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LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.05.2017 - 17 U 315/16
Gewährung von Rente Ausnahmecharakter der fiktiven Klagerücknahme Keine Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten
1. Die Rücknahmefiktion greift in das Prozessgrundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG bzw. in die entsprechenden Verfahrensgehalte der im Einzelfall betroffenen materiellen Grundrechte ein.
2. Zwar ist dies grundsätzlich zulässig; nach der Rechtsprechung des BVerfG darf ein Gericht im Einzelfall von einem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses ausgehen, wenn das Verhalten eines Verfahrensbeteiligten Anlass zu der Annahme bietet, dass ihm an einer Sachentscheidung nicht mehr gelegen ist.
3. Das BVerfG, dem der Senat nach eigener Prüfung folgt, hat zugleich aber betont, dass Vorschriften über eine Fiktion der Klagerücknahme Ausnahmecharakter haben, der bei ihrer Auslegung und Anwendung besonders zu beachten ist.
4. § 102 Abs. 2 SGG dient nicht als Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder unkooperatives Verhalten eines Beteiligten: Die Rücknahmefiktion soll nur die Voraussetzungen für die Annahme eines weggefallenen Rechtsschutzinteresses festlegen und gesetzlich legitimieren.
5. § 102 Abs. 2 SGG bezweckt indes nicht, einen Kläger zu einer Substantiierung seines Klagebegehrens anzuhalten, sondern dient (nur) der Klärung aufgekommener Zweifel am Fortbestehen seines Rechtsschutzinteresses.
Normenkette:
SGG § 102 Abs. 2
,
GG Art. 19 Abs. 4
Vorinstanzen: SG Duisburg 29.04.2016 S 29 U 464/15 WA
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 29.04.2016 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass das beim Sozialgericht Duisburg ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 29 U 334/14 geführte Verfahren fortzusetzen ist. Die weitergehende Berufung wird als unzulässig verworfen. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten. Die Revision wird nicht zugelassen.

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