fall eintreten, dass die Verfahrensdauer
in einer Instanz bereits derartig unangemessen lang gewesen ist, dass sie in der nachfolgenden Instanz nicht mehr "gerettet
werden" kann. Auch dies widerspricht aber nicht dem Grundsatz der Gesamtschau. Bei Verfahren über mehrere Instanzen ist bei
der Gesamtschau zu berücksichtigen, auch im Hinblick auf die Höhe einer Entschädigung, dass, falls das erstinstanzliche Verfahren
bereits eine erhebliche Dauer angenommen hat, es besonders schwer wiegt, wenn auch das zweitinstanzliche Verfahren einen längeren
Zeitraum in Anspruch genommen hat. Der zweitinstanzliche Richter ist zwar nicht verpflichtet, ein Berufungsverfahren allein
deshalb vorrangig zu erledigen, weil das Ausgangsverfahren bereits längere Zeit gedauert hat. Denn zum einen könnte dies in
den Bereich der richterlichen Unabhängigkeit eingreifen. Zum anderen ist es nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, eine unangemessene
Dauer eines erstinstanzlichen Verfahrens zu beurteilen. Wenn ein Gerichtsverfahren aber schon alleine deshalb bis zu einem
rechtskräftigen Abschluss regelmäßig länger dauert, wenn es über mehrere Instanzen geführt wird, sich die Beteiligten per
se schon auf ein längeres Verfahren einstellen müssen, erhält der zeitliche Aspekt eine noch größere Bedeutung, weil es den
Beteiligten grundsätzlich darum geht, dass nicht nur die Instanz sondern das gesamte Verfahren zügig und in angemessener Zeit
abgeschlossen wird.
Bei der Bewertung von sich aus den Akten ergebenden Zeiträumen scheinbarer Nichtbearbeitung bedeuten solche "Lücken" nicht,
dass diese per se zu einer unangemessenen Verfahrensdauer beigetragen haben. Zum einen besteht kein Anspruch eines Rechtsuchenden
auf eine ausschließliche oder beinahe lückenlose Bearbeitung der Sache durch den zuständigen Richter, der Staat ist auch nicht
verpflichtet, für eine solchen Bearbeitung erforderliche Gerichtskapazitäten vorzuhalten (vgl. BSG, Urteil vom 21. 2. 2013, B 10 ÜG 2/12 KL). Zum anderen bedeuten solche, sich aus den Akten ergebende, Lücken scheinbarer
Nichtbearbeitung nicht, dass die Sache vom zuständigen Richter in diesem Zeitraum nicht bearbeitet wurde. Beispielsweise werden
dem Rechtsstreit dienende Recherchen, die Kenntnisnahme aktueller Rechtsprechung zum Fall oder beim Landessozialgericht übliche
Besprechungen in der Sache (auch zur Abstimmung) mit Senatskollegen oder Richtern anderer Senate nicht in den Akten vermerkt,
gleichwohl wird das Verfahren bearbeitet. Auch diesbezüglich ist eine genaue Bewertung und Gesamtschau im Einzelfall, etwa
im Hinblick auf die Dauer solcher Lücken oder den Verfahrensstand, erforderlich.
Bei einer Gesamtbetrachtung verbleibt es auch nach der ÜB.ngsvorschrift des Art. 23 ÜGRG bei Verfahren, die bei Inkrafttreten
bereits anhängig gewesen sind. Nach Art. 23 Satz 2 ÜGRG muss die Verzögerungsrüge (als Anspruchsvoraussetzung) unverzüglich
nach Inkrafttreten erhoben werden, in diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach §
198 GVG. Art. 23 Satz 3 ÜGRG regelt ferner, dass, falls bei einem anhängigen Verfahren die Verzögerung in einer schon abgeschlossenen Instanz
erfolgt, es keiner Verzögerungsrüge bedarf. Daraus folgt jedoch nicht, dass bei einer nicht unverzüglichen Verzögerungsrüge
nach Art. 23 Abs. 2 ÜGRG die abgeschlossene Instanz isoliert im Hinblick auf eine überlange Verfahrensdauer berücksichtigt
werden kann. Für die abgeschlossene Instanz wird mithin nur auf eine Verzögerungsrüge verzichtet, nicht auf die stets erforderliche
Gesamtschau des Verfahrens. Vielmehr ist vom Entschädigungsgericht zunächst festzustellen, ob die Verzögerungsrüge im Sinne
des Art. 23 Satz 2 ÜGRG unverzüglich erfolgt ist. Ist dies nicht der Fall, beurteilt das Entschädigungsgericht in einer Gesamtschau
die abgeschlossene Instanz sowie die Verfahrensdauer nach der nicht unverzüglichen Verzögerungsrüge (andere Ansicht wohl Thüringer
LSG, Urteil vom 10. Juli 2013, Az.: L 12 SF 912/12 EK).
Ist die Verzögerungsrüge im Sinne des Art. 23 Satz 2 ÜGRG unverzüglich erhoben, verbleibt es bei einer Gesamtbetrachtung des
gesamten Verfahrens erster und zweiter Instanz bis zum Abschluss.
Für den Senat ist nicht zweifelhaft, dass eine wirksame Verzögerungsrüge vorliegt.
Die Klägerin hat im Sinne des Art. 23 Abs. 2 ÜGRG die Verzögerungsrüge auch unverzüglich erhoben. Eine "unverzügliche" Rüge
im Sinne des Art. 23 Satz 2 ÜGRG ist für Verfahren erforderlich, die bei Inkrafttreten des Gesetzes am 3. Dezember 2011 schon
verzögert sind; in diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach §
198 GVG. Unverzüglich bedeutet hier im Sinne des §
121 Abs.
1 Satz 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) "ohne schuldhaftes Zögern". Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 17/3802, Seite 31 zu Artikel
22), wonach bei solchen Verfahren, bei denen eine rügepflichtige Situation bereits eingetreten ist, die Rüge grundsätzlich
unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern nach Inkrafttreten der Regelung, erhoben werden müsse. Dies gilt auch für das
sozialgerichtliche Verfahren. Für einen Laien wird damit offensichtlich, dass schnelles Handeln erforderlich ist. Allerdings
existieren keine festen zeitlichen Grenzen. Wann eine Rüge noch unverzüglich erhoben worden ist, beurteilen die Entschädigungsgerichte
unterschiedlich (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 3. Mai 2013, Az.: 23 SCHH 1/13 INTV; Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen,
Urteil vom 4. Juli 2013, Az.: 1 SCHH 10/12). Es kommt jedenfalls auf die Umstände des Einzelfalles an. Die Klägerin hatte
am 15. Februar 2012 Verzögerungsrüge erhoben, etwa zweieinhalb Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes. Dies ist nach der Überzeugung
des Senates bereits relativ schnell gewesen. Einen Prozessbevollmächtigten hatte die Klägerin für ein mögliches Entschädigungsverfahren
nicht bevollmächtigt. Selbst wenn eine Vollmacht im Ausgangsverfahren eine der Klägerin zuzurechnende Verpflichtung des Rechtsanwaltes
umfasst hätte, sie auch im Hinblick auf das ÜGRG und eine erforderliche unverzügliche Verzögerungsrüge zu beraten, war dem
Rechtsanwalt eine sachgerechte Beratung hier gar nicht möglich. Denn er wurde erst am 30. Dezember 2011 bevollmächtigt und
musste sich selber im Januar 2012 (unter anderem durch eine erforderliche Akteneinsicht) über den Stand im Ausgangsverfahren
informieren. In dem hier vorliegenden Entschädigungsverfahren ist besonders zu berücksichtigen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt
des Inkrafttretens des ÜGRG beim Sozialgericht Gotha bzw. beim Thüringer Landessozialgericht über 30 Klage- bzw. Berufungsverfahren
gegen die K. anhängig hatte, die teilweise bereits einen erheblichen zeitlichen Umfang erreicht hatten und die teilweise als
schwierig zu bewerten sind. Der Klägerin war deshalb auch eine besondere Prüfungs- und Überlegungsfrist einzuräumen, mit dem
Ergebnis, dass die Erhebung einer Verzögerungsrüge am 15. Februar 2012 hier noch als unverzüglich zu werten ist. Ob bzw. in
welchem Umfang die Klägerin jede Klage bzw. Berufung unter dem Gesichtspunkt einer Verzögerung tatsächlich geprüft hat, kann
dabei dahinstehen.
Nach der Überzeugung des Senates ist Ausgangspunkt zunächst eine Feststellung der Gesamtverfahrensdauer. Nach einer Entscheidung
des BSG vor Inkrafttreten des ÜGRG liegt eine generelle Grenze, bei deren Überschreitung in der deutschen Sozialgerichtsbarkeit im
Klage- und Berufungsverfahren ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 MRK zu vermuten sei, bei drei Jahren je Gerichtsinstanz (BSG SozR 4 - 1500, § 160 a Nr. 11). Zwar ist diese Entscheidung auf das ÜGRG nicht übertragbar, zumal es nicht auf die zeitliche Dauer des Verfahrens
je Gerichtsinstanz sondern auf die Gesamtverfahrensdauer ankommt und die Verfahrensdauer auch in den einzelnen Rechtsgebieten
der Sozialgerichtsbarkeit variiert. Der zeitliche Rahmen von sechs Jahren Verfahrensdauer bei einem Verfahren über zwei Instanzen
(bzw. drei Jahre für eine Instanz) ist nach der Überzeugung des Senates - immer auch unter Berücksichtigung des jeweiligen
Rechtsgebietes - aber ein erster Anhaltspunkt.
Sowohl die Gesamtverfahrensdauer als auch die Dauer des Verfahrens in den einzelnen Instanzen gibt hier genügende Anhaltspunkte
dafür, dass eine überlange Verfahrensdauer vorgelegen hat. Das erstinstanzliche Verfahren dauerte vom 3. Dezember 2004 bis
zur Zustellung des Urteils am 22. April 2009 etwa vier Jahre und fünf Monate. Die Klägerin hat bereits am 5. Mai 2009 Berufung
eingelegt. Das zweitinstanzliche Verfahren dauerte vom 5. Mai 2009 bis zur Zustellung des Berufungsurteils am 24. Mai 2012
etwa drei Jahre. Die Gesamtverfahrensdauer betrug mithin sieben Jahre und fünf Monate über zwei Instanzen. Zwar handelte es
sich um einen Rechtsstreit aus dem Vertragsarztrecht, derartige Rechtsstreitigkeiten sind in der Regel kompliziert, was zu
einer im Vergleich zu anderen sozialgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten längeren Verfahrensdauer beitragen kann. Im Ausgangsverfahren
hatte die Klägerin jedoch nur einen Zuschuss zur Förderung ihres ambulanten Notfalldienstes geltend gemacht. Nachdem ihr ab
ihrer Antragstellung ein solcher Zuschuss bewilligt worden war, hat sie den insofern begünstigenden Bescheid der K. zum Anlass
genommen, einen höheren Zuschuss einzuklagen und zudem auch für Zeiträume, für die sie zuvor bei der K. keinerlei Anträge
gestellt hatte und für die auch keinerlei Rechtsgrundlagen für eine Bewilligung vorlagen (auf Grund dessen spielt hier auch
die Dauer eines angeblichen Vorverfahrens keine Rolle, der Antrag der Klägerin ist unverzüglich beschieden worden, sie hat
im Widerspruchsverfahren ihr Begehren zeitlich erweitert). Der Kern des streitgegenständlichen vertragsärztlichen Rechtsstreits
war mithin - relativ- einfach zu bewerten, auch wenn die Klägerin - wie in ihren anderen Verfahren - durch die Vorlage unübersichtlicher
und überflüssiger Schriftsätze die Bearbeitung durch die zuständigen Richter erheblich erschwert hat. Der Klageschrift ist
zu entnehmen, dass der Klägerin die Bewilligung eines Zuschusses für den Notfalldienst von großer Bedeutung war, weil sie
als Ärztin mit einer Praxis im ländlichen Gebiet eine Vielzahl solcher Dienste leisten musste und muss, was für sie - so ihr
Vortrag - auch mit finanziellen Einbußen verbunden war.
Allerdings hat die Klägerin auch bereits von Anfang an eine Bearbeitung ihrer Klage durch unübersichtliche Schriftsätze und
eine Vielzahl von Anlagen für alle zuständigen Richter in erheblicher Weise erschwert. Die Vorgehensweise der Klägerin führte
dazu, dass die Bearbeitung erheblich zeitintensiver als üblich gewesen ist. Neben der eigentlich streitgegenständlichen Frage,
ob und ggf. in welchem Umfang der Klägerin Zuschüsse für die von ihr geleisteten Notfalldienste zu gewähren sind, hat sie
eine Vielzahl und wahllos Schriftsätze aus anderen Verfahren vorgelegt, die in keinerlei Zusammenhang zu ihrem Begehren gestanden
haben. Die Schriftsätze sind beispielhaft im Tatbestand aufgeführt worden. Der Klageschriftsatz umfasste bereits 51 Seiten
mit zum großen Teil überflüssigen Anlagen, die gleichwohl von dem Klagegegnern und den bearbeitenden Richtern zeitaufwendig
zur Kenntnis genommen und verarbeitet werden mussten.
Mit der Klageerwiderung vom 31. August 2005 hat die K. die wesentlichen Fragen dargelegt. Dies führte letztlich zu der Aufforderung
des Sozialgerichts, die Klägerin möge zumindest stichwortartig ihr Begehren konkretisieren. Dem ist die Klägerin nicht nachgekommen.
Im Folgenden hat sie vielmehr eine Vielzahl von Schreiben, Stellungnahmen, Klageerwiderungen, etc. vorgelegt, die mit ihrem
eigentlichen Begehren nichts zu tun hatten. Ferner hat sie häufig auf andere Verfahren Bezug genommen, die zuständigen Richter
mussten sich dann die erwähnten Akten vorlegen lassen und durchsehen, soweit dies überhaupt möglich war. Auch diese Bezugnahmen
betrafen häufig Rechtsstreitigkeiten mit anderem Streitgegenstand. Das Vorgehen der Klägerin hat auch in diesem Verfahren
zur Dauer des Verfahrens erheblich beigetragen.
Im Übrigen zeigt etwa der Schriftsatz der Klägerin vom 6. November 2006, dass sie über ihre Verfahren auch teilweise den Überblick
verloren hatte und es so zu erklären ist, dass sie Anlagen vorgelegt hat, die nicht das Verfahren betrafen, was aber durch
die zuständigen Richter stets zeitintensiv aufzuklären war. Sie hat beispielsweise unter dem streitgegenständlichen Aktenzeichen
S 7 KA 3495/04 einen Schriftsatz vorgelegt und ausgeführt, dieses Verfahren habe vorher das Aktenzeichen S 7 KA 35/200 getragen, was offensichtlich
nicht zutraf. Das streitgegenständliche Verfahren ist auch nicht - wie die Klägerin in diesem Schreiben behauptet hat - mit
einem anderen Verfahren verbunden worden. Die Klägerin hat offensichtlich die Verfahren verwechselt und dadurch eine überflüssige
Bearbeitung durch den zuständigen Richter ausgelöst. Dies fällt im Hinblick auf die Verfahrensdauer in den Verantwortungsbereich
der Klägerin.
Seitens des Sozialgerichts hat allerdings zur Verfahrensverlängerung beigetragen, dass eine mündliche Verhandlung trotz des
Alters des Verfahrens erst zum 10. Dezember 2008 geladen worden, das Urteil dann auch erst am 22. April 2009 zugestellt worden
ist, obwohl weitaus früher Entscheidungsreife bestand, die Rechtsfrage (trotz der wesentlich erschwerenden Prozessführung
durch die Klägerin) relativ einfach zu entscheiden war und offensichtlich eine besondere Bedeutung des Rechtsstreites für
die Klägerin vorlag. Zwar gibt es keine festen Fristen, die den Sozialrichter verpflichten, eine entscheidungsreife Sache
zu laden und zu entscheiden. Dies hängt einerseits mit dem Geschäftsanfall zusammen. Andererseits fällt es in den Bereich
der richterlichen Unabhängigkeit des zuständigen Richters zu entscheiden, ältere oder aus seiner Sicht eiligere Verfahren
zu laden bzw. zu erledigen. Wegen des beschriebenen Ablaufs entspricht es hier aber nicht der üblichen Verfahrensweise, eine
mündliche Verhandlung erst etwa vier Jahren nach Klageeingang zu bestimmen. Die Gründe hierfür sind vom Senat nicht zu werten,
jedoch die Tatsachen. Jedenfalls hat zu einer unangemessenen Verfahrensverlängerung geführt, dass das Verfahren, das beim
Sozialgericht schon eine erhebliche Dauer angenommen hatte, erstinstanzlich erst mit der Zustellung des Urteils vom 10. Dezember
2008 an die Klägerin am 22. April 2009 abgeschlossen wurde.
Im Hinblick auf die Verfahrensdauer beim Landessozialgericht haben zwei organisatorische objektive Umstände zu einer unnötigen
Verlängerung des Berufungsverfahrens beigetragen. Dabei hat der Senat ebenfalls nur die Tatsachen, nicht die Gründe für diese
verfahrensverlängernden Umstände zu bewerten.
Der erste Umstand betrifft die Tatsache, dass während eines erheblichen Zeitraumes, der auch zumindest teilweise die Berufung
der Klägerin betraf, in dem für ihre Berufung zuständigen 11. Senat des Thüringer Landessozialgerichts keine mündlichen Verhandlungen
geladen und auch keine Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung getroffen wurden. Dies ist dem Entschädigungsgericht bekannt,
weil es in derselben Besetzung im damaligen 4. Senat des Thüringer Landessozialgerichts vor bzw. teilweise gleichzeitig für
Streitigkeiten aus dem Vertragsarztrecht zuständig und dadurch über Geschäftsanfall und Sitzungstätigkeit in Kenntnis war.
Ausweislich des Geschäftsverteilungsplans vom 1. Juli 2008 des Thüringer Landesozialgerichts war ab dem 1. Juli 2008 der neu
geschaffene 11. Senat für Bestände aus dem Vertragsarztrecht zuständig, die beim 4. Senat vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Juni
2008 eingegangen waren, sowie für alle Neueingänge aus diesem Rechtsgebiet. Im 11. Senat fanden im Anschluss mehr als zwei
Jahre keine mündlichen Verhandlungen statt, Urteile ohne mündliche Verhandlung sind nicht ergangen. Bei einem derartig ungewöhnlich
langen Zeitraum, in dem eine Kammer eines Sozialgerichts oder ein Senat eines Landessozialgerichts keine mündlichen Verhandlungen
durchführt und keine Instanz abschließende Entscheidungen auf Grund oder ohne mündliche Verhandlung ergehen, ist, trotz der
Möglichkeit von Entscheidungen durch Beschluss (§
105 SGG bzw. 153 Abs.
4 SGG), ohne weiteres davon auszugehen, dass die Bestände bzw. eingehenden Verfahren eine unangemessene weil vermeidbare Dauer
annehmen werden. Denn ein derart langer Zeitraum des "Nichtsitzens" bzw. "Nichtentscheidens" führt regelmäßig dazu, dass sich
die entscheidungsreifen Verfahren anhäufen, zu einem bestimmten Zeitpunkt dann gleichzeitig abgearbeitet werden müssen bzw.
müssten, was nicht möglich sein wird, weil zwischenzeitlich eine kontinuierliche Erledigung nicht erfolgt ist. Im Bereich
des Vertragsarztrechts kommt hinzu, dass die Rechtsstreitigkeiten - wenn auch in der Regel schwierig - durchweg ohne größere
Ermittlungsaufwand bereits bei Berufungseingang entscheidungsreif sind, weil vorrangig Rechtsfragen zu beantworten sind. So
liegt der Fall auch hier. In diesem Verfahren ist ein Zeitraum unangemessener Dauer unter anderem deshalb festzustellen, weil
die Berufung in den Zeitraum fällt, als der zuständige Senat über einen längeren Zeitraum keine mündliche Verhandlung durchgeführt
hat, der Rechtsstreit aber bereits mit Berufungseingang entscheidungsreif war bzw. nach einer vom 11. Senat von der KV Thüringen
eingeholten Auskunft ohne weiteres entscheidungsreif wurde. Soweit während eines bestimmten Zeitraumes deshalb keine oder
nur wenige Verfahren erledigt wurden, kann dies nicht damit erklärt werden, dass vorrangig ältere oder dringendere Verfahren
zu bearbeiten waren. Dass es der Klägerin besonders wichtig war, dass ihre Berufung zügig erledigt werden sollte, zeigt insbesondere
auch ihre Sachstandsanfrage von 23. Januar 2011, die allerdings unbeantwortet geblieben ist.
Eine weitere Verzögerung ist nach der Überzeugung des Senates durch den zweiten Umstand eines dreimaligen Wechsels der Berichterstatter
eingetreten. Auch diesen Umstand hat der Senat nicht zu bewerten, aber zu berücksichtigen. Innerhalb relativ kurzer Zeiträume,
die Berufung dauerte etwa drei Jahre, waren für das Berufungsverfahren insgesamt drei Berichterstatter zuständig. Erfahrungsgemäß
bedeutet ein häufiger Richterwechsel in relativ komplizierten Rechtsgebieten gleichzeitig eine Verzögerung des Rechtsstreits.
Auch dies ist hier festzustellen. Die jeweils zuständigen Berichterstatter mussten sich innerhalb kurzer Zeit nicht nur in
das Rechtsgebiet, sondern auch in die umfangreichen Akten einarbeiten.
Auch die Bearbeitung der Berufung nach dem Eingang hat letztlich zu einer Verlängerung des Verfahrens beigetragen. Nach dem
Berufungseingang sind nur die üblichen Verfügungen durchgeführt worden, eine Sachstandsanfrage blieb unbeantwortet. Aus der
Sicht des 11. Senates erforderliche Auskünfte von der K. sind erst ab Juli 2011 von der dann zuständigen Berichterstatterin
eingeholt worden.
Insgesamt ist somit eine unangemessene Dauer festzustellen, die der Senat insgesamt mit drei Jahren bewertet und die eine
immaterielle Entschädigung in Höhe von 3600 Euro rechtfertigt. Die Feststellung einer unangemessenen Dauer des Verfahrens
war hier nach der Überzeugung des Senates nicht ausreichend. Der Senat verkennt nicht, dass auch die Klägerin in erheblichem
Umfang zu einer unnötigen Verlängerung des Verfahrens beigetragen hat. Der Senat hat in seiner Gesamtbewertung - wie oben
dargestellt - berücksichtigt, dass die Verfahrensdauer insgesamt unüblich lange war, das Verfahren für die Klägerin große
Bedeutung hatte, dass die Beteiligten erstinstanzlich einen erheblichen Zeitraum von der Entscheidungsreife bis zur Ladung
einer mündlichen Verhandlung zuwarten mussten, es dann aber auch noch einen erheblichen Zeitraum gedauert hat, bis das erstinstanzliche
Urteil zugestellt wurde. Zweitinstanzlich fiel ins Gewicht, dass auch in dem die Berufung der Klägerin zumindest teilweise
betreffenden Zeitraum keine mündlichen Verhandlungen des zuständigen Senates stattgefunden haben, was letztlich auch im Ausgangsverfahren
zu einem Verfahrensstillstand geführt hat, sowie der dreimalige Wechsel der zuständige Berichterstatter, die sich jeweils
zeitaufwendig in das Rechtsgebiet und in die umfangreichen Akten einarbeiten mussten, ferner die Tatsache, dass für erforderlich
gehaltene Auskünfte erst kurz vor der beabsichtigten mündlichen Verhandlung eingeholt wurden.
Der Entschädigungsbetrag ist nicht zu verzinsen, denn es fehlt nach der Überzeugung des Senats an einer gesetzlichen Grundlage.
Aus dem ÜGRG ergibt sich keinerlei Grundlage einer Verzinsung. Auch aus den sozialrechtlichen (prozessualen oder materiell-rechtlichen)
Regelungen ergibt sich kein Anspruch auf Prozesszinsen. Abgesehen davon handelt es sich bei Prozesszinsen um einen pauschalierten
"Verzugsschadensersatz", weil ein Schuldner eine Forderung nicht beglichen, sondern es zu einem Prozess hat kommen lassen.
Die Verzinsung knüpft an das Verhalten des Schuldners im Prozess an (vgl. BGH NJW-RR 2013, 825-828). Zumindest bei der immateriellen Entschädigung, die das Entschädigungsgericht erst festsetzt, besteht ein solcher Zusammenhang
nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197 a Abs.
1 Satz 1 Halbsatz 3
SGG i. V. m. §
150 Abs.
1 der
Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Dabei hat der Beklagte den überwiegenden Teil der Kosten zu erstatten, da bereits durch den Ausspruch einer unangemessenen
Dauer des Verfahrens ein weitaus überwiegendes Obsiegen der Klägerin festzustellen ist. Einen Teil der Kosten hat die Klägerin
zu tragen, weil sie mit ihrem Entschädigungsbegehren nicht in vollem Umfang durchdringen konnte.
Die Revision war zuzulassen, weil der Rechtsstreit Rechtsfragen grundsätzlicher Art aufgeworfen hat, §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG.