Zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen des Sozialhilfeempfängers
Gründe:
I.
Die Parteien sind seit 07.01.1983 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Der Beklagte zahlte bis Oktober 1993 freiwillig 665,00
DM Nachscheidungsunterhalt an die Klägerin Er ist seit November 1993 arbeitslos. Die Klägerin bezieht seit November 1993 Sozialhilfe
in Höhe von 1.414,47 DM monatlich von der Gemeinde E. Mit der am 13.9.1994 eingegangenen Klage verlangt die Klägerin von dem
Beklagten Unterhalt ab 1.11.1993. Sie macht geltend, sie sei arbeitsunfähig krank; der Beklagte erhalte wöchentlich 475,80
DM Arbeitslosengeld. Sie hat Prozesskostenhilfe für den Antrag begehrt,
1)
den Beklagte zu verurteilen, an die Gemeinde E., Sozialamt, für den Zeitraum November 1993 bis August 1994 einen rückständigen
Ehegattenunterhalt von 6.650,00 DM nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
2)
den Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu Händen der Gemeinde E., Sozialamt, ab dem 1.9.1994 einen monatlichen Ehegattenunterhalt
von 745,00 DM zahlen.
Sie hat eine Vollmacht der Gemeinde E. vom 25.5.1994 vorgelegt und behauptet, die Gemeinde E. habe sie zur Geltendmachung
der Unterhaltsansprüche ermächtigt.
Der Beklagte hat Klageabweisungsantrag angekündigt.
Das AG hat durch Beschluss vom 11.11.1994 den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Zur
Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe kein schutzwürdiges Interesse, die auf den Träger der Sozialhilfe übergegangenen
Ansprüche in gewillkürter Prozessstandschaft geltend zu machen, weil sie sich keiner weitergehenden als der übergegangenen
Ansprüche berühme; hinsichtlich der Unterhaltsansprüche für die Zukunft sei der Antrag mutwillig, weil der Träger der Sozialhilfe
diesen Unterhalt zusammen mit dem übergegangenen Recht selbst einklagen könne.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde eingelegt, der das AG nicht abgeholfen hat.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, §
127
ZPO. Soweit sie die Zeit vor Rechtshängigkeit der Klage, die bisher nicht eingetreten ist, betrifft, ist sie unbegründet. Für
die Zeit danach ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben.
Im einzelnen gilt folgendes:
Für die Zeit bis zur Rechtshängigkeit der Klage kommt Prozesskostenhilfebewilligung nicht in Frage.
Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen des Sozialhilfeempfängers, der
volle Zahlung an das Sozialamt verlangt, für die Zeit vor Klageeinreichung, die sich streitwerterhöhend auswirkt (§ 17 Abs. 4
GKG), mutwillig i.S. von §
114
ZPO ist. Ein eigenes Interesse des Klägerin an der Rechtsverfolgung ist insoweit nicht gegeben. Darüber hinaus fehlt es aber
auch an der Prozessführungsbefugnis. Unterstellt dass die Gemeinde E. mit der "Vollmacht" vom 25.5.1994 die Klägerin ermächtigen
wollte, die Unterhaltsansprüche im eigenen Namen geltend zu machen, was der Wortlaut allerdings nicht ergibt, so wäre zwar
eine sogen. gewillkürte Prozessstandschaft gewollt gewesen. Eine solche ist jedoch nicht zuzulassen. Denn es fehlt insoweit
an einem eigenen schutzwürdigen Interesse der Prozessführung. Der Unterhaltsanspruch ist im vorliegenden Fall voll auf den
Träger der Sozialhilfe übergegangen, dessen Leistungen den Unterhaltsbetrag übersteigen.
Dasselbe gilt für die Zeit zwischen Einreichung der Klage und Rechtshängigkeit. Insofern wirkt sich zwar die Geltendmachung
der Unterhaltsansprüche nicht streitwerterhöhend aus (§ 17 Abs. 1, Abs. 4
GKG). Die gewillkürte Prozessstandschaft ist aber auch hier jedenfalls dann nicht zuzulassen, wenn der Prozessstandschafter sich
- wie im vorliegenden Fall - keines höheren Anspruches als des auf den Träger der Sozialhilfe übergegangenen Anspruchs berühmt.
Es ist vielmehr ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Klägerin zu fordern, das hier nicht bejaht werden kann. Dabei kann
offen bleiben, ob etwas anderes gilt, wenn neben übergegangenen Ansprüchen noch darüber hinausgehende Mehrbeträge verlangt
werden (vgl. OLG. Köln - 10. ZS -, OLG Report 1994, 151). Soweit der Senat im Beschluss vom 7.3.1994 - 14 WF 23/94 = 61 F 142/93 AG Bergheim -, in dem es allerdings um höhere Ansprüche als die Zahlungen des Sozialamtes ging, den Gesichtspunkt der "größeren
Sachnähe" hervorgehoben hat, wird hieran nicht festgehalten. Es ist insoweit der vorbezeichneten Entscheidung des 10. Zivilsenates
zuzustimmen, dass der Sozialhilfeträger selbst umfassende Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhaltes hat. Dass eine größere
Sachnähe auch nicht insgesamt bejaht werden kann, zeigt gerade der vorliegende Fall, in dem die Parteien bereits seit 11 Jahren
geschieden sind.
Was die Zeit ab Rechtshängigkeit anbelangt, so ist die Klägerin für die Geltendmachung dieser Unterhaltsansprüche uneingeschränkt
aktivlegitimiert und prozessführungsberechtigt. Die Ansprüche gehen auf den Sozialhilfeträger erst mit der Gewährung der Sozialhilfe
über. Solange dies nicht geschehen ist, macht die Klägerin ein eigenes Recht geltend. Ab Rechtshängigkeit der Unterhaltsklage
kann sich gemäß §
265 Abs.
2 Satz 1
ZPO der erst danach eintretende gesetzliche Anspruchsübergang entsprechend § 91 Abs. 1
BSHG nicht mehr auf die Aktivlegitimation der Klägerin auswirken. Allerdings ist hinsichtlich der bis zur mündlichen Verhandlung
fällig gewordenen und auf den Sozialhilfeträgerübergegangenen Unterhaltsansprüche Zahlung an diesen zu verlangen. Dem trägt
auch der beabsichtigte Antrag Rechnung. Soweit die Rechtsverfolgung hier für mutwillig i.S. von §
114
ZPO angesehen wird (vgl. die o.a. Entscheidung des 10. Zivilsenats), hat der Senat im Beschluss vom 4.7.1994 (- 14 WF 82/94 -) diese Meinung abgelehnt. Wenn der Sozialhilfeträger von der ihm eingeräumten Möglichkeit nach § 91 Abs. 3 Satz 2 BSHG zukünftige Unterhaltsleistungen einzuklagen keinen Gebrauch macht, darf der Klägerin die Geltendmachung ihres eigenen Rechts
nicht verwehrt werden. Die Sozialhilfe wird nur subsidiär gewährt.
Eine PKH-Bewilligung durch den Senat kommt allerdings für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage nicht in Betracht. Denn dem
AG ist die Prüfung der Erfolgsaussicht der Klage i.S. von §
114
ZPO, die bisher nicht gesehen ist, vorzubehalten (§
575
ZPO). Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin ein Unterhaltsanspruch wegen Krankheit zusteht. Auch ist die Leistungsfähigkeit
des Beklagte streitig.
Gebühr: 25,00 DM