Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII aus abgetretenem Recht
Rechtmäßigkeit der Übertragung der Berufung im sozialgerichtlichen Verfahren auf den Berichterstatter im Sinne von § 153 Abs. 5 SGG) bei unterlassener Anhörung der Beteiligten
Gründe:
I
Im Streit ist (nur noch) die Zahlung von 972,53 Euro nebst Zinsen aus abgetretenem Recht.
Der Kläger vermietete als Eigentümer eines Mietshauses in W bis Ende 2006 Wohnungen vornehmlich an Bezieher von Leistungen
nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) und dem
Asylbewerberleistungsgesetz (
AsylbLG). Die Wohnungen wurden teilweise auch elektrisch beheizt. Die dem Kläger (als Vertragspartner) von der Energieversorgerin
E. A AG für Strom in Rechnung gestellten Beträge legte er ohne genaue Aufschlüsselung der auf Strom oder Heizenergie entfallenden
Beträge anteilig auf seine Mieter um. Der Kläger beantragte beim beklagten Landkreis erfolglos die Übernahme einer durch ein
Inkassounternehmen geltend gemachten Forderung der Energieversorgerin in Höhe von 972,53 Euro, die nach Angaben des Klägers
das Mietverhältnis mit einer Leistungsempfängerin des Beklagten (J) betroffen haben soll (Bescheid vom 19.10.2009; Widerspruchsbescheid
vom 1.2.2010 unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter). Dies lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, der Kläger sei
selbst nicht leistungsberechtigt nach dem SGB XII und könne den Anspruch allenfalls gegen die Mieterin privatrechtlich geltend machen. Im folgenden Klageverfahren hat der
Kläger Abtretungserklärungen seiner (ehemaligen) Mieter zur Gerichtsakte gereicht. Das Sozialgericht (SG) Hannover hat dieses Verfahren mit einem weiteren, vom Kläger gegen den Beklagten geführten Rechtsstreit verbunden, in dem
er die Feststellung begehrt hat, "dass eine Deckelung von Heiz- und Nebenkosten durch den Beklagten unzulässig sei", und die
Klagen abgewiesen (Gerichtsbescheid des SG vom 20.12.2012). Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung seiner
Entscheidung ausgeführt, dem Kläger fehle die Aktivlegitimation, Leistungen nach dem SGB XII oder dem
AsylbLG zu verlangen. Diese ergebe sich auch nicht aus abgetretenem Recht. Die Abtretung von Leistungsansprüchen nach dem SGB XII oder dem
AsylbLG verstoße gegen das Abtretungsverbot nach § 17 Abs 1 Satz 2 SGB XII und sei deshalb nach §
134 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) nichtig. Die Feststellungsklage sei mangels Klagebefugnis unzulässig (Urteil vom 20.2.2015).
Mit seiner auf die Zahlung von 972,53 Euro beschränkten Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 17 Abs 1 Satz 2 SGB XII. Das darin normierte Abtretungsverbot sei teleologisch zu reduzieren, weil es nur die der Existenzsicherung dienenden Primäransprüche,
nicht aber Sekundäransprüche erfasse. Die Zulässigkeit einer Abtretung von Leistungsansprüchen für die Kosten der Unterkunft
und Heizung folge aus der Möglichkeit einer Direktzahlung an Vermieter nach § 35 Abs 1 Satz 2 SGB XII. Daneben rügt der Kläger als Verfahrensmängel des LSG die unterlassene Beiladung der Gemeinde W und der betroffenen Leistungsempfänger
sowie die (erneute) Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) in mündlicher Verhandlung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. Februar 2015, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover
vom 20. Dezember 2012 sowie den Bescheid vom 19. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Februar 2010
aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 972,53 Euro nebst Zinsen zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II
Die Revision ist unbegründet (§
170 Abs
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Zu Recht hat das LSG die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 972,53 Euro aus abgetretenem Recht und schon deshalb keinen
Anspruch auf Verzinsung dieses Betrags.
Gegenstand des Verfahrens ist (nur noch) der Bescheid vom 19.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.2.2010
(§
95 SGG), mit dem der Beklagte die Zahlung von 972,53 Euro aus abgetretenem Recht abgelehnt hat. Hiergegen wendet sich der Kläger
mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs
1 Satz 1 iVm §
54 Abs
4, §
56 SGG). Soweit der Kläger im Revisionsverfahren geltend macht, es liege noch keine "rechtsmittelfähige Entscheidung zu den Mietwohnungen
im Haus M 10 vor", ist sein Vortrag nicht nachvollziehbar. Weder hat er im Berufungsverfahren den Streitgegenstand auf Mietwohnungen
im Haus M 10 erweitert und einen entsprechenden Antrag gestellt, noch macht er im Revisionsverfahren einen diesbezüglichen
Verfahrensfehler unter Bezeichnung der maßgebenden Umstände geltend.
Richtiger Beklagter ist der Landkreis Diepholz, der die angefochtenen Verwaltungsakte erlassen hat. Dass die Gemeinde W vom
Beklagten zur Durchführung der Aufgaben des örtlichen Trägers der Sozialhilfe bzw des
AsylbLG herangezogen wird (§ 99 Abs 1 SGB XII iVm § 8 Abs 1 Satz 1 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des SGB XII [Nds AG SGB XII] iVm § 1 der Satzung des Landkreises Diepholz über die Heranziehung der kreisangehörigen Städte, Gemeinden und Samtgemeinden zur Durchführung
der dem Landkreis als örtlichem Träger der Sozialhilfe obliegenden Aufgaben nach dem SGB XII [Heranziehungssatzung SGB XII], Amtsblatt für den Landkreis Diepholz Nr 1/2004 vom 30.12.2004; §
10 AsylbLG iVm §
2 Abs
3 des Gesetzes zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen und zur Durchführung des
AsylbLG [Aufnahmegesetz - AufnG] iVm §
1 der Satzung des Landkreises Diepholz über die Heranziehung der kreisangehörigen Städte, Gemeinden und Samtgemeinden zur Durchführung
von Aufgaben nach dem Niedersächsischen Gesetz zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen und zur Durchführung des
AsylbLG [Heranziehungssatzung AsylbLG], Amtsblatt für den Landkreis Diepholz Nr 11/2004 vom 1.7.2005), ändert hieran nichts (vgl
BSG, Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R - juris RdNr 12). Denn der Beklagte kann nach § 3 Abs 2 Satz 2 Heranziehungssatzung SGB XII bzw §
2 Abs
1 Satz 4 Heranziehungssatzung
AsylbLG die Bearbeitung und Entscheidung besonders gelagerter Einzelfälle an sich ziehen. Hiervon hat er Gebrauch gemacht, indem
er selbst den Antrag auf Zahlung von 972,53 Euro abgelehnt hat.
Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler liegen nicht vor. Insbesondere waren weder die Gemeinde W noch frühere Mieter
des Klägers notwendig beizuladen. Die insoweit erhobenen Verfahrensrügen gehen deshalb ins Leere. Nach §
75 Abs
2 Alt 1
SGG sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen
gegenüber nur einheitlich ergehen kann (notwendige echte Beiladung). Dies setzt voraus, dass durch die Entscheidung über das
streitige Rechtsverhältnis zugleich in die Rechtssphäre des Dritten unmittelbar eingegriffen wird, wobei die Möglichkeit der
Rechtsbeeinträchtigung für die Beiladung genügt (BSG, Urteil vom 8.3.2017 - B 8 SO 20/15 R - juris RdNr 12 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Gemeinde W ist als
nach den Heranziehungssatzungen nachgeordnete Behörde bereits kein Dritter iS des §
75 Abs
2 Alt 1
SGG, weil sie die Aufgaben des beklagten Landkreises nach § 9 Abs 4 Nds AG SGB XII nur "in dessen Namen" ausführt (für den Fall, dass sich die Klage gegen eine herangezogene Gemeinde richtet, die in eigenem
Namen entschieden hat, vgl BSGE 112, 61 = SozR 4-3500 § 90 Nr 5 RdNr 11) und der Landkreis - wie hier - von seinem Evokationsrecht (siehe oben) Gebrauch machen kann.
Der Senat darf diese landesrechtliche Vorschrift mangels eigener Feststellungen des LSG selbst beurteilen (vgl BSGE 114, 147 RdNr 13 = SozR 4-3500 § 92a Nr 1; BSGE 103, 39 RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Eine echte oder unechte notwendige Beiladung der Gemeinde W wegen einer möglichen positiven
Forderungsverletzung bzw einer nachträglichen Pflichtverletzung (culpa post contractum finitum) aus einem bereits 2002 beendeten
Mietverhältnis zwischen dem Kläger und der Gemeinde W (vgl für ab dem 1.1.2002 abgeschlossene Verträge §
280 Abs
1 BGB) scheidet ebenfalls aus. Es fehlt für eine echte notwendige Beiladung bereits an der erforderlichen Identität des Streitgegenstandes
im Verhältnis der beiden Beteiligten zu der Gemeinde (zu dieser Voraussetzung: BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1 RdNr 5; BSGE 85, 278, 279 = SozR 3-3300 § 43 Nr 1 S 2; BSGE 71, 237, 238 = SozR 3-2500 § 240 Nr 12 S 44 f; BSG SozR 4-2600 § 118 Nr 12 RdNr 17). Eine unechte notwendige Beiladung der Gemeinde nach §
75 Abs
2 Alt 2
SGG kommt nicht in Betracht, weil die Gemeinde auch im Falle ihrer Heranziehung zur Durchführung der Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), SGB XII bzw dem
AsylbLG kein Leistungsträger ist und zudem etwaige Ansprüche wegen einer möglichen positiven Forderungsverletzung bzw einer nachvertraglichen
Pflichtverletzung nicht Gegenstand des Verfahrens sind (dazu oben). Ob sich - wie der Kläger vorträgt - zumindest eine einfache
Beiladung nach §
75 Abs
1 Satz 1
SGG aufgedrängt hätte, bedarf keiner Entscheidung. Weder kann eine Nachholung vom Revisionsgericht vorgenommen werden (§
168 Satz 1
SGG), noch begründet eine unterlassene einfache Beiladung einen sachentscheidungshindernden Verfahrensmangel (vgl nur BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 7 RdNr 11 mwN).
Das LSG musste auch die früheren Mieter des Klägers nicht deshalb notwendig beiladen, weil sie Zedenten des angeblich abgetretenen
Anspruchs auf Sozial(-hilfe)leistungen sind, den der Kläger geltend macht (ebenso Bundesfinanzhof [BFH], Beschluss vom 15.3.1990
- V B 174/89; BVerwGE 24, 343). Eine einheitliche Entscheidung ist aus Rechtsgründen notwendig, wenn die gerichtliche Entscheidung im Abweisungs- oder
im Stattgabefall unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Beizuladenden gestaltet, bestätigt oder feststellt, verändert oder
aufhebt (zum Maßstab: BSGE 108, 229 = SozR 4-4200 § 44b Nr 3 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 5 Nr 27 RdNr 24; BSG SozR 1500 § 75 Nr 71; BSG, Urteil vom 9.2.1994 - 11 RAr 49/93 - juris; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap VI, RdNr 11a). Hieran fehlt es
vorliegend. Die Frage, ob der Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht hat, berührt zwar auch die
Interessen der Leistungsempfänger, greift aber nicht unmittelbar in ihre Rechtssphäre ein. Die Unmittelbarkeit ist zu verneinen,
wenn die Entscheidung nur eine Vorfrage im Verhältnis zwischen Hauptbeteiligtem und Drittem betrifft (BSGE 120, 289 = SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 23 mwN; BSG SozR 4-5868 § 1 Nr 8 RdNr 10). Weder genügt es, dass die Entscheidung logisch notwendig einheitlich auch gegenüber dem Dritten ergehen muss,
noch, dass tatsächliche Verhältnisse eine einheitliche Entscheidung erfordern (BSGE 118, 40 = SozR 4-2500 § 51 Nr 3 RdNr 13).
So liegt es hier. Der für die Beurteilung der Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis
maßgebliche Streitgegenstand (vgl Ulmer in: Hennig,
SGG, §
75 RdNr 8, Stand Juni 2015; Gall in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Aufl 2017, §
75 RdNr 41) umfasst die Gewährung von Sozialleistungen nach unterschiedlichen Leistungsgesetzen in Höhe von insgesamt 972,53
Euro aus abgetretenem Recht. Die früheren Mieter können hier allenfalls durch die Beurteilung von Vorfragen, zB ob die Abtretung
gegen ein gesetzliches Verbot verstößt oder ob sie überhaupt leistungsberechtigt und bedürftig gewesen sind, und damit nur
mittelbar vom vorliegenden Rechtsstreit betroffen sein (in solchen Fällen die Notwendigkeit der Beiladung verneinend BSGE
118, 40 = SozR 4-2500 § 51 Nr 3 RdNr 13; BSGE 70, 240 = SozR 3-5533 Allg Nr 1; BSGE 59, 30, 31). Der Senat weicht damit nicht von der Entscheidung des BSG vom 2.11.1988 - 8/5a RKn 11/85 - (SozR 1500 § 75 Nr 73) ab. Denn dort ging es um die Frage, ob der abgetretene Teil einer Sozialleistung dem zivilrechtlichen Zessionar oder
im Hinblick auf die Erfüllungsfiktion des § 107 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) dem erstattungsberechtigten Sozialleistungsträger zustand. Die Beantwortung dieser Frage konnte auch im Verhältnis zum Leistungsberechtigten
nur einheitlich ergehen (ebenso BSG, Urteil vom 22.2.1989 - 5/5b RJ 56/87). Soweit der frühere 11b Senat (SozR 1500 § 75 Nr 68 RdNr 11) eine Beiladung für notwendig hielt, wenn der Kläger einen Anspruch
(auch) auf die Behauptung stützt, dass er aufgrund einer Abtretung bzw im Wege der Prozessstandschaft berechtigt sei, die
in der Person von einzelnen Behinderten entstandenen Ansprüche auf Rehabilitation gegenüber der Bundesagentur (damals Bundesanstalt)
für Arbeit geltend zu machen, hat er hieran jedenfalls bei der der Abtretung als vergleichbar angesehenen Prozessstandschaft
nicht mehr festgehalten (vgl BSG SozR 4-4300 § 323 Nr 1).
Das angefochtene Urteil des LSG ist auch nicht unter Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters (Art
101 Abs
1 Satz 2
Grundgesetz [GG]) ergangen. Gesetzlicher Richter für die Entscheidung von Verfahren vor dem LSG ist grundsätzlich ein Senat in der Besetzung
mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern (§
33 Satz 1
SGG). Hiervon macht ua §
153 Abs
5 SGG (eingefügt durch das Gesetz zur Änderung des
Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008, BGBl I 444) eine Ausnahme. Danach kann das LSG nach seinem Ermessen in den Fällen einer Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid (§
105 SGG) durch Beschluss der berufsrichterlichen Mitglieder des Senats die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen
mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Hiervon hat das LSG durch Beschluss vom 22.10.2013, dem Kläger am 30.10.2013
zugestellt, Gebrauch gemacht. Nähere inhaltliche Anforderungen für die Übertragung auf den Berichterstatter formuliert das
Gesetz nicht. Vielmehr überantwortet es die Entscheidung über die Übertragung dem Senat als berufsrichterliches Kollegium,
ohne die Möglichkeit einer Rückübertragung auf den Senat (BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1 RdNr 13; vgl auch BR-Drucks 820/07 S 28) ausdrücklich zu regeln. §
153 Abs
5 SGG verlangt auch nicht, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheids vorgelegen haben, sondern nur, dass
das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat (ebenso Sommer in Roos/Wahrendorf,
SGG, 2014, §
153 RdNr 45). Dies ist auch der Gesetzesbegründung zu entnehmen, wonach den "teilweise aus der gerichtlichen Praxis geäußerten
Bedenken gegen die Veränderung der Richterbank, da nicht durchgehend davon ausgegangen werden könne, dass die Voraussetzungen
des §
105 Abs
1 SGG in erster Instanz zutreffend bejaht worden sind", dadurch Rechnung getragen werde, dass die Übertragung auf den Berichterstatter
von einem Beschluss des Senats abhängig gemacht werde (BR-Drucks 820/07 S 28).
Deshalb ist es für die Übertragung auf den Berichterstatter auch nicht erforderlich, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten
tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1 RdNr 13). Denn schon die Verantwortung für die Übertragung wird vom Senat getragen (siehe oben),
sodass eine Übertragung zur Entscheidung durch den Berichterstatter unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter auch in Rechtssachen
von grundsätzlicher Bedeutung nicht von vornherein ausgeschlossen ist (BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1 RdNr 13; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
153 RdNr 25; anders - regelmäßig absoluter Revisionsgrund - bei Entscheidungen "am Senat vorbei" durch den Einzelrichter nach
§
155 Abs
3 und
4 SGG unter Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2 RdNr 11 ff).
Hieran ändert nichts, dass §
153 Abs
5 SGG für einfach gelagerte Verfahren eingeführt worden ist (vgl BR-Drucks 820/07 S 28). Denn die Vorschrift macht dies - wie dargelegt
- nicht zur Voraussetzung für ihre Anwendung. Von einem Versehen des Gesetzgebers oder einer Regelungslücke kann nicht ausgegangen
werden. Dem Gesetzgeber war die ähnliche Regelung in §
6 Abs
1 Satz 1
Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) (eingefügt durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.1.1993 [BGBl I S 50]), der bereits für das erstinstanzliche
Verfahren gilt, bekannt. Sein Ziel war es nicht, §
153 Abs
5 SGG der Regelung in der
VwGO nachzubilden, sondern nur, das LSG zu entlasten, weil in den Fällen, in denen das SG mit Gerichtsbescheid entschieden hat, eine Entscheidung nach §
153 Abs
4 SGG ausscheidet. Ob es sich mit Blick auf die Schwierigkeit der sich stellenden Rechtsfragen und/oder des tatsächlichen Umfangs
des Streitfalls um ein einfach gelagertes Verfahren handelt, ist deshalb nur bei der Ausübung des Ermessens durch das LSG
zu berücksichtigen (Keller, aaO). Ermessensfehler können nur dann zu einer von Amts wegen zu berücksichtigenden fehlerhaften
Besetzung der Richterbank führen, wenn sie von Willkür, sachfremden Erwägungen oder grober Fehleinschätzung getragen werden
(ebenso Sommer, aaO, § 153 RdNr 45). Hiervon kann vorliegend angesichts der in Rechtsprechung und Literatur vorherrschenden
Auffassung, wonach (primäre) Sozialhilfeansprüche nach dem eindeutigen Wortlaut des § 17 Abs 1 Satz 2 SGB XII nicht übertragen werden können (dazu gleich), sowie der einfachen Sachverhaltsgestaltung nicht die Rede sein. Selbst wenn
das LSG durch den sog kleinen Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hätte, würde hierin kein absoluter
Revisionsgrund liegen (BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1 RdNr 12). Denn während in den Fällen des §
153 Abs
4 SGG oder §
158 Satz 2
SGG ehrenamtliche Richter bei der Entscheidung durch Beschluss nicht mitwirken und deshalb keine Möglichkeit haben, auf die Entscheidung
einzuwirken, wird in den Fällen des §
153 Abs
5 SGG die gesamte Richterbank des §
33 Abs
1 Satz 1
SGG beteiligt: die am späteren Urteil nicht beteiligten Berufsrichter durch die Zwischenentscheidung, die Sache - ggf trotz grundsätzlicher
Bedeutung - auf den Berichterstatter zu übertragen, und die ehrenamtlichen Richter zusammen mit dem Berichterstatter bei der
die Instanz abschließenden Entscheidung. Entsprechend hält sich eine Entscheidung des sog kleinen Senats, durch die wie vorliegend
die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen wird, im Rahmen des §
153 Abs
5 SGG und begründet keinen Verstoß gegen das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art
101 Abs
1 Satz 2
GG.
Das LSG hat es allerdings unterlassen, den Kläger vor der Übertragung auf den Berichterstatter anzuhören. §
153 Abs
5 SGG schreibt zwar im Unterschied zu §
153 Abs
4 Satz 2
SGG nicht ausdrücklich vor, die Beteiligten vor der beabsichtigten Übertragung auf den Berichterstatter zu hören. Diese Verpflichtung
ergibt sich aber schon aus §
62 SGG, der fordert, den Beteiligten vor jeder Entscheidung rechtliches Gehör zu gewähren (Roller, NZS 2009, 252, 255; vgl zu §
6 Abs
1 VwGO: BVerwGE 110, 40; vgl zu §
158 Satz 2
SGG: BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 3 RdNr 9). Diese Gehörsverletzung führt allerdings - anders als in den Fällen des §
153 Abs
4 SGG (BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 17; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 13; BSG, Urteil vom 8.11.2001 - B 11 AL 37/01 R; BSG, Beschluss vom 17.11.2015 - B 1 KR 65/15 B) oder §
158 Satz 2
SGG (BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 3; BSG, Beschluss vom 2.7.2009 - B 14 AS 51/08 B - juris RdNr 11) - nicht zu einer fehlerhaften Besetzung der Richterbank und damit zu einem absoluten Revisionsgrund nach
§
202 SGG iVm §
547 Nr 1
Zivilprozessordnung (
ZPO). Denn die Sache kann durch Beschluss des Senats auf den Senat zurückübertragen werden, wenn sich erst nach der Übertragung
auf den Berichterstatter wegen einer wesentlichen Änderung der Prozesslage erweist, dass die Sache besondere tatsächliche
oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist oder grundsätzliche Bedeutung hat.
Die Möglichkeit der Rückübertragung eröffnet zwar nicht §
153 Abs
5 SGG, der diese Möglichkeit im Gegensatz zu §
6 Abs
3 VwGO nicht vorsieht. Die Rückübertragung ist aber nach §
526 Abs
2 Satz 1 Nr
2 ZPO möglich, der - verfassungsrechtlich geboten - über §
202 Satz 1
SGG zur Anwendung kommt (Karl in Zeihe,
SGG, Stand August 2017, §
153 RdNr 30b). Danach legt der Einzelrichter den Rechtsstreit dem Berufungsgericht zur Entscheidung über eine Übernahme vor,
wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache
oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben. Allerdings ist nach der vorbezeichneten Vorschrift die Rückübertragung
von einer wesentlichen Änderung der Prozesslage und damit von deutlich engeren Voraussetzungen abhängig als die erstmalige
Übertragung, die keinen besonderen Anforderungen unterliegt (dazu oben). Unter einer wesentlichen Änderung der Prozesslage
iS von §
526 Abs
2 Satz 1 Nr
2 ZPO wird für gewöhnlich die objektive Änderung der Sach- oder Rechtslage zu verstehen sein (BVerwGE 110, 40 mwN). Eine solche die Zurückübertragung berechtigende Änderung der Prozesslage ist aber auch dann anzunehmen, wenn der Einzelrichter/Berichterstatter
aufgrund der nachgeholten Anhörung (und damit zur Korrektur eines Gehörsverstoßes) zum Ergebnis gelangt, dass die Rechtssache
entgegen der ursprünglichen Annahme doch grundsätzliche Bedeutung hat oder besondere Schwierigkeiten aufweist (so zu Recht
zu §
6 Abs
3 VwGO: BVerwGE 110, 40); diese (verfassungskonforme) Auslegung von §
526 Abs
2 Satz 1 Nr
2 ZPO ist im Licht von Art
101 Abs
1 Satz 2, Art
103 Abs
1 GG geboten. Eine solche Situation lag hier aber nicht vor; durch das rügelose Einlassen in der mündlichen Verhandlung war der
vom Kläger im Revisionsverfahren ohnehin nicht gerügte Gehörsverstoß damit geheilt (BVerwGE 110, 40).
In der Sache hat der Kläger keinen Anspruch aus abgetretenem Recht. Denn selbst wenn die Leistungsempfänger einen Anspruch
auf Leistungen gegen den Beklagten in Höhe von 972,53 Euro gehabt haben sollten, wäre dessen Abtretung an den Kläger nichtig.
Nach § 17 Abs 1 Satz 2 SGB XII kann der Anspruch auf Sozialhilfe nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. § 17 Abs 1 Satz 2 SGB XII enthält ein gesetzliches Verbot (vgl §
134 BGB) und schließt eine Anwendung von §§
53,
54 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (
SGB I) aus. Insoweit ist § 17 Abs 1 Satz 2 SGB XII eine abweichende Regelung iS von §
37 SGB I, die mit §
400 BGB (Ausschluss der Abtretung unpfändbarer Forderungen) und §
851 ZPO (Unpfändbarkeit nicht übertragbarer Forderungen) korrespondiert. § 17 Abs 1 Satz 2 SGB XII berücksichtigt, dass der Sozialhilfeanspruch höchstpersönlicher Art ist und deshalb die Forderung gegen den Sozialhilfeträger
nicht übertragen werden kann (Apidopoulos in Adolph, SGB II, SGB XII,
AsylbLG, § 17 SGB XII, Stand Juni 2017 RdNr 15; Coseriu in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 17 SGB XII RdNr 18; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 17 SGB XII RdNr 19). Denn die Sozialhilfe kann ihren Zweck, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der
Würde des Menschen entspricht (§ 1 Satz 1 SGB XII) nur erfüllen, wenn sie dem Bedürftigen zu Gute kommt und dem Zugriff Dritter entzogen ist (Coseriu, aaO; Grube in Grube/Wahrendorf,
SGB XII, 5. Aufl 2014, §
17 RdNr 18). Nichts anderes gilt für Leistungen nach dem
AsylbLG, wenn sie - wie hier - zweckgebunden zur Aufbringung der Mittel für Unterkunft und Heizung gezahlt werden sollen. Sie sind
ebenfalls höchstpersönlicher Natur und als solche nicht übertragbar (BSGE 114, 292 = SozR 4-3500 § 25 Nr 3 RdNr 27). Der Verwendungszweck einer Forderung gehört zum Inhalt der zu erbringenden (Sozialhilfe-)Leistung
und rechtfertigt es, den Sozialhilfeanspruch/Anspruch nach dem
AsylbLG von der Möglichkeit der Übertragung, Verpfändung und Pfändung auszunehmen (vgl §
399 BGB).
Anders als der Kläger meint, handelt es sich bei § 17 Abs 1 Satz 2 SGB XII um ein uneingeschränktes gesetzliches Verbot, das absolut ist und keine Ausnahmen kennt (Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 17 SGB XII, Stand September 2015 RdNr 29), auch nicht bei Kosten der Unterkunft. Hieran ändert auch der Hinweis nichts, dass nach §
35 Abs 1 Satz 2 SGB XII auf Antrag der leistungsberechtigten Person die Kosten der Unterkunft an den Vermieter zu zahlen sind. Im Gegenteil, diese
Regelung bestätigt die vom Senat vertretene Auffassung. Erst sie eröffnet nämlich die Möglichkeit, nicht nur gegen den Willen
des Leistungsberechtigten, sondern auch im gegenseitigen Einvernehmen von Leistungsberechtigtem und Vermieter die Direktzahlung
der Miete an den Vermieter vorzunehmen.
Eine teleologische Reduktion des § 17 Abs 1 Satz 2 SGB XII kommt deshalb nur in den Fällen in Betracht, in denen es nicht mehr um den originären Sozialhilfeanspruch geht, also den
primären Leistungsanspruch nach dem SGB XII, sondern um den Ausgleich der Folgen des wegen eines Systemversagens entstandenen Schadens (Sekundäranspruch; vgl dazu Urteil
des Senats vom 21.9.2017 - B 8 SO 4/16 R; Coseriu, aaO, RdNr 25 f; Grube, aaO, RdNr 21). Hierum geht es vorliegend entgegen
der Auffassung des Klägers aber nicht. Denn der Anspruch der Leistungsberechtigten auf (Nach-)Zahlung angemessener Heizkosten,
der abgetreten sein soll, ist der originäre und folglich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt abtretbare Leistungsanspruch.
Ein Sekundäranspruch setzt voraus, dass es sich bei dem Primäranspruch um einen Sachleistungsanspruch handelt; ein Anspruch
auf Geld bleibt auch dann ein erfüllbarer Geldanspruch nach dem SGB XII, wenn etwa ein Dritter in Vorleistung getreten ist. Der Geldanspruch erfährt insoweit keine inhaltliche Änderung. Die Abtretbarkeit
kann deshalb (unter weiteren Voraussetzungen) allenfalls in Fällen bejaht werden, in denen statt einer Sachleistung ein Erstattungsanspruch
in Geld geltend gemacht wird (Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 17 SGB XII, RdNr 25).
Danach hat das LSG PKH auch zu Recht abgelehnt, sodass es auf den insoweit gerügten Verfahrensmangel nicht ankommt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm §
63 Abs
2, § 52 Abs 1, 2 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).