Gründe:
I
Der Kläger wendet sich gegen die der Beigeladenen zu 8. erteilte Genehmigung zur gemeinsamen Berufsausübung in einer überörtlichen
Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) und gegen eine im Zusammenhang damit erteilte Genehmigung zur Verlegung des Vertragsarztsitzes
eines der beiden Mitglieder der BAG.
Im Januar 2017 erklärte der Orthopäde Dr. Wi. gegenüber dem Zulassungsausschuss, mit Ablauf des 30.6.2017 auf seine Zulassung
unter der Bedingung "der bestandskräftigen Anstellung eines Praxisnachfolgers" zu verzichten. Gleichzeitig beantragte er die
Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens. Nachdem der Zulassungsausschuss entschieden hatte, dass ein Nachbesetzungsverfahren
durchzuführen sei, bewarben sich der Kläger sowie die zu 8. beigeladene BAG auf den Praxissitz. Der Kläger bewarb sich mit
dem Ziel, selbst auf dem Vertragsarztsitz tätig zu werden, während die zu 8. beigeladene BAG die Praxis des Dr. Wi. durch
diesen als Angestellten weiterführen wollte. Den Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens nahm Dr. Wi. später
zurück. Dieses (ehemalige) Nachbesetzungsverfahren ist Gegenstand des ebenfalls am heutigen Tag ergangenen Urteils des Senats
zum Az B 6 KA 19/18 R.
Auf Antrag der beiden Mitglieder der zu 8. beigeladenen BAG, der Orthopäden Dr. B. und Dr. We., hob der Zulassungsausschuss
die bestehende Genehmigung zur gemeinsamen Berufsausübung in der H., H. auf, genehmigte die Verlegung des Vertragsarztsitzes
des Dr. We. von der H., H., an den Praxissitz des Dr. Wi. (G., H.) mit Wirkung zum 15.2.2017 und genehmigte die gemeinsame
Berufsausübung an den beiden Praxissitzen (überörtliche BAG). Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies der beklagte
Berufungsausschuss als unzulässig zurück (Beschluss vom 20.9.2017/Bescheid vom 14.11.2017). Die dagegen erhobene Klage wies
das SG mit der Begründung als unzulässig ab, dass mit den den Ärzten Dr. B. und Dr. We. erteilten Genehmigungen nicht in subjektive
Rechte des Klägers eingegriffen werde (Urteil vom 20.4.2018).
Mit der dagegen gerichteten Sprungrevision macht der Kläger geltend, dass die Vorgehensweise der Mitglieder der zu 8. beigeladenen
BAG eine rechtsmissbräuchliche Manipulation des Verfahrens zur Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes des Dr. Wi. darstelle.
Die Verlegung des Vertragsarztsitzes des Dr. We. und die Genehmigung der überörtlichen BAG mit Dr. B. dienten allein der manipulativen
und rechtsmissbräuchlichen Umgehung der gesetzlichen Auswahlkriterien für die Praxisnachfolge auf dem Vertragsarztsitz des
Dr. Wi.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Gelsenkirchen vom 20.4.2018 sowie den Bescheid des Beklagten vom 14.11.2017 (Beschluss vom 20.9.2017) aufzuheben,
den Beklagten zu verpflichten, dem Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 23.2.2017 (Beschluss
vom 15.2.2017) stattzugeben und den Antrag des Dr. We. auf Verlegung seines Vertragsarztsitzes sowie den Antrag auf Genehmigung
einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft abzulehnen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Soweit der Kläger geltend mache, dass durch die streitbefangenen Genehmigungen das Nachbesetzungsverfahren manipuliert werde,
komme es darauf schon deshalb nicht mehr an, weil dieses Nachbesetzungsverfahren durch die Rücknahme des Nachbesetzungsantrags
beendet worden sei.
Die Beigeladene zu 7. und die Beigeladene zu 8. beantragen ebenfalls, die Revision zurückzuweisen.
Die zu 7. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) weist in Übereinstimmung mit dem Beklagten auf die Erledigung des
Nachbesetzungsverfahrens hin, dessen Manipulation der Kläger geltend macht. Ferner trägt sie vor, dass der Kläger nicht Adressat
der angefochtenen Genehmigungsentscheidungen sei und dass die Bestimmungen zur Genehmigung einer überörtlichen BAG nicht drittschützend
seien.
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.
1. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist gemäß §
54 Abs
1 Satz 2
SGG das Vorliegen einer Klagebefugnis. Dies setzt die Behauptung des Klägers voraus, durch den Verwaltungsakt oder durch die
Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein; eine Beschwer ist gegeben, wenn der Verwaltungsakt oder
die Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist (§
54 Abs
2 Satz 1
SGG). Danach begründet die formelle Beschwer im Sinne einer Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte die Klagebefugnis (Keller
in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
54 RdNr 9). Eine formelle Beschwer ist nur dann zu verneinen, wenn die Rechte des Klägers durch die in Rede stehende Entscheidung
oder Maßnahme offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (so BSG Urteil vom 17.6.2009 - B 6 KA 38/08 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 5 RdNr 15; BSG Urteil vom 17.6.2009 - B 6 KA 25/08 R - BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 16; BSG Urteil vom 17.8.2011 - B 6 KA 27/10 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 15 - zu defensiven Konkurrentenklagen). Ob die angegriffene Entscheidung den Anfechtenden tatsächlich
in eigenen Rechten verletzt, ist dagegen eine Frage der Begründetheit (vgl BSG Urteil vom 7.2.2007 - B 6 KA 8/06 R - BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 17 mwN; BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 28/13 R - SozR 4-2500 § 135 Nr 22 RdNr 28).
a) Wie der Senat bereits in einem Urteil vom 22.10.2014 (B 6 KA 43/13 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 37 RdNr 13) im Einzelnen dargelegt hat, ist die Klage eines Dritten gegen die Genehmigung der gemeinsamen
Berufsausübung von anderen Vertragsärzten nach diesen Maßstäben unzulässig, weil eine solche Genehmigung unter keinem rechtlichen
Aspekt Rechte des Dritten - namentlich eines nicht an der BAG-Gründung beteiligten Arztes - tangieren kann. Im Genehmigungsverfahren
nach § 33 Abs 2 und 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) wird im Interesse der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung geprüft, ob die Voraussetzungen für die Begründung
des Status einer BAG vorliegen. Rechte von Ärzten, die nicht an der BAG beteiligt sind, spielen insoweit keine Rolle. Das
gilt auch dann, wenn durch die Zuerkennung des Status "BAG" die Chancen eines Arztes, im Wege der Nachfolgezulassung den Sitz
eines an der gegründeten BAG beteiligten Arztes übernehmen zu können, faktisch geschmälert werden, weil gemäß §
103 Abs
6 Satz 2
SGB V im Falle gemeinschaftlicher Berufsausübung die Interessen der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte bei der Bewerberauswahl
angemessen zu berücksichtigen sind.
Wie der Senat in dem genannten Urteil vom 22.10.2014 (B 6 KA 43/13 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 37 RdNr 15) ebenfalls bereits ausgeführt hat, ändert sich diese Bewertung auch nicht dadurch, dass
Nachteile in einem Nachbesetzungsverfahren als mittelbare Folge der Genehmigung der BAG geltend gemacht werden. Auch das Gebot
der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art
19 Abs
4 GG) erfordert nicht, die Anfechtung einer BAG-Genehmigung durch Dritte zu ermöglichen (BSG aaO RdNr 18). Es entspricht allerdings ständiger Rechtsprechung des Senats, dass wegen der Drittbindungswirkung (Tatbestandswirkung)
der Genehmigungsentscheidung sowohl die KÄVen bei der Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes als auch die Zulassungsgremien
bei der Auswahl des Praxisnachfolgers vom Bestehen einer BAG ausgehen müssen, wenn diese von den Zulassungsgremien genehmigt
worden ist (BSG Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 13/11 R - BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 16 ff; BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R - BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 47 ff). Sie sind danach nicht verpflichtet (inzident) zu überprüfen, ob die Zusammenarbeit
zwischen den Partnern den Anforderungen an eine BAG entspricht oder ob die BAG vor allem oder nur deshalb gegründet wurde,
um die Auswahlentscheidung im Verfahren um die Praxisnachfolge zu beeinflussen.
Die hieraus resultierende Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten ist hinzunehmen. Im Übrigen wird die Möglichkeit einer
missbräuchlichen Nutzung der Praxisform "BAG" im Nachbesetzungsverfahren dadurch eingeschränkt, dass nach der Rechtsprechung
des Senats (BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R - BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 49 f) den Interessen der verbleibenden Ärzte nach einer nur sehr kurzen und nicht sehr intensiven
Zusammenarbeit in einer überörtlichen BAG nur ein entsprechend geringes Gewicht bei der Auswahlentscheidung beizumessen ist:
Je deutlicher sich also der Eindruck aufdrängt, dass die BAG vorrangig mit dem Ziel gegründet worden ist, Einfluss auf die
Nachbesetzung zu nehmen, je kürzer die BAG bestanden hat und je weniger intensiv die Zusammenarbeit innerhalb der BAG war,
desto geringeres Gewicht kommt den Interessen der verbleibenden Ärzte bei der Auswahlentscheidung zu (BSG aaO RdNr 49).
b) Ebenso wenig ist der Kläger zur Anfechtung der Sitzverlegung von Dr. We., die mit der Bildung der überörtlichen BAG verbunden
ist, berechtigt. Rechte des Klägers können auch durch die Genehmigung der Sitzverlegung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt
verletzt sein, so dass seine Klage auch insoweit unzulässig ist. Zwar sind bei der Entscheidung über Sitzverlegungen nach
§ 24 Abs 7 Satz 1 Ärzte-ZV - anders als bei der Genehmigung einer BAG nach § 33 Abs 2 und 3 Ärzte-ZV - auch Versorgungsgesichtspunkte zu berücksichtigen, doch hat die Norm jedenfalls keinen drittschützenden Charakter zu Gunsten
solcher Ärzte, die nicht einmal geltend machen, im Einzugsbereich des neuen Standortes zu praktizieren, sondern die Sitzverlegung
allein deshalb angreifen, um ihre Chancen im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens zu erhalten oder zu verbessern.
c) Unabhängig davon kann der Kläger eine Klagebefugnis für die Anfechtung der den Ärzten Dr. B. und Dr. We. erteilten Genehmigungen
auch deshalb nicht mit den Auswirkungen dieser Genehmigungen auf das Verfahren zur Nachbesetzung des Praxissitzes des Dr.
Wi. begründen, weil dieses Verfahren durch die Rücknahme des Antrags auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens beendet
worden ist (vgl dazu im Einzelnen das Urteil des Senats vom heutigen Tage zum Az B 6 KA 19/18 R).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO und dem Umstand, dass das Rechtsmittel des Klägers ohne Erfolg geblieben ist. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
zu 1. bis 6. sind nicht zu erstatten, da diese keine eigenen Anträge gestellt haben (§
162 Abs
3 VwGO - vgl BSG Urteil vom 31.5.2006 - B 6 KA 62/04 R - BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).