Ärztliche Verordnung über Augentropfen Xalacom
Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung
Festbetragsregelung als Ausdruck des Wirtschaftlichkeitsgebots
Voraussetzungen für einen Anspruch eines Versicherten auf eigenanteilsfreie Versorgung mit einem nur oberhalb des Festbetrags
erhältlichen Festbetragsarzneimittel
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf eine festbetragsfreie Versorgung mit nicht zum Festbetrag verfügbaren
Augentropfen (Xalacom®).
Der 1954 geborene Kläger ist versichertes Mitglied der Beklagten. Er leidet an einem Glaukom beidseitig, einer beginnenden
Linsentrübung beidseitig und einer zentralen Netzhautnarbe rechts, die zu einer funktionalen Einäugigkeit führt.
Der Kläger übersandte der Beklagten am 20. Juni 2017 eine ärztliche Verordnung über die Augentropfen Xalacom® (Wirkstoffkombination
aus Latanoprost + Timolol) und Dorzolamid (Hexal) jeweils zur Senkung des Augeninnendrucks. Der Facharzt für Augenheilkunde
bestätigte ergänzend, dass der Kläger nur die genannten Augentropfen vertrage.
Die Beklagte lehnte nach interner pharmazeutischer Beratung und Prüfung die Kostenübernahme für die genannten Präparate unter
Berufung auf bestehende Rabattverträge (für Dorzolamid) und eine Festbetragsregelung, der Xalacom® unterliege, ab. Bei dem
Präparat Tavu 50ug Latanoprost + 5 mg Timolol pro ml Augentropfen handele es sich um ein produktidentisches Autogenerikum
zum Originalpräparat Xalacom®, das mehrkostenfrei erhältlich sei. Der Kläger erhob Widerspruch, da er die Zusatzkosten, die
für Xalacom® entstünden (Festbetragsdifferenz), nicht tragen könne und übersandte eine Rechnung über die Festbetragsdifferenz
in Höhe von 59,15 Euro (Halbjahresbedarf für das Arzneimittel Xalacom®). Die Beklagte bewilligte einmalig die begehrte Erstattung
der o.g. Differenz im Rahmen einer Einzelfallentscheidung (30. Juni 2017) und wies mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober
2017 den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 2. November 2017 Klage zum Sozialgericht Cottbus erhoben. Das Sozialgericht hat Befundberichte der den Kläger
behandelnden Ärzte eingeholt, so von der Gemeinschaftspraxis für Allgemeinmedizin T und dem Augenarzt T (Nachfolger von Dipl.
Med. K ) Frau Dipl. Med. T hat mitgeteilt, dass gegen die Verabreichung der alternativen Augentropfen keine medizinischen
Bedenken bestünden, Nebenwirkungen seien bisher nicht bekannt. Der Augenarzt T hat mitgeteilt, die Praxis des Facharztes Dipl.
Med. T seit April 2018 übernommen zu haben, bis Juli 2018 sei der Kläger einmal in Behandlung bei ihm gewesen. Er habe das
Arzneimittel Cosopt 20mg/ml+5 mmg/ml (Wirkstoff: Dorzolamid hydrochlorid und Timolol hydrogenmaleat) verordnet.
Anschließend hat das Sozialgericht ein medizinisches Sachverständigengutachten bei dem Facharzt für Augenheilkunde Dr. U D
eingeholt. Der Sachverständige hat sein Gutachten vom 26. Mai 2019 nach ambulanter Untersuchung des Klägers (am 26. Februar
2019) am 3. Juni 2019 erstattet. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen.
Mit Urteil vom 30. Oktober 2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine festbetragsfreie
Arzneimittelversorgung mit Xalacom®. Soweit für ein Arzneimittel wirksam ein Festbetrag festgesetzt sei, trage die Krankenkasse
– abgesehen von der Zuzahlung – die Kosten bis zur Höhe des Festbetrags. Für andere Arznei- oder Verbandmittel trage sie dagegen
die vollen Kosten (abzüglich der Zuzahlung). Die behandelnden Ärzte müssten ihr Therapieverhalten an der Verpflichtung zur
wirtschaftlichen Verordnung ausrichten und bei Verordnung eines festbetragsüberschreitenden Arzneimittels die Versicherten
auf die sich darauf ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinweisen. In einem atypischen Ausnahmefall, in dem aufgrund
ungewöhnlicher Individualverhältnisse keine ausreichende Versorgung zum Festbetrag möglich sei, greife die Beschränkung auf
den Festbetrag nicht ein. Keine ausreichende Versorgung sei in diesem Sinne möglich, wenn die zum Festbetrag erhältlichen
Arzneimittel unerwünschte Nebenwirkungen verursachten, die über bloße Unannehmlichkeiten oder Befindlichkeitsstörungen hinausgingen
und damit selbst die Qualität einer behandlungsbedürftigen Krankheit i.S. des §
27 Abs.
1 Satz 1
SGB V entwickelten. Diese Voraussetzung müsse im Gerichtsverfahren grundsätzlich zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen.
Lediglich für die zu prüfenden Kausalzusammenhänge zwischen dem Arzneimittel und den unerwünschten Nebenwirkungen genüge die
überwiegende Wahrscheinlichkeit. Die Versicherten trügen hierfür die objektive Beweislast (Verweis auf Bundessozialgericht,
Urteil vom 3. Juli 2012 – B 1 KR 22/11 R Rdnr. 11, juris).
Die genannten Voraussetzungen habe die Kammer im Fall des Klägers nicht feststellen können. Der Sachverständige Dr. D habe
eine allergische Reaktion des Klägers in Übereinstimmung mit der allgemeinmedizinischen Hausarztpraxis T ausgeschlossen, zumal
alle fraglichen Medikamente denselben Rohstoff aufwiesen. Darüber hinaus fehle es – so implizit das Gutachten Dr. D – an einem
ausreichenden Heilversuch. Bei Krankheiten von behandlungsbedürftigem Ausmaß als Folgen unerwünschter Arzneimittelwirkungen
bestehe nicht bereits dann ein dauerhafter Anspruch auf ein nicht zum Festbetrag erhältliches Arzneimittel, wenn alle Festbetragsarzneimittel
im konkret-individuellen Behandlungsfall des Versicherten nachweisbar gleichermaßen nebenwirkungsbehaftet seien. Vielmehr
bestehe der Anspruch nur während eines Heilversuchs im Rahmen eines aussagekräftigen indikationsbezogenen Therapiezeitraums.
In diesem müsse der Wegfall oder deutliche Rückgang der nebenwirkungsbedingten behandlungsbedürftigen Krankheit vollbeweislich
gesichert sein. Zugleich dürften keine anderen, ähnlich belastenden neuen Nebenwirkungen wie bei den bisher angewendeten Festbetragsarzneimitteln
auftreten. Im Fall des Klägers seien nicht alle festbetragsfreien Arzneimittel einem Heilversuch unterworfen worden. Der Kläger
habe in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht mehr mitzuteilen vermocht, welches Medikament wann die von ihm vorgetragenen
Nebenwirkungen hervorgerufen habe. Es sei mit dem Sachverständigen Dr. D festzuhalten, dass auch dann entweder LatonoTim-Vision
oder Latanoprost ratiopharm als Arzneimittel zum Festbetrag zur Verfügung stünden.
Der Kläger hat gegen das ihm am 11. November 2019 zugestellte Urteil am 6. Dezember 2019 Berufung eingelegt. Es sei nicht
geklärt, ob ein Medikament, das jahrelang verordnet und bezahlt worden sei, plötzlich durch Änderung der Rabattverträge mit
einer Festbetragsdifferenz belegt werden könne. Ein anderes Medikament sei versucht worden, habe aber nicht gepasst. Nicht
geklärt sei, was ein Patient ertragen müsse und was zumutbar sei, im Termin vor dem Sozialgericht sei kein Mediziner anwesend
gewesen. 2017 sei Latanoprost ratiopharm zum Einsatz gekommen, was zu einer Unverträglichkeitsreaktion in Gestalt von Augenbrennen
und Rötung geführt habe. Danach sei ein Umstieg auf Cosopt® erfolgt. Sein Augenarzt K und Dr. D hätten jeweils bestätigt,
dass er nur Xalacom® vertrage. Der Streitgegenstand sei vom Sozialgericht zudem nicht umfassend ermittelt, das Gutachten Dr.
D sei mangelhaft. Es müsse von diesem zumindest eine weitere Stellungnahme eingeholt werden, denn er habe die Beweisfragen
nicht erschöpfend behandelt, so u.a. zur Frage der Nebenwirkungen der Arzneimittel, die zum Festbetrag erhältlich seien (Frage
4. des Sozialgerichts in seiner Beweisanordnung). Es könne nicht sein, dass der Kläger nach jeder Änderung der Rabattverträge
die Medikation wechseln müsse. Außerdem habe die Beklagte in der Vergangenheit bereits eine Entscheidung zu seinen Gunsten
getroffen und die Festbetragsdifferenz übernommen. Nach dem Grundsatz der Selbstbindung wirke eine solche positive Entscheidung
fort. Zumindest liege in der späteren Ablehnung ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 30. Oktober 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2017 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Behandlung
mit Xalacom® ab Dezember 2017 zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. D sowie eine Stellungnahme und einen Befundbericht des
behandelnden Augenarztes T eingeholt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs
der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
II.
Der Senat konnte die Berufung gemäß §
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet sowie eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich
hält und die Beteiligten vorher angehört worden sind.
Die Berufung ist zulässig, bleibt aber ohne Erfolg.
Es lässt sich für den Senat nicht feststellen, dass der Kläger nur durch die Nutzung des begehrten Arzneimittels Xalacom®,
das nicht zuzahlungsfrei erhältlich ist, wirksam behandelt werden kann. Das gilt sowohl, soweit der Kläger eine Erstattung
der Differenzkosten bereits seit Dezember 2017 als auch eine laufende Übernahme der Mehrkosten für die Behandlung mit Xalacom®
begehrt. Sowohl eine Erstattung bereits verauslagter Kosten für die Beschaffung in der Vergangenheit nach §
13 Abs.
3 Satz 1, 2. Alternative Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) als auch der Übernahme in Gegenwart und zukünftig erfordern jeweils, dass der Versicherte grundsätzlich einen Sachleistungsanspruch
auf die Versorgung gerade mit dem beschafften bzw. begehrten Arzneimittel hat (vgl. für §
13 SGB V: Helbig in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB V, 4. Aufl., §
13 SGB V [Stand: 20.12.2021], Rn. 52).
a) Versicherte erhalten grundsätzlich die krankheitsbedingt notwendigen, nicht der Eigenverantwortung (§
2 Abs.
1 Satz 1
SGB V) zugeordneten Arzneimittel (§
27 Abs.
1 Satz 2 Nr.
3 SGB V) aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgrund vertragsärztlicher Verordnung. Ist für ein
Arzneimittel wirksam ein Festbetrag festgesetzt, trägt die Krankenkasse grundsätzlich - abgesehen von der Zuzahlung (§
31 Abs.
3 SGB V i.d.F. GKV-Modernisierungsgesetzes <GMG> vom 14.11.2003, BGBl I 2190) - die Kosten bis zur Höhe dieses Betrags. Für andere
Arznei- oder Verbandmittel trägt die Krankenkasse dagegen regelmäßig die vollen Kosten abzüglich der vom Versicherten zu leistenden
Zuzahlung (§
31 Abs.
2 Satz 1 Halbs. 2
SGB V). Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung
nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich
der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§
130 und
130a Abs.
1,
3a und
3b (§
31 Abs.
2 Satz 2
SGB V).
Ist für eine Leistung - wie hier für Xalacom® - (wirksam) ein Festbetrag festgesetzt (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses
vom 19. Mai 2016, Tragende Gründe, S. 12 unter 2. „Eckpunkte der Entscheidung“ für die Wirkstoffgruppe Latanoprost + Timolol),
erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten regelmäßig mit dem Festbetrag (§
12 Abs.
2 SGB V).
Die Festbetragsregelung ist Ausdruck des Wirtschaftlichkeitsgebots (§
12 Abs.
1 SGB V). Arzneimittel, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen oder unwirtschaftlich sind, weil sie gegenüber gleich geeigneten,
ausreichenden und erforderlichen Mitteln teurer sind, sind aus dem Leistungskatalog der GKV grundsätzlich ausgeschlossen.
Die Reichweite des Wirtschaftlichkeitsgebots begrenzt zugleich die Wirkkraft der Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel.
Die Versicherten haben unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots Anspruch auf eine in der Qualität gesicherte Vollversorgung
durch Sachleistungen und müssen sich nicht mit einer Teilkostenerstattung zufrieden geben. Hingegen entspricht es dem Wirtschaftlichkeitsgebot,
bei gleicher Eignung im individuellen Fall den Anspruch auf ein anderes, nicht unter die Festbetragsregelung fallendes, preisgünstigeres
Arzneimittel zu beschränken.
Die gesetzlich vorgegebenen Kriterien der Festbetragsfestsetzung sind nicht an den individuellen Verhältnissen des einzelnen
Patienten ausgerichtet, sondern orientieren sich in generalisierender Weise an allen Versicherten. Dementsprechend sind die
Festbeträge so festzusetzen, dass sie lediglich "im Allgemeinen" eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie
in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten (§
35 Abs.
5 Satz 1
SGB V). Geht es dagegen um einen atypischen Ausnahmefall, in dem - trotz Gewährleistung einer ausreichenden Arzneimittelversorgung
durch die Festbetragsfestsetzung im Allgemeinen - aufgrund der ungewöhnlichen Individualverhältnisse keine ausreichende Versorgung
zum Festbetrag möglich ist, greift die Leistungsbeschränkung auf den Festbetrag nicht ein. Nach allgemeinen Grundsätzen tragen
die Versicherten hierfür die objektive Beweislast (vgl. näher die Urteilsgründe des Sozialgerichts).
Der Anspruch eines Versicherten auf eigenanteilsfreie Versorgung mit einem nur oberhalb des Festbetrags erhältlichen Festbetragsarzneimittel
hängt deshalb – wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat – davon ab, dass bei ihm zumindest objektiv nachweisbar
- eine zusätzliche behandlungsbedürftige Krankheit oder eine behandlungsbedürftige Verschlimmerung einer bereits vorliegenden
Krankheit nach indikationsgerechter Nutzung aller anwendbaren, preislich den Festbetrag unterschreitenden Arzneimittel eintritt,
- dass die zusätzliche Erkrankung/Krankheitsverschlimmerung zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit jeweils wesentlich
durch die Anwendung der den Festbetrag im Preis unterschreitenden Arzneimittel bedingt ist
- und dass die Anwendung des nicht zum Festbetrag verfügbaren Festbetragsarzneimittels ohne Nebenwirkungen im Ausmaß einer
behandlungsbedürftigen Krankheit bleibt und in diesem Sinne alternativlos ist (vgl. zum Ganzen Beschluss des Senats vom 21.
Januar 2013 – L 9 KR 333/12 B ER – Rdnr. 7-12, zitiert nach juris).
b) Das Vorliegen der o.g. Voraussetzungen lässt sich für den Kläger auch im Ergebnis des Berufungsverfahrens nicht feststellen.
Dass die Anwendung der Augentropfen von Xalakom® für den Kläger alternativlos ist und nur dieses Arzneimittel nebenwirkungsfrei
ist, dagegen die Generika Nebenwirkungen auslösen, ist nicht nachgewiesen (aa). Vielmehr haben die Ermittlungen des Senats
ergeben, dass die Anwendung von Xalacom® im Fall des Klägers sogar kontraindiziert war und ist (bb).
aa) Zum Festbetrag erhältliche Generika stellen Latanoprost plus Timolol (STADA 50, so onmeda.de, recherchiert am 27. Dezember
2021) und LATANOTIM-Vision 50 μg/ml + 5 mg/ml dar (so Gutachten Dr. vom 23. Mai 2019). Der vom Sozialgericht beauftragte Sachverständige
Dr. hat bereits in seinem Gutachten vom 23. Mai 2019 auf die Frage des Sozialgerichts ausgeführt, die vom Kläger erst mit
einem zeitlichen Abstand zur Anwendung des (weiteren) Generikums Latanoprost rationpharm comp. (Wirkstoffe: Timolol + Latanoprost)
geschilderten Beschwerden in Gestalt von Augenschmerzen, brennenden Augen und Kopfschmerzen könnten keine allergischen Beschwerden
sein, da diese zeitlich unmittelbar auftreten müssten (Antwort auf Frage 4.) Diese Einschätzung hat der Gutachter auf Nachfrage
des Senats am 12. Januar 2021 dergestalt präzisiert, dass die vom Kläger geklagten Beschwerden, selbst wenn sie – wie in der
Berufung vorgetragen – gleich nach der Anwendung aufgetreten sind, so insbesondere Kopfschmerzen, dem Generikum nicht zugeordnet
werden könnten. Es ist nach der fachkundigen Einschätzung des Augenarztes nicht überzeugend, dass diese Beschwerden auf einem
Generikum beruhen, das die gleichen Wirkstoffe wie das Original Xalacom® enthält. Die geschilderten spezifischen Beschwerden
müssen vielmehr, so der Gutachter, eine andere Ursache haben, z.B. Prozesse in den Nasennebenhöhlen.
bb) Die vom Senat erbetenen Ausführungen des den Kläger behandelnden Augenarztes T bestätigen die Sicht des Klägers nicht,
ganz im Gegenteil: Denn der Arzt hat Xalacom® schon nicht verordnet, außerdem begründete er jüngst sogar eine Kontraindikation
für diese Augentropfen und hat sie zwischenzeitlich abgesetzt. So verordnete er seit April 2018 (wohl neben dem beim Kläger
seinerzeit noch vorhandenen und dann selbst beschafften Xalacom®) in Fortsetzung der kombinierten Anwendung die Augentropfen
von Cosopt® neben Xalacom®, das erstere enthält eine Wirkstoffkombination von Dorzelamid und Timolol. Seit Oktober 2020 stellte
der Arzt dann aber die Versorgung des Klägers allein auf Trusopt® um, was nur noch den Wirkstoff Dorzolamid enthält. Zeitgleich
beendete er die ergänzende Anwendung der Wirkstoffkombination Xalacom® (vgl. dazu zunächst seine knappe Auskunft vom Januar
2021). Er begründete diesen Schritt in seinem Befundbericht vom 18. Februar 2021 damit, dass der Einsatz von Xalacom® die
Grunderkrankung des Klägers verschlimmert habe und Trusopt® (dreimal beidseits pro Tag) ausreichend sei. Vor allem mit Blick
auf diesen Hintergrund ist ein Anspruch auf eine festbetragsfreie Versorgung mit Xalacom® ab Oktober 2020 wie auch im Zeitraum
davor zur Überzeugung des Senats ausgeschlossen. Es kann deshalb auch offen bleiben, ob bei dem Kläger überhaupt alle der
Festbetragsgruppe zugeordneten Arzneimittel zur Anwendung gekommen sind.
c) Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass die Beklagte ihm den Differenzbetrag für Xalacom® ein einziges Mal bewilligt
hat, nämlich mit Bescheid vom 30. Juni 2017. Darin liegt weder eine Selbstbindung für die Zukunft noch beinhaltet die weitergehende
Ablehnung einen Fall der unzulässigen Rechtsausübung. Der Bescheid vom 30. Juni 2017 ist nach seinem Inhalt ganz klar und
unmissverständlich als Einzelfallentscheidung ohne einen darüber hinaus reichenden Rechtsbindungswillen gefasst. Er war schon
deshalb nicht geeignet weitergehende Rechte oder zumindest ein schützenswertes Vertrauen dahingehend zu begründen, dass weitere
gleichlautende Entscheidungen noch ergehen würden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§
160 Abs.
2 SGG).