Gericht
Sozialgerichtsbarkeit (38838)
Verfassungsgerichtsbarkeit (83)
Verwaltungsgerichtsbarkeit (1210)
Gerichte der EU (6)
Ordentliche Gerichtsbarkeit (1013)
Arbeitsgerichtsbarkeit (137)
Finanzgerichtsbarkeit (87)

Datum
2022 (1459)
2021 (2495)
2020 (2120)
2019 (2531)
2018 (2333)
2017 (2639)
2016 (2936)
2015 (4224)
2014 (2921)
2013 (1392)
mehr...
LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.09.2009 - 2 U 1101/05
Anspruch auf Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung; Minderung der Erwerbsfähigkeit durch eine posttraumatische Belastungsstörung; Anwendung international anerkannter Diagnosesysteme
1. Die Diagnose einer PTBS hat sich nach einem der international anerkannten Diagnosesysteme zu richten (ICD-10, DSM IV) siehe auch Urteil des Bundessozialgerichts, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, AZ: B 2 U 1/05 R.
2. Eine PTBS setzt nach der ICD-10, F 43.1 ein belastendes Ereignis voraus, dass "bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde" und normiert damit einen objektiven Schwerdegrad des Ereignisses. Die Behauptung eines nur subjektiv entsprechend belastenden Ereignisses erfüll die Voraussetzungen der Definition nicht.
3. Einem Gutachten, dass die Voraussetzungen der ICD-10 bzw. des DSM IV negiert, weil eine andere wissenschaftliche Lehrmeinung zugrunde zu lege sei, ist schon aus diesem Grund nicht zu folgen.
1. Zur Anerkennung einer psychischen Störung als Unfallfolge ist immer eine exakte Diagnose der Krankheit nach einem der international anerkannten Diagnosesysteme erforderlich. Die posttraumatische Belastungsstörung ist in der ICD-10, F 43.1 ausdrücklich definiert als verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Dieses Kriterium muss zunächst einmal erfüllt sein, um die festgestellten psychischen Reaktionen als posttraumatische Belastungsstörung bezeichnen zu können. Ein Kausalzusammenhang zwischen einem Arbeitsunfall und einer seelischen Krankheit kann danach nur bejaht werden, wenn nach dem aktuellen medizinischen Erkenntnisstand ein Unfallereignis der in Rede stehenden Art überhaupt geeignet ist, die betreffende Störung hervorzurufen, wobei die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung eine bestimmte Schwere des Unfallereignisses bereits voraussetzt.
2. Das Erfordernis, psychische Unfallfolgen immer nach international anerkannten Diagnosemanualen zu bewerten, dient dem erklärten Ziel, derartige Diskrepanzen in der gutachterlichen Bewertung auszuschließen und eine Gleichbehandlung der Versicherten herbeizuführen. Aus demselben Grund kommt es nicht darauf an, ob in der wissenschaftlichen Literatur entgegenstehende Auffassungen vertreten werden. Gerade auch wegen "möglicher Schulenstreite" sind die anerkannten Diagnosesysteme verbindlich. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Normenkette:
SGB VII § 56 Abs. 1
Vorinstanzen: SG Berlin 13.09.2005 S 67 U 728/04 , SG Berlin 13.09.2005 S 67 U 728/04
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. September 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungstext anzeigen: