Anerkennung einer Berufskrankheit
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Gelsenkirchen vom 16.12.2015, mit dem dieses die Klage abgewiesen
hat, weil die medizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung der BK 2108 nicht erfüllt seien, durch Urteil vom 21.1.2020 (L 15 U 55/16) zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Die Anerkennungsvoraussetzungen einer BK 2108 lägen beim Kläger nicht
vor. Zwar gehöre dieser zum versicherten Personenkreis, auch habe er einer kumulativen Einwirkungsbelastung in Höhe von 17,4
MNh über einen Zeitraum von knapp 23 Jahren und damit langjährig unterlegen, jedoch könne aus dem Vorliegen der arbeitstechnischen
Voraussetzungen nicht automatisch auf die Erfüllung sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen der BK 2108 geschlossen werden. Der
Senat folge wie das SG den Ausführungen des Sachverständigen Dr. V., der zu Recht die Konsensempfehlungen als Orientierungshilfe bei der Beurteilung,
ob der Bandscheibenschaden des Klägers nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand durch die festgestellten beruflichen
Einwirkungen verursacht wurde, herangezogen habe. Angesichts der fehlenden Begleitspondylose fehle es beim Kläger an den Voraussetzungen
der Befundkonstellation B 1, ebenso wenig lägen die Voraussetzungen der Konstellation B 2 vor. Es seien nicht mehrere Bandscheiben
betroffen und zum Zeitpunkt der Aufgabe der belastenden Tätigkeit habe nur ein monosegmentaler Schaden bestanden. Auch sei
eine besonders intensive Belastung mit einem Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren bzw das
Vorhandensein besonderer Belastungsspitzen von mehr als 6 KN offensichtlich nicht erfüllt. Somit liege die Konstellation B
3 vor, bei der hinsichtlich der Verursachung nach den Konsensempfehlungen kein Konsens bestanden habe. Der wesentliche ursächliche
Zusammenhang könne auch unabhängig von den Konsensempfehlungen unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes
im vorliegenden Einzelfall nicht angenommen werden. So spreche gegen den Zusammenhang, dass sich eine Mitbeteiligung der höher
gelegenen Segmente der Lendenwirbelsäule nicht feststellen lasse, während an der Halswirbelsäule vergleichbar ausgeprägte
Bandscheibenveränderungen vorlägen. Dem anders lautenden Gutachten des Sachverständigen Dr. F. könne nicht gefolgt werden,
weil es an einem strukturierten Aufbau des Gutachtens mangele und sich seinen Ausführungen in keiner Weise entnehmen lasse,
weshalb er davon ausgehe, dass das Schadensbild an der Lendenwirbelsäule des Klägers belastungskonform im Sinne der Konsenskriterien
sei.
Der Kläger hat am 30.3.2020 einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren
der Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG gestellt.
Der Antrag auf PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen, weil eine Nichtzulassungsbeschwerde keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Abs
1 Satz 1, §
121 Abs
1 ZPO). Es ist bei der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung unter Berücksichtigung des Akteninhalts und des Vorbringens
des Klägers nicht zu erkennen, dass ein nach §
73 Abs
4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Beschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen.
1. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Zulassung der Revision auf §
160 Abs
2 Nr
1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine
Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Die Frage muss außerdem klärungsbedürftig sein.
Das ist nicht der Fall, wenn die Antwort von vornherein praktisch außer Zweifel steht oder die Frage bereits höchstrichterlich
entschieden worden ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70). Rechtsfragen, die in diesem Sinne grundsätzliche Bedeutung haben könnten, sind nicht erkennbar und vom Kläger auch nicht
vorgetragen.
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) könnte ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Divergenz (Abweichung) bedeutet Widerspruch im Rechtssatz oder
- anders ausgedrückt - das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die in den miteinander zu vergleichenden
Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz
in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Eine solche mögliche Abweichung ist vorliegend nicht ersichtlich.
3. Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, der gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG zur Zulassung der Revision führen kann. Nach Halbsatz 2 dieser Bestimmung kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht
auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Dass ein solcher Verfahrensmangel aufgezeigt werden und vorliegen könnte, ist nicht ersichtlich. Darin, dass das LSG
den Kläger am 18.2.2019 dazu angehört hat, dass es beabsichtige, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen
(§
153 Abs
4 SGG), jedoch letztlich dennoch in voller Senatsbesetzung auf eine mündliche Verhandlung hin entschieden hat, ist kein Verfahrensfehler
zu sehen. Das LSG hat in der gesetzlich vorgesehenen Besetzung gemäß §
33 Abs
1 SGG durch mündliche Verhandlung entschieden, weshalb es zu keiner Verkürzung von Rechten des Klägers gekommen ist.
4. Da keine PKH zu bewilligen ist, ist auch der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§
73a Abs
1 SGG iVm §
121 ZPO).