Elterngeld
Grundsatzrüge
Behaupteter Verfassungsverstoß
Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den vermeintlich verletzten Verfassungsnormen
1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren
und ausführen, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über
den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist.
2. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und
die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem
Gesetz ergibt.
3. Wer einen Verfassungsverstoß geltend macht oder sich auf die Verfassungswidrigkeit der höchstrichterlichen Auslegung einer
Norm beruft, darf sich nicht auf Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken.
4. Vielmehr muss er unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den vermeintlich verletzten Verfassungsnormen stichhaltig darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen
haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll.
Gründe:
I
Die Klägerin wendet sich gegen die Anrechnung von Mutterschaftsgeld für ihr zweites Kind auf den Elterngeldanspruch für ihr
erstes Kind.
Die verheiratete Klägerin ist Mutter der beiden Kinder P., geboren 2013, und Z., geboren am 1.6.2014. Der Beklagte bewilligte
der Klägerin unter Anrechnung von Mutterschaftsleistungen Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat von P. (Bescheid
vom 3.9.2013). Im Bezugszeitraum des Elterngelds gebar die Klägerin am 2014 ihr zweites Kind. Ab dem 27.4.2014 bezog die Klägerin
auch für dieses Kind Mutterschaftsleistungen in Form von Mutterschaftsgeld sowie einem Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld.
Der Beklagte sah darin eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse. Er berechnete deshalb das Elterngeld neu
und forderte von der Klägerin insgesamt 2031,90 Euro des zuvor ausgezahlten Elterngelds zurück. Die Mutterschaftsleistungen
für das zweite Kind seien auf das Elterngeld für ihr erstes Kind anzurechnen (Änderungsbescheid vom 23.7.2014).
Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin gegen den Änderungsbescheid sind erfolglos geblieben.
Das LSG hat ausgeführt, der Beklagte habe seine Entscheidung zutreffend auf § 3 Abs 1 Nr 5 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) gestützt. Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers sei auch Mutterschaftsgeld, das für die Geburt eines weiteren Kindes
gezahlt werde, auf das für ein älteres Kind gezahlte Elterngeld anzurechnen. Die Neufassung des § 3 BEEG zum 18.9.2012 habe daran nichts geändert. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht (Beschluss vom 7.2.2017).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Revision eingelegt. Das LSG habe die grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache verkannt.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil
eine grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl §
160a Abs
2 S 3
SGG).
Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich
sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert
ist und die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar
aus dem Gesetz ergibt. Um die Klärungsbedürftigkeit ordnungsgemäß darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher ua mit
Wortlaut, Kontext und ggf der Entstehungsgeschichte des fraglichen Gesetzes sowie der einschlägigen Rechtsprechung auseinandersetzen
(Karmanski in Roos/Wahrendorf,
SGG, 2014, §
160a RdNr 50 mwN).
Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht. Sie formuliert bereits keine klare, fallübergreifende
Rechtsfrage zur Auslegung des konkreten Tatbestandsmerkmals einer einschlägigen Norm. Vielmehr legt sie lediglich dar, wie
der Fall der Klägerin nach ihrer Ansicht unter Berücksichtigung ihrer wohlverstandenen Interessen richtig zu lösen gewesen
wäre. Insbesondere fehlt es an einer substantiierten Auseinandersetzung mit der Auslegung der von der Beschwerde für einschlägig
gehaltenen Art
3 Abs
1 und Art
6 GG, wie sie sich insbesondere aus der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte sowie des BVerfG ergibt. Denn wer einen Verfassungsverstoß
geltend macht oder sich auf die Verfassungswidrigkeit der höchstrichterlichen Auslegung einer Norm beruft, darf sich nicht
auf Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken. Vielmehr muss er unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung
des BVerfG und des BSG zu den vermeintlich verletzten Verfassungsnormen stichhaltig darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen
haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - SozR 1500 § 160a Nr 11). Daran fehlt es. Stattdessen teilt die Beschwerde wiederum lediglich ihre eigene Rechtsansicht zu den von ihr angeführten
Grundgesetzartikeln mit und legt damit eine grundsätzliche Bedeutung nicht substantiiert dar.
Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2, §
169 SGG).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.