Anordnungsanspruch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes für die negative Feststellung des Schwerbehindertenstatus
Gründe:
Die vom Antragsteller bei sachdienlicher Auslegung seiner Ausführungen mit seinem Schriftsatz vom 26. Juli 2010 eingelegte
Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 28. Juni 2010 ist gemäß §§
172 Abs.
1,
173 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zulässig, aber unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht den vom Antragsteller mit seinem Schriftsatz vom 5. April 2010 gestellten Antrag abgelehnt,
im Wege einstweiliger Anordnung "zu beschließen", d. h. festzustellen, dass "die Behinderung am 22. Februar 2007 endete".
Denn unabhängig davon, ob der Antragsteller richtigerweise hätte beantragen müssen, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen
Anordnung zu verpflichten, die begehrte Feststellung zu treffen, und ob und inwieweit eine derartige Feststellung überhaupt
Gegenstand vorläufigen Rechtsschutzes sein kann, erweist sich dieser Antrag jedenfalls als unbegründet.
Nach §
86 b Abs.
2 Satz 2
SGG in Verbindung mit §
920 Abs.
2 der
Zivilprozessordnung setzt der Erlass einer - wie hier begehrten - Regelungsanordnung voraus, dass der jeweilige Antragsteller glaubhaft macht,
dass ihm der verfolgte Anspruch zusteht (Anordnungsanspruch) und die beantragte vorläufige Intervention durch das Gericht
zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht
erfüllt.
Wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, fehlt es im Fall des Antragstellers bereits an einem Anordnungsgrund, weil
wesentliche Nachteile, die durch den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung abgewendet werden könnten, nicht ersichtlich
sind. Dem Antragsteller ist es vielmehr auch im Lichte des in Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes verankerten Gebots zur Gewährung
effektiven Rechtsschutzes zuzumuten, sein Begehren in einem Verfahren der Hauptsache durchzusetzen. Insbesondere benötigt
der Antragsteller die beantragte Feststellung nicht, um seine Rechte auf Übertragung einer Pfarrstelle gegenüber der E zu
wahren. Denn der beantragten Feststellung kommt insoweit keine präjudizielle Wirkung zu.
Davon abgesehen ist im vorliegenden Fall aber auch ein Anordnungsanspruch zu verneinen, weil sich bei der hier allein gebotenen
summarischen Prüfung keine materiell - rechtliche Grundlage dafür finden lässt, durch das Gericht oder den Antragsgegner feststellen
zu lassen, dass eine Behinderung nicht besteht. Denn das Schwerbehindertenrecht hat die Aufgabe, soziale Benachteiligungen
auszugleichen, denen Personen infolge eines Körperschadens ausgesetzt sind. Es erlaubt deshalb nur solche Feststellungen,
die geeignet sind, diese Aufgabe zu erfüllen. Dies können im Gegensatz zu der vom Antragsteller begehrten - negativen - Feststellung
indes nur solche Feststellungen sein, mit denen - positiv - bestätigt wird, dass eine Behinderung gegeben ist, weil sich allein
hieran rechtliche Erleichterungen anknüpfen lassen, mit denen das Ziel des Schwerbehindertenrechts erreicht werden kann.
Dies bedeutet bei überschlägiger Prüfung indes nicht, dass sich der Antragsteller von der Feststellung, er sei behindert,
nicht mehr lösen könnte. Denn abgesehen davon, dass der Antragsgegner dem Antragsteller den Schwerbehindertenstatus entziehen
könnte, wenn sich die insoweit getroffene Feststellung als von Anfang an rechtswidrig erweisen sollte oder aber - was hier
näher liegen dürfte - sich die gesundheitlichen Verhältnisse des Antragstellers zum Besseren gewendet haben sollten, bestünde
für ihn wohl die Möglichkeit, von sich aus - jedenfalls für die Zukunft - in entsprechender Anwendung von §
46 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB I) auf seinen Schwerbehindertenstatus zu verzichten (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 26. Februar 1986 - 9a RVs
4/83 -, abgedruckt in SozR 3870 § 3 Nr. 21). Einen solchen Verzicht dürfte der Antragsteller hier im Übrigen mit seinem an
den Antragsgegner gerichteten Schreiben vom 24. März 2010 bzw. spätestens mit seinem ebenfalls an den Antragsgegner gerichteten
Schreiben vom 27. Juli 2010, mit dem er diesem den Schwerbehindertenausweis zurückgesandt hat, auch schon erklärt haben. Sollte
eine wirksame Verzichtserklärung vorliegen, dürfte nunmehr der Antragsgegner gehalten sein, über den Verzicht einen förmlichen
Bescheid zu erteilen. Mit diesem Bescheid dürfte - jedenfalls für die Zukunft - entweder die Statusfeststellung aufzuheben
oder das Ende der Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).