Anspruch auf Arbeitslosengeld; Zulässigkeit des Eintritts einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis
Gründe:
I
Streitig ist, ob der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen Eintritts einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis
im Zeitraum vom 15. bis 21.5.2007 geruht hat, sich die Anspruchsdauer entsprechend gemindert hat und die Beklagte zur (nachträglichen)
Aufhebung der Leistungsbewilligung für diesen Zeitraum berechtigt war.
Die 1952 geborene Klägerin, von Beruf Altenpflegerin, bezog seit dem 2.8.2006 Alg (Bewilligungsbescheid vom 23.8.2006). Unter
dem 18.4.2007 lud die Beklagte sie zu einem Termin am 14.5.2007 um 11:00 Uhr ein; Gegenstand des Termins sollten die berufliche
Situation der Klägerin und ihr Bewerberangebot sein. Das Einladungsschreiben enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung. Infolge
fehlerhafter Notierung dieses Termins erschien die Klägerin nicht am 14.5.2007, sondern am Folgetag um 11:00 Uhr bei der Beklagten.
An diesem Tag fand kein Gespräch zwischen ihr und der zuständigen Sachbearbeiterin der Beklagten statt; stattdessen erhielt
die Klägerin eine erneute Einladung zum 21.5.2007. Diesen Termin nahm die Klägerin pünktlich wahr.
Mit Bescheid vom 24.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.6.2007 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung
für die Zeit vom 15. bis zum 21.5.2007 auf und stellte eine entsprechende Minderung der Anspruchsdauer fest, weil der Anspruch
der Klägerin wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis für eine Woche ruhe (§ 144 Abs 1 Satz 2 Nr 6, § 128 Abs
1 Nr 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).
Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 27.8.2009). Auf die - vom SG zugelassene - Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Aufhebungsentscheidung (§ 48 Abs
1 Satz 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) sei rechtmäßig. Nach §
309 Abs
3 Satz 2
SGB III sei zwar eine Meldung zu einer anderen als der bestimmten Tageszeit ausreichend, wenn sie "am selben Tag" erfolge und der
Zweck der Meldung erreicht werden könne. Diese Bestimmung sei über ihren Wortlaut hinaus nicht iS einer erweiternden Auslegung
auf Fälle einer um 24 Stunden verspäteten Meldung am Folgetag anwendbar. Einer analogen Anwendung sei die Vorschrift aufgrund
ihres eindeutigen Wortlauts ("zu einer anderen Zeit am selben Tag") nicht zugänglich. Daher sei auch nicht aufzuklären, ob
der Zweck der Meldung iS des §
309 Abs
3 Satz 2
SGB III durch die Vorsprache der Klägerin am 15.5.2007 noch habe erreicht werden können. Der Klägerin habe kein wichtiger Grund zur
Seite gestanden. Die Klägerin habe lediglich - fahrlässig - den Meldetermin unzutreffend erinnert. Die Sperrzeit führe zum
Ruhen des Anspruchs auf Alg; zudem mindere sich die Anspruchsdauer um die Tage der Sperrzeit. Die Sanktionsfolge des §
144 Abs
6 SGB III sei auch nicht verfassungswidrig. oder unverhältnismäßig.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung materiellen Rechts (§
309 Abs
2 Satz 3
SGB III; Art
3 Abs
1, Art
14 Abs
1 Satz 2
Grundgesetz [GG]) und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit
eine ausnahmslose pauschale Kürzung des Alg als unzumutbar erachtet, soweit ein Arbeitsloser aus Unerfahrenheit, Unverständnis
für Verwaltungsvorgänge, aus Unachtsamkeit oder aus anderen Gründen seiner Meldepflicht nicht nachgekommen sei. Auch die Sanktion
von einer Woche stelle vor diesem Hintergrund einen Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Eigentum dar und müsse unter
Beachtung der Verhältnismäßigkeit beurteilt werden. Gemäß § 144 Abs 6 SGB II sei Folge des Meldeversäumnisses eine pauschale Sperrzeit; eine Abwägung im Einzelfall lasse das Gesetz nicht zu. Überdies
sei ein versehentliches Terminversäumnis kein vorwerfbares versicherungswidriges Verhalten iS des §
144 Abs
1 iVm §
309 SGB III; die Versichertengemeinschaft werde nicht tangiert, weil der Zweck ihrer, der Klägerin, Meldung lediglich in der Besprechung
ihrer beruflichen Situation und des Bewerberangebots gelegen habe. Dieser Zweck habe bei der Besprechung eine Woche später
nachgeholt werden können. Im Übrigen bestehe bei der Meldung einen Tag später kein Unterschied zu dem von §
309 Abs
3 Satz 2
SGB III umfassten Fall, in dem ein Betroffener noch am selben Tag - aber nach Dienstschluss des Sachbearbeiters - die Meldung nachhole;
auch in diesem Fall könne der Meldezweck erst bei dem - nachgeholten - Gespräch mit dem Sachbearbeiter erfüllt werden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. August 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. August 2009 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Das LSG hat zutreffend die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheids der Beklagten vom 24.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 28.6.2007 bestätigt.
1. Gegenstand des Verfahrens (§
95 SGG) sind die Verfügungen der Beklagten vom 24.5.2007 betreffend den Eintritt einer Sperrzeit bzw das Vorliegen eines Ruhenszeitraums
vom 15. bis 21.5.2007, die Aufhebung des Alg für diesen Zeitraum und die Minderung der Anspruchsdauer (vgl ua BSG Urteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 21 RdNr 10 mwN).
2. Die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 24.5.2007 misst sich an § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm §
330 Abs
3 SGB III. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 4 SGB X iVm §
330 Abs
3 SGB III ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse an aufzuheben, soweit
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass
der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen
ist.
Der Bescheid der Beklagten vom 23.8.2006 war ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; er hatte die Bewilligung von Alg ab August
2006 für eine Anspruchsdauer von 360 Tagen zum Gegenstand. Wesentlich iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (vgl nur BSGE
97, 73 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15 RdNr 15). Hier ist wegen des Eintritts einer Sperrzeit ein Ruhen des Leistungsanspruchs nach §
144 Abs
1 Satz 1 iVm Satz 2 Nr
6 SGB III eingetreten (dazu sogleich unter 3). Schließlich sind auch die subjektiven Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X gegeben. Das LSG hat dabei entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BSG bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit einen subjektiven Maßstab angelegt (vgl BSGE 97, 73 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15 RdNr 24 mwN). Soweit sich die Klägerin gegen die Feststellungen des subjektiven Verschuldens wendet,
ist zu beachten, dass die Entscheidung über das Vorliegen grober Fahrlässigkeit nur in engen Grenzen revisionsrechtlich nachprüfbar
ist. Das Revisionsgericht prüft insoweit lediglich, ob das LSG den Begriff der groben Fahrlässigkeit als solchen verkannt
hat, sowie, ob es beachtet hat, dass sich die Bösgläubigkeit grundsätzlich auf den zurückzunehmenden Teil des Verwaltungsakts
erstrecken muss (vgl BSG SozR 4-4300 § 122 Nr 5 RdNr 14 mwN). Insofern ist die Entscheidung des LSG nicht zu beanstanden. Es hat bei der Prüfung des subjektiven Verschuldens
nicht nur auf den Erhalt und Inhalt des "Merkblatt 1 für Arbeitslose" und die der Klägerin im Einladungsschreiben vom 18.4.2007
übermittelte Rechtsfolgenbelehrung abgestellt, sondern sich einen eigenen Eindruck von der persönlichen Einsichtsfähigkeit
der im Termin anwesenden Klägerin verschafft (vgl dazu auch Senatsurteil vom 17.10.2007 - B 11a/7a AL 44/06 R - Juris, RdNr
16, 19). Danach war es der Klägerin möglich und zumutbar, die Hinweise nachzuvollziehen und wusste sie - oder hätte zumindest
im Sinne grober Fahrlässigkeit ohne Weiteres erkennen können -, welche Folgen das Meldeversäumnis haben konnte. Diese Würdigung
der tatsächlichen Feststellungen durch das LSG entzieht sich der revisionsrechtlichen Überprüfung, wenn sie nicht mit zulässigen
Verfahrensrügen (zB Verstoß gegen Denkgesetze) angegriffen wird (vgl §
163 SGG), was hier nicht der Fall ist.
a) Gemäß §
144 Abs
1 Satz 1
SGB III in der hier maßgeblichen, ab 1.1.2005 in Kraft getretenen Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig
verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Ein versicherungswidriges Verhalten liegt nach Satz 2 Nr 6 der Vorschrift
ua dann vor, wenn der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder
psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§
309 SGB III), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis). Die
Voraussetzungen für die Feststellung einer solchen Sperrzeit, dh pflichtwidriges Verhalten und Fehlen eines wichtigen Grundes,
liegen vor.
Gemäß §
309 Abs
2 SGB III kann die Aufforderung zur Meldung ua zum Zwecke der Berufsberatung (Nr 1), der Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit (Nr
2) und der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch (Nr 5) erfolgen. An diesen Anforderungen orientiert
sich die Aufforderung der Beklagten vom 18.4.2007, mit der sie die Klägerin zwecks Erörterung ihrer beruflichen Situation
und ihres Bewerberangebots zum Termin am 14.5.2007 um 11:00 Uhr einlud. Es bestehen insbesondere keine Anhaltspunkte für eine
zweckwidrige Aufforderung (vgl dazu Düe in Niesel/Brand,
SGB III, 5. Aufl 2010, §
309 RdNr
10 ff). Gemäß §
309 Abs
3 Satz 1
SGB III idF des Gesetzes vom 23.12.2003 hat sich der Arbeitslose zu der von der Agentur für Arbeit bestimmten Zeit zu melden. Nach
Satz 2 des §
309 Abs
3 SGB III ist er seiner allgemeinen Meldepflicht (nur) dann auch nachgekommen, wenn diese nach Tag und Tageszeit bestimmt war und er
sich zu einer anderen Zeit am selben Tag meldet und der Zweck der Meldung erreicht wird. Diese Voraussetzungen treffen auf
das Meldeversäumnis der Klägerin nicht zu.
Die Meldung der Klägerin erfolgte am 15.5.2007 und damit nicht mehr "am selben Tag", der in der Meldeaufforderung bestimmt
war. Der Begriff "am selben Tag" ist fest bestimmt; er ist weder auslegungsfähig noch auslegungsbedürftig. Nach dem klaren
Wortlaut des Gesetzes und dem damit zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers kann eine Meldung am Folgetag nicht mehr
als rechtzeitig angesehen werden. Demgemäß hat die Beklagte entsprechend ihrer, in §
144 Abs
1 Satz 2 Nr
6 SGB III zum Ausdruck gebrachten Belehrungsund Hinweispflicht vor Eintritt einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis klargestellt, dass
"vom Tag nach dem Meldeversäumnis an für die Dauer von einer Woche" Alg nicht gezahlt wird. Die Meldeaufforderung und die
Rechtsfolgenbelehrung entsprechen auch im Übrigen - wie bereits das LSG ausgeführt hat - den gesetzlichen Anforderungen; insbesondere
wird der Arbeitslose in verständlicher und klarer Form darüber informiert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen
aus dem Meldeversäumnis resultieren (vgl Senatsurteil vom 17.10.2007 - B 11a/7a AL 44/06 R - RdNr 17; ebenso bereits BSG SozR 4100 § 132 Nr 1; vgl ferner BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 27/10 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 6 RdNr 26).
b) Entgegen der Ansicht des SG, auf die sich die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung gestützt hat, kann die Klägerin auch nicht kraft richterlicher Rechtsfortbildung,
insbesondere mittels einer analogen Anwendung des §
309 Abs
3 Satz 2
SGB III, so behandelt werden, als sei sie ihrer Rechtspflicht nachgekommen. Ein Analogieschluss setzt voraus, dass die geregelte
Norm analogiefähig ist, das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher
Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, er wäre
bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von denselben Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen
Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Analogie ist mithin die Übertragung der Rechtsfolge eines
geregelten Tatbestands auf einen ihm ähnlichen, aber ungeregelten Sachverhalt (vgl zuletzt BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 36 RdNr 25 und Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - BSGE 105, 94 = demnächst in SozR 4-4300 § 132 Nr 4; vgl auch BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 1 RdNr 16 und Nr 3 RdNr 18; BVerfGE 82, 6, 11 f; 116, 69, 83, 84; BVerfG NJW 2011, 836 unter B I 3b = RdNr
53 mwN). Sie beruht - in Anlehnung an Art
3 Abs
1 Grundgesetz - auf der Forderung normativer Gerechtigkeit, Gleichartiges gleich zu behandeln (vgl BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 S 3; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 4 RdNr 15). Aus der Rechtsentwicklung sowie aus Sinn und Zweck der Vorschrift ergeben sich jedoch keine Hinweise auf das
Bestehen einer Gesetzeslücke.
§
309 SGB III entspricht nahezu wortgleich der Vorgängerregelung in § 132 Abs 1 und 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) iVm mit § 5 Satz 2 der Meldeanordnung vom 14.12.1972 (ANBA 1973, 245). Die Begrenzung einer sanktionslosen Nachholung der Meldung nur
am selben Tag ist mithin bewusst in das
SGB III übernommen worden. Im Übrigen fehlt es für eine analoge Anwendung des §
309 Abs
3 Satz 2
SGB III auch an einer Vergleichbarkeit der zu regelnden Sachverhalte; die Meldung am selben Tag ist etwas anderes als das Aufsuchen
der Beklagten an einem späteren Tag.
Ebenso wie zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage eingeführt werden dürfen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich
gewisse Härten mit sich bringt (vgl BVerfGE 117, 272 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7; stRspr), können Vorschriften einzelne Personengruppen begünstigen und andere von der Begünstigung
ausnehmen (vgl BVerfGE 87, 1 = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Zu prüfen ist lediglich, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Gestaltungsfreiraum in sachgerechter
Weise genutzt hat, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und ob
sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe
rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (vgl BVerfGE 80, 297 = SozR 5795 § 4 Nr 8; BVerfGE 87, 1 = SozR 3-5761 Allg Nr 1; stRspr). Daran, dass die Datumsgleichheit ein - leicht überprüfbares - sachliches Kriterium darstellt,
um den Versicherten vor Rechtsnachteilen zu bewahren, hat der Senat keinen Zweifel; eine willkürlich unterschiedliche Behandlung
liegt nicht vor.
Es kann deshalb dahinstehen, ob der Zweck der Meldung iS des §
309 Abs
3 Satz 2
SGB III auch durch die Vorsprache der Klägerin am 15.5.2007 um 11:00 Uhr noch hätte erreicht werden können (aA Geiger, info also
2011, 22 f). Die mögliche Zweckerreichung kann allenfalls bei der Frage eine Rolle spielen, ob die festgestellte Sperrzeit von einer
Woche unverhältnismäßig war (dazu unten zu 3c).
c) Die Klägerin kann sich für ihr pflichtwidriges Verhalten auch auf keinen wichtigen Grund iS des §
144 Abs
1 Satz 1
SGB III berufen. Ein solcher ist anzunehmen, wenn durch diesen die Meldung oder das Erscheinen unmöglich oder erschwert wurde, sodass
dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen, mit denen der Versichertengemeinschaft
ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte (vgl BSG Urteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 §
144 Nr 21 RdNr 12 mwN; Karmanski in Niesel/Brand,
SGB III, 5. Aufl 2010, §
144 RdNr 112; Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, §
144 SGB III RdNr 198, Stand Einzelkommentierung Juli 2009). Die Sperrzeit greift dabei Obliegenheitsverletzungen des Versicherten auf
(BSG aaO; vgl auch Bieback, SR 2011, 21, 22 ff) und setzt - ebenso wie der Sperrzeittatbestand des §
144 Abs
1 Satz 2 Nr
7 SGB III (verspätete Arbeitsuchendmeldung) - ein subjektiv vorwerfbares Verhalten (mindestens leichte Fahrlässigkeit nach einem subjektiven
Fahrlässigkeitsmaßstab) voraus (vgl ua BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 2 RdNr 21, 22; Coseriu in Eicher/Schlegel,
SGB III, §
144 RdNr 446, Stand Einzelkommentierung Juni 2010). Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die die Klägerin nicht mit
Verfahrensrügen angegriffen hat und die damit für den Senat bindend sind (vgl §
163 SGG), war ihr ein rechtmäßiges Verhalten objektiv möglich und subjektiv zumutbar. Seitens der Versichertengemeinschaft kann von
einem Berechtigten erwartet werden, dass er Termine zur Einhaltung einer eigenen Mitwirkungsobliegenheit korrekt notiert und
einhält; beides liegt allein im Verantwortungsbereich des Versicherten. Aus der Sicht eines objektiven Dritten konnte die
Klägerin den Meldetermin am 14.5.2007 ohne Weiteres wahrnehmen und ist ihr, wie vom LSG festgestellt, jedenfalls Fahrlässigkeit
zur Last zu legen.
d) Die Sperrzeit führt zum Ruhen des Anspruchs auf Alg gemäß §
144 Abs
1 Satz 1
SGB III. Nach §
128 Abs
1 Nr
3 SGB III mindert sich der Alg-Anspruch um die Tage der Sperrzeit. Diese Rechtsfolgen sind im angefochtenen Bescheid der Beklagten
zutreffend umgesetzt worden. Nach §
144 Abs
6 SGB III idF des Gesetzes vom 23.12.2003 beträgt die Dauer der Sperrzeit bei Meldeversäumnis eine Woche. Nach §
144 Abs
2 Satz 1
SGB III begann die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das sie begründet. Zutreffend hat die Beklagte daher die Dauer der Sperrzeit
vom 15. bis zum 21.5.2007 festgestellt.
3a) Die Sanktionsfolge des §
144 Abs
6 SGB III als Folge des Meldeversäumnisses verstößt auch im Lichte der Eigentumsgarantie des Art
14 GG nicht gegen Verfassungsrecht. Zwar ist der Anspruch auf Alg - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - durch die Eigentumsgarantie
geschützt (vgl nur BVerfG SozR 4100 § 104 Nr 13 S 12; SozR 3-4100 § 116 Nr 3 S 124; BVerfG Beschluss vom 10.2.1987 - 1 BvL 15/83 - SozR 4100 § 120 Nr 2, RdNr 36 mwN; BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 19 mwN). Zu Recht hat das LSG aber einen Eingriff in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie verneint. Denn es
fehlt bereits daran, dass eine geschützte vermögenswerte Position der Klägerin (also ihr Alg-Anspruch) durch eine Maßnahme
der Beklagten beeinträchtigt worden wäre (zu diesen Voraussetzungen vgl BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 19 und SozR 4-4300 § 223 Nr 1 RdNr 13 mwN; BVerfG SozR 4-4300 § 434c Nr 6 RdNr 14). Der Klägerin ist im Sinne einer solchen geschützten vermögenswerten
Rechtsposition keine stärkere konkrete Rechtsposition "genommen" worden. Denn sie hat mit ihrer letzten Beschäftigung als
Altenpflegerin einen (neuen) Alg-Anspruch als Stammrecht erworben, der von vornherein mit der Möglichkeit der Sanktion in
Form einer Sperrzeit auch nach §
144 Abs
1 Satz 2 Nr
6 SGB III belastet war. Die Realisierung dieser Belastung im Einzelfall ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten lediglich
festgestellt worden.
b) Selbst wenn aber der Schutzbereich des Art
14 GG tangiert wäre, ist der dann anzunehmende "Eingriff" durch §
144 Abs 1 Satz 2 Nr
6 iVm Abs
6 SGB III lediglich eine zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Art
14 Abs
1 Satz 2
GG). Insoweit kommt dem Gesetzgeber grundsätzlich eine weite Gestaltungsmöglichkeit zu, auch zur Beschneidung von Leistungsansprüchen
zur Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der Sozialleistungsverwaltung (vgl BVerfGE 53, 257 ff, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1; BVerfGE 74, 203 = SozR 4100 § 120 Nr 2). Das BVerfG hat diesbezüglich - worauf das LSG zu Recht hinweist - zu der für verfassungswidrig erklärten
Ruhensvorschrift des § 120 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), welche zunächst keine Härtefallregelung enthielt, entschieden, dass, soweit ein Arbeitsloser aus Unerfahrenheit, Unverständnis
für Verwaltungsvorgänge, aus Unachtsamkeit oder aus anderen Gründen, welche nicht als "wichtig" iS des § 120 Abs 1 AFG zu qualifizieren seien, seine Meldepflicht nicht einhalte, die ausnahmslos pauschale Kürzung des Alg unzumutbar sei. Dies
gelte erst recht, wenn sich die Säumnis dieses Arbeitslosen nicht nachteilig für die Arbeitslosenversicherung auswirke (BVerfGE
74, 203 = SozR 4100 § 120 Nr 2 S 4). Im Einzelnen hat das BVerfG ausgeführt, bei missbräuchlicher Inanspruchnahme des Alg sei weder
etwas gegen die zeitweise Versagung des Alg noch dagegen etwas einzuwenden, dass die Sanktion pauschal einen zweiwöchigen
Wegfall des Alg anordne. Es fehlten aber hinreichend Gründe, die Rechte aus dem durch Beitragszahlung erworbenen Versicherungsschutz
so weitgehend und undifferenziert einzuschränken. Nicht zu entscheiden sei, ob für Bezieher von Alg auch ein pauschales Ruhen
des Alg von sechs Tagen noch hinnehmbar wäre; ein Wegfall des Alg von zwei Wochen sei diesem Personenkreis gegenüber nach
dem Verhältnismäßigkeitsprinzip schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil das eigentumsgeschützte Alg der Existenzsicherung
des Berechtigten diene und eine auf eigenen Beiträgen beruhende lohnbezogene Versicherungsleistung sei (Hinweis auf BVerfGE
72, 9, 18 ff). In Reaktion auf diese Rechtsprechung des BVerfG ist mit Wirkung ab 1.1.1988 in § 120 Abs 3 AFG idF des Gesetzes vom 14.12.1987 (BGBl I 2602) eine Härteklausel angefügt worden, wonach sich - in Anlehnung an die für Sperrzeiten
getroffene Härteregelung in § 119 Abs 2 AFG - die Säumniszeit von regelmäßig zwei Wochen auf eine Woche verkürzt. Diese Regelung ist insoweit unverändert in §
145 Abs
3 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.3.1997 (BGBl I 594) mit Wirkung vom 1.1.1998 übernommen und durch das Gesetz
vom 23.12.2003 mit Wirkung vom 1.1.2005 aufgehoben worden.
c) Die nunmehr in §
144 Abs
6 SGB III vorgenommene pauschale Regelung ("die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis ... beträgt eine Woche") ist iS der vorstehend
zitierten Rechtsprechung des BVerfG verhältnismäßig (vgl auch BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 21 f - zur Regelung der §§ 37b, 140
SGB III aF). Denn die Dauer der Sperrzeit von einer Woche beträgt im Vergleich zu der früheren Regelung in § 120 AFG bzw §
145 SGB III nur noch die Hälfte der Zeit und bringt mithin eine geringere Belastung des Arbeitslosen mit sich. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber
die Verpflichtung zur Wahl des geringsten Mittels nicht aus den Augen verloren hat (BSG, aaO; vgl auch Karmanski in Niesel/Brand, 5. Aufl 2010, §
144 RdNr 170; Lüdtke in LPK-
SGB III, 2008, §
144 RdNr 52; Marschner in Gemeinschaftskommentar zum
SGB III, §
144 RdNr 144, Stand Einzelkommentierung März 2009; Henke in Eicher/Schlegel,
SGB III, §
144 RdNr 453, Stand Einzelkommentierung März 2006; zweifelnd Geiger, info also 2011, 22 f). Die von §
144 Abs
5 SGB III vorgesehene Sanktionsfolge einer einwöchigen Sperrzeit ist auch in dieser pauschalierten Form angemessen. Denn die Sperrzeitfeststellung
ist nicht Ausdruck individueller Schadensfeststellung, sondern Folge versicherungswidrigen Verhaltens (vgl BT-Drucks 15/1515
S 87 zu Nr 76 = § 144; vgl ferner BSG Urteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 21 RdNr 16). Schließlich ist die pauschalierte Sperrzeit auch verhältnismäßig im engeren Sinne (=
zumutbar). Sie ermöglicht einerseits der Beklagten, im Rahmen einer Massenverwaltung auf versicherungswidriges Verhalten ohne
übermäßigen Verwaltungsaufwand zu reagieren; andererseits setzt die Verletzung der Obliegenheit des §
309 Abs
3 Satz 1
SGB III auf Seiten des Versicherten ein Verschulden nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab voraus und schafft damit ein Korrektiv
(vgl BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 22; ebenso Coseriu in Eicher/Schlegel § 144 RdNr 446, Stand Einzelkommentierung Juni 2010). Eine unverschuldete
Unkenntnis von der Obliegenheit führt damit nicht zum Eintritt einer Sperrzeit, die schuldhafte Unkenntnis führt indes - auch
unter Berücksichtigung der mit der Sperrzeit verbundenen weiteren Rechtsfolge der Anspruchsminderung nach §
128 Abs
1 Nr
3 SGB III - nicht zu einer Existenzgefährdung, ist aber geeignet, den Versicherten zu einem der Versichertengemeinschaft gegenüber
verantwortungsbewussten Verhalten anzuhalten. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob der Zweck der Belehrung durch ein
Beratungsgespräch vor Ablauf des Termins hätte erreicht werden können. Denn die insoweit erforderlichen Feststellungen wären
in der Regel mit einem erheblichen Verwaltungs- bzw Ermittlungsaufwand verbunden und stünden im Widerspruch zu der klaren
verwaltungspraktikablen Regelung des §
309 Abs
3 Satz 2
SGB III.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs
1 SGG.