Prüfungsumfang bei einem Überprüfungsantrag
Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung
1. Erfolgt die Überprüfung aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten, löst dieser Antrag zwar grundsätzlich eine Prüfpflicht
des Leistungsträgers aus, deren Umfang aber von dem Antrag und dessen Begründung abhängig ist.
2. Eine solche Prüfung erfordert, dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst - ggf. nach Auslegung
- oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Umfang der Prüfpflicht für die Verwaltung
bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist.
3. Andernfalls ist der Leistungsträger berechtigt, von einer inhaltlichen Prüfung des Antrags abzusehen.
4. Zumindest in Rechtsstreitigkeiten über die Beurteilung, ob ein hinreichend konkretisierter Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung über diesen Überprüfungsantrag abzustellen.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet; das Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das
erstinstanzliche Verfahren zu Recht abgelehnt. Die bei verständiger Würdigung (vgl §
123 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) im Zugunstenverfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, gerichtet auf Verurteilung des Beklagten zur Rücknahme des bestandskräftigen
Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 25. März 2011, hat nach Maßgabe der im PKH-Verfahren nur gebotenen summarischen
Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Zivilprozessordnung -
ZPO -).
Die Klägerin hat keinen Überprüfungsantrag gestellt, der zu einer inhaltlichen Überprüfung des Verwaltungsaktes vom 25. März
2011 führen musste. Zu den Voraussetzungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X hat der 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Urteil vom 13. Februar 2014 (- B 4 AS 22/13 R = SozR 4-1300 § 44 Nr 28 mwN), dem sich der 14. Senat des BSG angeschlossen hat (Beschluss vom 4. Juni 2014 - B 14 AS 335/13 B - juris; Urteil vom 28. Oktober 2014 - B 14 AS 39/13 R = SozR 4-1300 § 44 Nr 31), ausgeführt: Erfolgt die Überprüfung aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten, löst dieser
Antrag zwar grundsätzlich eine Prüfpflicht des Leistungsträgers aus, deren Umfang aber von dem Antrag und dessen Begründung
abhängig ist. Eine solche Prüfung erfordert, dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst - ggf
nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Umfang der Prüfpflicht
für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Andernfalls ist der Leistungsträger berechtigt,
von einer inhaltlichen Prüfung des Antrags abzusehen. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, nach dem "im Einzelfall" beim Vorliegen der Voraussetzungen die Rücknahme eines Verwaltungsaktes erfolgen soll, was in der
Konsequenz bedeutet, dass der Überprüfungsantrag des Leistungsberechtigten einen oder ggf mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte
konkret aufführen muss. Dafür streitet auch der Sinn und Zweck des § 44 SGB X, der die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit
zugunsten letzterer auflösen will, was jedoch nur möglich ist, wenn der Verwaltung der zu lösende Konflikt bekannt ist.
Die Klägerin hat zwar in ihrem Überprüfungsantrag neben anderen Bescheiden auch den Bescheid vom 25. März 2011 benannt. Ihrem
Antrag konnte aufgrund der in ihm angeführten, zu überprüfenden Umstände indes keine Konkretisierung entnommen werden, die
bezogen auf den genannten Bescheid eine einzelfallbezogene Überprüfung ermöglicht hätte. Die von ihr gemachten Einwendungen,
wonach der Beklagte von einem "vollkommen falschen Einkommen" und einem "fehlerhaften Bedarf" ausgegangen sei, sind weder
einzelfallbezogen noch derart prägnant, dass aus ihnen konkrete Prüfungspunkte hinsichtlich des benannten Verwaltungsaktes
hätten abgeleitet werden können. Sie stellen sich vielmehr in jedem Bescheid über die Aufhebung und Erstattung von Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II wegen anzurechnenden Einkommens (vgl BSG aaO.).
Der Beklagte durfte den Antrag daher mangels Bestimmbarkeit ablehnen. Durch die Benennung konkreter Gesichtspunkte, unter
denen der Bescheid vom 25. März 2011 rechtswidrig sein soll, in dem Schriftsatz vom 14. Januar 2014 wird der angefochtene
Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 28. September 2012 nicht rechtswidrig. Denn zumindest in Rechtsstreitigkeiten über die
Beurteilung, ob ein hinreichend konkretisierter Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung über diesen Überprüfungsantrag abzustellen (vgl BSG aaO.). Hinzu kommt, dass vorliegend weder der von der Klägerin benannte Begründungsmangel noch eine Rechtswidrigkeit des
Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 25. März 2011 wegen fehlender Anhörung der Klägerin ersichtlich sind. Die etwaige
Verletzung der Anhörungspflicht bleibt im Rahmen des § 44 SGB X ohnehin unbeachtlich (vgl BSG, Urteil vom 28. Mai 1997 - 14/10 RKg 25/95 = SozR 3-1300 § 44 Nr 21 mwN).
Kosten sind im PKH-Beschwerdeverfahren kraft Gesetzes nicht zu erstatten (vgl §
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).