Gründe:
I
Der Kläger begehrt die Übernahme von Kosten für verschiedene Medikamente.
Der 1958 geborene, nicht unter Betreuung stehende Kläger, der an einer paranoiden Persönlichkeits- und einer rezidivierenden
depressiven Störung leidet, ist voll erwerbsgemindert und bezieht Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
(Grundsicherungsleistungen) nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII). Seine Anträge auf Übernahme von Kosten für Medikamente lehnte der Beklagte ab. Die hiergegen beim Sozialgericht (SG) Gießen erhobenen Klagen (insgesamt 7 Verfahren) blieben ohne Erfolg.
Das hiergegen jeweils angerufene Hessische Landessozialgericht (LSG) hat die Verfahren verbunden und die Berufungen des Klägers
sodann als unzulässig verworfen (Beschluss vom 6.1.2014), weil die Berufungen rechtmissbräuchlich erhoben seien. Ein legitimes
nachvollziehbares Rechtsschutzbedürfnis sei weder dargetan noch ersichtlich. Die Rechtsverfolgung sei vielmehr Ausdruck der
partiellen Prozessunfähigkeit des Klägers.
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Beschluss rügt der Kläger einen Verfahrensmangel
(§
160 Abs
2 Nr
3 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Das LSG habe zu Unrecht von der Bestellung eines besonderen Vertreters nach §
72 SGG abgesehen, weil auch in der Sache keine offensichtlich haltlose Rechtsverfolgung vorliege.
II
Die durch den vom Senat bestellten besonderen Vertreter des Klägers eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
ist zulässig. Sie genügt hinsichtlich des geltend gemachten Verfahrensfehlers den Bezeichnungserfordernissen des §
160a Abs
2 Satz 3 iVm §
160 Abs
2 Nr
3 SGG. Da der gerügte Verfahrensmangel auch vorliegt, konnte der Beschluss gemäß §
160a Abs
5 SGG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden.
Die angefochtene Entscheidung beruht auf einem Verstoß gegen §
72 Abs
1 SGG, weil das LSG zu Unrecht von der Bestellung eines besonderen Vertreters für den bereits im Klage- und Berufungsverfahren
prozessunfähigen Kläger abgesehen hat. Der Kläger war dadurch im Verfahren nicht wirksam vertreten (§
202 SGG iVm §
547 Nr 4
Zivilprozessordnung [ZPO]); hierin liegt ein absoluter Revisionsgrund, bei dem unterstellt wird, dass die Entscheidung des LSG auf ihm beruht
(zu dieser Voraussetzung siehe §
162 SGG).
Gemäß §
72 Abs
1 SGG muss der Vorsitzende des jeweiligen Spruchkörpers für einen nicht prozessfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter
bis zum Eintritt eines Vormundes, Betreuers oder Pflegers für das Verfahren einen besonderen Vertreter bestellen, dem alle
Rechte, außer dem Empfang von Zahlungen, zustehen. Prozessunfähig ist eine Person, die sich nicht durch Verträge verpflichten
kann (vgl §
71 Abs
1 SGG), also ua eine solche, die nicht geschäftsfähig iS des §
104 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) ist, weil sie sich gemäß §
104 Nr 2
BGB in einem nicht nur vorübergehenden die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit
befindet und deshalb nicht in der Lage ist, ihre Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen. Dabei können
bestimmte Krankheitsbilder auch zu einer sog partiellen Prozessunfähigkeit führen, bei der die Willensbildung nur bezüglich
bestimmter Prozessbereiche eingeschränkt ist. Soweit eine solche partielle Prozessunfähigkeit anzunehmen ist, erstreckt sie
sich auf den gesamten Prozess (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 32 S 65).
Eine solche partielle Prozessunfähigkeit im Hinblick auf die Führung von sozialgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten liegt beim
Kläger vor, wie der Senat im Einzelnen in dem Beschluss vom 8.4.2014 (B 8 SO 48/13 B) unter Bezugnahme auf aktenkundige psychiatrische
Gutachten ausgeführt hat; zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen.
Im Berufungsverfahren durfte nicht davon abgesehen werden, einen besonderen Vertreter zu bestellen. Steht - wie vorliegend
- die Prozessunfähigkeit für den Prozess fest, kann dieser grundsätzlich nur mit einem besonderen Vertreter fortgeführt werden,
wenn eine sonstige gesetzliche Vertretung nicht gewährleistet ist und - wie hier - das Amtsgericht von der Bestellung eines
Betreuers abgesehen hat (im Einzelnen zuletzt BSG SozR 4-1500 § 72 Nr 2 RdNr 9). Zwar sind Ausnahmen von der Vertreterbestellung dann für zulässig erachtet worden, wenn das Rechtsmittel unter
Anlegung eines strengen Maßstabs "offensichtlich haltlos" ist (BSGE 5, 176, 178 f), was insbesondere bei absurden Klagebegehren ohne jeden Rückhalt im Gesetz oder bei offensichtlich unschlüssigem
Vorbringen anzunehmen ist, etwa wenn kein konkreter Streitgegenstand erkennbar ist, der Kläger nur allgemeine Ausführungen
ohne irgendeinen Bezug zum materiellen Recht macht oder wenn sein Vorbringen bereits mehrmals Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen
war (BSG SozR 4-1500 § 72 Nr 2 RdNr 10).
Ein solches haltloses Begehren liegt aber nicht vor. Es ist nicht erkennbar, dass die im Klagewege geltend gemachten Ansprüche
des Klägers auf Übernahme von Kosten für Medikamente, die er in jedem Einzelfall bezeichnet und beziffert hat, von vornherein
ein haltloses Klagebegehren ohne jeden Rückhalt im Gesetz darstellen. Es ist damit nicht völlig ausgeschlossen, dass zumindest
nach Hinweisen des Vorsitzenden (§
106 SGG) unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes (vgl nur: BSGE 74, 77 ff = SozR 3-4100 § 104 Nr 11 S 49 ff) ein besonderer Vertreter oder ein von diesem bestellter Prozessbevollmächtigter in
der Lage ist, im wohlverstandenen Interesse des Klägers sachdienliche Klageanträge mit hinreichendem Bezug zum materiellen
Recht zu formulieren.
Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.