Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren nur noch um die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zwangsvollstreckung aus
dem Vollstreckungsbescheid vom 6. Januar 2012 in Höhe von 1.045,47 EUR sowie die Frage, ob die Beklagte dem Kläger sämtliche
dadurch entstandenen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen sowie alle daraus entstandenen Kosten zu tragen habe.
Der 1952 geborene Kläger war im streitigen Zeitraum bei der Beklagten als Rentner gesetzlich krankenversichert und erzielte
daneben Einkommen aus einer freiberuflichen Tätigkeit, das die Beklagte verbeitragte. Aus den Leistungsbescheiden vom 17.
Dezember 2010, 19. Januar 2011, 17. Februar 2011, 23. Mai 2011, 17. Juni 2011, 18. Juli 2011, 17. August 2011, 17. September
2011, 19. Januar 2011, 16. November 2011 und 16. Dezember 2011, mit denen sie Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum
von Juni 2010 bis November 2011 in Höhe von 955,95 EUR, Säumniszuschläge gemäß §
24 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB IV) in Höhe von 80,50 EUR sowie Mahn- und Portokosten in Höhe von 9,02 EUR geltend machte, betrieb sie im Januar 2012 die Zwangsvollstreckung,
übersandte dem Obergerichtsvollzieher K_____ mit Vollstreckungsauftrag vom 5. Januar 2012 vollstreckbare Ausfertigungen der
Bescheide und machte einen Gesamtrückstand in Höhe von 1.045,47 EUR geltend zuzüglich Säumniszuschläge gemäß §
24 SGB IV ab 16. Januar 2012 aus 950,00 EUR. Mit seiner Klage vom 19. Januar 2012 hat der Kläger beim Sozialgericht Lübeck begehrt,
der Beklagten die Zwangsvollstreckung aus den Beitragsbescheiden zu untersagen. Diese seien zu hoch festgestellt worden, denn
die Beklagte habe ein fehlerhaftes Einkommen zugrunde gelegt. Außerdem werde das Einkommen aus einer geringfügigen und damit
sozialversicherungsfreien Tätigkeit erzielt, so dass er hierfür weder Krankenversicherungs- noch Pflegeversicherungsbeiträge
zu zahlen habe.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
der Beklagten die Zwangsvollstreckung aus den Bescheiden vom 17. Dezember 2010, 19. Januar 2011, 17. Februar 2011, 23. Mai
2011, 17. Juni 2011, 18. Juli 2011, 17. August 2011, 17. September 2011, 19. Oktober 2011, 16. November 2011 und 16. Dezember
2011 zu untersagen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, die Zwangsvollstreckung sei rechtmäßig, da Widersprüche und Klagen gegen Beitragsbescheide nach dem
Gesetz keine aufschiebende Wirkung entfalten würden. Dies gelte, bis die aufschiebende Wirkung durch das zuständige Gericht
angeordnet werde, was aber in diesem Fall nicht erfolgt sei.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21. März 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
"Die Vollstreckungsabwehrklage hat keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagten die Betreibung
der Zwangsvollstreckung aus den im Antrag benannten Bescheiden untersagt wird.
Insoweit wird in analoger Anwendung des §
136 Abs.
3 SGG auf die Ausführungen der erkennenden Kammer im Beschluss vom 23.02.2012 (Az. S 33 KR 50/12 ER, S 33 KR 50/12 ER PKH) im vorangegangenen Eilverfahren, im Beschluss vom 28.02.2012 (Az. S 33 KR 50/12 PKH) sowie die Ausführungen des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts in dessen Beschlüssen vom 28.06.2012 (Az. L 5 KR 49/12 B ER, L 5 KR 54/12 B PKH und L 5 KR 61/12 B PKH) in den jeweiligen Beschwerdeverfahren verwiesen, an denen das Gericht nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage
ausdrücklich festhält. Der analogen Anwendung des §
136 Abs.
3 SGG begegnen keine Bedenken, da die Vorschrift ohnehin weit auszulegen ist. Der Zweck der Vorschrift ist es nämlich, unnötige
Wiederholungen zu vermeiden. Daher ist die Bezugnahme auf Schriftstücke, die den Beteiligten bekannt sind regelmäßig auch
in den Entscheidungsgründen zulässig, sofern die Verständlichkeit darunter nicht leidet (vgl. Keller in Mayer-Ladewig
SGG, 10. Aufl. 2012, §
136 Rn. 7c). Dies ist hier nicht der Fall, so dass einer Verweisung auf die genannten Entscheidungen nichts im Wege steht."
Gegen den ihm am 27. März 2013 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 2. April 2013 beim Sozialgericht
Lübeck eingegangenen Berufung. Er macht geltend, die Zwangsvollstreckung sei rechtswidrig gewesen. Die Beklagte habe zumindest
überhöhte Forderungen aufgrund eines tatsächlich nicht erzielten Verdienstes im Jahre 2011 gestellt. Das belege der Bescheid
der Beklagten vom 17. Februar 2012, mit dem die Beitragsforderung für 2011 reduziert worden sei. Zudem behaupte die Beklagte
im Vollstreckungsbescheid Säumniszuschläge in Höhe von 80,50 EUR sowie Mahn- und Portokosten in Höhe von 9,02 EUR, die sich
jedoch nicht aus den Einzelbescheiden, aus denen vollstreckt worden sei, ergäben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lübeck vom 21. März 2013 aufzuheben und festzustellen, dass die Zwangsvollstreckung
aus dem Vollstreckungsbescheid vom 6. Januar 2012 in Höhe von 1.045,47 EUR rechtswidrig war und die Beklagte ihm sämtliche
dadurch entstandenen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen sowie alle daraus entstandenen Kosten zu tragen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten
verwiesen. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Zum Zeitpunkt des angefochtenen Gerichtsbescheides des Sozialgerichts war in jedem Fall das Rechtsschutzbedürfnis für eine
Vollstreckungsabwehrklage im Sinne des §
767 Zivilprozessordnung (
ZPO) entfallen, weil die Zwangsvollstreckung als Ganzes beendet war. Insoweit verweist der erkennende Senat auf seine Ausführungen
im Urteil vom 28. April 2016 im Verfahren L 5 KR 11/13, die auch hier Geltung entfalten. Ebenso wie im Verfahren L 5 KR 11/13 hat der Kläger auch hier seine Anträge wegen der Beendigung der Zwangsvollstreckung erst im Berufungsverfahren korrigiert.
Daraus folgt, dass die Klageänderung erst zu einem Zeitpunkt geschah, als der geänderte Streitgegenstand bereits im Verfahren
S 3 KR 1112/10/L 5 KR 62/11 rechtshängig war. Bei einer Klageänderung beginnt für neue Anträge eine neue Rechtshängigkeit,
und zwar gemäß §
202 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i. V. m. §
261 Abs.
2 ZPO bei erst im Laufe des Prozesses erhobenen Ansprüchen mit Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung oder Einreichung eines
Schriftsatzes (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl., §
94 Rn. 3a). Deshalb war die Klageänderung hier unzulässig, weil bereits anderweitige Rechtshängigkeit bestand. Vor diesem Hintergrund
war die Berufung mangels Rechtsschutzbedürfnis infolge beendeter Zwangsvollstreckung zurückzuweisen.