Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache
Besonderes Vorbringen bei ausgelaufenem Recht
Divergenz als Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen
1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich
sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist
2. Hierzu bedarf es generell besonderen Vorbringens, wenn es sich um ausgelaufenes Recht handelt.
3. Eine Divergenz liegt nicht schon dann vor, wenn das LSG einen Rechtssatz nicht beachtet oder unrichtig angewandt hat, sondern
erst dann, wenn es diesem Rechtssatz widersprochen, also einen anderen Rechtssatz aufgestellt und angewandt hat; nicht die
Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung
der Revision wegen Divergenz.
Gründe:
I
Die Klägerin, Trägerin eines nach §
108 SGB V zugelassenen Krankenhauses, behandelte den bei der beklagten Krankenkasse versicherten K (Versicherter) wegen einer akuten
Alkoholintoxikation am 7.9.2012 stationär. Der Versicherte verließ am Nachmittag desselben Tages das Krankenhaus, wurde am
selben Abend aber nach Einlieferung über den Rettungsdienst wieder stationär aufgenommen und am 8.9.2011 in die ambulante
Weiterbehandlung entlassen. Auf die für die zusammengeführten Krankenhausaufenthalte abgerechnete DRG-Fallpauschale V60B (Alkoholintoxikation
und Alkoholentzug oder Störungen durch Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit ohne psychotisches Syndrom, ohne HIV-Krankheit)
zahlte die Beklagte lediglich 606,31 Euro statt der in Rechnung gestellten 1562,24 Euro, weil wegen Unterschreitens der unteren
Grenzverweildauer ein Abschlag in Höhe von 955,93 Euro vorzunehmen sei. Die Klage auf Zahlung weiterer 955,93 Euro ist erst-
und zweitinstanzlich erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt, bei der nach § 2 Fallpauschalenvereinbarung
(FPV) 2012 vorzunehmenden Fallzusammenführung könne die zweifache Aufnahme des Versicherten an einem Kalendertag abrechnungstechnisch
nicht als zwei Belegungstage angesehen werden. Auch eine wörtliche Auslegung des § 2 Abs 4 S 4 FPV 2012 ergebe nicht, dass
ein und derselbe Tag doppelt zu zählen sei (Urteil vom 2.10.2014).
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2
SGG iVm §
169 S 3
SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus §
160a Abs
2 S 3
SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung
und der Divergenz.
1. Wer sich - wie hier die Klägerin - auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich
sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).
Die Klägerin formuliert als Rechtsfragen:
"Ergibt die wörtliche Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 4 FPV 2012, dass bei einer zweifachen Aufnahme des gesetzlich Krankenversicherten
zur stationären Behandlung in einem Krankenhaus an einem Kalendertag abrechnungstechnisch zwei Belegungstage in Ansatz zu
bringen sind.
Stellt die gesetzliche Regelung - u.a. in § 8 Abs. 3 KHEntgG - entscheidend auf die Anzahl der Kalendertage und damit auf
die tatsächliche (und nicht fiktive) Dauer des Krankenhausaufenthaltes ab."
Die Klägerin legt die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage nicht hinreichend dar. Hierzu bedarf es generell besonderen Vorbringens,
wenn es sich - wie bei der FPV 2012 - um ausgelaufenes Recht handelt (vgl ausführlich BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 10 ff mwN, dort zum Operationen- und Prozedurenschlüssel). Die Klägerin trägt zwar vor, dass auch die FPV 2014
entsprechende Regelungen enthalte, sie setzt sich aber nicht damit auseinander, dass nach der Klarstellung der Vertragsparteien
nach § 17b Abs 2 S 1 KHG zur Fallpauschalenvereinbarung 2014 (FPV 2014; Stand 24.9.2013) für eine Fallzusammenführung bei Aufenthalten mit nur einem
Belegungstag Folgendes gilt:
"Sind zwei Aufenthalte an unterschiedlichen Tagen mit einem jeweils nur eintägigen Aufenthalt (das heißt die Entlassung fällt
auf den gleichen Tag wie die Aufnahme oder den Folgetag) zusammenzuführen, so ist für den zusammengeführten Aufenthalt eine
Verweildauer von 2 Belegungstagen zu zählen. Abweichend hiervon ergibt sich bei der Zusammenführung von zwei Fällen, deren
Aufnahmen auf den gleichen Kalendertag fallen, eine Verweildauer von einem Belegungstag."
Im Hinblick auf diese Klarstellung ist es schon nicht nachvollziehbar, weshalb die Auslegung der FPV 2012 bei einer Fallzusammenführung
bei Aufenthalten mit nur einem Belegungstag noch klärungsbedürftig sein könnte. Ein Klärungsbedarf ist angesichts der erfolgten
Klarstellung auch bezüglich der zweiten Frage nicht erkennbar und wird von der Klägerin auch nicht dargelegt. Insoweit fehlen
auch jegliche Ausführungen zur Klärungsfähigkeit der zweiten Frage.
2. Die Klägerin legt auch eine Rechtsprechungsdivergenz nicht ausreichend dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der Divergenz
beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einem Urteil des
BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und Ausführungen dazu machen, weshalb beide miteinander unvereinbar
sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 19.9.2007 - B 1 KR 52/07 B - Juris RdNr 6). Die Klägerin behauptet zwar eine Abweichung zu den Urteilen des 3. BSG-Senats vom 13.12.2001 - B 3 KR 1/01 R - und vom 18.9.2008 - B 3 KR 15/07 R, bezeichnet aber keine entscheidungstragenden, voneinander abweichenden abstrakten Rechtssätze des BSG-Senats und des LSG. Sie trägt lediglich vor, dass das LSG die Vorgaben des BSG nicht beachtet habe, wonach Vergütungsregelungen streng nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Auslegungsregelungen
auszulegen seien. Dies genügt nicht den Anforderungen an die Bezeichnung einer Divergenz. Eine Divergenz liegt nicht schon
dann vor, wenn das LSG einen Rechtssatz nicht beachtet oder unrichtig angewandt hat, sondern erst dann, wenn es diesem Rechtssatz
widersprochen, also einen anderen Rechtssatz aufgestellt und angewandt hat; nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall,
sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29 und 67, s ferner BSG Beschluss vom 7.10.2009 - B 1 KR 15/09 B - Juris RdNr 8). Im Übrigen setzt sich die Klägerin auch nicht damit auseinander, dass nach Auffassung des LSG auch eine
wörtliche Auslegung des § 2 Abs 4 S 4 FPV 2012 nicht ergebe, dass ein und derselbe Tag doppelt zu zählen sei.
3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG.