Mitbewohner; Partner; Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft; Zusammenleben; Wohngemeinschaft; Vermutungsregelung; Hausbesuch;
Feststellung; Rücknahme; Bestimmtheit; Teilaufhebung; Indizien; anfängliche Rechtswidrigkeit; Bedarfsgemeinschaft
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Teilaufhebung von Leistungsbewilligungen und die Rückforderung von erbrachten Leistungen
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für Zeiträume vom 1. Juni 2005 bis 30. November 2008.
Die im Jahr 1953 geborene Klägerin und Berufungsbeklagte (im Weiteren: Klägerin) stellte am 29. September 2004 bei der Außenstelle
des Beklagten und Berufungsklägers (im Weiteren: Beklagter) in G. einen Antrag auf SGB II-Leistungen. Sie gab an, sie sei alleinstehend und habe bislang Arbeitslosenhilfe bezogen. Arbeitslosengeld I habe sie zuletzt
im Jahr 1997 erhalten. Zu ihren Wohnverhältnissen erklärte sie, sie bewohne als Untermieterin mit dem Hauptmieter L. (im Weiteren:
Zeuge) eine 70,3 m² große Dreiraumwohnung im P. in G. Für die Wohnung war eine Gesamtmiete von 374 EUR (Kaltmiete: 234 EUR,
Vorauszahlung für Heizkosten einschließlich Warmwasserversorgung: 75 EUR und für die Betriebskosten: 65 EUR) zu erbringen.
In einer beigefügten Mietbescheinigung der Vermieterin, der G. Wohnungsgesellschaft mbH, vom 21. September 2004 sind der Zeuge
und die Klägerin als Hauptmieter aufgeführt. Das Mietverhältnis bestehe seit März 2002. Bei der Antragstellung erklärte die
Klägerin durch ihre Unterschrift auf einem Formblatt des Beklagten sinngemäß, die in der Wohnung lebenden weiteren Personen
gehörten nicht zu ihrer Bedarfsgemeinschaft, führten selbständig und getrennt ihren Haushalt und unterstützten sie weder durch
Sach- noch durch Geldleistungen. Sie sei über den Begriff "Bedarfsgemeinschaft" informiert worden. Der Zeuge erklärte handschriftlich
am 6. Oktober 2004, die Klägerin bezahle "einen Anteil an Miete, GEZ und Kabelrechnungen". In der Verwaltungsakte ist sodann
vermerkt: "Fünf Monate - hat eine WG mit jemanden - Aufteilung d. KdU-Kosten".
Der Beklagte bewilligte der Klägerin ab Januar 2005 SGB II-Leistungen, u.a. für den streitbefangenen Zeitraum von Juni 2005 bis November 2008; die Daten der Bescheide und der Änderungsbescheide
sowie die monatliche Leistungshöhe ergeben sich aus der nachstehenden Tabelle (erste bis dritte Spalte). Er berücksichtigte
neben der Regelleistung für einen alleinstehenden Erwachsenen bei den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) die Hälfte der
Gesamtmiete, wobei er für die Kosten der Warmwasserbereitung 18% von der Heizkostenvorauszahlung abzog. Einkommen wurde nicht
angerechnet.
- Tabelle nicht darstellbar -
Nach Stellung des Weiterbewilligungsantrags für die Zeit ab Juni 2008 veranlasste der Beklagte am 21. Mai 2008 - ohne ersichtlichen
äußeren Anlass - die Durchführung eines Hausbesuchs bei der Klägerin zur "Feststellung Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft".
Aus dem "Ermittlungsbericht" über den Hausbesuch vom 16. Juli 2008 ergibt sich: Bad und Küche der Wohnung würden gemeinsam
genutzt. Im Bad sei keine Trennung zwischen männlichen und weiblichen Hygieneartikeln erkennbar; jeder wasche seine Kleidung
in der gemeinsamen Waschmaschine. Eine Trennung der Lebensmittel im Kühlschrank sei nicht erkennbar. Die Klägerin habe angegeben,
sie schlafe im Wohnzimmer auf der Couch, diese habe jedoch keine Schlaffunktion. Das Doppelbett im Schlafzimmer sei zweifach
aufgebettet; die Kleidung der Klägerin und des Zeugen werde in einem Kleiderschrank, in gesonderten Schrankteilen aufbewahrt.
Aus Sicht des Außendienstes deute alles auf eine eheähnliche Lebensgemeinschaft hin.
Mit Schreiben vom 14. August 2008 wies der Beklagte die Klägerin auf ihre Mitwirkungspflichten nach §
60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (
SGB I) hin. Er erläuterte, dass er nach Änderung von § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II im August 2006 zu einer "Änderung der Rechtsauffassung beim Zusammenleben zweier Partner in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft"
gekommen sei. Bislang habe er nur eheähnliche Gemeinschaften als Bedarfsgemeinschaft angesehen. Nunmehr komme es auf den Willen
der Partner an, füreinander einzustehen. Die Gemeinschaft müsse nach verständiger Würdigung einer Ehe ähnlich sein. U.a. wenn
Partner länger als ein Jahr zusammen lebten, werde ein Einstandswillen vermutet. Beim Hausbesuch hätten sich Hinweise auf
ein Zusammenleben mit dem Zeugen ergeben. Daher müsse eine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft unterstellt werden.
Der Beklagte forderte die Klägerin auf, weitere Angaben zum Zeugen zu machen und Unterlagen, insbesondere Einkommensnachweise
ab Juni 2005, vorzulegen. Zunächst würden keine SGB II-Leistungen mehr ausbezahlt.
Daraufhin machte die Klägerin in der Anlage WEP Angaben zur Sozialversicherung des Zeugen und legte Belege über dessen Berufsunfähigkeitsrente
und eine Kopie seines Personalausweises vor.
Mit Änderungsbescheid vom 1. Oktober 2008, gegen den die Klägerin - soweit ersichtlich - keinen Widerspruch eingelegt hatte,
änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 30. November 2008. Er bewilligte
ihr Leistungen (nur noch) für die KdU in Höhe von 171,35 EUR monatlich. Mit diesem Bescheid bewilligte er auch dem Zeugen
Leistungen von 171,34 EUR monatlich. Es sei "folgende Änderung" eingetreten: "Aufnahme von L. in die Bedarfsgemeinschaft."
Deshalb werde der Bewilligungsbescheid teilweise aufgehoben; die Einzelheiten der Berechnung ergäben sich aus dem beigefügten
Berechnungsbogen.
Unter dem 20. November 2008 erließ der Beklagte weitere Änderungsbescheide für den Zeitraum von Juni 2005 bis August 2008,
mit denen er der Klägerin geringere Leistungen und dem Zeugen erstmals Leistungen bewilligte. Er gab als Änderung an: "Durch
die Feststellung des Vorliegens einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft wurde Herr L. ab 01.06.2005 in die Bedarfsgemeinschaft
mit aufgenommen." Deshalb werde der Bewilligungsbescheid teilweise aufgehoben. Dazu erließ der Beklagte unter dem 2. Juni
2009 Änderungsbescheide, mit denen er die Leistungen geringfügig erhöhte (geänderter Warmwasserabzug bzw. Heizkostenberücksichtigung).
Die Höhe der monatlichen Leistungsbeträge für die Klägerin ergibt sich aus der vierten Spalte der Tabelle (Seite 3).
Mit Schreiben vom 21. November 2008 hörte der Beklagte die Klägerin zur Teilaufhebung und Erstattung an. Sie habe im Zeitraum
von Juni 2005 bis August 2008 SGB II-Leistungen zu Unrecht bezogen. Sie lebe bereits seit März 2002 mit dem Zeugen zusammen und die Überprüfung des Außendienstes
habe Hinweise auf ein Zusammenleben ergeben, sodass eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft unterstellt werden müsse.
Die Klägerin habe sich zum Schreiben von 14. August 2008 nicht geäußert, jedoch Einkommensnachweise des Zeugen vorgelegt,
sodass dieser ab Juni 2005 in die Bedarfsgemeinschaft habe aufgenommen werden können. Sie sei ihrer Verpflichtung, alle Änderungen
in den leistungserheblichen Verhältnissen mitzuteilen, zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X). Die überzahlten Leistungen seien gemäß § 50 SGB X zu erstatten. In der Zeit von Juni 2005 bis August 2008 seien Regelleistungen von insgesamt 8.654,01 EUR und KdU-Leistungen
von 16,27 EUR (insgesamt 8.670,28 EUR) überzahlt worden.
Am 4. Dezember 2008 legte die Klägerin gegen die Bescheide vom 20. November 2008 Widerspruch ein und führte aus, sie habe
bereits 2002 alle Angaben zu ihren Wohnverhältnissen gemacht und auch den Rentenbescheid des Zeugen vorgelegt.
Am 3. Februar 2009 erließ der Beklagte einen Rücknahme- und Erstattungsbescheid, mit dem er "die Entscheidung über die Bewilligung
von Leistungen" nach dem SGB II "vom 01.06.2005 bis 31.08.2008" für die Klägerin teilweise zurücknahm. Näheres sei dem Änderungsbescheid zu entnehmen. Es
ergebe sich eine Erstattungsforderung von insgesamt 8.670,28 EUR. Am 19. Februar 2009 legte die Klägerin auch gegen diesen
Bescheid Widerspruch ein.
Nach Erlass der Änderungsbescheide vom 2. Juni 2009 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 25. Juni 2009 die Widersprüche
gegen die Änderungsbescheide vom 20. November 2008 zurück. Er führte aus, zwischen der Klägerin und dem Zeugen bestehe eine
Bedarfsgemeinschaft. Sowohl die Voraussetzungen von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II als auch von § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II seien erfüllt, denn sie hätten bereits im März 2002 eine gemeinsame Wohnung bezogen. Von einem Zusammenleben sei immer schon
dann auszugehen, wenn Partner so wohnten, dass sie "Tisch und Bett" teilten. Es sei keine Trennung der Wohnbereiche, der individuellen
Habe oder der Lebensmittel ersichtlich gewesen. Zudem habe die Klägerin das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft nicht bestritten.
Im Weiterbewilligungsantrag vom 21. Oktober 2008 habe sie den Zeugen als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft angegeben. Im Erstantrag
von September 2004 habe sie verschwiegen, dass der Zeuge Mitglied ihrer Bedarfsgemeinschaft sei. Der Beklagte habe vom Vorliegen
einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft erst durch den Hausbesuch vom 16. Juli 2008 Kenntnis erlangt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2009 wies der Beklagte auch den Widerspruch gegen den Rücknahme- und Erstattungsbescheid
vom 3. Februar 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Juni 2009 zurück. Als Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung
und Erstattung der Leistungen zog er § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X und § 50 SGB X heran. Nach den Wohnverhältnissen sei von einer Bedarfsgemeinschaft auszugehen. Die Klägerin könne sich auf Vertrauensschutz
nicht berufen, da sie bei ihrer Leistungsantragsstellung grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe, auf denen die ursprünglichen
Bewilligungen beruht hätten. Sie habe erklärt, sie sei Untermieterin des Zeugen. Sie habe jedoch nicht erklärt, dass sie in
einer Bedarfsgemeinschaft zusammen lebten. Der Beklagte sei daher unzutreffend von einer Haushaltsgemeinschaft und nicht von
einer Bedarfsgemeinschaft ausgegangen.
Die Klägerin hat gegen die Änderungsbescheide vom 20. November 2008 am 24. Juli 2009 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau
(SG) erhoben und am selben Tag auch gegen den Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 3. Februar 2009 Klage eingereicht. Zur Begründung
hat sie ausgeführt, sie bilde mit dem Zeugen keine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft. Sie kenne ihn bereits seit
Jugendzeiten. Der Kontakt sei nie abgerissen. Im Jahr 2004 habe sie ihre aus ihrer Wohnung in B. ausziehen müssen, denn die
Wohnverhältnisse im Mietshaus seien nicht mehr auszuhalten gewesen. Da in B. kleine Wohnungen nicht verfügbar gewesen seien,
habe der Zeuge ihr angeboten, zu ihm nach G. zu ziehen. Dort habe es passenden Wohnraum gegeben. Der Zeuge habe die Wohnung
im P. angemietet, sie sei als Untermieterin eingezogen. Es sei ein Untermietvertrag abgeschlossen worden, und sie zahle die
Hälfte der Miete. Dies sei vom Arbeitsamt stets unproblematisch akzeptiert worden. Die aktuelle Situation sei unverändert.
Es bestehe keine Einstandsgemeinschaft. Sie schlafe im Wohnzimmer, wo sie auch Fernsehen schaue. Es gebe dort auch eine Klappcouch
für Besucher. Der Zeuge schlafe im Schlafzimmer, wo sich ein großer Kleiderschrank befinde, den sie sich teilten. Jeder nutze
eine Hälfte des Schranks. Ihr Bettzeug werde tagsüber im Schlafzimmer aufbewahrt. In ihrem Bereich der Wohnung, dem Wohnzimmer,
sei dafür oder für einen Kleiderschrank kein Platz. Küche und Bad würden gemeinsam genutzt. Die Fächer des Kühlschranks seien
nicht aufgeteilt, denn das sei nicht notwendig. Sie habe einen Ein-Euro-Job bei der V. und nehme dort das Mittagessen ein.
Für ihr Abendbrot kaufe sie Wurst stets frisch ein. Der Zeuge und sie hätten keine gemeinsamen Konten, jeder sei für seine
finanziellen Angelegenheiten selbst zuständig. Ihr Zusammenleben entspreche dem einer Wohngemeinschaft.
Im Erörterungstermin vom 16. Februar 2012 hat die Klägerin ausgeführt, der Zeuge habe bereits in der Wohnung im P. gewohnt,
als die Verhältnisse in ihrem Haus in B. unzumutbar geworden seien. Er habe ihr dann angeboten, zu ihm zu ziehen. Entgegen
den Feststellungen beim Hausbesuch handele es sich bei der Couch im Wohnzimmer um eine Klappcouch. Beim Hausbesuch sei die
Couch nicht untersucht worden. Sie verlasse regelmäßig morgens gegen 08:00 Uhr das Haus und kehre erst am Abend meist nach
17:00 Uhr zurück. Sie sei bei der Begegnungsstätte der V. beruflich und zusätzlich ehrenamtlich tätig und werde dort mit Essen
versorgt. Der Zeuge sei von einer Ein- in eine Dreiraumwohnung gezogen, weil im Zeitpunkt seines Einzuges schon festgestanden
habe, dass sie mit einziehen werde. Sie habe ihre Couch und ihre Schlafzimmermöbel in die Wohnung eingebracht. Diese nutze
jetzt der Zeuge.
Mit Beschluss vom 22. Februar 2010 hat das SG die Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Im Erörterungstermin am 18. April 2013 hat der Zeuge bekundet, er habe keine Liebesbeziehung zu der Klägerin. Eine solche
habe es auch in der Vergangenheit nicht gegeben. Der Einzug der Klägerin habe sich so ergeben. Er sei für ihn günstig gewesen,
denn damals sei er nach einer Hüftoperation nicht mobil gewesen. Die Klägerin sei mit in den Mietvertrag aufgenommen worden.
Die Miete werde von seinem Konto abgebucht. Die Klägerin zahle ihm die Hälfte der Kosten. Er habe mit ihr keine gemeinsamen
Versicherungen oder ähnliches. Einkäufe würden getrennt erledigt. Er wasche seine Wäsche selber.
Im Einverständnis der Beteiligten hat das SG ohne mündliche Verhandlung mit Urteil vom 18. Juni 2013 entschieden und die angegriffenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung
hat es ausgeführt: Die Anfechtungsklage sei zulässig und begründet. Dies gelte zunächst in Ansehung der Änderungsbescheide
vom 20. November 2008. Es könne dahinstehen, ob diese bereits eine wirksame teilweise Leistungsaufhebung enthielten. Der Beklagte
habe jeweils ohne nähere Bezifferung des Aufhebungsbetrags seine Bewilligungen teilweise aufgehoben und lediglich auf einen
Berechnungsbogen zur Änderung der Leistungshöhe verwiesen. Auch als "Änderungsbescheide" seien sie rechtswidrige belastende
Verwaltungsakte. Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 3. Februar 2009 sei wegen fehlender Bestimmtheit rechtswidrig,
weil nicht klar erkennbar sei, was der Beklagte geregelt habe. Es werde zu der teilweisen Rücknahmeentscheidung nur der Gesamtbetrag
für den erfassten Gesamtzeitraum genannt. Der monatliche Aufhebungsbetrag sei nicht ersichtlich Dieser Mangel werde durch
den Widerspruchsbescheid nicht geheilt, weil in diesem nur die monatlich verbleibenden Leistungsbeträge im streitigen Zeitraum
genannt würden. Wegen der vielen Zahlen und der Art der Darstellung in den Bescheiden sei nicht davon auszugehen, dass die
Klägerin die monatlichen Rücknahmebeträge selbst ermitteln könne. Mangels wirksamer Rücknahme fehle es an einer Grundlage
für eine Erstattungsforderung nach § 50 SGB X. Auch in den Änderungsbescheiden vom 20. November 2008 seien die monatlichen Aufhebungsbeträge nicht genannt. Wegen der Rechtswidrigkeit
der angegriffenen Bescheide komme es insoweit auf das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit dem Zeugen
nicht an. Dies sei jedoch maßgeblich für die weitere Leistungsbewilligung in den Monaten September bis November 2008. Es könne
bereits keine Wirtschaftsgemeinschaft zwischen der Klägerin und dem Zeugen festgestellt werden. Der Beklagte beschränke sich
im Wesentlichen auf die Feststellungen zur Wohnsituation. Daraus lasse sich nicht auf eine Wirtschaftsgemeinschaft schließen.
Die Klägerin habe glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass nicht gemeinsam gewirtschaftet werde. Dies habe der Zeuge
bestätigt. Gegenteiliges habe der Beklagte nicht substantiiert behauptet. Es gebe keine Anhaltspunkte für wirtschaftliche
Verflechtungen zwischen der Klägerin und dem Zeugen. Die Voraussetzungen des Vermutungstatbestandes des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II lägen nicht vor. Zwar wohnten die Klägerin und der Zeuge mehr als einem Jahr unter einem Dach, dies sei jedoch nicht als
Zusammenleben zu qualifizieren Soweit der Beklagte sich darauf berufe, die Klägerin habe in späteren Leistungsanträgen den
Zeugen als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft aufgeführt habe, ergebe sich keine andere rechtliche Bewertung. Aus den Angaben
im Oktober 2008 lasse sich nicht zwingend auf frühere Zeiträume (ab Juni 2005) schließen. Zudem sei zu berücksichtigen, die
Klägerin weitgehend "vorbereitete" Vordrucke des Beklagten ausgefüllt habe. Als juristischer Laie habe sie offensichtlich
die von dem Beklagten mitgeteilten Formulierungen bzw. seine rechtliche Bewertung "übernommen".
Gegen das ihm am 24. Juni 2013 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 24. Juli 2013 Berufung eingelegt und zur Begründung
ausgeführt: Die angegriffenen Bescheide seien hinreichend bestimmt. Maßgeblich sei, dass der Hausbesuch ergeben habe, dass
es keine Trennung der Wohnbereiche der Klägerin und des Zeugen gebe.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts DessauRoßlau vom 18. Juni 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Sie habe die Wohngemeinschaft mit dem Zeugen letztlich aus Kostengründen begründet, weil sie in B. keine
kostenangemessene Wohnung für sich als Einzelperson finden können. Der Wohnungsmarkt in G. sei entspannter gewesen. Ihren
Mietanteil zahle sie immer bar an den Zeugen. Sie habe den Zeugen in den Leistungsanträgen seit 2008 nicht aus freien Stücken
als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft angegeben. Sie sei gegen alle Bescheide des Beklagten, in denen von einer Bedarfsgemeinschaft
mit den Zeugen ausgegangen worden sei, vorgegangen. Insoweit ruhten weitere Klageverfahren beim SG.
Auf Nachfrage des Senats hat die Vermieterin der Klägerin unter dem 16. März 2015 ausgeführt, die Klägerin sei seit dem 15.
September 2004 neben dem Zeugen als Mieterin in den Mietvertrag aufgenommen worden. Die Mieter hätten immer betont, dass sie
eine Wohngemeinschaft bildeten. Auf Anforderung hat die Sparkasse Umsatzlisten für das Girokonto der Klägerin ab dem Jahr
2005 übersandt.
Im Erörterungstermin am 18. Dezember 2015 hat die Klägerin erklärt, sie arbeite weiterhin gegen eine geringe Aufwandsentschädigung
bei der V. und halte sich dort fast täglich auf. Sie besuche ab und zu ihre Kinder. Der Zeuge habe einen Garten, aber da arbeite
sie nicht mit. Den Haushaltsstrom bezahle der Zeuge alleine. Seit November 2008 habe sie ihren Mietanteil nicht mehr zahlen
können. Sie zahle seither nur noch die bewilligten Leistungen für die KdU. Sie beabsichtige, nach Renteneintritt wieder nach
B. zu ziehen.
Die Klägerin bezieht weiterhin SGB II-Leistungen. Der Beklagte geht von einer Bedarfsgemeinschaft aus und gewährt - nach Anrechnung des Renteneinkommens des Zeugen
- ergänzende KdU-Leistungen für sie und den Zeugen.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen. Wegen der Einzelheiten seiner
Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge
des Beklagten ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung
gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte eingelegte Berufung ist zulässig. Die Berufungswertgrenze von 750 EUR ist überschritten (§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG), da eine Erstattungsforderung von 8.105,70 EUR im Streit steht.
Streitgegenständlich ist das Urteil des SG, in dem es die Änderungsbescheide des Beklagten vom 20. November 2008 und der Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 3. Februar
2009, alle in der Fassung der Änderungsbescheide vom 2. Juni 2009 und in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25. und 26.
Juni 2009, aufgehoben worden sind. Dadurch ist es für die Klägerin bei den ursprünglichen Leistungsbewilligungen für den streitigen
Gesamtzeitraum vom 1. Juni 2005 bis zum 30. November 2008 geblieben. Ein höherer Leistungsanspruch der Klägerin war und ist
nicht Gegenstand des Verfahrens, denn diese hat sich im Wege der Anfechtungsklage allein gegen die teilweise Aufhebung der
bestandskräftigen Leistungsbewilligung gewehrt.
Die Berufung des Beklagten ist unbegründet, weil die Voraussetzungen für die verfügten Änderungen und teilweisen Aufhebungen
der ursprünglichen Leistungsbewilligung sowie eine Erstattungsforderung nicht vorliegen. Dementsprechend sind die angefochtenen
Bescheide rechtswidrig; das SG hat sie zu Recht aufgehoben.
Prüfungsmaßstab für die vom Beklagten erlassenen "Änderungsbescheide", die jeweils eine teilweise Aufhebung der vorherigen
Leistungsbewilligung enthalten, und den Rücknahmebescheid ist § 40 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit §
330 Abs.
2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (
SGB III) und §
45 Abs.
1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 sowie Abs. 4 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen,
soweit er von Anfang an rechtswidrig begünstigend ist. Voraussetzung ist weiter, dass der Begünstigte sich nicht auf schutzwürdiges
Vertrauen berufen kann, weil der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher
Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder weil er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder in Folge
grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
Die angefochtenen Bescheide sind im Ergebnis formell rechtmäßig. Zwar ist eine den Anforderungen des § 24 Abs. 1 SGB X entsprechende Anhörung der Klägerin nicht erfolgt, denn das Schreiben vom 21. November 2008, mit dem ihr eine zumindest grob
fahrlässige Verletzung der Pflicht zur Angabe von Änderungen in den leistungserheblichen Tatsachen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vorgeworfen wurde, ist erst nach Erlass der Änderungsbescheide vom 20. November 2008 versandt worden. Das darin vom Beklagten
angeführte sog. Anhörungsschreiben vom 14. August 2008 enthielt jedoch lediglich eine Aufforderung zur Mitwirkung u.a. durch
Vorlage von Einkommensbelegen des Zeugen im Hinblick auf ein nach Durchführung des Hausbesuchs vermutetes Vorliegen einer
Einstandsgemeinschaft. Diesem Schreiben, das eine Überprüfung des Leistungsanspruchs in Aussicht stellte, lassen sich weder
die konkret beabsichtigte Regelung (Eingriff) noch hinreichende Informationen über die den bevorstehenden Eingriff tragenden
Haupttatsachen (wie: falsche oder unzureichende Angabe der Tatsachen zur aktuellen Wohn- und Lebenssituation und dem persönlichen
Verhältnis zum Zeugen) entnehmen. Daher war der Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 3. Februar 2009 im Zeitpunkt seines
Erlasses formell rechtswidrig.
Indes ist der Anhörungsmangel durch eine Nachholung im Sinne von § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt worden. Zum einen enthielt der Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 3. Februar 2009, der auf die grundsätzlich
in Betracht kommende zutreffende Ermächtigungsgrundlage (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X) gestützt ist, die wesentlichen Tatsachen, auf die es nach der Rechtsansicht des Beklagten für den Verfügungssatz objektiv
ankam (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011, Az.: B 13 R 9/11 R, juris RN 14); insbesondere ist der Verschuldensvorwurf genannt worden: Die Klägerin habe in ihrem Leistungsantrag zumindest
grob fahrlässig falsche und unvollständige Angaben (zum Zusammenleben mit dem Zeugen) gemacht. Es sei ihr bekannt gewesen,
dass die Bewilligung rechtwidrig gewesen sei. Auf dieser Grundlage war die Klägerin in der Lage, sich im Widerspruchsverfahren
sachgerecht zu den entscheidungserheblichen Tatsachen bzw. zum vorgeworfenen Verhalten äußern. Insoweit ersetzt das mit dem
Widerspruchsbescheid des Beklagten endende Vorverfahren die förmliche Anhörung.
Indes sind die angegriffenen Bescheide - auch in der Fassung, die sie durch die Änderungsbescheide und die Widerspruchsbescheide
erhalten haben - schon deshalb rechtswidrig, weil sie den gesetzlichen Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten
nicht genügen. Als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung verlangt das Bestimmtheitserfordernis des § 33 Abs. 1 SGB X, dass der Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist. Dies bezieht sich sowohl auf den Verfügungssatz
als auch auf den Adressaten. Der Betroffenen muss bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers
unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände in die Lage versetzt werden, die in dem Bescheid getroffene Rechtsfolge vollständig,
klar und unzweideutig zu erkennen und sein Verhalten daran auszurichten (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013, Az.: B 4 AS 89/12 R, juris RN 15). Ausreichende Klarheit kann auch dann bestehen, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung
des Verwaltungsaktes, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen
zurückgegriffen werden muss vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012, Az.: B 14 AS 6/12 R, juris; BSG, Urteil vom 29. November 2012, Az.: B 14 AS 196/11 R, juris RN 16). Die Grenze der zumutbaren Auslegung ist nach der Rechtsprechung des BSG jedoch erreicht, wenn es dem Adressaten eines Bescheids überlassen bleibt, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung
zu bestimmen, weil dies den Kernbereich der dem Leistungsträger obliegenden Entscheidung betrifft (vgl. BSG, a.a.O.).
Allein aus dem Rücknahmebescheid vom 3. Februar 2009 sind die Einzelregelungen für die streitgegenständlichen Monate nicht
erkennbar, weil die monatlichen Teilaufhebungen nicht beziffert sind und nur die Erstattungsforderung für den Gesamtzeitraum
genannt wird. Die Grenze des der Klägerin zumutbaren Rückgriffs auf andere Unterlagen, um die in den angegriffenen Bescheiden
getroffene Regelung eindeutig zu erkennen, ist im vorliegenden Fall nach der Auffassung des Senats aufgrund einer Summierung
besonderer Umstände überschritten:
Zwar wird im Rücknahmebescheid auf "den" Änderungsbescheid Bezug genommen, aber diese Verweisung ist nicht eindeutig. Denn
weder ist das Erlassdatum des Änderungsbescheids genannt noch ist nach der Formulierung eindeutig erkennbar, dass alle (sechs)
Änderungsbescheide vom 20. August 2008 gemeint sein sollen. Darüber hinaus ergeben sich auch aus diesen Änderungsbescheiden
die monatlichen Aufhebungsbeträge nicht. Dafür hätte die Klägerin die ursprünglichen Bewilligungsbescheide sowie die dazu
erlassenen Änderungsbescheide, die ihrerseits weder in den Änderungsbescheiden vom 20. August 2008 noch im Rücknahmebescheid
vom 3. Februar 2009 vollständig mit den Daten ihres Erlasses bezeichnet sind, hinzunehmen müssen. Sodann hätte eine einfache
Rechenoperation (ursprüngliche Bewilligung abzüglich des verbleibenden Leistungsbetrags gemäß Änderungsbescheid vom 20. August
2008) den monatlichen Aufhebungsbetrag ergeben (vgl. fünfte Spalte der Tabelle auf Seite 3).
Diese Operation ist 42 mal für die sechs streitigen Regelbewilligungszeiträume durchzuführen. An ihrem Ende stehen 42 Teilaufhebungsbeträge,
die indes in ihrer Addition nicht die Erstattungsforderung des Beklagten ergeben, was die Nachvollziehbarkeit der getroffenen
Regelung zusätzlich erschwert. Denn der Beklagte hat im angegriffenen Rücknahmebescheid offensichtlich eine "Querverrechnung"
der Erstattungsforderung mit denjenigen Leistungen vorgenommen, die er in dem Bescheid erstmalig für den Zeugen bewilligt
hat. Er hat dies jedoch im Bescheid nicht erwähnt oder erläutert. Daneben ist die atypische und für die Regelungsklarheit
nicht förderliche Bescheidkonstellation zu berücksichtigen. In den so bezeichneten (sechs) "Änderungsbescheiden" für die einzelnen
Bewilligungszeiträume hat der Beklagte nicht nur die Leistungen für die Klägerin in geringerer Höhe festgesetzt, sondern auch
Leistungen an den Zeugen geregelt, der bis dahin keine SGB II-Leistungen bezogen hatte. Eine Gegenüberstellung von bisheriger und neuer Leistungshöhe ist nicht erfolgt. Erst auf der zweiten
Seite der "Änderungsbescheide" - und nicht im Zusammenhang mit der Neuregelung der Leistungshöhe - befindet sich die weitere
maßgebliche, aber ebenfalls nicht erläuterte Regelung: "Der Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts wird deshalb teilweise aufgehoben." Der (eine) insoweit maßgebliche Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom
3. Februar 2009 ist von dem Beklagten erst rund zwei Monate später und nicht mehr in einem engen zeitlichen Zusammenhang erlassen
worden.
Daher trifft es dem Grunde nach zwar zu, wenn der Beklagte ausführt, für jeden einzelnen Monat des Aufhebungszeitraums sei
der jeweilige Rücknahmebetrag mit einer einfachen Rechenoperation ermittelbar. Jedoch erschweren die vorgenannten Umstände,
die Länge des streitbefangenen Zeitraums und die dadurch vorgegebene Zahl der notwendigen Rechenoperationen im Zusammenhang
mit der unklaren Bescheidlage die der Klägerin abverlangten Überlegungen und Berechnungen derart, dass sie ihr im Ergebnis
nicht mehr zuzumuten sind. Für den Senat ist nicht feststellbar, dass die Klägerin danach in der Lage war, die getroffene
Regelung bzw. die damit verbundenen Rechtsfolge vollständig, klar und unzweideutig zu erkennen und ihr Verhalten daran auszurichten.
Die vom SG angenommene Rechtwidrigkeit der Bescheide wegen mangelnder Bestimmtheit im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Darüber hinaus liegen auch die objektiven Voraussetzungen von § 45 SGB X nicht vor. Denn die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts nach der genannten Vorschrift setzt nach deren systematischen
Stellung im Gefüge der §§ 44 ff. SGB X voraus, dass eine ursprüngliche Rechtswidrigkeit vorlag, der Verwaltungsakt also bereits im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig
war (ständige Rspr, vgl. nur BSG, Urteil vom 25. Juni 2015, Az.: B 14 AS 30/14 R, juris RN 15). Die ursprünglichen Bewilligungsbescheide für den streitbefangenen Gesamtzeitraum vom 1. Juni 2005 bis zum
30. November 2008 müssten von Anfang an teilweise rechtswidrig gewesen sein.
Zu Recht hat das SG entschieden, dass die Beklagte nicht berechtigt war, die Leistungsbewilligungen rückwirkend für den vorgenannten Zeitraum
teilweise aufzuheben und die überzahlten Leistungen zurückzufordern, weil die Bewilligungen für den Zeitraum ab 1. Juni 2005
nicht teilweise rechtswidrig waren. Der Beklagte hat zur Begründung der Rücknahme ausgeführt, dass die Klägerin einen geringeren
Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gehabt habe, weil mit dem Zeugen eine Einstehensgemeinschaft bestehe. Sie habe mit ihm eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne
des § 7 Abs. 3 SGB II gebildet. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauen berufen, da ihr die näheren Umstände ihres Zusammenlebens bekannt gewesen
seien und sie bei der Leistungsantragstellung zumindest grob fahrlässig falsche und unvollständige Angaben gemacht habe.
Die Begründung trägt indes nicht die Rücknahme der Leistungsbewilligung, weil es an einer entscheidenden Voraussetzung für
eine solche Aufhebung fehlt. Notwendig ist das Bestehen einer Partnerschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft. Die Feststellungen des Beklagten im Verwaltungsverfahren reichen hierzu nicht
aus. Auch im Berufungsverfahren hat sich eine Partnerschaft und mithin eine Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin und
dem Zeugen nicht feststellen lassen.
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten
für Unterkunft und Heizung. Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten, sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben bzw. in der seitdem 1. Januar
2008 geltenden Fassung, die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren
gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfsbedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer
Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eignen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme
einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderlich Hilfe nicht
von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Die Klägerin ist im streitigen Zeitraum im passenden Alter und erwerbsfähig gewesen und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt
in der Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin ist auch hilfsbedürftig gewesen und hat daher dem Grunde nach einen Leistungsanspruch
nach dem SGB II. Dieser hätte nur dann nicht im ursprünglich bewilligten Umfang bestanden, wenn die Klägerin und der Zeuge im streitigen
Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 SGB II bildeten und daher bei der Berechnung ihres Leistungsanspruchs das Einkommen des Zeugen zu berücksichtigen gewesen wäre.
Dann wäre die Leistungsgewährung an die Klägerin als alleinstehende Person, die in einer Wohngemeinschaft lebt, unzutreffend
und der Höhe nach teilweise rechtswidrig gewesen.
Denn gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen auch Personen, die mit erwerbsfähigen hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Zur Bedarfsgemeinschaft
im vorgenannten Sinne gehören der erwerbsfähige Hilfebedürftige und u.a. als Partner der erwerbsfähige Hilfebedürftige die
Person, die mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (§ 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II in der maßgeblichen Fassung des Kommunalen Optionsgesetz vom 30. Juli 2004, BGBl I S. 2014). Diese Regelung wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl.
I S. 1706) neu gestaltet, indem in Abs. 3 Nr. 3c die Rechtsfigur der eheähnlichen Gemeinschaft zugunsten einer Einstandsgemeinschaft
aufgegeben wurde. Danach gehört als Partner des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zur Bedarfsgemeinschaft eine Person,
die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammen lebt, dass nach verständiger
Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Zusätzlich
wurde eine Vermutungsregelung in § 7 Abs. 3a SGB II neu eingefügt. Danach wird eine wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet,
wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben, mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, Kinder oder Angehörige im Haushalt
versorgen oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23. August 2012, Az.: B 4 AS 34/12 R, juris) liegt eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nur vor, wenn kumulativ die folgenden Voraussetzungen gegeben
sind: Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben (objektive Voraussetzungen)
und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen
und füreinander einzustehen (subjektive Voraussetzung). Für das "Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt" im Sinne des
§ 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II müssen zwei Elemente zusammenkommen, nämlich das Zusammenleben und kumulativ das Wirtschaften aus einem Topf (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009, Az.: B 14 AS 6/08 R, juris RN 15; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, Az.: B 4 AS 68/07 R, juris RN 3; BSG, Urteil vom 18. Februar 2010, Az.: B 4 AS 5/09 R, juris RN 15; BSG, Urteil vom 18. Februar 2010, Az.: B 14 AS 32/08 R, juris RN 16). Eine - über eine reine Wohngemeinschaft hinausgehende - Wirtschaftsgemeinschaft ist gegeben, wenn der (eine)
Haushalt von beiden Partnern geführt wird und die damit verbundenen Kosten des Haushalts gemeinschaftlich durch beide Partner
bestritten werden, wobei es nicht zwingend nicht auf gleichwertige Beiträge ankommt; ausreichend ist eine Absprache zwischen
den Partner, wie sie diese zum Wohl des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen.
Hierzu mangelt es an Feststellungen des Beklagten. Er hat beim Hausbesuch ein "Zusammenwohnen" festgestellt, aber nicht zwischen
einer Wohngemeinschaft und einem "Zusammenleben" im oben ausgeführten Sinne differenziert. Zudem fehlen Feststellungen zum
erforderlichen gemeinsamen Wirtschaften. Der Beklagte hat über das langjährige gemeinsame Bewohnen einer Wohnung hinaus keine
hinreichenden Anhaltspunkte für das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt und für das Vorliegen einer Partnerschaft
zwischen der Klägerin und dem Zeugen aufgezeigt. Denn unter "Zusammenleben" in einer Wohnung ist mehr als ein bloßes "Zusammenwohnen",
wie es bei Wohngemeinschaften der Regelfall ist, zu verstehen (vgl. BSG, a.a.O., RN 22). Zum Zusammenleben in einer Wohnung bedarf es eines gemeinsamen Wirtschaftens, das über eine gemeinsame Nutzung
von Bad, Küche und ggf. weiterer Gemeinschafträume hinausgeht. Eine Wirtschaftsgemeinschaft ist auch dann noch nicht anzunehmen,
wenn - wie bei Wohngemeinschaften häufig - ein gemeinsamer Einkauf von Grundnahrungsmitteln, Reinigungs- und Sanitärartikeln
aus einer von allen Mitbewohnern zu gleichen Teilen angesparten Gemeinschaftskasse finanziert wird. Entscheidend ist vielmehr,
dass der Haushalt von beiden Partnern geführt wird, wobei die Beteiligung an der Haushaltsführung von der jeweiligen wirtschaftlichen
und körperlichen Leistungsfähigkeit der Partner abhängig ist. Maßgeblich ist eine Absprache zwischen den Partner, wie die
Haushaltsführung zum Wohle des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufgeteilt wird.
Zu all dem gibt es keine Feststellungen des Beklagten. Er hat aus den Befunden beim Hausbesuch auf das Bestehen einer Wohn-
und Wirtschaftsgemeinschaft geschlossen, ohne dies durch tragfähige Indizien zu belegen. Die von ihm beim Hausbesuch festgestellten
Tatsachen, wie das mit Bettzeug für zwei Personen versehene Doppelbett im Schlafzimmer, die gemeinsame Nutzung eines viertürigen
Kleiderschranks, die fehlende Trennung von Lebensmitteln im Kühlschrank bzw. Hygieneartikeln im Bad, belegen zunächst lediglich
eine Wohngemeinschaft. Der Befund könnte auf eine Wirtschaftsgemeinschaft (und darüberhinausgehende Partnerschaft) zwischen
der Klägerin und dem Zeugen hindeuten; dieser Schluss ist jedoch nicht zwingend.
Im Kern betreffen die Feststellungen des Beklagten, die er als Grundlage für die Annahme einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft
anführt, nur das gemeinsame Wohnen von Klägerin und Zeugen. Er hat die weiteren erforderlichen Kriterien für das Vorliegen
einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft nicht überprüft. Erkenntnisse zur Art des Zusammenlebens der Klägerin und
des Zeugen, zu einer gegenseitigen finanziellen Unterstützung oder zum gemeinsamen Wirtschaften fehlen. Soweit die Feststellungen
beim Hausbesuch auf eine Verbindung hindeuten, die über eine Wohngemeinschaft hinausgehen könnte, sind sie nicht weiter untermauert,
sondern das Bestehen einer Partnerschaft schlicht unterstellt worden. Die aus den Feststellungen beim Hausbesuch gezogenen
Schlüsse auf eine Einstehensgemeinschaft sind durch die nachvollziehbaren Erläuterungen der Klägerin im sozialgerichtlichen
Verfahren sowie in der mündlichen Verhandlung des Senats entkräftet worden. Die Angaben der Klägerin zur gemeinsamen Nutzung
der Wohnung, aber im Übrigen getrennten Lebensführung, sind schlüssig und nicht zu widerlegen. Es ist möglich, dass ihr das
Wohnzimmer als individueller Wohnbereich zugewiesen ist, und sie dort auch nächtigt. Ebenso ist gut denkbar, dass die Klägerin
einen Teil ihrer Kleidung im Kleiderschrank in dem vom Zeugen (als dessen Wohnbereich) genutzten Schlafzimmer aufbewahrt und
daraus im alltäglichen Zusammenwohnen keine Probleme resultieren. Entsprechendes gilt für ihre weiteren Angaben, es werde
getrennt gewirtschaftet, es erfolge keine gemeinsame Einnahme von Mahlzeiten, es werde nicht zusammen gekocht, jeder beschaffe
seine Lebensmittel eigenständig, auch die Wäsche werde getrennt gewaschen. Diese Angaben hat der Zeuge bestätigt und zudem
zur Überzeugung des Senats deutlich gemacht, dass ihm nicht an einer Zweisamkeit im Sinne einer gemeinsamen Lebensführung
mit der Klägerin gelegen ist.
Das Bestehen von wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen der Klägerin und dem Zeugen, die über ihre Beteiligung an den Unterkunftskosten
hinausgehen, hat der Beklagte nicht substantiiert behauptet oder in den angegriffenen Bescheiden dargelegt. Entsprechendes
ergibt sich weder aus seinen Verwaltungsakten noch aus den gerichtlichen Ermittlungen oder den Angaben des Zeugen bei dessen
Vernehmung in der mündlichen Verhandlung des Senats.
Der Zeuge und die Klägerin unterhalten eigene Girokonten. Aus den vorliegenden Umsatzübersichten des Girokontos der Klägerin
sind keine Besonderheiten erkennbar. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass über ihr Konto Zahlungsverkehr für den
Zeugen abwickelt würde. Vielmehr ist es offensichtlich so, dass sie unmittelbar nach Eingang der SGB II-Leistungen zum Monatsende bzw. Monatsbeginn einen größeren Barbetrag, der jeweils über 200 EUR liegt, vom Konto abhebt. Damit
konnte sie ihren Mietanteil - wie behauptet - bar an den Zeugen zahlen. Nach den übereinstimmenden Angaben der Klägerin und
des Zeugen wird die Miete regelmäßig von seinem Girokonto abgebucht. Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin und
der Zeuge gegenseitig als Begünstigte bei etwaigen Lebensversicherungen o.ä. eingesetzt hätten. Es gibt keine tatsächlichen
Anhaltspunkte für ein gemeinsames Wirtschaften. Die Klägerin und der Zeuge bestreiten ein "Wirtschaften auf einem Topf". Dies
ist für den streitbefangenen Zeitraum nicht zu widerlegen.
Nach den Angaben der Klägerin erfolgt eine getrennte Freizeitgestaltung. Sie beteiligt sich nicht an der Bewirtschaftung des
(Pacht-)Gartens des Zeugen und nutzt diesen nicht. Sie hat bekundet, sich täglich regelmäßig - auch über den zeitlichen Umfang
der Arbeitsgelegenheit hinaus - in der Begegnungsstätte der V. aufzuhalten. Der Zeuge hat in der mündlichen Verhandlung des
Senats glaubhaft erklärt, dass er nur wenige soziale Kontakte habe und die Begegnungsstätte nicht besuche.
Bei der Bewertung der Erkenntnisse aus dem Hausbesuch im Juli 2008 ist zudem zu beachten, dass diese zunächst nur die tatsächlichen
Verhältnisse im Besuchszeitpunkt abbilden und nur eine eingeschränkte Aussagekraft für Zeiträume der Vergangenheit besitzen;
dies gilt umso mehr, je weiter diese zurückliegen. Insoweit könnten sich die tatsächlichen Verhältnisse verändert haben. Insoweit
ist entgegen der Auffassung des Beklagten der Umstand, dass die Klägerin im Weiterbewilligungsantrag vom 21. Oktober 2008
den Zeugen als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft angegeben hat, kein Indiz für das tatsächliche Bestehen einer Lebens- und
Einstehensgemeinschaft im Zeitraum von Juni 2005 bis Juni 2008. Offensichtlich ist diese Angabe auf Veranlassung des Beklagten
erfolgt. Denn die Klägerin hat die nachfolgenden Bewilligungsbescheide, mit denen ihr SGB II-Leistungen - unter Anrechnung des Renteneinkommens des Zeugen - bewilligt wurden, jeweils im Rechtsbehelfsverfahren angegriffen.
Ein über das eingeräumte Zusammenwohnen hinausgehendes Zusammenleben der Klägerin und des Zeugen im beschriebenen Sinne kann
für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht festgestellt werden. Damit liegen die Voraussetzungen der Vermutungsregelung
in § 7 Abs. 3a SGB II für eine Partnerschaft nicht vor. Daher kann das Bestehen einer Einstehensgemeinschaft nicht unterstellt werden. Insoweit
trägt der Beklagte, der ursprünglich Leistungen ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft bewilligt hatte, die Beweislast für
das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II. Hinzu kommt, dass es in der gegebenen Rücknahmekonstellation des § 45 SGB X ohnedies Aufgabe der Behörde ist, die Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Bewilligungsbescheide bzw. die Fehlerhaftigkeit
der ursprünglichen Tatsachenannahme (nur Wohngemeinschaft) zu beweisen (vgl. Schütze in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 45 RN 29 mit weiteren Nachweisen). Indes ist aufgrund der objektiven Gegebenheiten eine Beweiswürdigung, die zur Annahme einer
Partnerschaft führt, nicht möglich.
Da sich der Beklagte auf die ursprüngliche Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligungen beruft, geht die Unerweislichkeit seiner
Annahme des Bestehens einer über die eingeräumte Wohngemeinschaft hinausgehende Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft
zwischen der Klägerin und dem Zeugen zu seinen Lasten. Denn über den Hausbesuch hinaus hat der Beklagte keine Ermittlungen
angestellt und insbesondere den Zeugen als mutmaßlichen Partner der Klägerin auch nicht befragt. Es kann dahinstehen, ob in
einer solchen Situation überhaupt weitergehende Ermittlungen des Senats geboten waren. Jedenfalls haben die vom Senat unternommenen
weiteren Aufklärungsversuche keinen Nachweis für eine Einstehensgemeinschaft erbracht: Die Bewegungen auf dem Girokonto der
Klägerin ergaben keine Hinweise auf wirtschaftlichen Verflechtungen mit dem Zeugen. Die Befragung der Klägerin in der mündlichen
Verhandlung des Senats ergab keine Hinweise auf das Bestehen einer Partnerschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II; aus den Bekundungen des Zeugen ist vielmehr deutlich geworden, dass er es zwar schätzt, dass eine weitere Person mit in
der Wohnung lebt, er aber sein Leben eigenständig führt und - unabhängig von seiner Mitbewohnerin - seinen Interessen nachgeht.
Abgesehen vom Vorstehenden ist nach der Einschätzung des Senats das Bestehen einer Einstandsgemeinschaft nicht überwiegend
wahrscheinlich. Angesichts des Umstands, dass die Klägerin bereits im ersten Leistungsantrag das Bestehen einer Wohngemeinschaft
offen gelegt hat, erscheinen die sich aus dem Hausbesuch 2008 ergebenen Indizien zu schwach, um vom Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft
auszugehen.
Da der Senat nicht zu der Überzeugung gelangt ist, dass im streitbefangenen Zeitraum von Juni 2005 bis November 2008 eine
Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft zwischen der Klägerin und dem Zeugen vorlag, waren die ursprünglichen Leistungsbewilligungen
an die Klägerin nicht rechtwidrig. Denn zur Beurteilung des Hilfebedarfs der Klägerin kam es allein auf ihr Einkommen und
Vermögen und nicht auf dasjenige des Zeugen an, weil keine Bedarfsgemeinschaft bestand.
Die insoweit rechtmäßigen begünstigenden Bewilligungsbescheide konnten daher nicht nach § 45 SGBX zurückgenommen werden; die
angegriffenen Bescheide des Beklagten waren aufzuheben. Die Berufung des Beklagten war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage.