Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage;
Stromkosten als Kosten der Unterkunft und Heizung
Gründe:
I
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar
2005 bis zum 31. Dezember 2005 streitig.
Der 1962 geborene Kläger zu 1 und die 1967 geborene Klägerin zu 2 sowie ihre gemeinsamen 1995, 1997 und 2001 geborenen Kinder,
die Kläger zu 3 bis 5, bezogen ua vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem SGB II von der Beklagten. Gegen den Bescheid vom 5. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.
Juni 2005 und den Bescheid vom 9. August 2005 (Bewilligungszeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005) haben sie ua
wegen der Höhe der Regelleistung und der Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung Klage zum Sozialgericht (SG) Ulm erhoben. Das SG hat den weiteren Bewilligungsbescheid vom 9. August 2005 betreffend den Bewilligungszeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 31.
Dezember 2005 in analoger Anwendung des §
96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) in das Verfahren einbezogen und die Beklagte unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, den Klägern höhere Kosten
für Unterkunft und Heizung zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 23. August 2006).
Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg haben die Kläger, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten,
mit ihrem ausdrücklich in der Berufungsschrift vom 28. September 2006 gestellten Antrag zunächst einen Anspruch auf höhere
Regelleistung und auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung geltend gemacht. In einem Erörterungstermin vor dem Berichterstatter
am 27. Juni 2008 haben sie den Antrag nach Erörterung der Sach- und Rechtslage geändert und beantragt, die Beklagte zur Gewährung
von höheren Leistungen für Unterkunft und Heizung zu verurteilen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit Entscheidung
ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Das LSG hat mit Urteil vom 22. Oktober 2008 auf die Berufung der Kläger das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide geändert und die Beklagte zur Gewährung weiterer Leistungen für Unterkunft und Heizung in
unterschiedlicher Höhe verurteilt. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen sowie die Klage gegen die während des Berufungsverfahrens
erlassenen Änderungsbescheide vom 16. Oktober 2006 abgewiesen. Gegenstand des Berufungsverfahrens seien nur noch die Leistungen
für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2005, nachdem die Kläger im Erörterungstermin
die Berufung hierauf beschränkt hätten. Die tatsächlichen (Kalt-)Mietkosten seien vorliegend angemessen und von der Beklagten
deshalb zu übernehmen. Gleiches gelte für die Nebenkosten, soweit sie zu den Unterkunftskosten zählten. Nicht zu den Kosten
der Unterkunft und Heizung gehörten die Kosten für die Warmwasserbereitung. Wenn eine konkrete Erfassung - wie vorliegend
eine Trennung von Kosten des Wassers und der Warmwasseraufbereitung - nicht möglich sei, sei entsprechend der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts ([BSG] Hinweis auf BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 5) anhand des im Regelsatz enthaltenen Anteils für Haushaltsenergie
bzw Strom ein Abschlag in Höhe von 22,39 Euro für die Kläger von den Nebenkosten vorzunehmen.
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil machen die Kläger grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) geltend. Bei den Kosten für Unterkunft und Heizung sei von beiden Instanzen fehlerhaft nicht gesehen worden, dass die Stromkosten
nur mit einem Anteil von 6 Prozent im Regelsatz enthalten seien und mit dem darüber hinausgehenden Anteil als Kosten der Unterkunft
gälten und von der Beklagten auch zu leisten seien. In diesen 6 Prozent seien die Kosten für die Warmwasseraufbereitung, die
bei den Klägern in Abzug gebracht worden sind, anteilig mit 30 Prozent enthalten. Die Nichtberücksichtigung der gesamten Stromkosten,
sowie ein zusätzlicher Abzug für die Aufbereitung von Warmwasser sei auf jeden Fall fehlerhaft. Hierüber sei grundsätzlich
noch nicht entschieden worden.
Die Regelsätze seien zu niedrig bemessen und sicherten nicht das Existenzminimum der Kläger, insbesondere das der Kläger zu
3 bis 5, ab. Es liege ein Verstoß gegen das Sozialstaatsgebot, des Schutzes der Persönlichkeit und der Familie sowie gegen
das Gleichheitsgebot vor. Dies sei von den beiden Vorinstanzen fehlerhaft nicht berücksichtigt worden, was wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes
hätte geschehen müssen. Die Frage nach der Höhe der Regelsätze sei von grundsätzlicher Bedeutung; das BSG und das Hessische
LSG hätten die entsprechenden Fragen dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Die Vorinstanzen seien nach den Prinzipien der
Rechtsstaatlichkeit verpflichtet, auch ohne ausdrücklichen Hinweis Verstöße gegen verfassungsrechtlich garantierte Rechte
zu ermitteln und festzustellen, zumal diesbezüglich bereits divergierende Rechtsprechung vorgelegen habe. Dies sei unterlassen
worden. Im Übrigen werde auch die Nichtbeachtung der Hinweispflicht auf sachdienliche Antragstellung als Verfahrensfehler
gerügt.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache
(§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) ist nicht in der erforderlichen Weise dargelegt (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG). Die Nichtzulassungsbeschwerde konnte deshalb ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 2. Halbsatz
SGG iVm §
169 SGG verworfen werden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus
- aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Es muss daher anhand des anwendbaren Rechts unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, ggf sogar
des Schrifttums, angegeben werden, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine
Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte
Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt.
Hinsichtlich der noch streitigen Kosten für Unterkunft und Heizung haben die Kläger schon keine konkrete Rechtsfrage klar
bezeichnet, über die in einem Revisionsverfahren zu entscheiden wäre. Soweit ihrem Vorbringen sinngemäß die Rechtsfrage zu
entnehmen ist, ob Stromkosten über den in der Regelleistung hinausgehenden Anteil als Kosten der Unterkunft und Heizung zu
zahlen sind, haben sie weder die Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage aufgezeigt noch ihre Klärungsfähigkeit im Einzelfall.
Es hätte etwa dargelegt werden müssen, dass weiterhin Klärungsbedürftigkeit besteht, obwohl der Senat in seiner Entscheidung
vom 27. Februar 2008 (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 5 RdNr 21 ff) im Einzelnen dargelegt hat, dass die Position Haushaltsenergie
(mithin Stromverbrauch, Kochenergie, Beleuchtung und Warmwasserbereitung) schon vor entsprechender Klarstellung in § 20 Abs
1 SGB II durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl I 1706) in der
Regelleistung enthalten war und die Übernahme von Stromkosten auf Grundlage des § 22 SGB II mithin voraussetzte, dass sie
(zumindest teilweise) für die Heizung der Wohnung aufzubringen sind. An der erforderlichen Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung
des BSG fehlt es vollständig. Zum anderen fehlt es an Darlegungen dazu, dass die Frage im vorliegenden Fall entscheidungsrelevant
ist. Es ist insbesondere nicht vorgetragen, welche Stromkosten überhaupt angefallen sind, die auf Grundlage des vorliegenden
Sachverhalts noch zu gewähren wären.
Hinsichtlich der Rechtsfrage, ob die Festsetzung der Regelleistung (insbesondere für Kinder) verfassungsgemäß ist, haben die
Kläger die Klärungsbedürftigkeit nicht dargelegt. Dies war hier vor allem deshalb erforderlich, weil die rechtskundig vertretenen
Kläger in dem Erörterungstermin vom 27. Juni 2008 ihren Antrag gegenüber dem in der Klage- und Berufungsschrift gestellten
Antrag ausdrücklich auf Kosten der Unterkunft und Heizung beschränkt haben. Diese Begrenzung des Streitgegenstands ist nach
der ständigen Rechtsprechung des BSG möglich, da es sich hinsichtlich der Kosten der Unterkunft um eine abtrennbare Verfügung
der angefochtenen Bewilligungsbescheide handelt (vgl nur BSG, Urteil vom 19. März 2008 - B 11b AS 41/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 7; BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 5; BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 §
22 Nr 1 RdNr 19 ff). Nach §
123 SGG bestimmt der Kläger den Umfang der zu prüfenden Ansprüche; das LSG war an die sich aus dem Antrag ergebende Begrenzung des
Streitgegenstandes gebunden. Da die Höhe der Regelleistung somit nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, hätte es
einer besonderen Begründung bedurft, warum die von den Klägern angestrebte Klärung in einem durchzuführenden Revisionsverfahren
dennoch erfolgen kann.
Schließlich ist die Nichtzulassungsbeschwerde auch unzulässig, soweit die Kläger einen Verfahrensmangel geltend machen. Nach
§
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann.
Ein Verfahrensmangel kann auf eine Verletzung des §
103 SGG (Verstoß gegen die Aufklärungspflicht) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne
hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG). Über einen gestellten Beweisantrag ist der Beschwerdebegründung nichts zu entnehmen; die Kläger haben lediglich ohne weitere
Erläuterungen auf die Verletzung von "Amtsermittlungsgrundsätzen" Bezug genommen.
Soweit die Kläger mit einem Satz geltend machen, es werde "auch die Nichtbeachtung der Hinweispflicht auf sachdienliche Antragstellung
als Verfahrensfehler gerügt", sind die Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels damit nicht im Ansatz erfüllt.
Soweit sich aus dem Gesamtzusammenhang des Vortrages entnehmen lässt, dass sie davon ausgehen, das LSG habe der von ihnen
vorgenommene Beschränkung des Streitgegenstandes entgegenwirken müssen, ist nicht dargelegt, aus welchen (vermeintlich) begründenden
Tatsachen sich insoweit ein Verfahrensmangel ergeben soll. Hierzu wäre erforderlich gewesen, im Einzelnen den Verfahrensgang
und dabei insbesondere den Gang des Erörterungstermins, in dem die Beschränkung erfolgt ist, nachzuzeichnen und zu verdeutlichen,
welche verfahrensfehlerhaften Schritte das LSG in diesem Zusammenhang unternommen haben soll. Schließlich wäre darzulegen
gewesen, inwieweit die Entscheidung auf diesem Verstoß beruht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung von §
193 SGG.