Vergütung antrags- und genehmigungspflichtiger psychotherapeutischer Leistungen; Zulässigkeit der nachträglichen Anwendung
von Punktzahlobergrenzen
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen in den Quartalen I/2000 bis I/2001.
Der Kläger nimmt seit dem 1.4.1999 als Psychologischer Psychotherapeut an der vertragsärztlichen Versorgung in Berlin - bis
zum Quartal II/2002 unter der Arztnummer 2 und ab dem Quartal III/2002 unter der Arztnummer 5 - teil.
Gegen die die Quartale I/2000 bis II/2004 und IV/2004 betreffenden Honorarbescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein
und machte bezogen auf die noch streitgegenständlichen Quartale zur Begründung geltend, dass die Beklagte die Vorgaben des
BSG zur Vergütung zeitgebundener antrags- und genehmigungspflichtiger psychotherapeutischer Leistungen nicht berücksichtigt habe.
Mit Änderungsbescheiden vom 29.11.2001 erfolgte eine Nachvergütung aufgrund des Fremdkassenzahlungsausgleichs für die streitgegenständlichen
Quartale.
Mit Schreiben vom 20.4.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Entscheidung des Schiedsamtes zu der Frage, wer
die höheren Honoraransprüche für die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen zu finanzieren habe, bevorstehe.
Der Kläger könne allein bezogen auf die Arztnummer 2 (Quartale I/2000 bis II/2002) mit einer Nachvergütung in Höhe von 67
284,59 Euro rechnen. Es werde jedoch aus rechtlichen Gründen darauf hingewiesen, dass es sich lediglich um eine Vorabinformation
handele. Dieses Schreiben hebe den alten Honorarfestsetzungsbescheid nicht auf und stelle weder einen neuen Honorarfestsetzungsbescheid
noch eine Zusicherung dar.
Mit zwei Bescheiden vom 8.9.2005 hob die Beklagte die Honorarbescheide für die Quartale I/2000 bis II/2002 (Arztnummer 2)
und die Quartale III/2002 bis II/2004 (Arztnummer 5) insoweit auf, als der Punktwert in diesen Quartalen unterhalb des vom
Bewertungsausschuss in seiner Sitzung am 29.10.2004 festgelegten Mindestpunktwerts für antrags- und genehmigungspflichtige
psychotherapeutischen Leistungen lag. Die Beklagte erhöhte die Vergütung von Leistungen bis zur Punktzahlobergrenze von 561
150 Punkten um die Differenz zwischen diesem Mindestpunktwert und dem bisher zugrunde gelegten Auszahlungspunktwert. Für die
über die Punktzahlobergrenze hinausgehenden Punkte verringerte sie den bisherigen (Auszahlungs-)Punktwert auf den im jeweiligen
Quartal geltenden ungestützten Punktwert. Hieraus ergab sich für die Quartale I/2000 bis II/2002 eine Nachvergütung in Höhe
von insgesamt 34 877,65 Euro (Arztnummer 2). Auf die im Revisionsverfahren noch streitgegenständlichen Quartale I/2000 bis
I/2001 entfielen davon 14 097,66 Euro.
Mit zwei Bescheiden vom 19.9.2005 hob die Beklagte die Bescheide vom 8.9.2005 teilweise auf und reduzierte die Nachvergütung
für die streitgegenständlichen Quartale auf 12 422,56 Euro. Begründet wurde dies mit einem Fehler bei der Berechnung der Nachvergütung
aus dem Bescheid vom 8.9.2005.
Im Übrigen wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Honorarbescheide für die Quartale I/2000 bis II/2004 und
IV/2004 mit Widerspruchsbescheid vom 25.4.2006 zurück.
Während des Klageverfahrens setzte die Beklagte mit Bescheid vom 9.9.2009 die Honorare des Klägers für die antrags- und genehmigungspflichtigen
psychotherapeutischen Leistungen bis zu einer Obergrenze von 561 150 Punkten je Quartal durch Erhöhung der Mindestpunktwerte
auf 4,297 Cent für das Jahr 2000 und 4,244 Cent für das Jahr 2001 neu fest und gewährte dem Kläger die daraus folgende Nachvergütung.
Mit Urteil vom 10.11.2010 wies das SG Berlin die auf Neubescheidung der Honoraransprüche für die Quartale I/2000 bis II/2004
und IV/2004 gerichtete Klage ab. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Klägers änderte das LSG das Urteil des SG ab. Es hob die beiden Bescheide vom 19.9.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.4.2006 auf und änderte weitere
Bescheide ab, die nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden sind. Im Übrigen wies das LSG die Berufung zurück.
Zur Begründung führte das LSG hinsichtlich der im Revisionsverfahren noch streitgegenständlichen Quartale I/2000 bis I/2001
aus: Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung seien erfüllt, weil die Beklagte
in den ursprünglichen Honorarbescheiden die durch höherrangiges Recht vorgegebene Mengenbegrenzung von 561 150 Punkten versehentlich
nicht angewandt habe. Dazu sei sie jedoch schon damals verpflichtet gewesen, was zu einer nachträglichen Richtigstellung berechtige.
Nach §
85 Abs
4 Satz 4
SGB V in der ab dem 1.1.2000 geltenden Fassung müsse der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV)
Regelungen zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutischen Ärzte treffen,
die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisteten. Den "Inhalt" der nach dieser Vorschrift zu treffenden
Regelung bestimme gemäß §
85 Abs
4a Satz 1
SGB V aF der Bewertungsausschuss. Dem sei der Bewertungsausschuss mit seinem Beschluss vom 16.2.2000 nachgekommen. Dort sei geregelt,
dass der festgelegte Mindestpunktwert nur für die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen des Abschnitts
G IV des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) bis zu einer Höhe von insgesamt 561 150 Punkten
je Quartal und Arzt für ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte und -therapeuten gelte. Diese Regelung sei
für die einzelne KÄV verbindlich. Insoweit komme den Beschlüssen des Bewertungsausschusses nach §
85 Abs
4a SGB V derselbe Vorrang gegenüber dem HVM einer KÄV zu, wie dem auf der Grundlage des §
87 Abs
1 SGB V erlassenen Bewertungsmaßstab. Diesen Vorrang akzeptierend nehme der ab dem Quartal I/2000 geltende HVM der Beklagten unter
§ 9 Ziff 4 F1.1 im Zusammenhang mit der Definition der Leistungsbereiche auf den Beschluss des Bewertungsausschusses zur Festlegung
der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten mit einem Mindestpunktwert
Bezug. Diese Verweisung auf die Vorgabe des Bewertungsausschusses sei bis zum Quartal II/2003 unverändert geblieben. Die Bescheide
vom 8.9.2005 seien rechtmäßig, obwohl - bezogen auf die streitgegenständlichen Quartale - seit Erlass der ursprünglichen Honorarbescheide
mehr als vier Jahre vergangen seien. Nach Ablauf von vier Jahren sei eine Rücknahme des Honorarbescheides zwar nur noch unter
Berücksichtigung der Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich. Darauf könne sich der Kläger jedoch nicht berufen. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung sei im Rahmen eines
Zugunstenbescheides nach § 44 Abs 2 SGB X erfolgt. Die sich aus der sachlich-rechnerischen Richtigstellung ergebende Überzahlung habe deshalb nicht zu einer Minderung
des dem Kläger bis dahin bewilligten Quartalshonorars, sondern lediglich zu einer Verringerung des Nachvergütungsbetrages
geführt. Hierdurch würden die Rechte des Klägers nicht verletzt. Darin liege auch keine Umgehung der Vertrauensschutzregelungen
nach § 45 SGB X. Diese Vorschrift sei im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 Abs 2 SGB X nicht anwendbar. Dies ergebe sich daraus, dass sowohl das Tatbestandsmerkmal der Rechtswidrigkeit als auch das durch diese
Vorschriften geschützte Vertrauen des Leistungsempfängers sich nur auf den Verfügungssatz des Verwaltungsaktes beziehe, nicht
aber auf fehlerhafte Begründungselemente. Denn nur das Vertrauen "auf den Bestand des Verwaltungsaktes" (§ 45 Abs 2 Satz 1 SGB X) werde gesetzlich geschützt. An der Bindungswirkung nehme grundsätzlich nur der Verfügungssatz, nicht hingegen die Begründung
teil. Im Übrigen sei die Korrektur eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes außerhalb der Vertrauensvorschriften des § 45 SGB X nicht generell ausgeschlossen. Dies ergebe sich auch aus § 48 Abs 3 SGB X. Durch diese Regelung werde einerseits der Vertrauens- und Bestandsschutz bezüglich des Verfügungssatzes - bei Geldleistungen
also bezüglich eines bestimmten Zahlbetrages - geschützt, anderseits aber vermieden, dass eingetretenes Unrecht weiter "wachse".
Solange eine Saldierung von Vor- und Nachteilen, insbesondere bei Geldleistungen, zu einer Begünstigung führe, werde sie ganz
allgemein für zulässig erachtet, wenn derselbe Verfügungssatz betroffen sei und keine Saldierung über mehrere Regelungen hinweg
erfolge. Auch das Verbot der reformatio in peius sei nicht tangiert, da die Saldierung sich nicht zu Lasten des Klägers auswirke.
Seine Revision begründet der Kläger zum einen damit, dass die Punktzahlobergrenze erstmalig im HVM vom 20.6.2005 erwähnt worden
sei. Die Anwendung der Punktzahlobergrenze auf ältere Quartale stelle deshalb eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung
dar. Das Vertrauen des Vertragsarztes in eine bestimmte Vergütung seiner Leistungen gründe sich auf den HVM und nicht auf
die Beschlüsse des Bewertungsausschusses, die keine unmittelbare Wirkung für ihn hätten. Er habe darauf vertraut, dass ihm
alle erbrachten Leistungen vergütet würden. Andernfalls hätte er ggf nicht auf Urlaub verzichtet bzw im stärkeren Maße Privatversicherte
behandelt, um die Punktzahlobergrenze nicht zu überschreiten. Aufgrund der Ankündigung einer Nachvergütung wegen erhöhter
Punktwerte ohne Anwendung der Punktzahlobergrenze in dem Schreiben vom 20.4.2005 habe er im Vertrauen auf den ihm bekannten
HVM eine Immobilie erworben. Selbst wenn man die Nachvergütung seiner Leistungen zu einem höheren Punktwert nur bis zur Punktzahlobergrenze
zulassen wollte, verstoße die Auffassung des LSG, wonach es im Rahmen des Vertrauensschutzes lediglich auf den Saldo verschiedener
vorzunehmender Korrekturen ankomme, gegen geltendes Recht. Jede Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides sei getrennt zu bewerten.
Vorliegend sei die vom BSG angeordnete Vergütung der erbrachten Leistungen zu einem höheren Mindestpunktwert (ggf bis zu einer Punktzahlobergrenze)
unabhängig von der Behandlung der über diese Punktzahlobergrenze hinaus erbrachten Leistungen zu sehen. Während die Nachvergütung
bis zur Punktzahlobergrenze eine zulässige Begünstigung darstelle, sei die Kürzung der bereits festgesetzten Honorare für
die darüber hinausgehenden Leistungen ein Eingriff in seine Rechte und stelle eine belastende Maßnahme dar, die im Rahmen
einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung nur bis zum Ablauf von vier Jahren nach Erlass des Ausgangsbescheides zulässig
sei. Die in den Ausgangsbescheiden für Leistungen oberhalb der Punktzahlobergrenze festgesetzte Vergütung müsse wegen des
eingetretenen Vertrauensschutzes unangetastet bleiben. Das Verbot der Saldierung ergebe sich im Übrigen auch aus Art
3 GG. Vergleiche man im vorliegenden Fall die Nachberechnung seiner Vergütung mit der Nachberechnung eines anderen Psychotherapeuten,
der lediglich Leistungen bis zur Punktzahlobergrenze erbracht habe, so sei festzustellen, dass diese Vergleichsperson aufgrund
der Erhöhung des Mindestpunktwertes bis zu Punktzahlobergrenze eine deutlich höhere Nachvergütung erhalte als er.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 19.2.2014 und des SG Berlin vom 10.11.2010 sowie die Honorarbescheide der Beklagten
für die Quartale I/2000 bis I/2001, geändert durch die Bescheide vom 29.11.2001 und vom 8.9.2005 (zur Arztnummer 2) in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.4.2006, diese in der Fassung des Bescheides vom 9.9.2009 zu ändern und die Beklagte
zu verurteilen, die in den Quartalen I/2000 bis I/2001 abgerechneten antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen auch
oberhalb der Grenze von 561 150 Punkten pro Quartal zum Mindestpunktwert (4,297 Cent für die Quartale I bis IV/2000 und 4,244
Cent für das Quartal I/2001) zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG hinsichtlich der im Revisionsverfahren streitgegenständlichen Quartale I/2000 bis I/2001 für zutreffend.
Eine rückwirkende Abänderung des HVM sei nicht erfolgt. Dies sei auch nicht erforderlich gewesen, da in der maßgeblichen Regelung
des HVM (§
9 Ziff 4) auf den Beschluss des Bewertungsausschusses gemäß §
87 Abs
1 Satz 1
SGB V Bezug genommen werde. Demzufolge wirke sich jede Änderung des Beschlusses unmittelbar auf die von der Beklagten vorzunehmende
Honorarverteilung aus. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Das LSG habe hinsichtlich der Berechtigung
zur Neufestsetzung des Honorars zu Recht auf § 48 Abs 3 Satz 1 SGB X abgestellt. Der Kläger verkenne, dass Honorarbescheide lediglich hinsichtlich ihres Verfügungssatzes bestandskräftig würden.
Durch die Erhöhung des mit den ursprünglichen Honorarbescheiden festgesetzten Gesamthonorars sei insoweit keine Rücknahme
erfolgt. Bezogen auf Art
3 GG verkenne der Kläger, dass die Punktzahlobergrenze erstmals vom 6. Senat zur Beschreibung einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen
Einzelpraxis herangezogen worden sei. Der Bewertungsausschuss habe diese Grenze in seinen Beschlüssen aus der 93. und 96.
Sitzung zur Bestimmung des Psychotherapie-Punktwertes lediglich übernommen. Auch dies sei im Folgenden von der Rechtsprechung
nicht beanstandet worden. Die Vergütung bis zur Punktzahlobergrenze sichere den Betrieb einer Einzelpraxis. Alle darüber hinausgehenden
Punkte stellten einen zusätzlichen Gewinn dar. Dieser zusätzliche Gewinn müsse nicht mit dem Mindestpunktwert gestützt werden,
weil die Praxis ja schon durch die Vergütung bis zur Punktzahlobergrenze "gesichert" sei. Eine Ungleichbehandlung sei darin
nicht zu sehen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und sich im Revisionsverfahren auch nicht geäußert.
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Zutreffend ist das LSG von der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 8.9.2005 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.4.2006, geändert durch den Bescheid vom 9.9.2009, ausgegangen. Der Kläger hat keinen
Anspruch auf Vergütung der die Obergrenze von 561 150 Punkten je Quartal übersteigenden Punkte mit einem Mindestpunktwert.
1. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung höheren vertragsärztlichen Honorars
ist §
85 Abs
4 Satz 1 bis
3 SGB V (hier anzuwenden in der ab dem 1.1.2000 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab
dem Jahr 2000 - GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22.12.1999 (BGBl I 2626). Danach steht jedem Vertragsarzt - und gemäß
§
72 Abs
1 Satz 2
SGB V auch einem zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Psychologischen Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten
- ein Anspruch auf Teilhabe an den von den Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen entsprechend Art und Umfang der von
ihm erbrachten - abrechnungsfähigen - Leistungen nach Maßgabe der Verteilungsregelungen des HVM zu. Ergänzende Regelungen
für die Honorierung psychotherapeutischer Leistungen fanden sich in §
85 Abs
4 Satz 4
SGB V (idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000). Hiernach hatten die einzelnen KÄVen in ihren Verteilungsmaßstäben Regelungen
zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die
eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Den Inhalt dieser Regelungen bestimmte gemäß §
85 Abs
4a Satz 1 letzter Halbsatz
SGB V (idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000) erstmalig zum 28.2.2000 der Bewertungsausschuss.
Bezogen auf die Bewertung der bis zur Punktzahlobergrenze von 561 150 erbrachten Leistungen, beanstandet der Kläger die angefochtenen
Bescheide zu Recht nicht mehr. Die gesetzlichen Vorgaben hat der Bewertungsausschuss für die streitgegenständlichen Quartale
zutreffend umgesetzt. In Reaktion auf die zum Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16.2.2000 (DÄ 2000, A-555 für das Jahr
2000 und Nachfolgeregelungen ua für die Zeit vom 1.1.2001 bis zum 30.6.2001, DÄ 2000, A-3291) ergangenen Urteile des Senats
vom 28.1.2004 (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8 und B 6 KA 53/03 R) hat der Bewertungsausschuss mit einem am 18.2.2005 veröffentlichten "Beschluss gemäß §
85 Abs.
4a SGB V durch den Bewertungsausschuss nach §
87 Abs.
1 Satz 1
SGB V in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004", aktualisiert um den Änderungsbeschluss aus der 96. Sitzung (DÄ 2005, A-457),
zur Berechnung der Psychotherapie-Punktwerte für den hier streitbefangenen Zeitraum die Vorgaben geändert. Wie der Senat in
mehreren Urteilen vom 28.5.2008 (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, ua) entschieden hat, war dieser Beschluss nur noch insoweit zu beanstanden, als er eine Honorarbereinigung
hinsichtlich der Leistungen nach den Kapiteln O und U EBM-Ä aF auch für die Jahre 2000 und 2001 vorsah, in denen gemäß Nr
2.3 und 2.4 des Beschlusses für die Bestimmung des Vergleichsertrags ausschließlich die Umsätze der Fachärzte für Allgemeinmedizin
im hausärztlichen Versorgungsbereich maßgeblich waren. Im Hinblick auf diese Rechtsprechung hat der Bewertungsausschuss rückwirkend
für die Vergütung in den Jahren 2000 und 2001 beschlossen, dass die beanstandete Bereinigung nicht vorzunehmen ist (DÄ 2009,
A-212).
Die mit höherrangigem Recht konformen Vorgaben des Bewertungsausschusses für die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen
in den Jahren 2000 und 2001 (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 75) hat die Beklagte zutreffend umgesetzt und dem Kläger eine Nachvergütung unter Zugrundelegung von Mindestpunktwerten
von 4,297 Cent für das Jahr 2000 und von 4,244 Cent für das Jahr 2001 gewährt.
2. Der Anspruch auf Vergütung mit diesem Mindestpunktwert war entgegen der Auffassung des Klägers für die hier streitgegenständlichen
Quartale auf die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen des Abschnitts G IV EBM-Ä (aF) bis zur Höhe
von 561 150 Punkten je Quartal begrenzt.
a) Die Beschränkung der Reichweite des Mindestpunktwerts auf diese Punktmenge war bereits in dem Beschluss des Bewertungsausschusses
vom 16.2.2000 (DÄ 2000, A-555, A-558 f) unter 2.9 enthalten und ist für den hier maßgebenden Zeitraum auch durch nachfolgende
Beschlüsse nicht geändert worden. Die genannte Punktzahlobergrenze geht auf die in der Rechtsprechung des Senats im Rahmen
einer Modellrechnung entwickelte Annahme zurück, nach der ein optimal ausgelasteter und mit vollem persönlichen Einsatz arbeitender
Psychotherapeut bei typisierender Betrachtung in der Lage ist, aus zeitabhängig zu erbringenden antrags- und genehmigungsbedürftigen
psychotherapeutischen Leistungen 2 244 600 Punkte im Jahr und damit 561 150 Punkte im Quartal in Ansatz zu bringen (vgl BSGE
84, 235, 239 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 255 f; vgl Steinhilper, VSSR 2000, 349, 361 f). Unter Berücksichtigung des Umstands, dass Psychotherapeuten den ganz wesentlichen Teil ihrer Einkünfte durch die
Erbringung dieser zeitgebundenen antrags- und genehmigungsbedürftigen Leistungen erzielen und dass sie die Leistungsmenge
aufgrund der starren Zeitvorgaben für die einzelnen Leistungen nur in engen Grenzen ausweiten können, hat der Senat die Frage
nach dem Punktwert, der erforderlich ist, um eine angemessene Vergütung von ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten
und Psychotherapeuten zu gewährleisten, auf der Grundlage dieser Punktzahlen beantwortet (vgl BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 22, 27, 47; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 75 RdNr 15; BSGE 84, 235, 239 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 255 f; BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 24, 39). Eine Absenkung dieser Grenze mit der Begründung, dass ein Psychotherapeut zusätzlich
zu den genehmigungspflichtigen Leistungen in begrenztem Umfang zB Honorar für die Erbringung probatorischer Sitzungen erzielen
könne, hat der Senat ausdrücklich abgelehnt, weil dieser Umstand in die Bemessung der Vollauslastungsgrenze für die Erbringung
genehmigungsbedürftiger psychotherapeutischer Leistungen bereits eingeflossen war (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 36 ff).
Ebenso wenig wie eine Absenkung der Punktzahlobergrenze von 561 150 Punkte im Quartal zu begründen ist, besteht eine Verpflichtung
der KÄV, zeitabhängig zu erbringende antrags- und genehmigungsbedürftige psychotherapeutischen Leistungen, die diese der Modellannahme
zugrunde liegenden Höchstgrenzen überschreiten, mit einem Mindestpunktwert zu vergüten. Der Umstand, dass ein Psychotherapeut
bei typisierender Betrachtung mit der Erbringung von zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Leistungen nach Abschnitt
G IV EBM-Ä aF im Umfang von 561 150 Punkten je Quartal voll ausgelastet war, schließt nicht aus, dass ein Psychotherapeut
im Einzelfall darüber hinausgehende Leistungen erbringt. Vielmehr entspricht es gerade dem Wesen einer typisierenden Betrachtung,
dass die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall davon abweichen können. Ein Anspruch auf Vergütung aller von einem Psychotherapeuten
erbrachten zeitgebundenen antrags- und genehmigungsbedürftigen Leistungen mit dem Mindestpunktwert besteht jedoch nicht. Die
Garantie eines Mindestpunktwerts für den quantitativ wichtigsten Teil des Leistungsspektrums stellt die Psychotherapeuten
besser als alle anderen Arztgruppen, ist aber auch notwendig, damit eine voll ausgelastete psychotherapeutische Praxis die
Chance hat, anderen Arztgruppen vergleichbare Erträge aus der vertragsärztlichen Tätigkeit zu erzielen. Zu diesem Zweck ist
die Garantie des Mindestpunktwertes für die Leistungen bis zur typisierend ermittelten Vollauslastungsgrenze notwendig, aber
auch ausreichend. Die durch den Bewertungsausschuss geregelte Beschränkung des Mindestpunktwerts auf 561 150 Punkte je Quartal
ist daher nicht zu beanstanden (vgl bereits BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 39). Der enge Zusammenhang zwischen der Berechnung des Mindestpunktwerts und der Punktzahlobergrenze
wird im Übrigen auch daran deutlich, dass der Bewertungsausschuss zusammen mit der (durch eine höhere punktzahlmäßige Bewertungen
der psychotherapeutischen Leistungen im EBM-Ä bedingten, vgl BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 39) Erhöhung des der Festlegung der angemessenen Vergütung zugrunde zu legenden jährlichen
Soll-Leistungsbedarfes auf 2 716 740 Punkte (entsprechend 679 185 Punkte pro Quartal) in seiner 139. Sitzung mit Wirkung zum
1.1.2008 zugleich eine entsprechende Erhöhung der Punktzahlobergrenze auf 679 185 Punkte je Quartal beschlossen hat (DÄ 2008,
A-356, A-358).
b) Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Beklagte ihm mit den Ausgangsbescheiden eine Honorierung
seiner Leistungen unabhängig von Punktzahlobergrenzen bewilligt habe und dass er deshalb aus Gründen des Vertrauensschutzes
Anspruch auf Vergütung aller abgerechneten Leistungen auch oberhalb der Grenze von 561 150 Punkten mit dem Mindestpunktwert
oder wenigstens mit dem Punktwert habe, mit dem seine zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Behandlungen in den ursprünglichen
Honorarbescheiden vergütet worden waren.
aa) Der Kläger hat ua gegen die Honorarbescheide aus den im Revisionsverfahren noch streitgegenständlichen Quartalen (I/2000
bis I/2001) Widerspruch eingelegt. Die Neuberechnung, gegen die sich der Kläger mit seinem Vorbringen zum Vertrauensschutz
in erster Linie wendet, hat die Beklagte während des laufenden Widerspruchsverfahrens mit Bescheid vom 8.9.2005 vorgenommen,
indem sie einerseits die von dem Kläger erbrachten Leistungen bis zur Grenze von 561 150 Punkten höher und andererseits die
oberhalb dieser Grenze abgerechneten Punkte nicht mehr mit einem gestützten Punktwert, sondern mit dem im jeweiligen Quartal
geltenden ungestützten Punktwert aus dem Fachgruppentopf der Psychotherapeuten - und damit niedriger als im Ausgangsbescheid
- bewertet hat. Diese Neubewertung hat insgesamt zu einer Nachzahlung an den Kläger geführt, die sich für die fünf streitgegenständlichen
Quartale auf 14 097,66 Euro belief und in Umsetzung der Entscheidungen des Senats vom 28.5.2008 (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, ua) und des daraufhin ergangenen Beschlusses des Bewertungsausschusses aus seiner 172. Sitzung
(DÄ 2009, A-212) mit Bescheid vom 9.9.2009 bezogen auf die Quartale I/2000 bis I/2001 um weitere 3994,89 Euro angehoben wurde.
Der Betrag der Nachzahlung wäre jedoch um etwa 900 Euro höher ausgefallen, wenn die Beklagte die Bewertung der Punkte oberhalb
der Grenze von 561 150 nicht gegenüber dem Ausgangsbescheid reduziert hätte; die Vergütung aller Leistungen mit dem Mindestpunktwert
hätte eine noch erheblich darüber hinausgehende Nachvergütung zur Folge gehabt.
bb) Rechtlicher Anknüpfungspunkt des Begehrens des Klägers, die die Grenze von 561 150 überschreitenden Punkte mindestens
mit dem Punktwert aus dem Ausgangsbescheid zu vergüten, ist das Verbot der "reformatio in peius". Verwaltungsakte erlangen
Wirksamkeit nach §§ 37, 39 Abs 1 SGB X bereits mit ihrer Bekanntgabe (vgl BSGE 81, 274, 277 = SozR 3-1500 § 85 Nr 1 S 4). Der auch für das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren geltende Grundsatz der reformatio
in peius (vgl BSGE 53, 284, 287 f = SozR 5550 § 15 Nr 1 S 3) bedeutet, dass ein Rechtsmittel zwar zurückgewiesen werden kann, dass eine Entscheidung
aber nicht ohne Weiteres zum Nachteil des Rechtmittelführers geändert werden kann, jedenfalls soweit diese nicht auch von
einem beteiligten Dritten mit entgegengesetzter Begehrensrichtung angegriffen wird. Vielmehr bleibt die Verwaltung grundsätzlich
an begünstigende Regelungen eines mit Rechtsmitteln angegriffenen Verwaltungsakts gebunden (BSGE 71, 274, 276 ff = SozR 3-1500 § 85 Nr 1 S 3 ff; BSGE 53, 284, 287 ff = SozR 5550 § 15 Nr 1 S 3 ff).
cc) Dies gilt allerdings nur insofern, als die Behörde nicht - unabhängig von dem eingelegten Widerspruch - zur Rücknahme,
zur Aufhebung oder zum Widerruf der Entscheidung berechtigt ist (vgl BSGE 53, 284, 287 f = SozR 5550 § 15 Nr 1 S 4 f; Leitherer in MeyerLadewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
85 RdNr 5). Bezogen auf Honorarbescheide ist dabei zu berücksichtigen, dass diese grundsätzlich unabhängig von den Voraussetzungen
des § 45 SGB X korrigiert werden können. Rechtsgrundlage sind § 45 Abs 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte sowie §
34 Abs
4 Satz 2 Ersatzkassenvertrag-Ärzte, die seit dem 1.1.2004 durch §
106a SGB V idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) abgelöst wurden. Die
genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß §
37 Satz 1
SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 17; BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11). Daher kann der Vertragsarzt auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit
und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 18; BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7). Dieser sehr weitgehende Ausschluss jedweden Vertrauensschutzes gegenüber nachträglichen
Honorarberichtigungen bedarf nach der Rechtsprechung des Senats allerdings in bestimmten Fallkonstellationen der Einschränkung
(BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 23; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN). Danach ist die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheids ua nicht mehr nach
den Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung, sondern nur noch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände
des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheids bereits abgelaufen ist (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 24; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14; BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16, mwN).
Wie bereits das LSG zutreffend dargelegt hat, war die Frist von vier Jahren bezogen auf die Honorarbescheide für die streitgegenständlichen
Quartale bei Erlass des Bescheides vom 8.9.2005 bereits abgelaufen. Gründe für eine Hemmung der Frist sind nicht ersichtlich
(zu den Hemmungsgründen vgl Clemens in jurisPK-
SGB V, Stand Januar 2015, §
106a RdNr
60 ff). Die in § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X genannten Voraussetzungen (Erwirkung des Verwaltungsakts durch arglistiges Täuschen, ua, Beruhen des Verwaltungsakts auf
vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Angaben, Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Begünstigten von der Unrichtigkeit)
unter denen die Rücknahme eines begünstigenden Bescheides auch noch nach Ablauf von vier Jahren rechtmäßig wäre, liegen hier
nicht vor.
dd) Gleichwohl ist die geänderte Festsetzung der Honoraransprüche des Klägers mit Bescheid vom 8.9.2005 nicht rechtswidrig,
weil die Ausgangsbescheide nicht zu Ungunsten des Klägers geändert werden. Vielmehr handelt es sich um eine im Laufe des Widerspruchsverfahrens
erfolgte Teilabhilfe, die im Übrigen abweichend von den Gründen der Entscheidung des LSG auch nicht an die Voraussetzungen
des § 44 SGB X gebunden ist. Bei der Berechnung der Nachvergütung hat die Beklagte zwar erstmals eine Punktzahlobergrenze angewandt und
die sich daraus ergebende Überzahlung mit der sich aus der Vergütung zum Mindestpunktwert bis zur Punktzahlobergrenze ergebenden
Nachzahlung saldiert. Dabei handelt es sich jedoch nur um unselbstständige Faktoren der Berechnung des Honoraranspruchs. Ausschlaggebend
ist, dass dem Kläger insgesamt Nachzahlungen für alle streitgegenständlichen Quartale gewährt wurden. Mit den Ausgangsbescheiden
hat die Beklagte nicht gesondert über den Punktwert oberhalb der Punktzahlobergrenze entschieden, sodass insoweit auch keine
Änderung zu Ungunsten des Klägers erfolgen konnte.
(1) Bindungswirkung (§
77 SGG) kommt im Grundsatz nur dem Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes, nicht jedoch den Begründungselementen und Rechenschritten
zu (BSGE 95, 238 = SozR 4-2600 §
2 Nr 5, RdNr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
77 RdNr 5b). Dabei ist indes zu berücksichtigen, dass Verwaltungsakte in der Regel nicht wie Urteile eine strenge Trennung zwischen
Verfügungssatz und Begründung aufweisen. Die gesamte Begründung ist vielmehr daraufhin zu prüfen, inwieweit sie für einen
Verwaltungsakt typische, der Bindung fähige Regelungen (§ 31 Satz 1 SGB X) trifft (BSG SozR 1500 §
77 Nr 18 S 9; Becker in Roos/Wahrendorf,
SGG, 2014, §
77 RdNr 7).
Dies gilt auch für Honorarbescheide. Der im Verfügungssatz zum Ausdruck kommende Regelungsgehalt eines Honorarbescheides ist
nicht auf den konkreten Zahlbetrag für das entsprechende Quartal beschränkt. Die Entscheidung über die dem Vertragsarzt für
seine Leistungen in einem bestimmten Quartal zustehende Vergütung stellt den Mindestinhalt des Honorarbescheides dar. Der
Honorarbescheid kann jedoch weitere abtrennbare Regelungen beinhalten, die an der Bindungswirkung teilnehmen (vgl Leitherer
in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
77 RdNr 5g mwN). Entsprechend ist es nach der Rechtsprechung des Senats auch möglich, eine Beschränkung des Rechtsbehelfs auf
abtrennbare Regelungsteile des Honorarbescheides vorzunehmen. Dies gilt zB für die Zuweisung des Regelleistungsvolumens (BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 1 RdNr 10), die gesonderte Feststellung der Bemessungsgrundlagen im Rahmen von Individualbudgets (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 193; BSGE 83, 52, 53 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 202) und die Festsetzung von Praxisbudgets (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 12 RdNr 9). Der Senat hat zudem die Erhebung von Verwaltungskosten auf gesondert abgerechnete Sachkosten innerhalb eines
Honorarbescheides als abtrennbare Regelung angesehen, bei deren isolierter Anfechtung die übrigen Festsetzungen im Honorarbescheid
gemäß §
77 SGG bindend werden (BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 3 RdNr 13). Eine entsprechende Beschränkung des Rechtsbehelfs führt dazu, dass die nicht angegriffenen Teilregelungen
in Bestandskraft erwachsen (§
77 SGG), sodass eine später hierauf erstreckte Klage unzulässig ist (BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 7 mwN). Nicht zum Verfügungssatz gehören dagegen die einzelnen Rechenschritte, die erforderlich sind, um von der
Honoraranforderung des Vertragsarztes zur Honorarsumme zu gelangen, die dieser nach den für die Honorarverteilung geltenden
Vorschriften beanspruchen kann (BSG Urteil vom 9.12.2004 - B 6 KA 84/03 R - USK 2004-146 = Juris RdNr 29; ebenso in anderen Bereichen bezogen auf Berechnungsfaktoren: Gegenstandswert als Berechnungsfaktor
einer Kostenfestsetzungsentscheidung, BSG Beschluss vom 9.4.2008 - B 6 KA 3/07 B - Juris RdNr 12; BSG SozR 1300 § 63 Nr 8 S 25 ff; BSG Beschluss vom 25.3.2015 - B 6 KA 48/14 B - Juris RdNr 14; Ausfallzeit als unselbstständiger Faktor der Rentenberechnung vgl BSGE 45, 236, 237 = SozR 1500 § 77 Nr 26 S 20; zur Rücknahme nach § 44 SGB X vgl auch Steinwedel in Kasseler Komm, Stand Dezember 2014, § 44 SGB X RdNr 34). Im Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist der Senat davon ausgegangen, dass nur die Gesamtbeträge
der Kürzungen und der im Übrigen anerkannten Honorarforderungen, dagegen nicht die Einzelkürzungen bei den verschiedenen Gebührenziffern
Bestandteile des Verfügungssatzes sind. Im Entscheidungstenor werden nur die Gesamtbeträge angegeben (BSGE 53, 284, 290 = SozR 5550 §
15 Nr 1 S 6 f; vgl auch Engelhard in Hauck/Noftz,
SGB V, Stand Februar 2015, §
106 RdNr 613 mwN).
(2) Nach den im Berufungsurteil (L 7 KA 10/11, Juris RdNr 85) getroffenen, nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und damit für den Senat gemäß §
163 SGG bindenden Feststellungen hat die Beklagte in den Ausgangsbescheiden keine ausdrückliche Regelung dahin erlassen, dass die
durch den Kläger erbrachten psychotherapeutischen Leistungen unabhängig von einer Punktzahlobergrenze mit einem Mindestpunktwert
vergütet werden. Zwar ist der Berechnung des Honorars keine Punktzahlobergrenze zugrunde gelegt worden. Allein das Fehlen
einer Aussage zu einer Punktzahlobergrenze und eine entsprechende Berechnungsweise können jedoch nicht als ein - die Beklagte
bindender - Verfügungssatz interpretiert werden. Insofern unterscheiden sich die vorliegend zu beurteilenden Ausgangsbescheide
von Bescheiden, in denen - ausdrücklich und nicht nur als Element der Honorarberechnung - Aussagen zB zur Höhe eines Praxisbudgets,
eines Regelleistungsvolumens oder der den Honoraranspruch mindernden Verwaltungskosten getroffen werden. Bei der Neuberechnung
des Honoraranspruchs mit Bescheiden vom 8.9.2005 und vom 9.9.2009 war die Beklagte daher zumindest nicht gehindert, einen
Mindestpunktwert nur bis zu der nach den Beschlüssen des Bewertungsausschusses maßgebenden Punktzahlobergrenze von 561 150
Punkten zugrunde zu legen. Bezogen auf die Punkte oberhalb der Punktzahlobergrenze hatte die Beklagte dagegen keine den Besonderheiten
der psychotherapeutischen Behandlung Rechnung tragenden Gesichtspunkte zu beachten und auch für eine Bindung an den Punktwert
aus den Ausgangsbescheiden gibt es keine Grundlage. Wie oben dargelegt, liegt der Vergütung von bis zu 561 150 Punkten je
Quartal mit einem garantierten Mindestpunktwert die Annahme zugrunde, dass ein mit vollem persönlichen Einsatz arbeitender
Psychotherapeut bei typisierender Betrachtung durch Erbringung zeitgebundener und genehmigungsbedürftiger psychotherapeutische
Leistungen bis zu dieser Grenze voll ausgelastet ist. Auch darüber hinaus erbrachte Leistungen waren grundsätzlich berechnungsfähig,
soweit bei der Erbringung das Gebot der persönlichen Leistungserbringung (§ 32 Abs 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte) beachtet wird, was einer wesentlichen Überschreitung der genannten Punktmenge durch zeitgebundene Leistungen rein tatsächlich
Grenzen setzt.
(3) Der Grundsatz der reformatio in peius wäre danach nur verletzt, wenn sich der Honoraranspruch des Klägers durch die Neufestsetzung
mit Bescheid vom 8.9.2005 insgesamt reduziert hätte. Eine Gesamtbetrachtung mit einer Saldierung der Honoraransprüche über
mehrere Quartale ist dabei allerdings nicht zulässig, weil für jedes Quartal gesonderte Ausgangsbescheide mit eigenständigen
Verfügungssätzen ergangen sind. Vielmehr ist die Frage, ob eine Änderung zu Ungunsten des Klägers eingetreten ist, jedenfalls
in der vorliegenden Konstellation für jedes Quartal gesondert zu beantworten (zur Unzulässigkeit der monatsübergreifenden
Saldierung im Falle einer monatsweisen Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II vgl BSGE 99, 47 = SozR 4-4200 § 11 Nr 5, RdNr 42). Da die Neuberechnung hier in zutreffender Umsetzung der inzwischen rechtmäßigen Vorgaben des Bewertungsausschusses
für jedes der streitgegenständlichen Quartale zu einer Erhöhung des Honoraranspruchs des Klägers geführt hat, verstoßen die
angefochtenen Bescheide nicht gegen das Verbot der reformatio in peius.
c) Der Kläger kann den geltend gemachten Anspruch auf höheres Honorar auch nicht auf eine mit Schreiben der Beklagten vom
20.4.2005 erteilte Zusicherung iS des § 34 Abs 1 Satz 1 SGB X stützen. Eine Zusicherung setzt ua den Willen der Behörde voraus, sich auf ein zukünftiges Tun oder Unterlassen zu verpflichten
(BSG SozR 3-1300 § 34 Nr 2 S 4). Dafür ist dem genannten Schreiben nichts zu entnehmen. Zwar hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass er für
die Quartale I/2000 bis II/2002 mit einer Nachvergütung in Höhe von 67 284,59 Euro rechnen könne. Diese Angabe hat sie jedoch
mit dem ausdrücklichen Hinweis verbunden, dass es sich weder um einen neuen Honorarbescheid noch um eine Zusicherung handele.
Damit fehlte der Beklagten - für den Kläger erkennbar - der erforderliche Verpflichtungswille.
d) Einen Anspruch auf Vergütung der die Grenze von 561 150 übersteigenden Punkte mit einem Mindestpunktwert kann der Kläger
auch nicht erfolgreich mit der Begründung geltend machen, dass der im streitgegenständlichen Zeitraum geltende HVM der Beklagten
eine Punktzahlobergrenze nicht vorgesehen habe und dass der HVM mit der Einführung einer solchen Grenze rückwirkend zu seinen
Ungunsten geändert worden sei. Nach dem seit dem 1.1.2000 geltenden Regelungskonzept des Gesundheitsreformgesetzes 2000 ist
die Sicherung einer angemessenen Vergütung für psychotherapeutische Leistungen je Zeiteinheit dem Bewertungsausschuss übertragen
worden. Dieser bestimmt gemäß §
85 Abs
4a Satz 1 letzter Halbsatz
SGB V (hier anzuwenden in der ab 1.1.2000 bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000) erstmalig
zum 28.2.2000 den Inhalt der - eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleistenden - Regelungen, die die einzelnen
KÄVen in ihren Verteilungsmaßstäben zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch
tätigen Ärzte zu treffen haben. Mit der Übertragung dieser Aufgabe auf den Bewertungsausschuss soll sichergestellt werden,
dass die Vergütung der genannten Leistungen nach bundesweit einheitlichen Vorgaben festgelegt wird (vgl Ausschussbericht zum
GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000, BT-Drucks 14/1977 S 165, zu Art 1 Nr 45 Buchst c). Die Auffassung des Klägers, dass die
die Bewertung psychotherapeutischer Leistungen betreffenden Beschlüsse des Bewertungsausschusses keine unmittelbare Wirkung
für ihn hätten, trifft nicht zu. Vielmehr sind Regelungen eines HVM, die der vom Bewertungsausschuss vorgegebenen Inhaltsbestimmung
widersprechen, rechtswidrig und unwirksam (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 16; BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 14). Dabei sind die Änderungen des Beschlusses vom 16.2.2000 durch die die Rechtsprechung des
Senats umsetzenden Beschlüsse aus der 93., der 96. und der 172. Sitzung des Bewertungsausschusses (vgl DÄ 2005 A-457 ff; DÄ
2009 A-212) zu berücksichtigen. Der HVM, auf dessen Grundlage das Honorar des Klägers in den Ausgangsbescheiden festgesetzt
worden war, wich von diesen Vorgaben im Ergebnis zu Ungunsten des Klägers ab, weil er einen Mindestpunktwert, der eine angemessene
Vergütung psychotherapeutischer Leistungen gewährleistet, nicht vorsah. Deshalb war dessen Honorar in den Ausgangsbescheiden
rechtswidrig zu niedrig festgesetzt worden. Soweit der Honorarfestsetzung Regelungen des HVM zugrunde lagen, die zu Ungunsten
des Klägers rechtswidrig waren, konnte ein Vertrauen des Klägers in deren Geltung von vornherein nicht entstehen (zur Beschränkung
eines Rückwirkungsverbots auf für den Betroffenen belastende Änderungen vgl BVerfGE 24, 220, 229 = SozR Nr 16 zu Art
14 GG S Ab 14; BVerfGE 50, 177, 193 = SozR 5750 Art
2 § 9a Nr 8 S 24 f). Ob die Beklagte berechtigt gewesen wäre, in ihrem HVM - über die Vorgaben des Bewertungsausschusses hinausgehend
- zu regeln, dass die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen auch oberhalb der Punktzahlgrenze mit einem Mindestpunktwert
zu vergüten ist und ob eine solche Regelung schutzwürdiges Vertrauen des Klägers begründen würde (zum Verbot der rückwirkenden
Aufhebung einer Punktwertgarantie vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 4 RdNr 14), kann dahingestellt bleiben, weil dem hier maßgebenden HVM eine solche Regelung nicht zu entnehmen ist. Vielmehr
verweisen bereits die in den Jahren 2000 und 2001 geltenden HVM insoweit gleichlautend bezogen auf die Einteilung der Gesamtvergütung
in Leistungsbereiche unter § 9 Abs 4 und bezogen auf die Honorarverteilung unter § 10C Abs 1 auf den Beschluss des Bewertungsausschusses
"zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutischer Vertragsärzte und -therapeuten",
der schon in seiner ursprünglichen Fassung vom 16.2.2000 eine Bewertung mit einem Mindestpunktwert nur bis zu einer Grenze
von 561150 Punkten vorsah (vgl 2. a, RdNr 22). Auch der HVM der Beklagten ist insoweit nicht geändert worden.
e) In der Anwendung der durch den Bewertungsausschuss vorgegebenen Punktzahlobergrenze liegt entgegen der Auffassung des Klägers
auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art
3 Abs
1 GG. Zwar trifft es zu, dass Ärzten und Therapeuten, deren abgerechnete Leistungsmenge die Punktzahlobergrenze nicht überschreitet,
die Erhöhung des Mindestpunktwerts uneingeschränkt zugutekommt, während sich die - infolge der insoweit fehlenden Punktwertstützung
- geringere Bewertung der die Punktzahlgrenze überschreitenden Punkte ungünstig auf die Höhe der dem Kläger gewährten Nachvergütung
auswirkt. Darin liegt jedoch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die
Gewährleistung von Kalkulationssicherheit durch möglichst stabile Punktwerte Honorarbegrenzungsregelungen etwa in Gestalt
von Individualbudgets (BSGE 83, 52, 55 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 204 f; BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5, RdNr 11), von Praxisbudgets (BSGE 86, 16, 17 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 116), von Richtgrößen- und Umsatzregelungen (BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 28 ff) oder auch Vorgaben für einheitliche Budgets für alle (Zahn-)Ärzte (BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23, RdNr 24) rechtfertigt. Allein der Umstand, dass Leistungen, die eine Budgetgrenze überschreiten,
geringer bewertet werden, als die gleichen Leistungen, die innerhalb des Budgets erbracht werden, steht nicht im Widerspruch
zu dem aus Art
12 Abs
1 iVm Art
3 Abs
1 GG herzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Bei dem Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars
handelt es sich nur um einen Grundsatz. Dessen Beachtung erfordert nicht, dass gleiche Leistungen stets gleich vergütet werden
müssen. Vielmehr kann von diesem Grundsatz aus sachlichem Grund abgewichen werden (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 50; BSGE 93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12, RdNr 10, jeweils mwN). Insoweit kommt dem Normgeber ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu (bezogen
auf die KÄV vgl BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 30; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 50; BSGE 93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12, RdNr 10). Der Entscheidung des Bewertungsausschusses, den Mindestpunktwert für antrags- und genehmigungspflichtige
Leistungen des Abschnitts G IV EBM-Ä (aF) auf eine Punktzahl zu beschränken, die ein optimal ausgelasteter und mit vollem
persönlichen Einsatz arbeitender Psychotherapeut bei typisierender Betrachtung nicht überschreitet und angesichts der strikten
Zeitgebundenheit der Leistungen auch nicht ohne Weiteres wesentlich überschreiten kann, liegen sachliche Erwägungen zugrunde.
Insofern kann auf die Darlegungen unter 2. a (RdNr 23) und 2. b dd [2] (RdNr 32) Bezug genommen werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§
154 Abs
2 VwGO). Dies gilt nicht für die Beigeladenen, da diese keine Anträge gestellt haben.