Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Sozialhilfeleistungen, welche die klagende Stadt der am 10. Januar 1991 verstorbenen
und von den Beklagten beerbten Frau R. (Erblasserin) in Form eines Darlehens gemäß § 89
BSHG gewährt hat.
Die schwer kranke Erblasserin erhielt seit dem 8. März 1984 von der Klägerin Sozialhilfeleistungen. Sie war Mitglied einer
Erbengemeinschaft, welche Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses war, das für 600.000, -- DM verkauft werden sollte. Als die
Klägerin hiervon im Mai 1985 Kenntnis erlangte, erklärte sie der Erblasserin, daß im Hinblick auf das Grundvermögen Sozialhilfe
nur darlehensweise gewährt werden könne. Nachdem die Erblasserin sich mit der Gewährung der Sozialhilfe in Darlehensform einverstanden
erklärt hatte, schloß die Klägerin mit ihr einen schriftlichen Darlehensvertrag, nach dessen Inhalt die Sozialhilfeleistungen,
auch für die zurückliegende Zeit seit dem 8. März 1984, als Darlehen gewährt wurden.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 4. Januar 1991 wurde das Hausgrundstück der vorgenannten Erbengemeinschaft, an der die Erblasserin
zu 1/6 beteiligt war, zum Kaufpreis von 510.000, -- DM verkauft. Als die Erblasserin kurz darauf verstarb, waren die Sozialhilfeleistungen
der Klägerin auf insgesamt 107.984, 51 DM angewachsen. Die Beklagten nahmen den Nachlaß der Erblasserin in Besitz und teilten
ihn unter sich auf.
Die Klägerin verlangt von den Beklagten 107.984, 51 DM. Sie ist der Ansicht, die Beklagten hafteten als Erben unbeschränkt
gesamtschuldnerisch für die Rückzahlung der gesamten der Erblasserin in Form eines Darlehens gewährten Sozialhilfeleistungen.
Die Beklagten meinen dagegen, sie seien lediglich verpflichtet, einen Betrag in Höhe des einzusetzenden Vermögens der Erblasserin
zurückzuzahlen.
Die Beklagten haben in erster Instanz den Klageanspruch in Höhe von 80.000, -- DM anerkannt und im übrigen Klageabweisung
beantragt. In Höhe von 80.000, -- DM ist ein Teilanerkenntnisurteil gegen die Beklagten ergangen. Das Landgericht hat der
Klage auch im übrigen stattgegeben. Die gegen das entsprechende Schlußurteil gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos
geblieben. Auf die Anschlußberufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das Schlußurteil des Landgerichts abgeändert und
der Klägerin weitere Zinsen zugesprochen. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung
der Klage weiter, soweit sie über den anerkannten Betrag hinausgeht.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die Beklagten seien als Gesamtschuldner gemäß §§
1967,
2058
BGB i.V.m. § 89
BSHG, §
607
BGB verpflichtet, der Klägerin die der Erblasserin in Form eines Darlehens gewährten Sozialhilfeleistungen in vollem Umfang zurückzuzahlen.
Der zwischen der Klägerin und der Erblasserin geschlossene Darlehensvertrag umfasse die gesamten der Erblasserin gewährten
Sozialhilfeleistungen. Die Darlehenssumme sei nicht etwa von vornherein auf den Wert des einzusetzenden Vermögens der Erblasserin
beschränkt. Eine solche Beschränkung lasse sich weder den getroffenen Vereinbarungen noch den Regelungen der §§ 88, 89
BSHG entnehmen. Aus §§ 88, 89
BSHG und der Systematik des Bundessozialhilfegesetzes ergebe sich zwar, daß sich das gemäß § 89
BSHG gewährte Darlehen grundsätzlich an dem sichernden Vermögen des Hilfeempfängers orientieren müsse. Die §§ 88, 89
BSHG enthielten jedoch keine Regelung, wonach Leistungen des Sozialhilfeträgers ipso jure in Abänderung des ursprünglichen Verwaltungsakts,
durch den nach der herrschenden sogenannten Zweistufentheorie über die Frage der Vergabe von Sozialhilfeleistungen in Darlehensform
entschieden werde, als nicht rückzahlbare Sozialhilfe einzustufen wären, sobald das gewährte Darlehen der Höhe nach den Wert
des sichernden Vermögens übersteige. Ein gesetzliches Verbot im Sinne des §
134
BGB für den Sozialhilfeträger, Sozialhilfe auch dann noch in Form eines Darlehens nach § 89
BSHG zu gewähren, wenn das sichernde Vermögen dem gewährten Darlehen der Höhe nach nicht mehr entspreche, bestehe nicht und lasse
sich insbesondere auch nicht aus § 53 Abs. 2
SGB X herleiten. Die Entscheidung der Klägerin, ob und wie lange der Erblasserin Sozialhilfeleistungen in Form eines Darlehens
zu gewähren gewesen seien, sei ermessensfehlerfrei getroffen worden. Grundlage der Darlehensgewährung habe nur eine größenordnungsmäßige
Taxierung der Werthaltigkeit des sichernden Vermögens sein können. Unter den gegebenen Umständen habe die Klägerin von einem
auf die Erblasserin entfallenden Anteil an dem Erlös aus dem beabsichtigten Verkauf des Hausgrundstücks in Höhe von 100.000,
-- DM ausgehen können. Zur Einholung eines Wertgutachtens sei sie nicht verpflichtet gewesen. Die der Erblasserin insgesamt
als Darlehen gewährten Sozialhilfeleistungen wichen der Höhe nach nicht wesentlich von dem größenordnungsmäßig taxierten Wert
des einzusetzenden Vermögens ab. Bei dieser Sachlage könne ein Ausschluß des Rückzahlungsanspruchs in Höhe des den Wert des
sichernden Vermögens übersteigenden Betrages auch nicht aus §
242
BGB hergeleitet werden. Ferner sei die Erblasserin durch die Nichtbefristung der Gewährung von Sozialhilfe in Darlehensform nicht
in sittenwidriger Weise im Sinne des §
138
BGB belastet worden. Schließlich sei auch für eine beschränkte Haftung gemäß § 92 c
BSHG kein Raum.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. An der Prüfung der hier problematischen Frage der Zulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges (vgl. dazu BGH, Urteil vom
11. Juni 1987 - III ZR 131/86, WM 1987, 1377 f. und OLG Schleswig, NVwZ 1988, 761 f., jeweils m.w.Nachw.) ist der Senat gehindert (§
17 a Abs.
5
GVG).
2. In der Sache ist das Berufungsgericht zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagten seien als Gesamtschuldner gemäß
§§
1967,
2058
BGB i.V.m. § 89
BSHG, §
607
BGB zur Rückzahlung der hier in Rede stehenden Sozialhilfeleistungen in Höhe von 107.984,51 DM auch insoweit verpflichtet, als
sie den Klageanspruch nicht anerkannt haben. Eine über den anerkannten Betrag von 80.000, -- DM hinausgehende Rückzahlungsverpflichtung
hätte nicht bejaht werden dürfen, da die Beklagten nur bis zur Höhe des Wertes des einzusetzenden Vermögens der Erblasserin
zur Rückzahlung des Sozialhilfedarlehens verpflichtet sind. Dabei ist mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts
für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß als einzusetzendes Vermögen der Erblasserin lediglich das anteilige Grundvermögen
vorhanden war und für dieses ein als Wert anzusetzender Nettoverkaufserlös in Höhe von 77.339,07 DM erzielt worden ist.
Es bedarf keiner Entscheidung der in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte fallenden Frage, ob der Darlehensvertrag -
wie das Berufungsgericht meint - seinem Inhalt nach auch die über den Wert des einzusetzenden Vermögens der Erblasserin hinausgehenden
Sozialhilfeleistungen erfaßt und auch insoweit wirksam ist. Selbst wenn man diese Frage bejaht, stünde einem über den anerkannten
Betrag in Höhe von 80.000, -- DM hinausgehenden Rückzahlungsbegehren der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
Die Klägerin kann gegen die Beklagten als Erben nicht mehr Rechte geltend machen, als ihr gegen die Erblasserin zustanden.
Die Ausübung der dem Träger der Sozialhilfe aus einem Darlehensvertrag über Sozialhilfeleistungen zustehenden Rechte und Ansprüche
unterliegt den Einschränkungen, die sich aus Sinn und Zweck der Sozialhilfe ergeben. Der Sozialhilfeträger darf deshalb, will
er sich nicht dem Einwand unzulässiger Rechtsausübung aussetzen, die Rückzahlung des Darlehens nicht ohne Rücksicht auf die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Darlehensschuldners verlangen (vgl. OVG Bremen NVwZ 1987, 250 f.; Schellhorn, BSHG 14. Aufl., § 30 RdNr. 18; ferner in diesem Zusammenhang auch Aschermann ZfF 1989, 121, 123). Ziel der Sozialhilfe ist es gemäß § 1 Abs. 2
BSHG, den Hilfeempfängern ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen und sie möglichst zu befähigen, unabhängig von der Sozialhilfe
zu leben. Im vorliegenden Fall hätte eine Inanspruchnahme der bis zuletzt hilfebedürftigen Erblasserin auf Rückzahlung des
Sozialhilfedarlehens über den Wert ihres einzusetzenden Vermögens hinaus sich mit dem Zweck der Sozialhilfe nicht in Einklang
bringen lassen. Im übrigen hätte es dem auch im öffentlichen Recht zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben widersprochen,
von der Erblasserin Sozialhilfeleistungen zurückzufordern, die der Sache nach zu Unrecht als Darlehen statt als Zuschuß gewährt
worden waren (vgl. dazu VG Berlin ZfSH 1983, 280, 281). Der Erblasserin durfte die Sozialhilfe gemäß § 89
BSHG nur insoweit als Darlehen statt als Zuschuß gewährt werden, als der Wert des einzusetzenden Vermögens dies abdeckte. Da der
Hilfeempfänger einen Anspruch auf die reguläre, als Zuschuß zu gewährende Sozialhilfe hat, wenn und soweit er kein Einkommen
und kein Vermögen einzusetzen hat, muß die Gewährung von Sozialhilfe in Form eines Darlehens gemäß § 89
BSHG ihr Ende finden, wenn das einsetzbare Vermögen - etwa durch Belastung in Höhe der Darlehensverbindlichkeiten gegenüber dem
Sozialhilfeträger - wirtschaftlich verwertet ist (vgl. BVerwGE 47, 103, 113).
Die Beklagten sind als Erben nicht gehindert, den Mißbrauchseinwand zu erheben. Der Umstand, daß Sozialhilfeansprüche grundsätzlich
nicht vererblich sind (vgl. BVerwGE 96, 18 m.w.Nachw.), steht dem nicht entgegen (vgl. dazu OVG Bremen FEVS 45, 166; anders wohl OVG Lüneburg FEVS 44, 403, 406 f.).
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nicht ein Streit um einen Anspruch auf Sozialhilfe zur nachträglichen Deckung des
Bedarfs eines verstorbenen Hilfeempfängers. Es geht vielmehr um die Frage, in welchem Umfang eine auf die Erben übergegangene
Verpflichtung zur Rückzahlung nicht besteht, weil die Erblasserin auf die bereits zur Bedarfsdeckung gewährten Sozialhilfeleistungen
nicht nur in Form eines Darlehens Anspruch hatte. Auch § 92 c
BSHG steht einer Berufung der Beklagten auf den Mißbrauchseinwand nicht entgegen. Etwaige über den Wert des einzusetzenden Vermögens
der Erblasserin hinausgehende Kostenersatzansprüche nach § 92 c
BSHG wären jedenfalls gemäß § 92 c Abs. 4
BSHG erloschen.
Nach dem für das Revisionsverfahren zugrundezulegenden Vorbringen der Beklagten zum einzusetzenden Vermögen der Erblasserin
und dessen Wert ist nach alledem ein über den anerkannten Betrag von 80.000 M hinausgehender Rückzahlungsanspruch zu verneinen.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts konnte deshalb keinen Bestand haben.
3. Die Sache war gemäß §
565 Abs.
1
ZPO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann nicht selbst in
der Sache entscheiden, da das Berufungsgericht bisher keine Feststellungen zur Höhe des Wertes des einzusetzenden Vermögens
der Erblasserin, insbesondere zur Höhe des Nettoerlöses aus der Verwertung des anteiligen Grundvermögens getroffen hat.