Gründe:
I. Die 1983 geborene Antragstellerin war als Operationsschwester versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt beim Zentralklinikum
A-Stadt bis 30. Juni 2008. Nach der Arbeitsbescheinigung dieses Krankenhauses hatte sie von Juli 2007 bis Juli 2008 ein beitragspflichtiges
Arbeitsentgelt in Höhe von 30.178,46 Euro gezogen. Am 19. Mai 2008 meldete sie sich bei der Antragsgegnerin arbeitslos und
beantragte Arbeitslosengeld. Der Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. (Univ. Paris) C. bescheinigte am 26. Mai 2008
bei ihr eine Schwangerschaft in der 26. Woche, aus medizinischen Gründen sei ab sofort ein Beschäftigungsverbot (§
3 Abs.
1 Mutterschutzgesetz) bis 23. Juli 2008 einzuhalten; Entbindungstermin sei der 3. September 2008.
Mit Bescheid vom 20. Juni 2008 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Arbeitslosengeld ab. Wegen des Beschäftigungsverbots
stehe die Antragstellerin der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung und sei daher nicht arbeitslos. Die Antragstellerin legte
hiergegen am 23. Juni 2008 unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts Widerspruch ein; das
Beschäftigungsverbot beziehe sich lediglich auf die bisherige Anstellung als Krankenschwester im OP und nicht auf den allgemeinen
Arbeitsmarkt.
Die Antragsgegnerin wies mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2008 den Widerspruch zurück. Ein Arbeitsloser dürfe durch nichts
gehindert sein, ohne Verzug eine zumutbare versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentliche umfassende Beschäftigung
unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufzunehmen oder an einer Eingliederungsmaßnahme
teilzunehmen. Das Attest des behandelnden Arztes unterscheide nicht zwischen der letzten Tätigkeit und dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Damit komme es auf die erklärte Arbeitsbereitschaft vom 1. Juli bis 22. Juli 2008 nicht mehr an. Die genannte Entscheidung
des Hessischen Landessozialgerichts sei für sie nicht bindend.
Die Antragstellerin hat hiergegen am 10. Juli 2008 beim Sozialgericht Augsburg (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, ihr für den Zeitraum vom 1.Juli bis 23. Juli 2008 Arbeitslosengeld
zu bewilligen und auszuzahlen. Sie stehe trotz des Beschäftigungsverbotes grundsätzlich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung.
Sie erhalte kein Arbeitsentgelt oder Krankengeld.
Das SG hat mit Beschluss vom 17. Juli 2008 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Antragstellerin stehe
der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung und es fehle somit mangels Verfügbarkeit an Arbeitslosigkeit. Die Leistungspflicht
der Antragsgegnerin bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitslosen komme nur dann in Betracht, wenn die Arbeitsunfähigkeit während
des Bezugs von Arbeitslosengeld eintritt. Besteht Arbeitsunfähigkeit bei Eintritt der Arbeitslosigkeit ergebe sich kein Leistungsanspruch.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 31. Juli 2008; gleichzeitig hat sie Klage erhoben. Das Arbeitsverbot
beschränke sich ausschließlich auf die Tätigkeit als Operationsschwester; es liege eine Risikoschwangerschaft vor, aber es
habe kein allgemeines Beschäftigungsverbot bestanden. Bürotätigkeit oder andere Aufgaben außerhalb des OP hätte sie durchaus
erledigen können. Nach dem neuen Attest von Dr. (Univ. Paris) C. vom 29. Juli 2008 sei das am 26. Mai 2008 ausgesprochene
Arbeitsverbot nur auf die Tätigkeit als Operationsschwester beschränkt gewesen. Die Antragsgegnerin hätte den Sachverhalt
weiter aufklären müssen; mittlerweile sei die Antragstellerin ohne Leistungen des Sozialstaats (Schriftsatz vom 13. Oktober
2008).
Sie beantragt,
ihr Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Juli bis 23. Juli 2008 zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde an das Sozialgericht Augsburg zurückzuverweisen.
Sie ist der Meinung, wegen erheblichen Klärungsbedarfs hätte das SG ein ärztliches Gutachten einholen müssen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Antragsgegnerin und des SG Bezug genommen.
II. Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -). Die Beschwerde ist nicht ausgeschlossen gemäß §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG in der Fassung des Gesetzes vom 26. März 2008 (BGBl I S. 444), weil in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750,00 Euro. Aufgrund
der Streichung des § 174
SGG mit Wirkung vom 1. April 2008 durch das og. Gesetz vom 26. März 2008, ist ein Abhilfeverfahren vor dem SG nicht mehr durchzuführen.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Das Gericht kann gemäß §
86b Abs.
2 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine
Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert
werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug
auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint
(Regelungsanordnung). Der Erlass einer aktuellen Anordnung setzt voraus, dass ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch
gegeben sind. Beide Voraussetzungen sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 S. 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung).
Ein solcher Rechtsschutz ist zu gewähren, wenn anders dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung
in einem Grundrecht droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass
ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (Bundesverfassungsgericht vom 25. Oktober 1988, BVerfGE
79, 69 ff.).
Streitgegenstand im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist nicht das zu sichernde Recht oder das zu regelnde Rechtsverhältnis,
sondern nur dessen vorläufige Sicherung bzw. vorläufige Regelung. Das Eilverfahren bezweckt nicht die Verwirklichung des Rechts
mit Rechtskraftwirkung der entsprechenden Entscheidung, sondern nur eine vorläufige Sicherung, die verhindern soll, dass der
Antragsteller im Verfahren der Hauptsache aufgrund von Zeitablaufs vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Derartige Gründe
sind bei der hier streitigen einstweiligen Anordnung auf Nachzahlung des Arbeitslosengelds nicht gegeben. Hierbei ist von
dem aktenkundigen Sachverhalt auszugehen; gegebenenfalls erforderliche Ermittlungen sind im Hauptsacheverfahren durchzuführen
(LSG NRW vom 13. September 2007 L 20 B103/07 AS ER; Hess. LSG vom 13. März 2008 ASR 2008, 143 ff.).
Für Geldleistungen für zurückliegende Zeiträume fehlt es regelmäßig bereits an der Notwendigkeit des Erlasses einer einstweiligen
Anordnung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Auflage, 2008, §
86b Rn. 29a, 35a m.w.N. der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung). Eine Gewährung von Leistungen für die Zeit vor dem Antrag
kommt allenfalls bei einem Nachholbedarf infrage. Dieser liegt vor, wenn die Nichtgewährung in der Vergangenheit in die Gegenwart
fortwirkt und eine gegenwärtige Notlage bewirkt. Dies ist hier nicht glaubhaft gemacht worden.
Da bei der Anordnung vorläufiger Geldzahlung bereits eine begrenzte Befriedigung eintritt, sind besonders strenge Anforderungen
an den Nachweis der Notwendigkeit zu stellen. Bei einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung von Geldforderungen fehlt es
regelmäßig wegen der Leistungsfähigkeit des Sozialleistungsträgers an einem glaubhaft gemachten Anordnungsgrund (Schoch/Schmitt-Aßmann/Pietzner,
VwGO, §
123, Rn. 55).
Es ist hier zu berücksichtigen, dass der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung am 10. Juli 2008 gestellt worden ist,
so dass lediglich der Zeitraum vom Eingang des Antrags auf Erlass der einstweiligen Anordnung bis 23. Juli 2008 noch näher
zu prüfen ist. Für diese restliche Zeit von wenigen Tagen ist mangels irreparabler Rechtsnachteile eine einstweilige Anordnung
nicht zu erlassen. Insoweit bestehen auch Bedenken gegen einen Anordnungsanspruch. Unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin
genannten Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. August 2007 (L 9 AL 35/04) lässt sich nach einer im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zulässigen summarischen und pauschalen Prüfung der Sach-
und Rechtslage nicht erkennen, dass die Antragstellerin einen Arbeitslosengeldanspruch hat. Diese Leistung setzt u.a. voraus,
dass ein Arbeitsloser den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (sog. Verfügbarkeit). Dies ist
der Fall, wenn er eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter
den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf (§
119 Abs.
1 Nr.
3, Abs.
5 Nr.
1 Sozialgesetzbuch III -
SGB III -). Ein Arbeitsloser darf eine Beschäftigung aufnehmen und ausüben, wenn rechtliche Verbote dem nicht entgegenstehen bzw.
der Arbeitslose die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, d.h. z.B. keinem Beschäftigungsverbot nach dem
Mutterschutzgesetz unterliegt (Niesel,
SGB III, 4. Aufl., 2007, §
119 Rn. 71).
Nach Ansicht des Hessischen Landessozialgerichts verliert die arbeitslose Schwangere den Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht
durch ein ärztliches Beschäftigungsverbot nach §
3 Abs.
1 Mutterschutzgesetz trotz fehlender Verfügbarkeit, wenn nicht gleichzeitig eine zur Arbeitsunfähigkeit führende Krankheit vorliegt. Dieser Entscheidung
liegt jedoch eine andere Konstellation zu Grunde, nämlich die Abgrenzung zur Arbeitsunfähigkeit. Das Bundessozialgericht hat
mit Urteil vom 9. September 1999 (Breith 2000, 44) die Fingierung der Verfügbarkeit abgelehnt (siehe auch BSG vom 5. August 2008 Reg Nr. 28434 (BSG-Intern)).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).