SGB-II-Leistungen
Einstweiliger Rechtsschutz
Beschwerde
Zurückverweisung der Sache
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab dem 01.08.2017 streitig.
Am 01.08.2017 stellte der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf) beim Sozialgericht Augsburg einen Antrag auf einstweiligen
Rechtsschutz. Bis zum 31.07.2017 habe der Antrags- und Beschwerdegegner (Bg) keine Leistungen ausbezahlt, weil er seinen Mitwirkungspflichten
nicht nachgekommen sei. Er habe Unterlagen vorlegen sollen. Dies habe er getan. Er habe keine Leistungen erhalten und wisse
nicht, wie er seinen Lebensunterhalt bestreiten solle. Es seien auch finanzielle Schäden entstanden, da sein Konto für die
Abbuchungen zum Monatsersten nicht gedeckt gewesen sei. Er könne seine Miete nicht rechtzeitig überweisen. Er legte ein Aufforderungsschreiben
des Bg vom 25.07.2017 vor, wonach unter Fristsetzung bis zum 11.08.2017 der Rahmenvertrag mit der Firma E. und eine ausgefüllte
und unterschriebene Anlage EKS für die Tätigkeit bei der Firma Z. vorzulegen sei.
Der Bg führte in seiner Stellungnahme vom 01.08.2017 aus, dass der Bf am 14.07.2017 die Weitergewährung der Leistungen ab
dem 01.08.2017 beantragt habe. Am 24.07.2017 habe er einen ab dem 06.07.2017 geltenden Arbeitsvertrag bei der Firma Z. vorgelegt.
Mit Schreiben vom 24.07.2017 sei er aufgefordert worden, Nachweise zu den zu bezahlenden Stromabschlägen, die Anlage KDU sowie
lückenlose Kontoauszüge ab dem 01.06.2017 vorzulegen. Kontoauszüge und die Anlage KDU seien nicht vorgelegt worden.
Hierauf forderte das Sozialgericht den Bf auf, die angeforderten Unterlagen vorzulegen, hierfür bedürfe es keiner gerichtlichen
Hilfe. Nach Vorlage der Nachweise werde die Leistungsbewilligung durch das Jobcenter erfolgen, daher werde angeregt, den Antrag
auf einstweiligen Rechtsschutz zurückzunehmen.
Auf dieses Schreiben hin beantragte der Bf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt D. Z ...
Er habe alle angeforderten Unterlagen fristgerecht und vollständig abgegeben.
Mit Schreiben vom 21.08.2017 übermittelte der Bg den Abdruck des Bescheides vom 21.08.2017 über die vorläufige Bewilligung
von Leistungen für die Zeit von August 2017 bis Januar 2018 in Höhe von monatlich 564,85 EUR. Hierbei wurde ein monatliches
Einkommen von 300,30 EUR (bereinigt 160,24 EUR) berücksichtigt.
Daraufhin forderte das Sozialgericht mit Schreiben vom 24.08.2017 (Donnerstag) den Bf auf innerhalb von drei Werktagen mitzuteilen,
ob sich der Eilantrag erledigt habe. Das Schreiben wurde mit einfachem Brief an den Bf versandt.
Am 30.08.2017 lehnte das Sozialgericht Augsburg den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab, ohne die Verwaltungsakten des
Bf beizuziehen. Der Antrag sei abzulehnen, da davon auszugehen sei, dass sich das Begehren des Bf inzwischen durch die Bewilligung
der Leistungen erledigt habe. Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei nicht
erkennbar. Es fehle offenbar auch die Eilbedürftigkeit, weil auf die Nachfrage des Gerichts keine Reaktion erfolgt sei.
Mit Schreiben vom 27.08.2017, beim Sozialgericht am 31.08.2017 eingegangen, wandte sich der Bf gegen die Anrechnung von Einkommen,
da er keine Einkünfte von der Firma E. habe.
Am 05.09.2017 hat der Bf Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht erhoben. Das Sozialgericht habe den Rechtsschutz abgelehnt,
dass er am 21.07.2017 einen Bewilligungsbescheid erhalten habe. Er sei der Auffassung des dies keinesfalls statthaft sei.
Er habe bis heute einen um etwa 150 EUR monatlich gekürzten Betrag erhalten. Die im Beschluss aufgestellte Behauptung, er
habe auf Nachfrage des Gerichts nicht reagiert sei sachlich falsch. Das Gericht habe den Gegenstand des Rechtsschutzbegehrens
durch Auslegung zu ermitteln. Es obliege nicht ihm als rechtsunkundigem Antragsteller, eine juristisch exakte Formulierung
zu tätigen. Die hier getroffene Auslegung verkenne den erkennbaren Gegenstand des Eilrechtsschutzbegehrens. Im Zweifel hätte
mit einer Anforderung von Unterlagen weitere und auch abschließende Klarheit geschaffen werden können. Ohne diese Anforderung
bzw. abschließende Klärung zur Wahrung des Rechtsschutzes sei die Entscheidung rechtswidrig.
Der Bg hat mit Schriftsatz vom 14.09.2017 zur Beschwerde Stellung genommen und beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Es bestünden hinsichtlich der Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg keine Bedenken.
Aus den vom Senat beigezogenen Verwaltungsakten des Bg ergibt sich, dass die Firma Z. den mit dem Bf abgeschlossenen Arbeitsvertrag
bereits am 26.07.2017 gekündigt hat. In der vom Bf ausgefüllten Anlage EKS zu seiner Tätigkeit als Handelsvertreter ("suche
Interessenten für Produkte der Firma E.") hat dieser angegeben, dass er monatliche Betriebseinnahmen von 350 EUR habe, bei
monatlichen Betriebsausgaben zwischen ca. 170 EUR bis 470 EUR. Der Bf hat für die Zeit von August 2017 bis Januar 2018 einen
Gesamtgewinn von 1672,26 EUR angenommen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Bg sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge
Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist im Sinne der Zurückverweisung an das Sozialgericht begründet. Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung
nach §
159 Abs.
1 Nr.
1 SGG liegen vor. Das Sozialgericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt, ohne in der Sache selbst zu entscheiden.
Nach §
159 Abs.
1 SGG steht die Zurückverweisung im Ermessen des Senats, wobei die Vorschrift des §
159 SGG auf das Beschwerdeverfahren und das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit der Maßgabe entsprechend anwendbar ist,
dass zu prüfen ist, ob die Zurückverweisung unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit sachgerecht ist (Beschluss des Senats
vom 08.04.2016, L 16 AS 203/16 B ER; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 29.04.2014, L 7 AS 260/14 B ER; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.06.2016, L 7 AS 1068/16 B ER, m.w.N.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Auflage 2017, §
159, Rn. 1a).
Nach Abwägung aller Umstände ist der Senat im Rahmen des ihm nach §
159 Abs.
1 SGG zustehenden Ermessens zu dem Ergebnis gelangt, den Rechtsstreit gemäß §
159 Abs.
1 Nr.
1 SGG an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Bei der Ausübung des Ermessens hat sich der Senat unter Berücksichtigung der Prozesswirtschaftlichkeit,
des Beschleunigungsgebotes und der Effektivität des Rechtsschutzes sowie der Einbeziehung der berechtigten Interessen des
Bf zur Zurückverweisung entschieden (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 8). Maßgeblich hierfür ist,
dass dem Bf andernfalls entgegen der gesetzlichen Ausgestaltung des Instanzenzugs eine Instanz im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
entzogen würde, in der sein Begehren in rechtstaatlicher und prozessordnungsgemäßer Weise geprüft wird.
Das Sozialgericht hat das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses verneint und dies damit begründet, dass der Bf inzwischen
Leistungen erhalten habe und nicht innerhalb der mit gerichtlichem Schreiben vom 24.08.2017 gesetzten Frist geantwortet habe.
Das fehlende Rechtsschutzbedürfnis wurde angenommen, ohne zu prüfen oder zur Kenntnis zu nehmen, was Streitgegenstand des
Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ist, so dass es sich um eine Entscheidung ins Blaue hinein handelt. Dabei hat
das Sozialgericht es unterlassen die Verwaltungsakten des Bg beizuziehen, und das rechtliche Gehör des Bf verletzt (§
62 SGG). Das Sozialgericht hat eine Frist von drei Werktagen gesetzt. Das Schreiben wurde mit einfacher Post an den Bf gesandt.
Weil die Antwort des Bf nicht innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist eingegangen ist, hat das Sozialgericht auf ein fehlendes
Rechtsschutzbedürfnis geschlossen, und dabei unbeachtet gelassen, dass es dem Bf unter Berücksichtigung der Postlaufzeiten
kaum möglich war, fristgerecht zu antworten.
Nach Zurückverweisung wird das Sozialgericht die Aufgabe haben, die Verwaltungsakten beizuziehen, den Streitgegenstand herauszuarbeiten
und den wesentlichen Sachverhalt zur Kenntnis zu nehmen (vgl. hierzu bereits Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom
24.05.2017, L 7 AS 370/17 B ER).
Das Sozialgericht wird bei seiner Entscheidung über die Kosten des Verfahrens insgesamt zu befinden haben.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.