Entziehung einer Arztzulassung
Unanfechtbarkeit der dem Endurteil vorausgehenden Entscheidungen
Zurückweisung eines Befangenheitsantrags
Bindung des Revisionsgerichts
Gründe:
I
Die Klägerin, die seit 1999 als Fachärztin für Psychiatrie an der vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen hat, wendet sich
mit ihrer Klage gegen die Entziehung ihrer Zulassung. Nachdem ein erster Entziehungbescheid vom SG mit Urteil vom 27.11.2013 wegen fehlender Anhörung der Klägerin aufgehoben worden war, sprach der Beklagte mit Beschluss
vom 29.1.2014 erneut eine Zulassungsentziehung aus, weil das Ruhen der Approbation bestandskräftig angeordnet sei; die Klägerin
darf deshalb nicht mehr als Ärztin tätig sein. Mit an ihren Prozessbevollmächtigten adressiertem Schreiben vom 7.1.2014 war
die Klägerin hierzu angehört worden. Das LSG hat die Klage gegen den Beschluss vom 29.1.2014 mit Urteil vom 25.2.2015 abgewiesen,
weil im Hinblick auf das Ruhen der Approbation die Voraussetzungen für eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung nicht
mehr vorlägen. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Ruhensanordnung seien nicht ersichtlich. Dieses Urteil ist der Klägerin
am 10.4.2015 zugestellt worden. Sie hat mit von ihr selbst verfasstem Schreiben vom 7.5.2015, das am 8.5.2015 beim BSG eingegangen ist, beantragt, ihr Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
vorbezeichneten Urteil des LSG zu gewähren und einen Rechtsanwalt beizuordnen.
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 ZPO). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter
(§
73 Abs
4 SGG) in der Lage wäre, die von der Klägerin angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen. Hinreichende Aussicht
auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung
der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Von diesen Zulassungsgründen ist keiner ersichtlich.
Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung werden von der Klägerin nicht benannt und sind nicht erkennbar. Weder der Vortrag
der Klägerin, das Verfahren der Zulassungsentziehung sei durch zahlreiche Straftaten diverser Behörden initiiert worden, noch
ihre zahlreichen inhaltlichen Einwände gegen die angefochtene Entscheidung lassen eine vom Einzelfall losgelöste Frage von
grundsätzlicher Bedeutung erkennen. Soweit die Klägerin sich gegen von ihr angenommene Manipulationen des Arztregisters und
den Ausschluss vom ärztlichen Bereitschaftsdienst wendet, ist dies bereits nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Das Gleiche
gilt für die Bedarfslage im Planungsbereich W.. Die Frage, ob der Beklagte nach ordnungsgemäßer Anhörung der Klägerin und
in einem ordnungsgemäßen Verfahren entschieden hat, betrifft lediglich die rechtliche Bewertung der Umstände des Einzelfalls.
Hierauf kann die Zulassung der Revision nicht gestützt werden. Die von der Klägerin gerügte Dauer des gesamten Verfahrens
stellt ebenfalls keinen Zulassungsgrund dar.
Eine Abweichung des Urteils des LSG im Sinne einer Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) vom Beschluss des BSG vom 17.8.2011 (B 6 KA 18/11 B - GesR 2011, 682) ist nicht erkennbar. Das LSG hat sich vielmehr auf diesen Beschluss bezogen und im Fall der Klägerin eine
parallele Konstellation angenommen. Dass die Klägerin andere Schlüsse aus den Ausführungen des BSG zieht und meint, das Ruhen der Approbation dürfe auch nur zu einem Ruhen der Zulassung führen, kann nicht zur Zulassung der
Revision führen.
Auch Verfahrensfehler, die die Zulassung der Revision rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin einen
Verstoß gegen den Grundsatz der Mündlichkeit und den Anspruch auf rechtliches Gehör darin sieht, dass trotz ihres Widerspruchs
in der mündlichen Verhandlung nur über den Beschluss vom 29.1.2014 gesprochen worden sei, zeigt dies keinen Verfahrensfehler.
Ausgehend von der zutreffenden Auffassung des LSG, dass der Beschluss vom 29.1.2014 gemäß §
96 SGG an die Stelle des ursprünglich angefochtenen Bescheides vom 22.11.2006 getreten ist, war auch nur dieser Beschluss in der
mündlichen Verhandlung zu erörtern. Indem das LSG einen Fall des §
96 SGG angenommen hat, hat es auch über die von der Klägerin gerügte "doppelte Rechtshängigkeit" entschieden. Soweit sich die Klägerin
weiterhin gegen das Ruhen der Approbation wendet, geht ihr Vortrag ins Leere, weil dies nicht mehr Gegenstand des Verfahrens
ist. Das LSG hat insofern zu Recht ausgeführt, dass, nachdem der Ruhensbescheid bestandskräftig geworden ist, Tatbestandswirkung
eingetreten ist. Die allein noch zu erörternde Frage einer Nichtigkeit des Bescheides hat das LSG in seinem angefochtenen
Urteil beantwortet. Dass die Bewertung des LSG aus Sicht der Klägerin unzutreffend ist, vermag eine Revisionszulassung nicht
zu rechtfertigen. Ein Verfahrensfehler ist auch nicht darin zu sehen, dass das LSG über die "Beweisanträge" der Klägerin nach
ihrer Auffassung nicht entschieden hat. Zum einen handelte es sich bereits nicht um prozessordnungsgemäße Beweisanträge, sondern
um rechtliche Bewertungen. Zum anderen hat das LSG in seinem Urteil begründet, warum es den Anträgen nicht nachgegangen ist.
Es ist nicht erkennbar, dass das LSG sich ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen
müssen. Hinsichtlich der von der Klägerin gerügten Unrichtigkeit des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem LSG sowie
des Tatbestands des angefochtenen Urteils sind die Anträge auf Berichtigung vom LSG mit Beschlüssen vom 29.5.2015 und 17.6.2015
beschieden. Revisionsrechtlich relevante Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich.
Soweit die Klägerin schließlich die Befangenheit des ehrenamtlichen Richters R. rügt, weil er Angestellter der AOK ist, vermag
dies eine Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls nicht zu begründen. Im Hinblick auf §
557 Abs
2 ZPO (iVm §
202 SGG) unterliegen die dem Endurteil vorausgehenden Entscheidungen der Beurteilung des Revisionsgerichts grundsätzlich dann nicht,
wenn sie ihrerseits unanfechtbar sind. Diese Einschränkung der Prüfungsbefugnis des Revisionsgerichts ist bei Beschlüssen,
durch die ein Ablehnungsgesuch gemäß §
118 Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
406 Abs
5 ZPO zurückgewiesen wird, gegeben, wenn sie - wie hier der Beschluss vom 2.4.2015 - von einem LSG erlassen werden und deshalb
gemäß §
177 SGG der Anfechtung mit der Beschwerde entzogen sind. Dies hat zur Folge, dass die Zurückweisung eines Befangenheitsantrags grundsätzlich
auch nicht als Verfahrensfehler des angefochtenen Urteils iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG geltend gemacht werden kann (vgl BSG Beschluss vom 11.12.2013 - B 6 KA 36/13 B - Juris RdNr 12). Die Bindung des Revisionsgerichts entfällt lediglich, wenn die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs auf
willkürlichen oder manipulativen Erwägungen beruht, die für die Fehlerhaftigkeit des als Mangel gerügten Vorgangs bestimmend
gewesen sind, oder wenn die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs darauf hindeutet, dass das Gericht Bedeutung und Tragweite
der Verfassungsgarantie des Art
101 Abs
1 S 2
GG grundlegend verkannt hat (vgl BSG SozR 4-1100 Art 101 Nr 3 RdNr 5 mwN). Das war hier nicht der Fall. Allein der Umstand, dass der ehrenamtliche Richter Angestellter der AOK ist,
rechtfertigt die Besorgnis der Befangenheit noch nicht (zum Ausschluss von Vorständen der Krankenkassen vgl BSGE 78, 175, 179 = SozR 3-5407 Art 33 § 3a Nr 1 S 6; BSG SozR 3-1500 § 17 Nr 3 S 11).
Da der Klägerin keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß §
73a SGG, §
121 ZPO nicht in Betracht.