Anforderungen an die Ermittlung des Gesamteinkommens für das Bestehen von Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung;
Nachweis ausschließlich durch einen amtlichen Einkommensteuerbescheid
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Bestehen von Familienversicherung der Beigeladenen zu 1) und zu 2) während der Zeit vom
01.03.2012 bis 31.12.2012.
Die Klägerin war bei der Beklagten vom 01.12.2001 bis 30.04.2014 gesetzlich krankenversichert. Ihr Ehegatte war während dieser
Zeit privat krankenversichert. Die 2007 und 2011 geborenen Beigeladenen zu 1) und zu 2) sind Kinder der Klägerin und ihres
Ehegatten; sie waren seit der Geburt bei der Beklagten (über die Klägerin als Stammversicherter) gemäß §
10 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (
SGB V) familienversichert. Hierüber ist ein (feststellender) Verwaltungsakt der Beklagten nicht ergangen.
Mit Schreiben vom 16.11.2012 und vom 17.12.2012 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die zur Prüfung des Fortbestehens
von Familienversicherung der Beigeladenen zu 1) und zu 2) notwendigen Angaben auf einem (übersandten) Fragebogen zu machen
und Nachweise über das Einkommen ihres Ehegatten vorzulegen.
Am 19.12.2012 ging der Beklagten (per Fax) der ausgefüllte Fragebogen, der Einkommensteuerbescheid des Finanzamts L. für 2010
vom 24.02.2012 und eine Berechnung der Einkommensteuer, des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer für 2011, erstellt
vom Steuerberater der Klägerin, zu. Im Einkommensteuerbescheid für 2010 sind Einkünfte des Ehegatten der Klägerin aus Land-
und Forstwirtschaft von 421,00 €, aus Gewerbebetrieb von 34.639,00 € und aus Vermietung und Verpachtung von 16.468,00 € (insgesamt
51.528,00 € <abzüglich Freibetrag für Land- und Forstwirte von 421,00 €: 51.107,00 €>; außerdem Kapitalerträge von 129,00
€) sowie Einkünfte der Klägerin aus nichtselbstständiger Arbeit von 460,00 € und Kapitalerträge von 128,00 € ausgewiesen.
In der Steuerberechnung des Steuerberaters der Klägerin für 2011 sind Einkünfte des Ehegatten der Klägerin von insgesamt 41.068,00
€ (Land- und Forstwirtschaft: 421,00 €, Gewerbebetrieb: 24.472,00 €, Vermietung und Verpachtung: 16.175,00 €) und Einkünfte
der Klägerin (aus nichtselbstständiger Arbeit) von 806,00 € angegeben; der Einkommensteuerbescheid für 2011 liege noch nicht
vor.
Mit Bescheid vom 03.01.2013 stellte die Beklagte fest, dass die Familienversicherung der Beigeladenen zu 1) und zu 2) zum
29.02.2012 geendet hat. Zur Begründung führte sie aus, Hauptverdiener der Familie sei nicht die Klägerin, sondern ihr privat
krankenversicherter Ehegatte. Dessen Einkommen übersteige die für 2011 maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze von 49.500,00
€ und es sei regelmäßig höher als das Einkommen der Klägerin. Ab 01.03.2012 könnten die Beigeladenen zu 1) und zu 2) freiwillig
versichert werden.
Am 23.01.2013 legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, der Einkommensteuerbescheid für 2011 sei noch
nicht ergangen. Daher müsse die Steuerberechnung ihres Steuerberaters als Einkommensnachweis herangezogen werden; aus ihr
gehe hervor, dass das Einkommen ihres Ehegatten die Jahresarbeitsentgeltgrenze für 2011 nicht überschreite.
Am 21.02.2013 wurde der Beklagten - per E-Mail (als E-Mail-Anhang) - der Einkommensteuerbescheid des Finanzamts L. für 2011
vom 11.01.2013 übersandt. Darin sind Einkünfte des Ehegatten der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft von 421,00 €, aus
Gewerbebetrieb von 24.472,00 € und aus Vermietung und Verpachtung von 16.175,00 € (insgesamt 41.068,00 € <abzüglich Freibetrag
für Land- und Forstwirte von 421,00 €: 40.647,00 €>) sowie Einkünfte der Klägerin aus nichtselbstständiger Arbeit von 806,00
€ ausgewiesen.
Mit Bescheid vom 13.04.2013 half die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin teilweise ab. Sie stellte fest, dass die Beigeladenen
zu 1) und zu 2) ab 01.02.2013 wieder familienversichert sind.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2013 wies die Beklagte den Widerspruch (soweit ihm nicht durch Bescheid vom 13.04.2013
abgeholfen worden war) zurück. Zur Begründung führte sie aus, gemäß §
10 Abs.
3 SGB V seien Kinder nicht familienversichert, wenn der mit ihnen verwandte Ehegatte des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse
sei und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze (für 2011: 49.500,00 € bzw. 4.125,00
€; für 2013: 52.200,00 € bzw. 4.350,00 €) übersteige und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds sei. Für die
Berechnung des Gesamteinkommens seien alle Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts heranzuziehen und durch den Einkommensteuerbescheid
nachzuweisen. Änderungen könnten nur ab dem auf die Ausstellung des Einkommensteuerbescheids folgenden Monat berücksichtigt
werden. Im Einkommensteuerbescheid für 2010 seien Einkünfte des Ehegatten der Klägerin von monatlich 4.300,49 € ausgewiesen
(Land- und Forstwirtschaft 421,00 €/12 = 35,08 € + Gewerbebetrieb 34.639,00 €/12 = 2.886,58 € + Vermietung und Verpachtung
16.468,00/12 = 1.372,33 € + Kapitalerträge 129,00 € - 51,00 €/12 = 6,50 €). Diese überstiegen ein Zwölftel der für 2012 maßgeblichen
Jahresarbeitsentgeltgrenze von 49.950,00 € (4.162,50 €). Daher seien die Voraussetzungen für das Bestehen von Familienversicherung
der Beigeladenen zu 1) und zu 2) ab dem 01.03.2012 - bis 31.01.2013 - nicht mehr erfüllt. Man habe Ermessen ausgeübt und Ermessenserwägungen
insbesondere hinsichtlich des Zeitpunkts der Beendigung der Familienversicherung angestellt. Die Familienversicherung der
Beigeladenen zu 1) und zu 2) sei zu beenden, sobald feststehe, dass das Gesamteinkommen des Ehegatten der Klägerin die Jahresarbeitsentgeltgrenze
übersteige. Als Nachweis hierfür sei allein der Einkommensteuerbescheid heranzuziehen. Die Voraussetzungen der Familienversicherung
müssten für die Zeit nach Ausstellung des Einkommensteuerbescheids geprüft werden.
Am 31.07.2013 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung trug sie vor, da der Einkommensteuerbescheid für 2011 noch nicht vorgelegen habe, hätte die Beklagte auf
die Steuerberechnung ihres Steuerberaters für 2011 abstellen müssen. Danach habe das Gesamteinkommen ihres Ehegatten die für
2011 maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze unterschritten. Gemäß § 5 Abs. 3 der Einheitlichen Grundsätze des Spitzenverbands
Bund der Krankenkassen zum Meldeverfahren bei Durchführung der Familienversicherung vom 28.06.2011 (Fami-Meldegrundsätze)
sei das Gesamteinkommen (§
10 Abs.
3 SGB V) durch "geeignete" Einkommensnachweise zu belegen; dafür kämen nicht nur Einkommensteuerbescheide, sondern auch Steuerberechnungen
von Steuerberatern in Betracht.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Geeignete Einkommensnachweise (auch i.S.d. § 5 Abs. 3 Fami-Meldegrundsätze) seien nur
Einkommensteuerbescheide der Finanzverwaltung. Diese seien - entsprechend der für die Festsetzung der Beiträge freiwillig
Versicherter geltenden Rechtsgrundsätze - ggf. zeitversetzt zu berücksichtigen.
Die Klägerin legte die Einkommensteuerbescheide des Finanzamts L. für 2012 und 2013 vom 02.12.2014 bzw. vom 27.03.2015 vor.
Mit Beschluss vom 20.07.2015 lud das SG die Beigeladenen zu 1) und zu 2) zum Verfahren bei.
Bereits am 13.07.2015 fand die mündliche Verhandlung des SG statt. Nachdem darauf hingewiesen worden war, dass das im Einkommensteuerbescheid für 2010 ausgewiesene Gesamteinkommen des
Ehegatten der Klägerin von 4.300,49 € monatlich den Monatsbetrag der für 2013 maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenze von
4.350,00 € unterschreite, gab die Beklagte ein Teilanerkenntnis ab. Sie änderte den Bescheid vom 03.01.2013 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2013 dahingehend ab, dass für die Beigeladenen zu 1) und zu 2) im Januar 2013 die Familienversicherung
nach §
10 SGB V durchgeführt werde. Die Klägerin nahm das Anerkenntnis an.
Mit Urteil vom 13.07.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klage sei zulässig; die Klägerin sei insbesondere klagebefugt (vgl. Bundessozialgericht
<BSG>, Urteil vom 29.06.1993, - 12 RK 48/91 -, in [...]). Die Klage sei aber unbegründet. Die Beklagte habe die Familienversicherung der Beigeladenen zu 1) und zu 2)
mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht (rückwirkend) zum 28.02.2012 beendet. Gemäß §
10 Abs.
3 SGB V seien Kinder nicht (familien-)versichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht
Mitglied einer Krankenkasse sei und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteige
und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds sei. Gesamteinkommen im Sinne dieser Vorschrift sei gemäß §
16 SGB IV die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts. Bei Statusentscheidungen, wie der Feststellung des Bestehens
oder Nichtbestehens von Familienversicherung, sei grundsätzlich eine vorausschauende Betrachtung anzustellen, damit der Versicherte
wisse, wo und wie er versichert sei und ggf. für anderweitigen Versicherungsschutz sorgen könne. Erforderlich sei eine Prognose
unter Einbeziehung der mit hinreichender Sicherheit zu erwartenden Veränderungen. Das Ergebnis der Prognose bleibe auch dann
verbindlich, wenn sich der Sachverhalt anders als angenommen entwickle (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.1981, - 3 RK 5/80 -, in [...]). Die Änderung könne jedoch Anlass für eine neue Prüfung und wiederum vorausschauende Beurteilung sein (KassKomm-Peters,
SGB V §
6 Rdnr. 22). Das gelte auch für rückwirkende Entscheidungen. Auch dann habe - rückblickend - nur für solche Zeiträume keine
Familienversicherung bestanden, zu deren Beginn - ggf. an Hand der durchschnittlichen Verhältnisse der vergangenen Zeit -
bereits absehbar gewesen sei, dass die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt würden (BSG, Urteil vom 07.12.2000, - B 10 KR 3/99 R -, in [...]). Die Jahresarbeitsentgeltgrenze habe in den Jahren 2011 bis 2013 49.500,00 €, 50.850,00 € bzw. 52.200,00 € betragen.
Ausweislich des Einkommensteuerbescheids für 2010 habe das durchschnittliche Monatseinkommen des Ehegatten der Klägerin über
einem Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze (für 2011 und 2012) gelegen und es sei außerdem höher gewesen als das Gesamteinkommen
der Klägerin. Für die Feststellung des Gesamteinkommens des Ehegatten der Klägerin sei der zuletzt ausgestellte Einkommensteuerbescheid
maßgeblich. Steuerberechnungen des Steuerberaters seien nicht zu berücksichtigen. Insoweit gälten die Rechtsgrundsätze für
die Festsetzung der Beiträge freiwillig Versicherter (dazu etwa: BSG, Urteil vom 30.10.2013, - B 12 KR 21/11 R -, in [...]) entsprechend. Das Gesetz lege den Begriff des Gesamteinkommens für das Beitragsrecht und das Recht der Familienversicherung
einheitlich in §
16 SGB IV durch Bezugnahme auf das Einkommensteuerrecht fest. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen freiwilliger Versicherung
und Familienversicherung und von ungleichen Ergebnissen müsse daher jeweils auf den Einkommensteuerbescheid abgestellt werden
(SG Hamburg, Urteil vom 27.02.2015, - S 33 KR 7/12 -, in [...]). Andernfalls könnte der Versicherte Einfluss auf das Bestehen von Familienversicherung nehmen, indem er den
für ihn jeweils günstigeren Einkommensnachweis (aktueller Einkommensteuerbescheid oder Steuerberechnung des Steuerberaters)
vorlege. Die Maßgeblichkeit des Einkommensteuerbescheids sei auch nicht unbillig. Sie führe zur zeitversetzten Berücksichtigung
der Einkommensverhältnisse. Deswegen seien die Beigeladenen zu 1) und zu 2) im Jahr 2010 trotz des im Einkommensteuerbescheid
für 2010 ausgewiesenen - für das Bestehen von Familienversicherung zu hohen - Gesamteinkommens des Ehegatten der Klägerin
familienversichert gewesen. Die Einkommensverhältnisse des Jahres 2010 seien erst zu einem späteren Zeitpunkt berücksichtigt
worden. Auf der Grundlage der nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07.12.2000, - B 10 KR 3/99 R -, in [...]) gebotenen nachträglichen Anwendung einer vorausschauenden Betrachtungsweise sei absehbar gewesen, dass das monatliche
Gesamteinkommen des Ehegatten der Klägerin ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze für 2013 unterschreiten werde, so dass
die Beigeladenen zu 1) und zu 2) ab 01.01.2013 wieder familienversichert gewesen seien. Für die Zeit vom 01.03.2012 bis 31.12.2012
habe Familienversicherung aber nicht bestanden.
Gegen das ihr am 30.07.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.08.2015 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt ihr bisheriges
Vorbringen. Ungeachtet der aus §
16 SGB IV folgenden Maßgeblichkeit des Einkommensteuerrechts seien gemäß §
5 Abs.
3 Fami-Meldegrundsätze zur Prüfung der Voraussetzungen der Familienversicherung "geeignete" Einkommensnachweise vorzulegen.
Gemäß § 5 Abs. 6 Fami-Meldegrundsätze hätten die Krankenkassen bei Zweifeln an den Voraussetzungen für die Durchführung der
Familienversicherung weitere Nachweise anzufordern; als solche kämen "insbesondere Einkommensnachweise oder sonstige Bescheinigungen"
in Betracht. Daraus folge, dass der Einkommensteuerbescheid nicht allein maßgeblich sei und auch Steuerberechnungen eines
Steuerberaters berücksichtigt werden müssten. Die beitragsrechtliche Rechtsprechung des BSG dürfe auf die Familienversicherung nicht übertragen werden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13.07.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 03.01.2013
in der Gestalt des (Teilabhilfe-)Bescheids vom 13.04.2013 und des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2013 bzw. des in der mündlichen
Verhandlung des SG am 13.07.2015 erlassenen weiteren (Teilabhilfe-)Bescheids zu verurteilen festzustellen, dass die Beigeladenen zu 1) und zu
2) auch während der Zeit vom 01.03.2012 bis 31.12.2012 über sie (die Klägerin) familienversicherte Mitglieder der Beklagten
waren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen zu 1) und zu 2) stellen keinen Antrag.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die
Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§
143,
144 SGG statthaft. Streitgegenstand ist das Bestehen von (beitragsfreier) Familienversicherung der Beigeladenen zu 1) und zu 2) während
der Zeit von März bis Dezember 2012. Die Klägerin (als Stammversicherte) wendet sich mit der Anfechtungsklage (§
54 Abs.
1 SGG) gegen die Verwaltungsakte, mit denen die Beklagte das Nichtbestehen von Familienversicherung während dieser Zeit festgestellt
hat, und sie will außerdem, da die Familienversicherung bei Vorliegen der Voraussetzungen ohne entsprechende Feststellung
kraft Gesetzes eintritt, im Wege der Feststellungsklage (§
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG) den Fortbestand von Familienversicherung klären lassen. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage
zulässig (dazu und zur Klagebefugnis des Stammversicherten <§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG> und zum Feststellungsinteresse <§ 55 Abs. 1 SGG> BSG, Urteil vom 28.03.2000, - B 8 KN 10/98 KR R -, in [...]; auch KassKomm/Peters,
SGB V §
10 Rdnr. 55). Die angefochtenen Bescheide haben eine Geldleistung i.S.d. §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG nicht zum Gegenstand, so dass die Berufung ungeachtet der Höhe ggf. zu zahlender Beiträge (von vornherein) nicht der Zulassung
bedarf. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher auch gemäß §
151 SGG zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht festgestellt, dass die
Beigeladenen zu 1) und zu 2) während der Zeit vom 01.03.2012 bis 31.12.2012 nicht über die Klägerin als Stammversicherte familienversichert
gewesen sind. Das SG hat das in seinem Urteil zutreffend dargelegt. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des SG und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§
153 Abs.
2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Gemäß §
10 Abs.
3 SGB V sind Kinder nicht - beitragsfrei - (familien-)versichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner
des Mitglieds (hier der Vater der Beigeladenen zu 1) und zu 2) und Ehegatte der Klägerin) nicht Mitglied einer Krankenkasse
ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher
als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind für die streitige Zeit erfüllt, sofern
das Gesamteinkommen des Ehegatten der Klägerin dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamts L. vom 24.02.2012 für 2010 entnommen
werden muss; hierüber streiten die Beteiligten nicht. Streitig ist allein die Maßgeblichkeit des Einkommensteuerbescheids
für die Feststellung des Gesamteinkommens (des Ehegatten oder Lebenspartners des Mitglieds) i.S.d. §
10 Abs.
3 SGB V. Das SG hat dies angenommen und sich hierfür auf die Rechtsprechung des BSG zur Maßgeblichkeit des Einkommensteuerbescheids für die Bemessung der Beiträge freiwillig Versicherter gestützt; es hat die
zur beitragsrechtlichen Vorschrift in §
240 SGB V ergangene Rechtsprechung des BSG auf die Anwendung der statusrechtlichen Vorschrift in §
10 Abs.
3 SGB V übertragen. Dies ist auch nach Ansicht des Senats zutreffend. Die Regelungen in § 5 Abs. 3 und 6 Fami-Meldegrundsätze ändern
daran nichts.
Was unter dem Arbeitsentgelt, dem Arbeitseinkommen und dem Gesamteinkommen einer Person zu verstehen ist, legt das Gesetz
für alle Zweige der Sozialversicherung (§
1 Abs.
1 Satz 1
SGB IV) in §§
14 bis
16 SGB IV fest; es füllt diese (unbestimmten) Rechtsbegriffe für Leistungsträger (§
12 SGB I) und Gerichte damit verbindlich aus. Nach näherer Maßgabe des §
14 Abs.
1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung. Gemäß §
15 Abs.
1 Satz 1 und
2 SGB IV ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus
einer selbstständigen Tätigkeit; Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht
zu bewerten ist. Gesamteinkommen ist gemäß §
16 SGB IV die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts; es umfasst insbesondere das Arbeitsentgelt (§
14 SGB IV) und das Arbeitseinkommen (§
15 SGB IV).
Mit den Vorschriften in §§
15 und
16 SGB IV stellt das Gesetz die - volle - Parallelität von steuerrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Einkommensermittlung
her (vgl. nur etwa BSG, Urteil vom 30.10.2013, - B 12 KR 21/11 R -, in [...]). Das gilt nicht nur in materiell-rechtlicher, sondern auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht, auch wenn das
SGB IV (ausdrückliche) Regelungen zur Feststellung und zum Nachweis des Arbeitseinkommens (§
15 SGB IV) und des Gesamteinkommens (§
16 SGB IV) nicht enthält. Das BSG hat in seinem insoweit grundlegenden Urteil vom 02.09.2009 (- B 12 KR 21/08 R -, in [...]) - zum Beitragsrecht - entschieden, dass freiwillig Versicherte, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig
sind und die gem. §
240 Abs.
4 Satz 2
SGB V grundsätzlich zum Höchstbeitrag - bemessen aus dem 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze - herangezogen werden,
niedrigere Einnahmen ausschließlich mit dem amtlichen Einkommensteuerbescheid nachweisen können. Die Anknüpfung an das Steuerrecht
hinsichtlich des Begriffs der Einnahmen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit bei freiwillig Versicherten legt es nämlich nahe,
auch hinsichtlich der Frage, wie die Höhe dieser Einnahmen nachgewiesen werden und in welchem Umfang Änderungen bei bereits
verbindlich festgestellten Einnahmen Rechnung getragen werden kann, möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Gegebenheiten
des Einkommenssteuerrechts sowie mit dem Verwaltungsverfahren der Finanzverwaltung und dessen Ergebnissen herzustellen. Eine
Änderung des Gewinns ist daher erst nachgewiesen, wenn sie auf Grund eines neuen Einkommensteuerbescheids feststeht. Andere
Urkunden, wie von einem Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater aufgestellte Gewinn- und Verlustrechnungen oder Bilanzen, stellen
zulässige Beweismittel nicht dar (BSG, a.a.O.). Der erkennende Senat hat sich der Rechtsprechung des BSG angeschlossen und die alleinige Maßgeblichkeit des Einkommensteuerbescheids zum Nachweis des Arbeitseinkommens und zum Nachweis
von Änderungen des Arbeitseinkommens bei der Bemessung der Beiträge hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger auf andere
Fallgestaltungen übertragen (Senatsbeschluss vom 29.01.2014, - L 5 KR 4818/13 ER-B- <Krankengeld>; Senatsurteil vom 22.04.2015, - L 5 KR 114/14 - <Mutterschaftsgeld>; Senatsurteil vom 15.07.2015, - L 5 KR 4381/14 - <versicherungspflichtige Rentner>; Entscheidungen nicht veröffentlicht). In Fortführung dessen sind die in der beitragsrechtlichen
Rechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätze zur Maßgeblichkeit des Einkommensteuerbescheids auch auf die Feststellung des
Gesamteinkommens i.S.d. §
10 Abs.
3 SGB V zu übertragen. Das ist nach Auffassung des Senats Folge der vom Gesetz gewollten vollen Parallelität von steuerrechtlicher
und sozialversicherungsrechtlicher Einkommensermittlung, die in den gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung -
dem
SGB IV (hier in §
16 SGB IV) - angeordnet und weder auf einzelne Zweige der Sozialversicherung noch auf einzelne Regelungsgegenstände beschränkt worden
ist. Es ist daher unerheblich, dass die genannte Rechtsprechung des BSG zur Anwendung beitragsrechtlicher Vorschriften ergangen ist; der ihr zugrunde liegende Rechtsgedanke gilt in entsprechender
Weise für die Anwendung statusrechtlicher Vorschriften, wie des §
10 Abs.
3 SGB V (vgl. in diesem Sinne ersichtlich auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31.01.2014, - L 1 KR 156/12 -, in [...]).
Die Übertragung der Rechtsgrundsätze zur Maßgeblichkeit des Einkommensteuerbescheids für die Feststellung des Gesamteinkommens
i.S.d. §
10 Abs.
3 SGB V trägt dem Umstand Rechnung, dass der Rückgriff auf den von der Finanzverwaltung erstellten Einkommensteuerbescheid auch hier
schon aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität geboten ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 06.11.2008, - B 1 KR 28/07 R -, in [...]) und dadurch Manipulationen weitgehend zu verhindern sind (dazu etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.03.2006,
- L 1 KR 36/03 -, in [...]). Hierfür besteht nicht nur bei der Bemessung der Beiträge, sondern (erst Recht) auch bei der Systemabgrenzung
der gesetzlichen von der privaten Krankenversicherung - der die Regelung in §
10 Abs.
3 SGB V dient - Anlass. Der Versicherungsstatus muss klar und frei von der Möglichkeit der Einflussnahme durch zielgerichtetes Vorlegen
von Einkommensunterlagen festgestellt werden können.
Die Regelungen in § 5 Abs. 3 und 6 Fami-Meldegrundsätze ändern an der Maßgeblichkeit des Einkommensteuerbescheids für die
Feststellung des Gesamteinkommens i.S.d. §
10 Abs.
3 SGB V nichts. Darin ist zwar von "geeigneten" Einkommensnachweisen (§
5 Abs. 3 Fami-Meldegrundsätze) und von "sonstigen Bescheinigungen" (§ 5 Abs. 6 Fami-Meldegrundsätze) die Rede. Die Maßgeblichkeit
des Einkommensteuerbescheids der Finanzverwaltung für die Einkommensfeststellung durch Sozialleistungsträger folgt aber aus
der gesetzlichen Regelung in §
16 SGB IV. Demgegenüber stellen die Fami-Meldegrundsätze nur Festlegungen des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (zuvor Vereinbarung
der Spitzenverbände der Krankenkassen) dar, die dieser gemäß §
10 Abs.
6 Satz 2
SGB V zu treffen hat; danach legt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen für die Meldung (u.a.) der nach §
10 Abs.
3 SGB V notwendigen Angaben durch die Versicherten ein einheitliches Verfahren und einheitliche Meldevordrucke fest. Die Fami-Meldegrundsätze
stehen (ungeachtet ihrer rechtlichen Einordung) im Rang unter dem Gesetzesrecht und können gesetzliche Anforderungen nicht
abändern.
Die Beklagte hat danach für die Feststellung des Gesamteinkommens des Ehegatten der Klägerin für die Zeit ab März 2012 zu
Recht auf das im Einkommensteuerbescheid des Finanzamts L. vom 24.02.2012 für 2010 ausgewiesene Gesamteinkommen abgestellt.
Dieses ist ab dem auf die Ausstellung und Bekanntgabe (vgl. §§
122,
124 Abgabenordnung,
AO) des Einkommensteuerbescheids (im Februar 2012) folgenden Monat (März 2012) maßgeblich und der nach Maßgabe der Rechtsprechung
des BSG (Urteil vom 07.12.2000, - B 10 KR 3/99 R -, in [...]) nachträglichen Anwendung einer vorausschauenden Betrachtungsweise zugrunde zu legen; das SG hat das im angefochtenen Urteil im Einzelnen zutreffend dargelegt und auch zu Recht angenommen, dass die deswegen zeitversetzte
Berücksichtigung des Gesamteinkommens des Ehegatten der Klägerin nicht zu unbilligen Ergebnissen führt, weil die dadurch bewirkten
Be- und Entlastungen sich über längere Sicht ausgleichen (dazu auch etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31.01.2014, -
L 1 KR 156/12, - in [...]).
Die Beklagte ist auch befugt gewesen, durch Verwaltungsakt rückwirkend festzustellen, dass in der Vergangenheit, hier von
März bis Dezember 2012, (materiell-rechtlich) Familienversicherung nicht bestanden hat. Ein (feststellender) Verwaltungsakt
der Beklagten über das Bestehen der Familienversicherung ist zuvor nicht ergangen; die Maßgaben des § 48 SGB X sind daher nicht einschlägig (vgl. etwa BSG, Urteil vom 07.12.2000, - B 10 KR 3/99 R -; Urteil vom 25.08.2014, - B 12 KR 36/03 R -, beide in [...]).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§
160 Abs.
2 SGG). Der Senat misst der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG) nicht zu. Er hat seiner Entscheidung die in der bereits vorliegenden Rechtsprechung des BSG entwickelten Rechtsgrundsätze zur Maßgeblichkeit des Einkommensteuerbescheids für die Beitragsbemessung zugrunde gelegt und
auf die Anwendung des §
10 Abs.
3 SGB V übertragen.