Schutzimpfung; Impfschaden; Versorgung; Impfkomplikation; Vollbeweis; Primärschädigung; Kausalität
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Versorgung nach dem Impfschadensrecht gemäß §§ 60 ff. Infektionsschutzgesetz (IfSG).
Die Klägerin, der ein Grad der Behinderung von 100 wegen einer geistigen Behinderung, eines Anfallsleidens und Autismus sowie
die Merkzeichen B, G, H zuerkannt sind, wurde am Ende der 40. Schwangerschaftswoche am 30.11.1994 geboren. Der APGAR-Wert
erreichte 10. Eine Fruchtwasserpunktion noch während der Schwangerschaft blieb unauffällig. Im Untersuchungsbefund der U2
vom 05.12.1994 ist von Dr. H. ein Opisthotonus vermerkt.
In der Karteikarte über die Klägerin ist beim damals behandelnden Kinderarzt A. am 03.01.1995 "öfter Opisthotonus" und am
08.03.1995 "Hochtonrassel beidseits negativ, Klatschen links besser als rechts" vermerkt. Wegen Verdachts auf Schwerhörigkeit
seien die Eltern nach E-Stadt zur weiteren Diagnostik verwiesen worden. In der Uniklinik E-Stadt wurde im Rahmen der Anamnese
am 14.05.1996 ein seit einem Alter von 3 Monaten wechselnder Verdacht auf Schwerhörigkeit angegeben.
Vom Gesundheitsamt F-Stadt befragt, gab der damals behandelnde Kinderarzt Herr A. zu den Untersuchungen U3 und U4 am 03.01.1995
und 06.03.1995 an, dass ihm bei der U3 eine gewisse Opisthotonushaltung aufgefallen sei. Da der Schädel aber okzipital betont
gewesen sei, habe er dies damals nicht als eindeutig pathologisch eingestuft. Bei der U4 sei ihm aufgefallen, dass das Kind
auf die Hochtonrassel nicht reagiert habe.
Die erste Impfung gegen Tetanus, Diphtherie und HiB und Polio erfolgte am 20.03.1995 durch die Ärztin Dr. K., die zweite diesbezügliche
Impfung am 04.05.1995.
17 Tage nach der zweiten Impfung, am 21.05.1995, stellte sich bei der Klägerin ein tonischer Adversivkrampf während des Stillens
ein. Im Rahmen des anschließenden Krankenhausaufenthalts im Klinikum B-Stadt wurde bei der entwicklungs-neurologischen Untersuchung
ein grenzwertiger Befund mit Zeichen einer Entwicklungsretardierung um 1-2 Monate festgestellt und der Verdacht auf ein fokales
Anfallsleiden geäußert. Eine Meldung der Erkrankung als Verdachtsfall einer unerwünschten Arzneimittelwirkung erfolgte nicht.
In der am 06.06.1995 durchgeführten craniellen Kernspintomographie zeigte sich eine diskrete Betonung der äußeren Liquorräume
beidseits über der frontalen Konvexität sowie perisylvisch bis temporopolar ausgedehnt. Am 21.05.1996 erfolgte die dritte
Impfung gegen Tetanus und Diphterie. Nach der Vorstellung in der Kinderarztpraxis am 13.06.1996 wurde der Verdacht auf eine
Wahrnehmungsstörung mit autistischen Zügen geäußert. In der daraufhin veranlassten Vorstellung in der neuropädiatrischen Ambulanz
der Uniklinik E-Stadt am 01.07.1996 ergab sich aber kein Befund.
Bei der U5 am 29.06.1995 wurden Krampfanfälle berichtet.
Am 08.07.1996 wurden eine Hib-Impfung und die dritte Polioimpfung durchgeführt.
Bei der U6 am 21.11.1995 wurden wieder Krampfanfälle berichtet.
Bei der U7 am 04.12.1996 wurde dann bei weiterhin auftretenden Krampfanfällen und einer Entwicklungsverzögerung eine allgemeine
mentale Retardierung festgestellt.
Am 30.01.2001 wurde beim Amt für Versorgung und Familienförderung Bayreuth (Beklagter) ein Antrag auf Beschädigtenversorgung
wegen eines Impfschadens gestellt, wobei die 2. Impfung am 04.05.1995 verantwortlich gemacht wurde. Im vorgelegten Impfausweis
der Klägerin sind die Chargennummern nur für die Impfungen am 20.03.1995 und 21.05.1996, nicht aber für die Impfung am 04.05.1995,
angegeben.
Am 11.03.2002 wurden die Eltern der Klägerin einvernommen. Diese sagten aus, dass sie nach der ersten Impfung keine Hautrötung
oder Fieber hätten feststellen können. Im Nachhinein habe es aber bereits auch nach der ersten Impfung Verhaltensauffälligkeiten
gegeben, wobei aufgrund des Zeitablaufes keine exakten Angaben mehr gemacht werden könnten. So könne nicht mehr gesagt werden,
was in diesen Abstand von fünf Wochen falle und was erst nachher aufgetreten sei. Nach der ersten Impfung habe es Schwierigkeiten
beim Trinken gegeben und der Blickkontakt sei nicht mehr so wie früher gewesen. Auch Schlafprobleme habe es bereits damals
gegeben, dies könne aber zeitlich nicht mehr genau eingeordnet werden; deutlich auffällig sei dies erst nach der zweiten Impfung
gewesen. Ein vermehrter Speichelfluss sei ihnen erst nach der zweiten Impfung aufgefallen, wobei sie nicht mehr genau sagen
könnten, ob dies bereits schon nach der ersten Impfung der Fall gewesen sei. Auch nach der zweiten Impfung sei ihnen weder
eine Hautrötung an der Impfstelle aufgefallen noch habe die Klägerin Fieber gehabt. Ein paar Tage nach der zweiten Impfung
sei ihnen ein verändertes Trinkverhalten aufgefallen, der wechselnde Blickkontakt und Ähnliches. Die bemerkten Verhaltensänderungen
hätten sie einmal zusammengestellt. Eine diesbezügliche Aufstellung würden sie zur Akte geben (auf Bl. 181 der Beklagtenakte
wird insoweit hingewiesen). Die Verhaltensänderungen seien schleichend aufgetreten. Es sei nicht so extrem gewesen, dass ihnen
dies sofort als abseits der Norm aufgefallen wäre und dass sie extra deswegen nach ärztlicher Hilfe nachgesucht hätten. Am
21.05.1995 sei es dann beim Stillen zu besagtem Krampfanfall gekommen.
Im versorgungsärztlichen Gutachten des Facharztes für Neurologie B. vom 07.08.2002 wurde das Vorliegen eines Impfschadens
verneint. Die Versorgungsärzte Dr. K. und Dr. H. stimmten dieser Einschätzung zu. In einer weiteren Besprechung des Beklagten
mit den Eltern am 20.03.2003 gaben diese auch der 1. Impfung am 20.03.1995 die Schuld am Gesundheitszustand ihrer Tochter.
Der Beklagte holte eine Stellungnahme des P.-E.-Instituts (PEI) ein, die am 02.04.2003 von Dr. K. H. erteilt wurde. Nach der
Meldung der Eltern über den Verdachtsfall einer unerwünschten Arzneimittelwirkung sei der Fall dahingehend eingestuft worden,
dass der Kausalzusammenhang zwischen der Impfung und dem klinischen Schädigungsbild möglich erscheine. Der Versorgungsarzt
Dr. K. verneinte am 15.04.2003 das Vorliegen eines Impfschadens.
Mit Bescheid vom 08.05.2003 (Widerspruchsbescheid vom 11.11.2004) lehnte der Beklagte den Antrag auf Beschädigtenversorgung
nach dem IfSG ab. Dagegen hat die Klägerin am 09.12.2004 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben.
Das SG hat ein mikrobiologisches Gutachten von Prof. Dr. J. vom 14.02.2008 eingeholt, der zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das
bei der Klägerin vorliegende Krankheitsbild mit autistischen Zügen, einer Epilepsie und einer schwerwiegenden Entwicklungsstörung
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Impffolge sei. Die von den Eltern angegebenen Funktionsstörungen nach
der 1. und 2. Impfung könnten durchaus die üblichen Nebenwirkungen einer oder mehrerer der vier applizierten Impfungen gewesen
sein. Offenbar seien sie im Fall der Klägerin auch nicht besonders schwerwiegend gewesen, denn sonst wäre die 2. Impfserie
mit Sicherheit nicht vorgenommen worden. Ein wie auch immer gearteter Hinweis auf spätere Erkrankungen als Folge der Impfung
ergebe sich daraus mit Sicherheit nicht. Andererseits hätte es möglicherweise bereits in den ersten Lebensmonaten der Klägerin
diskrete Hinweise auf eine Entwicklungsstörung, so den Opisthotonus und den zweimal geäußerten Verdacht auf eine Hörstörung
gegeben. Der weitere Verlauf lasse durchaus die Vermutung zu, dass hier schon die ersten Anzeichen der Erkrankung zu Tage
getreten seien - also vor der 1. Impfung.
Der im Folgenden von der Klägerin gegen Prof. Dr. J. gestellte Antrag auf Besorgnis der Befangenheit ist mit Beschluss des
SG vom 31.08.2010 als unbegründet abgelehnt worden (Az. S 4 SF 19/10).
Auf Antrag der Klägerin nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ist im Folgenden ein Gutachten von Dr. H. vom 28.05.2009 und im Weiteren von diesem noch eine ergänzende Stellungnahme vom
05.12.2009 eingeholt worden. Dr. H. ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass der bei der Klägerin vorliegende schwere Hirnschaden
wahrscheinlich durch die verabreichten Impfungen verursacht worden sei. Werte man die Verhaltensauffälligkeiten nach der ersten
Impfung, die von den Eltern beobachtet und nicht vom Arzt dokumentiert worden seien, als Beginn der zerebralen Symptomatik,
so könne sogar von einem gesicherten Zusammenhang bei positivem Re-Expositionsversuch ausgegangen werden. Der zeitliche Verlauf,
neue Erkenntnisse über die Toxizität der verwendeten Impfstoffe und das Fehlen alternativer Ursachen sprächen im Falle der
Klägerin für eine solche Einschätzung. Die Entwicklungsstörung des Gehirns der Klägerin gehe über das Maß einer üblichen Impfreaktion
bei weitem hinaus und sei als seltene, aber bekannte Komplikation der inaktivierten Impfstoffe DT und HiB zu betrachten. Eine
Anerkennung käme auch im Wege der Kann-Versorgung in Betracht, da der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse über solche
Impfkomplikationen wie bei der Klägerin mit Sicherheit noch lückenhaft sei. Im Einzelnen hat Dr. H. auf eine durch aktuelle
experimentelle Untersuchungen belegte neurotoxische Wirkung sowohl von Thiomersal als auch von aluminiumhaltigen Adjuvantien
der Impfstoffe hingewiesen, die bei vorhandener Disposition der Klägerin eine langsam einsetzende Störung der Hirnentwicklung
bewirkt hätte. Von Beklagtenseite sind dagegen versorgungsärztliche Stellungnahmen von Dr. K. vom 31.07.2008, 29.08.2008,
17.07.2009, 08.01.2010 und von Dr. S. vom 10.02.2011 vorgelegt worden.
Im vor dem SG stattgefundenen Erörterungstermin am 28.10.2010 hat der Vater der Klägerin eine Kopie der Karteikarte der die Klägerin behandelnden
Ärztin Dr. K. vorgelegt, auf der anlässlich der 1. Impfung am 20.03.1995 die Chargennummer für den Impfstoff 90064 vermerkt
ist, der sich aus dem bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Impfausweis ebenso entnehmen lässt wie dem dort bereits
vorgelegen Karteikartenauszug. Durchgeführte Ermittlungen des SG zu der im Rahmen der 2. Impfung verwandten Charge haben das Ergebnis erbracht, dass sich weder dem vorliegenden Impfbuch
noch dem Karteikartenauszug die Chargennummer entnehmen lässt. Auf Nachfrage bei der damals impfenden Ärztin Dr. K. hat deren
Sohn dem SG am 09.12.2010 mitgeteilt, dass Dr. K. seit einem Schlaganfall im Juli 2009 nicht mehr in der Lage sei, Auskünfte zu erteilen.
Der Praxisnachfolger von Dr. K., Dr. F., hat auf Nachfrage des SG darauf hingewiesen, dass es bei den Vorgängerinnen seiner Praxis Usus gewesen sei, die Nummer bei Chargengleichheit nur einmal
zu notieren.
Mit Schreiben vom 15.02.2011 hat das SG die Beteiligten zu der Absicht angehört, den Rechtstreit ohne mündliche Verhandlung per Gerichtsbescheid zu entscheiden,
womit sich beide Beteiligten einverstanden erklärt haben. Mittels Gerichtsbescheid vom 15.06.2011 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Vollbeweis einer Impfkomplikation schon nicht erbracht sei. Der tonische
Adversivkrampf während des Stillens am 21.05.1995 könne dafür nicht herangezogen werden; insoweit schließe sich das SG dem Gutachten von Dr. J. an.
Dagegen hat die Klägerin am 18.07.2011 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt, die sie im Wesentlichen
mit Kritik am Gutachten von Prof. Dr. J. begründet hat, und weiter die Einholung eines Obergutachtens bzw. eines weiteren
Gutachtens nach §
106 SGG und/oder §
109 SGG beantragt.
Am 29.04.2013 hat vor dem damaligen Berichterstatter ein Erörterungstermin stattgefunden.
Der Senat hat Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Klägerin eingeholt und Prof. Dr. C. mit der Erstellung eines
Gutachtens nach §
106 SGG betreut. Dieser ist in seinem Gutachten vom 13.02.2016 sowie einer ergänzenden Stellungnahme vom 27.05.2016 zu dem Ergebnis
gekommen, dass es nach den klägerischen Angaben schon an einer Impfkomplikation fehle. Nach den insoweit 1995 getätigten Angaben
seien keine gesundheitlichen Schädigungen aufgetreten die über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgegangen seien. 2002
seien dann zwar Symptome beschrieben worden, die von den 1995 gemachten Angaben erheblich abweichen würden, gleichwohl aber
nicht im Sinne eines Vollbeweises postvakzinaler Enzephalitis oder Ähnliches angesehen werden könnten. Im Übrigen fehle es
an der Kausalität. Mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit seien der Krampfanfall am 21.05.1995 und das spätere Anfallsleiden
als zu erwartende Glieder der angeborenen, bereits vor Beginn der Impfserie fassbar gewordenen zerebralen Funktionsstörung/Entwicklungsstörung
einzuordnen. Insoweit handele es sich inklusive Anfallsleiden um ein angeborenes, progredientes Leiden. Auch eine Verschlimmerung
durch die Impfungen lasse sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit belegen, was auch für die Impfzusatzstoffe gelte.
Auch die Voraussetzungen zur Anwendung der so genannten Kannversorgung lägen nicht vor. Soweit Dr. H. in seinem Gutachten
eine impfbedingte protrahierte Verursachung durch die Impfstoff-Beimischungen Thiomersal und Aluminiumverbindung sehe, sei
zu sagen, dass der Nachweis solcher impfbedingter neuraler Schäden bei Menschen durch diese niedrig dosierte Beimischung fehle;
es handele sich insoweit angesichts derzeitigen Wissensstandes um Spekulation.
Mit Schreiben vom 20.02.2016 hat die Klägerin nochmal zu einer von ihr behaupteten Befangenheit von Prof. Dr. J. vorgetragen
und im Folgenden beantragt, die Verwertung dessen Gutachten zu untersagen (Schreiben vom 30.06.2016).
Per Beschluss vom 22.02.2017 hat der Senat diesen Antrag als unzulässig verworfen (Az.: L 20 SF 209/16 AB).
Am 17.05.2016 hat sich der Schutzverband für Impfgeschädigte e.V. als Bevollmächtigter der Klägerin angezeigt. Mit Schreiben
vom 24.05.2016, 15.06.2016, 26.07.2016, 28.09.2016, 07.11.2016 und 28.11.2016 hat das LSG den Schutzverband für Impfgeschädigte
e.V. bzw. dessen Rechtsnachfolger, den, zur Prüfung dessen Vertretungsbefugnis nach §
73 SGG um Übersendung der Satzung, Stellungnahme zu §
73 Abs.
2 S. 2 Nr.
8 SGG und weitere Auskünfte gebeten bzw. erinnert. Die begehrten Auskünfte hat der Schutzverband für Impfgeschädigte e.V. bzw.
der mit Schreiben vom 09.06.2016, 30.06.2016, 19.11.2016 und 09.01.2017 erteilt. Mit Beschluss vom 22.02.2017 hat der Senat
den als Bevollmächtigten der Klägerin zurückgewiesen.
Mit weiteren Schreiben vom 30.06.2016, 11.05.2017, 14.05.2017 und 17.05.2017 hat die Klägerin beantragt, die Hebamme E. J.
zum Termin zu laden, die die Klägerin in den ersten Monaten nach der Geburt zuhause betreut habe und über die Entwicklung
und gesundheitliche Konstitution maßgeblich Auskunft geben könne, insbesondere darüber, dass die Klägerin sich normal entwickelt
habe und keine gesundheitlichen Störungen vorgelegen hätten, was die gutachterlichen Ausführungen widerlege. Der Verdacht
eines Opisthotonus habe sich zudem nach Durchführung eines so genannten Voita-Testes, einer weitreichenden neurologischen
Grunduntersuchung, nicht erhärtet, so dass sich diese Verdachtsdiagnose des Dr. H. nicht bestätigt habe. Aus diesem Grund
sei diesem Verdacht nicht weiter nachgegangen und entsprechend der Eintragung in der Untersuchung U3 auch dem weiteren Gesundheitsverlauf
nicht mehr zugeschrieben worden, weder als Verdacht noch als Diagnosestellung. Weiter werde die Ladung des Sachverständigen
Prof. Dr. C. beantragt, da die in seinem Gutachten ausgeführten Inhalte dem Akteninhalt widersprächen. Im Übrigen werde dessen
Qualifikation als Gutachter in Fragen von Impfstoffen als nicht erwiesen angesehen. In keinem seiner Gutachten gebe es wissenschaftliche
Quellen, die seine Einzelmeinung untermauern würden. Auch sei die fehlende ambulante Untersuchung durch Prof. Dr. C. zu monieren.
Weiter werde die Ladung des Kinderarztes J. A. beantragt, der am 10.02.1995 die Voita-Untersuchung durchgeführt und sowohl
Opisthotonus als auch ein cerebrales Leiden ausgeschlossen habe. Zudem werde die Ladung des HNO-Arztes Dr. M. K. beantragt,
der am 30.11.1994 entgegen der Ausführungen im Gutachten eine Schwerhörigkeit ausgeschlossen habe. Eine Schwerhörigkeit liege
auch bis zum heutigen Tage nicht vor. Die Ladung des Dr. H. werde beantragt, damit dieser darüber Auskunft gebe, dass die
Verdachtsdiagnose Opisthotonushaltung nur ein Verdacht gewesen sei, die sich bis zur U3 als nicht gegeben erwiesen habe. Zudem
seien noch weitere Unterlagen beizuziehen, wie - die im Individualfall wesentlichen Dokumente und Studien, aus denen die Wirkung
und Nebenwirkungen ersichtlich seien; hierunter zählen Phase - II Studien, Unbedenklichkeitserklärungen der Hersteller, die
Ergebnisse der Chargenprüfungen der streitgegenständlichen Chargenfreigabeprotokolle, das Zertifikat der Zulassungsbehörde(n),
den Bescheid des PEI zur Freigabe der Chargen, die Zulassungsunterlagen des regulären Zulassungsverfahrens - Erstzulassung
eventuell Rücknahme und erneute(n) Zulassung(en) und etwaigen Ergänzungen und aktuellen Ergänzungen, sowie die Ergebnisse
physikalischer, chemischer, biologischer, mikrobiologischer Versuche ab Erstzulassung bis heute und die zur Entwicklung der
streitgegenständlichen Impfstoff(e) angewandten Methoden (analytische Prüfung), nebst den Ergebnissen der pharmakologischen
und toxikologischen Versuche, - sämtliche schwerwiegenden unerwünschten Ergebnisse SAEs (nach § 2 Nr. 5 MPSV), die im Zusammenhang
der streitgegenständlichen Impfung(en) an das BfArM und PEI gemeldet worden seien, - sämtliche dem PEI bekannten und gemeldeten
Einzelfallberichte (Kasuistiken) ab Erst- und Wiederzulassung der streitgegenständlichen Impfstoffe, sowie überprüfbare Daten
aus klinischen Studien, epidemiologischen Untersuchungen, sowie aus den Post-Marketing-Beobachtungen.
Die Klägerin beantragt - so der Antrag in der mündlichen Verhandlung -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 15.06.2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 08.05.2003 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2004 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei der Klägerin ein Hirnkrampfleiden
mit Entwicklungsretardierung als Impfschaden infolge der Impfungen vom 20.03.1995 und 04.05.1995 im Sinne des IfSG anzuerkennen und Versorgung zu gewähren,
hilfsweise den Sachverständigen Dr. H. wegen der Frage des Primärschadens erneut zu befragen und Herrn Dr. P. P. in Zusammenarbeit
mit Herrn Dr. A. B. gutachtlich gemäß §
109 SGG zu hören.
Weitere Anträge hat die Klägerin nicht gestellt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen, der beigezogenen
Beklagtenakte, der beigezogenen Schwerbehindertenakte, der vom SG beigezogene Akte S 4 SF 19/10 und der Akten des LSG mit den Aktenzeichen L 20 SF 209/16 AB und L 20 VJ 4/17 RG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig (§§
143,
144,
151 SGG), aber nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 08.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2004, mit dem
der Antrag auf Entschädigung wegen eines Impfschadens abgelehnt worden ist.
Die insoweit erhobene Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der angegriffene Bescheid ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren
Rechten. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 S. 1 IfSG liegen nicht vor, weil es vorliegend schon am Nachweis einer Impfkomplikation, aber auch an der Kausalität zwischen Impfung
und gesundheitlicher Schädigung fehlt.
Das Begehren der Klägerin beurteilt sich dabei nach dem IfSG, weil der Antrag am 30.01.2001 und damit zu einem Zeitpunkt gestellt worden ist, als das - das BSeuchG ohne Übergangsvorschrift
ablösende (siehe Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz zur Neuordnung seuchenrechtlicher Vorschriften vom 20.07.2000, BGBl. I, S. 1045) - IfSG (seit dem 01.01.2001) in Kraft war (siehe dazu auch Bundessozialgericht - BSG Urteil vom 20.07.2005, B 9a/9 VJ 2/04 R, juris).
Nach § 60 Abs. 1 S. 1 IfSG erhält, wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die 1. von einer zuständigen
Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde, 2. auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde,
3. gesetzlich vorgeschrieben war oder 4. auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften
durchgeführt worden ist, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne
des § 2 Nr. 11 IfSG oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen
der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
Nach § 61 S. 1 IfSG genügt zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 IfSG die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil
über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der
für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne
des § 60 Abs. 1 S. 1 IfSG anerkannt werden, wobei die Zustimmung allgemein erteilt werden kann (vgl. § 61 S. 2 und 3 IfSG). Der Impfschaden wird in § 2 Nr. 11 IfSG definiert als die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden
gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung, wobei ein Impfschaden auch vorliegt, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern
geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde.
Neben einer "Schutzimpfung oder einer anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe", die die genannten Voraussetzungen des
§ 60 Abs. 1 S. 1 IfSG erfüllen müssen (1. Glied), muss damit auch eine "gesundheitliche Schädigung" (2. Glied) als Primärschädigung (d.h. Impfkomplikation)
ebenso wie der "Impfschaden" (3. Glied, d.h. die dauerhafte gesundheitliche Schädigung, also der Folgeschaden) im Sinne des
Vollbeweises nachgewiesen sein (vgl. BSG Urteil vom 07.04.2011, B 9 VJ 1/10 R, juris Rn. 38).
Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen
(BSG Urteil vom 17.04.2013, B 9 V 3/12 R, juris Rn. 34). Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende
Wahrscheinlichkeit ausreichen (vgl. BSG Urteil vom 17.04.2013, B 9 V 3/12 R, juris Rn. 34; BSG Urteil vom 15.12.1999, B 9 VS 2/98 R, juris). Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 12. Aufl. 2017, §
128 Rn. 3b m.w.N.). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen
Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (BSG Urteil vom 17.04.2013, B 9 V 3/12 R, juris Rn. 34 m.w.N.). Eine Tatsache ist damit bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände
des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet
sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. BSG Urteil vom 17.04.2013, B 9 V 3/12 R, juris Rn. 34; vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
128 Rn. 3b m.w.N.), wenn also eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Für die Kausalität als haftungsbegründende
(zwischen Impfung und gesundheitlicher Schädigung) und haftungsausfüllende (zwischen gesundheitlicher Schädigung und Impfschaden)
gilt dagegen ein gegenüber dem Vollbeweis abgeschwächter Beweismaßstab - nämlich der der Wahrscheinlichkeit im Sinne der Theorie
der wesentlichen Bedingung (vgl. auch § 1 Abs. 3 BVG; siehe auch BSG Urteil vom 29.04.2010, B 9 VS 2/09 R, juris Rn. 46; BSG Urteil vom 13.12.2000, B 9 VS 1/00 R, juris Rn. 22f.; BSG Urteil vom 07.04.2011, B 9 VJ 1/10 R, juris Rn. 38 und Bayerisches Landessozialgericht - BayLSG Urteil vom 31.07.2012, L 15 VJ 9/09, juris Rn. 33 ff.). Gegenüber dem notwendigen Vollbeweis der o.g. drei Glieder reicht es für den zweifachen ursächlichen
Zusammenhang zwischen diesen aus, wenn dieser jeweils mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Die Beweisanforderung
der hinreichenden Wahrscheinlichkeit gilt sowohl für den Bereich der haftungsbegründenden Kausalität als auch den der haftungsausfüllenden
Kausalität. Dies entspricht den Beweisanforderungen auch in anderen Bereichen der sozialen Entschädigung oder Sozialversicherung,
insbesondere der wesensverwandten gesetzlichen Unfallversicherung. Wahrscheinlichkeit bedeutet dabei, dass mehr für als gegen
einen Kausalzusammenhang spricht (vgl. BSG Urteil vom 19.03.1986, 9a RVi 2/84, juris; BSG Urteil vom 26.06.1985, 9a RVi 3/83, juris; BSG Urteil vom 19.03.1986, 9a RVi 4/84, juris; BSG Urteil vom 19.08.1981, 9 RVi 5/80, juris; BSG Urteil vom 27.08.1998, B 9 VJ 2/97 R, juris; BSG Urteil vom 07.04.2011, B 9 VJ 1/10 R, juris Rn. 38). Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (BSG Urteil vom 07.04.2011, B 9 VJ 1/10 R, juris Rn. 38).
Wie auch sonst im Versorgungsrecht gilt für beide Kausalverläufe die Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. dazu BSG Urteil vom 07.04.2011, B 9 VJ 1/10 R, juris Rn. 37; siehe zum Ganzen auch BayLSG Urteil vom 31.07.2012, L 15 VJ 9/09, juris Rn. 34 ff.; dazu, dass auch nach Ablösung der entsprechenden Regelungen des BSeuchG durch §§ 60, 61 IfSG für beide Komponente der Kausalität der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit greift, siehe BayLSG Urteil vom 31.07.2012,
L 15 VJ 9/09, juris Rn. 34 ff.). Im Rahmen der Kausalität ist eine Ursache dann rechtlich wesentlich, wenn sie wegen ihrer besonderen
Beziehung zum Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat.
In einer neueren Entscheidung (Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 6/13 R, juris) hat das BSG dies für den Fall, dass mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen haben, dahingehend präzisiert, dass diese rechtlich
nur dann nebeneinander stehende Mitursachen sind, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolgs "annähernd
gleichwertig" sind. Danach ist, wenn neben einer Impfung mehrere weitere Umstände zum Eintritt einer Schädigungsfolge beigetragen
haben, die Impfung versorgungsrechtlich nur dann im Rechtssinne wesentlich und die Schädigungsfolge dieser Impfung zuzurechnen,
wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges - verglichen mit den mehreren übrigen Umständen -
annähernd gleichwertig ist. Das ist dann der Fall, wenn die Impfung in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des
Erfolges allein mindestens so viel Gewicht hat wie die übrigen Umstände zusammen.
Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer Ursache zum Erfolg sind neben der Ursache bzw. dem Ereignis
als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer
Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens (wobei eine Ursache nicht deswegen wesentlich ist, weil sie die
letzte war), weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten des Geschädigten nach der Impfung, aus den Befunden und Diagnosen des
erstbehandelnden Arztes sowie aus der gesamten Krankengeschichte; ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein.
Dabei sind auch generelle und allgemeine Erkenntnisse über den Ursachenzusammenhang zu berücksichtigen; die Kausalitätsbeurteilung
hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen
bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen (vgl. BSG Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, juris Rn. 17).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist hier schon eine Impfkomplikation (gesundheitliche Schädigung, 2. Glied) nicht nachgewiesen.
Es fehlt aber auch an der Kausalität zwischen den durchgeführten Impfungen und der gesundheitlichen Schädigung.
Der Senat stellt zunächst fest, dass die Klägerin am 04.05.1995 und 20.03.1995 jeweils eine Kombination von Injektion einer
Ampulle DT-Impfstoff (im Impfling nicht vermehrungsfähige Antigene, Zusatz Thiomersal und Aluminimuhydroxid) plus Injektion
einer Ampulle HiB-Impfstoff (nicht vermehrungsfähige Antigene, Zusatz Thiomersal) plus Impfung mit Polio-Schluckimpfung (alle
drei Virus-Typen, abgeschwächt, aber lebend, im Impfling vermehrungsfähig, keine hier erwähnenswerten Zusätze) erhalten hat.
Während es sich bei dem DT-Impfstoff und HiB-Impfstoff nach Auskunft der impfenden Ärztin gegenüber dem Landratsamt F-Stadt
jeweils um Impfstoffe der Firma B. gehandelt hat, stammte der Impfstoff für die Polioimpfung von S.C.B ...
Weiter ist festzustellen, dass bei der Klägerin eine zentralnervöse Funktionsstörung (Verarbeitungsstörung) mit zum Teil erheblichen
Defiziten im Bereich der Hör-Verarbeitung, des Sprechens, der Kognition, der Intelligenz, des Verhaltens, der Feinmotorik
und ein Anfallsleiden vorliegt.
Eine zeitnah nach der Impfung aufgetretene gesundheitliche Schädigung (d.h. die Impfkomplikation), die möglicherweise durch
diese Impfungen bedingt sein könnte, ist hier aber nicht im notwendigen Vollbeweis nachgewiesen.
Aus den beigezogenen ärztlichen Unterlagen (insbesondere aus den Karteikartenauszügen der damals impfenden Ärztin) ergeben
sich keine Angaben der Eltern der Klägerin zu einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen
Schädigung (vgl. § 2 Nr. 11 IfSG).
Soweit die Eltern der Klägerin im Verwaltungsverfahren am 11.03.2002 gegenüber dem Beklagten insoweit erstmals nähere Angaben
gemacht haben, haben sie selbst ausgeführt, dass es sowohl nach der Impfung am 20.03.1995 als auch am 04.05.1995 zu keiner
Hautrötung an der Impfstelle oder zu Fieber gekommen sei.
Soweit die Eltern am 11.03.2002 weiter angegeben haben, dass es "Verhaltensauffälligkeiten" wie auch "Schwierigkeiten beim
Trinken", einen veränderten Blickkontakt und vermehrten Speichelfluss gegeben habe, wobei aber aufgrund des Zeitablaufes keine
exakten Angaben mehr gemacht werden könnten, sind diese Angaben zu vage, um im Vollbeweis den Nachweis einer Impfkomplikation
erbringen zu können. Auch die insoweit von den Eltern verfasste Aufstellung der Verhaltensänderungen der Klägerin (Bl. 181
der Beklagtenakte) ist dafür nicht ausreichend, zumal dort auch keine zeitliche Zuordnung erfolgt. Auch haben die Eltern selbst
vorgetragen, dass die Verhaltensänderungen nicht so extrem gewesen seien, dass ihnen dies sofort als abseits der Norm aufgefallen
wäre und dass sie extra deswegen nach ärztlicher Hilfe nachgesucht hätten. Die von den Eltern insoweit beschriebenen Symptome
nach den beiden Impfungen können - so auch zutreffend Prof. Dr. J. - daher noch durchaus als übliche Nebenwirkungen einer
oder mehrerer der vier applizierten Impfungen angesehen werden.
Insoweit war auch nicht der in der mündlichen Verhandlung hilfsweise wegen der Frage des Primärschadens beantragten Befragung
des Dr. H. Folge zu leisten. Zum Einen handelt es sich bzgl. dieser Frage nach dem Vorliegen eines Primärschadens, d.h. einer
Impfkomplikation, um eine Frage, die unter Auswertung des vorliegenden Akteninhalts, d.h. den vorliegenden ärztlichen Befundberichten
und Angaben der Eltern der Klägerin, auch von einem medizinischen Laien, d.h. dem Senat, vorgenommen werden kann. Zum Anderen
hat sich Dr. H. in seinem Gutachten vom 28.05.2009 zur Frage des Vorliegens eines Primärschadens bereits - wenn auch ausweichend
- geäußert, wenn er von den Eltern geschilderten (aber nicht ärztlich dokumentierten) Verhaltensauffälligkeiten spricht (s.
Bl. 32 seines Gutachtens).
Aber auch soweit man dagegen - hilfsweise - den am 21.05.1995 (damit fast 2 Monate nach der 1. Impfung und 17 Tage nach der
2. Impfung) stattgefundenen Krampfanfall als Impfkomplikation sehen möchte, fehlt es insoweit an der Kausalität zwischen den
Impfungen und einer solchen (unterstellten) Impfkomplikation (gesundheitlichen Schädigung). Der Senat schließt sich insoweit
den überzeugenden Ausführungen des Prof. Dr. C. in seinem Gutachten und ergänzenden Stellungnahme an, was auch durch das Gutachten
des Prof. Dr. J. bestätigt wird.
Gegen einen Zusammenhang zwischen den Impfungen am 20.03.1995 und 04.05.1995 und dem (als potentieller Impfkomplikation) am
21.05.1995 stattgefundenen Krampfanfall spricht, dass die - nach dem medizinischen Wissensstand maßgebliche - postvakzinale
Inkubationszeit überschritten ist. Diese beträgt nach den hier verwandten Totimpfstoffen (Tetanus, Diphtherie oder HiB-Impfstoff)
1-3 Tage und nach dem verwandten Lebendimpfstoff gegen Poliomyelitis 3-14 Tage. Der Krampfanfall fand hier aber erst am 21.05.1995,
also am 17. postvakzinalen Tag nach der 2. Impfung, statt.
Gegen das Vorliegen einer Enzephalitis als Folge der Impfungen spricht weiter, dass die Klägerin weder Fieber gehabt hat noch
andere klinische Symptome einer Enzephalitis wie Kopfschmerzen, Nackenschmerzen, Nackensteifigkeit, Bewusstseinsstörungen
bestanden haben. Auch laborchemisch hat es keinen Hinweis auf einen entzündlichen Prozess gegeben.
Gegen einen Zusammenhang spricht weiter, dass der Beginn der ersten zweifelsfreien Symptome zentralnervöser Funktionsstörung
und verminderten Hirnwachstums bereits vor Beginn der Impfungen festzustellen war. So sind bereits (vor den Impfungen) am
05.12.1994 ein Opisthotonus und am 06.03.1995 eine Hörstörung festgestellt worden. Dass sich weder ein Opisthotonus noch eine
Schwerhörigkeit diagnostisch haben bestätigen lassen, ist nicht entscheidend. Denn bei der Klägerin ist es tatsächlich zu
einer - sowohl von Dr. H. als auch Herrn A. festgestellten - für einen Opisthotonus typischen Symptomatik, nämlich einer krampfhaften
Überstreckung des Körpers, der sich bogenartig nach hinten biegt, gekommen. Wie diese Symptomatik diagnostisch zu bezeichnen
ist, ist nicht entscheidend. Auch die Tatsache, dass sich eine Schwerhörigkeit bei der Klägerin im Folgenden und bis zum heutigen
Tag nicht bestätigt hat, ist nicht entscheidend, weil es nicht um die Frage einer Hörstörung im Sinne einer Störung des Hörapparats
geht, sondern generell um eine Störung in der Reizverarbeitung. Dass bei der Klägerin aber erhebliche Defizite im Bereich
der Hör-Verarbeitung bestehen, ist unstreitig. Hinzu kommt, dass die in der Akte dokumentierten Kopfumfangswerte ein gegenüber
der Norm vermindertes Hirnwachstum, dargestellt mit einer harmonisch fortschreitend absteigenden Verlaufskurve des Kopfumfangs
ab 06.03.1995, belegen. Ebenso hat auch das MRT im Juni 1995 leicht erweiterte äußere Liquorräume im Sinne verminderten Hirnwachstums
gezeigt. Die zahlreichen EEG-Ableitungen, in denen Theta-Rhythmen nicht nur 1995 und 1998 erwähnt sind, sondern die über das einschlägige Alter hinaus
persistierend und wiederholt zwischen 2001 und 2013 ausdrücklich genannt sind, zeigen zudem einen Befund, der als Hinweis
auf eine genetische Anfallsdisposition gilt.
Gegen einen Zusammenhang spricht weiter, dass im Falle der Klägerin ein Leiden mit Progredienz vorliegt, während es sich bei
postvakzinalen Enzephalitiden/Enzephalopathien um zeitlich umschriebene, nicht progrediente Schäden handelt.
Auch soweit eine Poliolebendimpfung, wenn auch in sehr seltenen Fällen, eine impfassoziierte Poliomyelitis auslösen kann und
dieses Krankheitsbild durch das klinische Bild mit anhaltenden schlaffen Lähmungen, typischerweise der unteren Extremitäten,
aber auch anderer Muskelgruppen, zu erkennen ist, lag eine derartige Symptomatik bei der Klägerin zu keinem Untersuchungszeitpunkt
vor.
Auch wenn anzuerkennen ist, dass extrem seltene Einzelfälle nach Diphtheriebzw. Tetanusimpfung auf einer impfbedingten immunvermittelten
Vaskulitis (Innenhautentzündung) und damit Zirkulationsstörung von Hirngefäßen sowie daraus folgender Hirnzellschädigung basieren
und dementsprechend neurologisch ebenso wie per MRT eine Symptomatik vom Typ Infarkt ("Schlaganfall") zeigen, so war auch
dies vorliegend nicht der Fall.
Gegen eine - von Dr. H. in seinem Gutachten nach §
109 SGG angenommene - Verursachung durch die im Impfstoff enthaltenen Zusatzstoffe Thiomersal und Aluminiumverbindungen spricht,
dass nach der derzeit herrschenden medizinischen Lehrmeinung (siehe Bulletin der STIKO vom 22.06.2007) zu Thiomersal in großen
einschlägigen Studien kein Nachweis toxischer Schädigung des Menschen mit den minimalen, den Impfstoffen beigegebenen Mengen
erbracht werden konnte. Angesichts des derzeitigen medizinischen Wissensstandes handelt es sich bei den Ausführungen Dr. H.s
insoweit um reine Spekulation (so auch Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Urteil vom 12.05.2016, L 4 VJ 1/14, juris Rn. 58; siehe dazu auch BayLSG Urteil vom 14.02.2012, L 15 VJ 3/08, juris Rn. 54ff. und BayLSG Urteil vom 28.07.2011, L 15 VJ 8/09, juris Rn. 44ff.).
Gleiches gilt bzgl. der Aluminiumverbindungen. Bei Zusatzstoffen, die Aluminium enthalten, handelt es sich um minimale Mengen.
Impfbedingte neurologische Schadensvermutungen beim Menschen sind (bisher) reine Spekulation (so auch Landessozialgericht
Rheinland-Pfalz Urteil vom 12.05.2016, L 4 VJ 1/14, juris Rn. 58; siehe dazu auch BayLSG Urteil vom 14.02.2012, L 15 VJ 3/08, juris Rn. 54ff. und BayLSG Urteil vom 28.07.2011, L 15 VJ 8/09, juris Rn. 44ff.). Im Vergleich zur Aufnahme über Trinkwasser, Lebensmittel oder Antazida ist die Aufnahme von Aluminium
mit Adjuvantien in Impfstoffen gering. Sie liegt deutlich unter dem TDI-Wert (tolerable daily intake) für Aluminium, der Menge,
die täglich ein Leben lang ohne gesundheitsschädliche Wirkung aufgenommen werden kann. Im Bulletin vom 22.06.2007 hat sich
die Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut (RKI) mit einer möglichen Verursachung von Impfschäden durch
Aluminiumverbindungen als Adjuvantien in Impfstoffen befasst und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass im Vergleich zur
Exposition über Trinkwasser, Lebensmittel oder Medikamente (Antacida) die Aluminium-Exposition durch aluminiumhaltige Adjuvantien
in Impfstoffen gering ist. So nimmt der Mensch allein aus Nahrung und Trinkwasser unter normalen Bedingungen 3-5 mg Aluminium
pro Tag auf. Bei einer im Mittel beobachteten 1-prozentigen Resorptionsquote bedeutet dies eine systemisch (d.h. den ganzen
Organismus betreffend) verfügbare Menge von 0,03-0,05 mg Aluminium pro Tag durch die Nahrung. Größere Mengen von Aluminium
enthalten Kaugummis, Zahnpasta und aluminiumhaltige Antacida. Als TDI-Wert gibt der Lebensmittelausschuss der EU-Kommission
die Aluminiummenge, die ohne gesundheitsschädliche Wirkungen täglich ein Jahr lang peroral (d.h. durch eine Aufnahme über
den Mund durch Nahrung und Trinkwasser) aufgenommen werden kann, mit 1 mg/kg Körpergewicht/Tag an. Bei einem durchschnittlichen
Gewicht von 70 kg entspricht dies einer Menge von 70 mg Aluminium/Tag, die für einen Menschen als unbedenklich angesehen werden
kann. Nach der Monographie "Impfstoffe für den Menschen" der Europäischen Pharmakopöe ist der Aluminiumgehalt auf 1,25 mg
pro Dosis beschränkt. Auch die im PEI im Jahr 2005 untersuchten Impfstoffchargen enthielten 0,25-0,55 mg/Impfstoffdosis. Damit
ist im Vergleich zur Aufnahme über Trinkwasser, Lebensmittel oder Antacida die Aufnahme von Aluminium mit Adjuvantien in Impfstoffen
gering, auch bei einem Kleinkind wie der Klägerin zum Zeitpunkt der Impfung. Sie liegt deutlich unter diesem TDI-Wert für
Aluminium, der Menge, die täglich ein Leben lang ohne gesundheitsschädliche Wirkung aufgenommen werden kann. Hinzu kommt,
dass bei der Exposition mit Aluminium durch Impfstoffe - gegenüber der peroralen Aufnahme - eine parenterale (d.h. am Darm
vorbei) Applikation von schwerlöslichen, mit Antigenen beladenen Aluminiumhydroxid- oder Aluminiumphosphat-Partikeln erfolgt.
Bei der Applikation einer Impfstoffdosis wird daher keinesfalls das gesamte Aluminium im Körper unmittelbar systemisch verfügbar.
Zu berücksichtigen ist die Resorptionsgeschwindigkeit aus dem Muskel ins Blut. Die als Adjuvans eingesetzten Aluminiumsalze
sind sehr schlecht wasserlöslich und werden deshalb sehr langsam resorbiert, gelangen also nur protrahiert (d.h. verzögert)
in sehr kleinen Mengen in den Blutkreislauf. Vergleicht man daher die systemisch verfügbaren Mengen, ist für die in den Blutkreislauf
gelangenden Mengen Aluminium aus Impfstoffen ein systemisches Toxizitätsrisiko auszuschließen.
Der Klägerin sind auch hier 1995 pro Impfung am 20.03.1995 und 04.05.1995 jeweils lediglich 1,5 mg Aluminiumhydroxid mit dem
Impfstoff verabreicht worden ist, was zwar zu etwas erhöhten Werten der Haaranalyse (neben allen anderen alltäglichen Quellen
der Aufnahme von Aluminium) führen mag, nicht aber zu toxischen Werten. Auch die der Klägerin 1995 verabreichte Menge von
Thiomersal mit insgesamt 0,15 mg liegt weit unterhalb bekannter toxischer Grenzen.
Insoweit scheitert die von Dr. H. angenommene impfbedingte protrahierte Verursachung durch die Impfstoff-Beimischungen Thiomersal
und Aluminiumverbindung im Wege der Kann-Versorgung schon daran, dass es sich insoweit um keine "gute Möglichkeit", sondern
angesichts derzeitigen Wissensstandes um reine Spekulation handelt. Dr. H. selbst hat im Rahmen der seitens des Beklagten
eingeholten Stellungnahme des PEI am 02.04.2003 auch selbst geäußert, dass ein Kausalzusammenhang zwischen den Impfungen und
dem klinischen Schädigungsbild lediglich "möglich" erscheine. Im Übrigen hat H. selbst auf eine durch aktuelle (lediglich)
"experimentelle" Untersuchungen belegte neurotoxische Wirkung sowohl von Thiomersal als auch von aluminiumhaltigen Adjuvantien
der Impfstoffe hingewiesen, die bei vorhandener Disposition der Klägerin eine langsam einsetzende Störung der Hirnentwicklung
bewirkt hätten. Soweit die Klägerin eine durch Prof. Dr. C. nicht durchgeführte ambulante Untersuchung bemängelt, kann sie
daraus nichts herleiten. Insbesondere ist von einer ambulanten Untersuchung auch keine weitere Sachverhaltsaufklärung zu erwarten.
Wie Prof. Dr. C. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 27.05.2016 zur Frage der Notwendigkeit einer ambulanten Untersuchung
zutreffend ausgeführt hat, erhebt eine ambulante Untersuchung anlässlich Begutachtung nur die "Symptomatik" eines neuralen
Spätschadensbildes; es gibt hierbei jedoch kein einziges neurales Spätschadensbild, aus dessen Symptomatik sich überwiegend
oder gar zwingend auf impfbedingte Verursachung schließen lässt. Auch der beantragten Ladung Prof. Dr. K. war nicht nachzukommen.
Warum dies erfolgen sollte, hat die Klägerin selber nicht weiter ausgeführt. Die pauschale Behauptung, dass die in seinem
Gutachten ausgeführten Inhalte dem Akteninhalt widersprächen, ist dafür nicht ausreichend, im Übrigen auch nicht richtig.
Auch die weitere klägerische Behauptung, dass sie dessen Qualifikation als Gutachter in Fragen von Impfstoffen als nicht erwiesen
ansehe, beschränkt sich auf die Aussage, dass es in keinem seiner Gutachten wissenschaftliche Quellen gebe, die seine Einzelmeinung
untermauern würden. Dies begründet weder eine Ladung Prof. Dr. K. zum Termin noch teilt der Senat diese Auffassung. Sowohl
aufgrund seiner jahrzehntelangen praktischen kinderklinischen Tätigkeit, zuletzt als Direktor der Landeskinderklinik N.-K.,
einem akademischen Lehrkrankenhaus, als auch aufgrund seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Impfschadensgutachter in zahlreichen
gerichtlichen Verfahren hat der Senat keine Zweifel an der fachlichen Kompetenz von Prof. Dr. C ... Dass im Gutachten Prof.
Dr. C. keine "wissenschaftliche Quellen" genannt werden, genügt nicht, um dessen fachliche Kompetenz in Frage zu stellen.
Soweit die Klägerin eine neue Begutachtung nach §
109 SGG begehrt, ist das Antragsrecht insoweit durch das erstinstanzlich von Dr. H. eingeholte Gutachten verbraucht (siehe dazu auch
Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 12. Aufl. 2017, §
109 Rn. 10b, 11b). Besondere Gründe, bei deren Vorliegen ausnahmsweise ein weiteres Gutachten nach §
109 SGG einzuholen wäre (vgl. Keller, a.a.O., Rn. 10b), liegen nicht vor.
Auch eine weitergehende Sachverhaltsaufklärung hatte nicht zu erfolgen. Die verwandten Impfstoffe sind bekannt und den Begutachtungen
zugrunde gelegt worden, was auch die enthaltenen Impfzusatzstoffe betrifft. Dabei ist von den befassten Gutachtern Prof. Dr.
C. und Prof. Dr. J. der neueste medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisstand zugrunde gelegt worden.
Der Beiziehung von Zulassungsunterlagen bedarf es schon deshalb nicht, weil Impfschadensversorgung nach § 60 IfSG für eine nach den dortigen Voraussetzungen durchgeführte Impfung mit einem in der Regel zugelassenen (siehe dazu auch BSG Urteil vom 02.10.2008, B 9/9a VJ 1/07 R, juris Rn. 18; BSG Urteil vom 20.07.2005, B 9a/9 VJ 2/04 R, juris) Impfstoff gewährt werden kann. Warum die Zulassung erfolgt ist bzw. welche
Nutzen-Lasten-Analyse dem zu Grunde lag, ist insoweit nicht von Relevanz bzw. deshalb im Falle eines Impfschadens ja gerade
eine Versorgung nach dem IfSG zu leisten (siehe dazu auch BSG Urteil vom 20.07.2005, B 9a/9 VJ 2/04 R, juris 36, weil dem Einzelnen insoweit ein Sonderopfer abverlangt wird). Eine Nutzen-Lasten-Analyse
ist allein Teil des strengen Zulassungsverfahrens für Impfstoffe, aber nicht maßgebend für die hier streitige Frage der Kausalität
im konkreten Einzelfall (so auch Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 21.04.2015, L 6 VJ 1460/13, juris Rn. 83).
Gleiches gilt für den Antrag auf Beiziehung sämtlicher schwerwiegenden unerwünschten Ergebnisse nach § 2 Nr. 5 Verordnung
über die Erfassung, Bewertung und Abwehr von Risiken bei Medizinprodukten (MPSV). Diese Verordnung regelt die Verfahren zur
Erfassung, Bewertung und Abwehr von Risiken im Verkehr oder in Betrieb befindlicher Medizinprodukte (§ 1 MPSV) und begründet
Meldepflichten Verantwortlicher (vgl. § 3 MPSV). Daraus kann die Klägerin für sich keine Rechte herleiten. Solange ein Impfstoff
zugelassen ist, ist auch eine Versorgung nach § 60 IfSG möglich. Für die Beurteilung des insoweit maßgeblichen neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes werden in
gerichtlichen Verfahren gerade Gutachten eingeholt, die auf dieser Grundlage gutachterliche Einschätzungen abgeben. Das gilt
auch für die dem P.-E.-Institut gemeldeten Verdachtsfälle von Impfkomplikationen, die im Rahmen einer über das Internet öffentlich
zugänglichen Datenbank auch den befassten Gutachtern zur Verfügung stehen, die aber auch nicht ohne Weiteres einen ursächlichen
Zusammenhang belegen.
Auch weitere Zeugen waren nicht zu hören.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren vorgetragen hat, dass die Hebamme E. J. als Zeugin einzuvernehmen sei, kann diese
- auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin - gerade nichts zu der hier fehlenden Impfkomplikation vortragen. Soweit weiter
ausgeführt worden ist, dass diese über die Entwicklung und gesundheitliche Konstitution der Klägerin maßgeblich Auskunft geben
könne, insbesondere darüber, dass die Klägerin sich normal entwickelt habe und keine gesundheitlichen Störungen vorgelegen
hätten, widerspricht dies - abgesehen davon, dass die Eltern der Klägerin bei ihrer Einvernahme beim Beklagten am 11.03.2002
ohnehin nur angegeben haben, dass die Hebamme die Mutter der Klägerin nach der Entlassung aus dem Krankenhaus nach der Geburt
"etwa 10 Tage lang" besucht habe, und damit durch die Hebamme ohnehin keine weitergehenden Aussagen zur Entwicklung der Klägerin
möglich sein dürften - gerade dem Akteninhalt und dort enthaltenen ärztlichen Befunden, wo schon früh - nämlich bei der U2
am 05.12.1994 und damit durch einen Mediziner - bei der am 30.11.1994 geborenen Klägerin ein Opisthotonus erstmals beobachtet
worden ist. Dabei ist dieser Verdacht nicht nur durch Dr. H., sondern in der Folgezeit auch durch den Arzt Herrn A. geäußert
worden. Auch wenn sich dieser Verdacht im Weiteren nicht erhärtet hat, hat es in den ersten Lebensmonaten der Klägerin weitere
Hinweise auf eine Entwicklungsstörung gegeben. So ist am 06.03.1995 wegen der dortigen Untersuchung beim Kinderarzt mit der
Feststellung "Hochtonrassel beidseits negativ, Klatschen links besser als rechts" der Verdacht auf Schwerhörigkeit geäußert
worden, was zu einer weiteren diagnostischen Abklärung geführt hat. Im Rahmen der in der Uniklinik E-Stadt daraufhin erfolgten
Untersuchung haben die Eltern der Klägerin im Rahmen der Anamnese am 14.05.1996 selbst einen seit einem Alter von 3 Monaten
wechselnden Verdacht auf Schwerhörigkeit geäußert. Auch wenn sich eine Schwerhörigkeit bei der Klägerin im Folgenden und bis
zum heutigen Tag nicht bestätigt hat, kommt es darauf nicht an, weil es nicht um die Frage einer Hörstörung im Sinne einer
Störung des Hörapparats geht, sondern generell um eine gesundheitliche Störung. Aus diesem Grund war auch eine Zeugeneinvernahme
des HNO-Arztes Dr. M. K. nicht angezeigt. Dass sich die Klägerin bis zu den Impfungen am 20.03.1995 und 04.05.1995 völlig
normal entwickelt habe und keine gesundheitlichen Störungen vorgelegen hätten, ist auch durch die in der Akte dokumentierten
Kopfumfangswerte widerlegt, die ein gegenüber der Norm vermindertes Hirnwachstum zeigen. Der weitere Verlauf hat dies, den
Beginn der ersten Symptome zentralnervöser Funktionsstörung und verminderten Hirnwachstums bereits vor Beginn der Impfungen,
bestätigt. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen (MRT im Juni 1995 mit leicht erweiterten äußeren Liquorräume
im Sinne verminderten Hirnwachstums sowie die zahlreichen EEG-Ableitungen mit einem Befund als Hinweis auf eine genetische Anfallsdisposition).
Angesichts dessen sieht der Senat auch keine Veranlassung, die Hebamme J., die im Übrigen keine Ärztin ist, zu hören. Soweit
die Klägerin weiter eine Zeugeneinvernahme der Ärzte J. A. und Dr. H. dazu angestrebt hat, dass diese einen Opisthotonus und
ein cerebrales Leiden ausgeschlossen haben (Herr A.) bzw. die Verdachtsdiagnose Opisthotonushaltung nur ein Verdacht gewesen
sei (Dr. H.), waren diese auch nicht als Zeugen zu hören. Denn die Frage, ob sich die Verdachtsdiagnose Opisthotonus bestätigt
hat, ist vorliegend nicht entscheidend. Denn tatsächlich haben die damals behandelnden Ärzte - sowohl Dr. H. als auch Herr
A. - bei der Klägerin eine für einen Opisthotonus typische Symptomatik, nämlich eine krampfhafte Überstreckung des Körpers,
der sich bogenartig nach hinten biegt, gesehen. Wie diese Symptomatik diagnostisch zu bezeichnen ist, ist nicht entscheidend
(siehe insoweit bereits oben).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG liegen nicht vor.