Kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung während der Durchführung einer Heilbehandlung beim Sturz oder
Sprung vom Flachdach der BG-Unfallklinik
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes Anspruch auf Hinterbliebenenrente hat.
Der Ehemann der Klägerin, T. B. (im Folgenden: B.), verstarb am 17.09.2015 um 10:03 Uhr in der berufsgenossenschaftlichen
Unfallklinik L., wo er sich seit dem 14.09.2015 zur Abklärung seiner Rehabilitationsfähigkeit nach Schädelhirntrauma und Polytrauma
nach einem Sturz aus einem Stapler an seiner Arbeitsstelle in stationärer Behandlung befunden hatte. Er war am 16.06.2015
an seinem Arbeitsplatz (Lager des Dachdeckereinkaufs S. eG, M.-H.) neben seinem Stapler am Boden liegend aufgefunden worden
und wurde durch den hinzugerufenen Notarzt in das Universitätsklinikum F. verbracht. Ein später von der Beklagten schriftlich
befragter Zeuge gab am 06.09.2015 an, der Gabelstapler sei zunächst an ihm vorbeigefahren. Dann habe er plötzlich einen dumpfen
Schlag gehört und den Fahrer seitlich auf dem Boden liegen gesehen. Aus seinem Kopf sei eine Menge Blut geströmt. Im Durchgangsarztbericht
von Prof. Dr. S. vom 17.07.2016 wurde als Erstdiagnose ein offenes SHT (Schädelhirntrauma) mit SAB (Subarachnoidalblutung)
genannt.
B. wurde nach dem Unfall bis zum 23.06.2015 im Universitätsklinikum F. stationär behandelt. Nach eingehender Untersuchung
wurden dort ein Schädelhirntrauma mit Epiduralhämatom, eine Kalottenfraktur links und Kopfplatzwunde, eine Rippenfraktur C1
dorsal beidseits, Frakturen Procc. transversi HWK 5 und HWK 6, eine instabile HWK-7-Fraktur und eine BWK-1-, -2- und -4-Fraktur
diagnostiziert. Die Kopfplatzwunde wurde genäht, eine Miami-J-Orthese verordnet. Als Vorerkrankungen wurden im Zwischenbericht
des Universitätsklinikums F. vom 23.06.2015 eine Leberzirrhose, Erstdiagnose 05/2012 (CHILD A 05/2015) ethyltoxischer Genese mit Vierquadrantenaszites, eine sekundär ethyltoxische Lebersiderose, eine geringe Mitralregurgiation
(Erstdiagnose 01/2008), ein Zustand nach erstmaligem generalisiertem Krampfanfall 07.12.2007 und eine arterielle Hypertonie
und Hypercholesterinämie genannt.
Am 23.06.2015 wurde bei B. zur Behandlung einer Ösophagusvarizenblutung ein endoskopisches 4-fach Banding durchgeführt (Diagnostischer
Bericht des Universitätsklinikums F. vom 23.06.2015). Wegen eines hämorrhagischen Schocks bei Ösophagusvarizenblutung und
akutem Nierenversagen sowie Zustand nach Delir (DD: hepatische Enzephalopathie) und einer Harnwegsinfektion befand sich B.
vom 30.06.2015 bis 08.07.2015 wieder in stationärer Behandlung im Universitätsklinikum F. (Bericht vom 08.07.2015). Nach wiederholter
Aufklärung über die Folgen eines fortgesetzten Alkoholabusus bei bestehender Leberzirrhose ließ er sich dort dahingehend ein,
dass er nicht den Wunsch habe, mit dem Alkoholtrinken aufzuhören. Gemäß weiterem Bericht des Universitätsklinikums F. vom
13.07.2015 wurde B. am 13.07.2015 mit beidseitigen Beinödemen im dortigen Notfallzentrum vorstellig. Am 15.07.2015 (Bericht
des Universitätsklinikums F., Bl. 21 SG-Akte) wurde eine ambulante Aszitespunktion bei therapierefraktärem Aszites durchgeführt, bei der komplikationslos insgesamt
2,7l gelblich-klarer Aszites abgenommen wurde. Nach dem Eingriff klagte B. nicht über Beschwerden. Am 13.08.2015 fand ein
erneutes 2-fach Ösophagusvarizenbanding bei drittgradigen Ösophagusvarizen statt (Bericht des Universitätsklinikums F. vom
14.08.2015).
Wegen der Unfallverletzungen stellte sich B. am 15.07.2015, 29.07.2015 und 07.09.2015 in der Durchgangsarztpraxis Dr. V. vor.
Am 29.07.2015 berichtete er dort von einer mäßigen Schmerzverbesserung. Am 21.08.2015 stellte sich B. im Universitätsklinikum
F. vor (Bericht vom 24.08.2015), wo empfohlen wurde, die Orthese abzutrainieren. Nach der Reha-Maßnahme im September 2015
sollte eine berufliche Wiedereingliederung erfolgen.
Bei Aufnahme zur stationären Rehabilitationsmaßnahme in der BG-Klinik L. am 14.09.2015 klagte B. über belastungsabhängige
Schmerzen im HWS-Bereich und einschießende Schmerzen der BWS. Die Kopf- und Rumpfbeweglichkeit waren endgradig eingeschränkt.
Darüber hinaus bestanden ein feinschlägiger Tremor bei bekanntem Alkoholabusus und ein ausgeprägter Aszites ("Wasserbauch")
mit Caput medusae. Im Ausführlichen Krankheitsbericht vom 14.09.2015 prognostizierte der Chefarzt des Reha-Zentrums der BG-Unfallklink
Dr. K., das bg-liche Heilverfahren werde voraussichtlich noch 2 Monate andauern, eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß werde
nicht verbleiben. Nach dem Verlegungsbericht vom 18.09.2015 zeigten sich bei einer CT-Kontrolle des Schädels am 14.09.2015
nur noch Residuen mit geringen Substanzdefekten bei Zustand nach Schädelhirntrauma mit Epiduralblutung. Eine ebenfalls durchgeführte
internistische Kontrolluntersuchung hat bezüglich der unfallbedingten Diagnosen bei u.a. auch unfallunabhängig vorbestehender
bekannter Leberzirrhose und Aszites keinen neuen richtungsweisenden Befund ergeben.
An seinem Todestag, dem 17.09.2015, fand man den Ehemann der Klägerin um 7.40 Uhr auf dem Boden eines Rasengrundstücks im
Freien vor der BG-Unfallklinik vor. Er war unterkühlt, ein Blutdruck war nicht messbar. Gemäß dem Durchgangsarztbericht vom
17.09.2015 gab er beim Auffinden an, er habe sich zum Ausruhen hingesetzt.
Nach dem Bericht der anästhesiologischen Abteilung der BG-Klinik vom 17.09.2015 war B. beim Auffinden eingeschränkt kontaktfähig
und wurde nach drinnen verbracht. Äußere Verletzungszeichen fanden sich nicht. Er hatte eingestuhlt. Bei hypotensiver Kreislaufdysregulation
wurde er vom Oberarzt der Reha-Klinik, Dr. M., aus seinem Zimmer auf die Intensivstation verbracht. Eine festgestellte Menge
freie Flüssigkeit in der Bauchhöhle führten die Ärzte auf die vorbekannte Aszitesbildung zurück. Eine Anämie lag vor. Klinisch
und sonographisch fanden sie keine Blutungsquelle. B. wurde rasch kardiovaskulär instabiler und musste beatmet und intubiert
werden. Die Gabe von Blutkonzentraten, Noradrenalin und Adrenalin führten nicht zu einer Verbesserung des sinkenden Blutdrucks.
Nach erfolgloser Reanimation verstarb B. um 10.03 Uhr.
In der Todesbescheinigung des Dr. Ko. vom 17.09.2015 wird als unmittelbare Todesursache ein "Herzkreislaufstillstand unklarer
Genese" genannt. Als Krankheiten, die zum Tod beigetragen haben, ohne mit der unmittelbaren Todesursache im Zusammenhang zu
stehen, sind Alkoholkrankheit, Leberzirrhose, Ösophagusvarizen (Z.n. Blutung vor 3 Wochen) Krampfleiden, Z.n. Hirntrauma/Polytrauma
in 6/2015" aufgeführt. Der Kläger sei im Freien unterkühlt, hilflos und eingestuhlt aufgefunden worden. Der Blutdruck sei
sehr niedrig gewesen, die Körpertemperatur habe 35,5° C betragen. Verletzungszeichen hätten nicht bestanden. Im hypodynamischen
Schock sei B. rasch verstorben.
Nach den Ermittlungen des Kriminaldauerdienstes (Vermerk KOK Kr. vom 17.09.2015, Bl. 5 f. der Akten der Staatsanwaltschaft)
befand sich der Ort, an dem B. an der Gebäudewand sitzend aufgefunden wurde, ca. zehn Meter vom Patientenzimmer entfernt.
Direkt vor dem Patientenzimmer befindet sich ein Flachdach, das an der Dachkante mit einem ca. 80 cm breiten Blech eingefasst
ist und auf dem, wie auch auf der Fensterbank des Zimmers, Fußabdrücke vom Patientenzimmer in Richtung Auffindeposition sichtbar
waren, die mit dem Profil der Schuhe des B. abgeglichen werden konnten. Direkt über dem Auffindeort waren auf der Blecheinfassung
des Flachdachs Sitzspuren und ein Händeabdruck sichtbar. In der Kleidung des Klägers fanden sich Zigaretten, sodass im polizeilichen
Bericht geschlussfolgert wird "Es wäre denkbar, dass der Patient sein Zimmer zum Rauchen verlassen und sich auf die Blechkante
gesetzt hat, um dort zu rauchen und dann abgestürzt ist." Für einen solchen Unglücksfall spreche, dass man das Gebäude zwar
nachts verlassen, dieses aber nur durch Verständigung der Pforte wieder betreten könne. Somit dürfte es für den Patienten
einfacher gewesen sein durch das Fenster zu klettern, um zu rauchen als nachts die Pforte zu verständigen. Hinweise auf Suizid
(z.B. Abschiedsbrief) waren nicht zu finden. Gegen einen Suizid spreche auch die geringe Fallhöhe auf einen vom Regen aufgeweichten
Grünstreifen.
Gegen die auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom Amtsgericht F. angeordnete Obduktion wandte sich die Klägerin mit einer Beschwerde
zum Landgericht F ... Es stehe für sie außer Frage, dass sich ihr Ehemann durch einen Sturz vom Vorsprung vor seinem Fenster
selbst getötet habe. Schon 1998 habe er versucht, sich im Keller zu erhängen. Während des Klinikaufenthalts nach dem Sturz
vom Gabelstapler habe er in einem Brief mitgeteilt, dass er sich umbringen wolle. Schon seit Jahren sei B. ein starker Trinker
gewesen. Die Folgen seien eine Leberzirrhose mit Aszites (Wasserbauch) gewesen. Er habe gewusst, dass er bald sterben werde
und keine Kraft mehr gehabt, seine Krankheit zu ertragen. Schon während des Klinikaufenthalts in der Uniklinik F. im Juni
habe er unter starken Entzugserscheinungen gelitten und während der Zeit in der BG-Klinik höchstwahrscheinlich auch. Die vorhandenen
Fußspuren, die die Klägerin auch gesehen habe, deuteten nicht auf ein Ausrutschen hin, sondern auf einen Sprung. Die Staatsanwaltschaft
beantragte, die Obduktion durchzuführen. Das LG F. verwarf die Beschwerde der Klägerin mit der Begründung, dass ein Sprung
oder Sturz aus einer Fallhöhe von 4 Metern als Todesursache nicht naheliegend und ein Fremdverschulden des Klinikpersonals
nicht auszuschließen sei, was nur durch eine Obduktion feststellbar sei.
Im Kurzprotokoll des Instituts für Rechtsmedizin vom 24.09.2015 hielt Dr. U. nach durchgeführter Obduktion als Todesursache
fest: "Hämorrhagischer Schock infolge höhergradigem Blutverlust aufgrund von diffusen Blutungen in die Bauchhöhle". Sie bestätigte
anhand der Befunde, dass ein Sturz auf die linke untere seitliche Lendenwirbelsäulenregion bzw. die linke Gesäßhälfte erfolgt
sei. Aufgrund der weit fortgeschrittenen Leberzirrhose sei von einer erhöhten Blutungsneigung bei pathologischer Gerinnung
auszugehen. Nach der vorliegenden ärztlichen Dokumentation werde aus rechtsmedizinischer Sicht die notfallmäßige Therapie
des Herrn B. nicht beanstandet.
Im ausführlichen Sektionsprotokoll vom 30.09.2015 (Dr. U. und Prof. Dr. Ri.) wurde als Todesursache ein hämorrhagischer Schock
benannt. Mangels feststellbarer Verletzung großer venöser und arterieller Gefäße gingen die Obduzenten von einer diffusen
Blutung aus kleinen venösen bzw. arteriellen Gefäßen bei verminderter Gerinnung mit daraus resultierender erhöhter Blutungsneigung
wegen der fortgeschrittenen Leberzirrhose aus. Hinweise für Gewalteinwirkung durch Dritte fanden sie nicht.
Die StA ließ die Pflege- und Kontrollprotokolle beschlagnahmen und rechtsmedizinisch auswerten. Das Gutachten der Rechtsmediziner
Dr. U. und Prof. Dr. Ur. vom 26.01.2016 entlastete die Klinikmitarbeiter/innen vom Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung.
Hiernach verstarb der B. nach dem Ergebnis der Obduktion an einem hämorrhagischen Schock, ausgehend von einer diffusen Blutung
aus kleinen venösen bzw. arteriellen Gefäßen bei weit fortgeschrittener Leberzirrhose. B. sei am 16.09.2015 um 21.15 Uhr im
Zimmer zuletzt kontrolliert worden und habe keine Anliegen geäußert. Bei der BG-Unfallklinik handele es sich um eine Rehabilitationseinrichtung
für Patienten mit motorischen und neurologischen Residuen. Eine stärkere Überwachung als die vorhandene Kontrolle der Anwesenheit
sei allgemein nicht indiziert gewesen, nachdem B. ohne Hilfsmittel mit flüssigem Gang mobil gewesen sei und sich keine Hinweise
auf schwerwiegende psychische oder physische Störungen ergeben hätten. Auch sei es nicht angezeigt, Fenster grundsätzlich
verschlossen zu halten und die aufgenommenen Patienten häufig und auch nachts zu kontrollieren, wie dies in psychiatrischen
Kliniken der Fall sei. Die durch den Aufenthalt im Freien bei B. verursachte Unterkühlung wäre von Menschen ohne gravierende
Vorerkrankungen ohne schwerwiegende Folgen überstanden worden.
In der Folge wurde das Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung nach §
170 Abs.
2 StPO mit Verfügung der StA vom 15.04.2016 eingestellt.
Am 13.10.2015 führte ein Mitarbeiter der Beklagten eine Rekonstruktion des Unfalls vom 16.06.2015 vor Ort durch. Er kam zu
dem Ergebnis, B. müsse in Geradeausfahrt die Kontrolle über sich verloren haben und von dem Fahrersitz des Gabelstaplers aus
auf den Boden aufgeprallt sein, nachdem er nicht mit dem Beckengurt angeschnallt war. Die besondere Arbeitsplatzsituation
(Fallhöhe, Härte des Bodens) spreche für einen Arbeitsunfall, wenngleich der Kontrollverlust wahrscheinlich aus innerer Ursache
ausgelöst worden sei.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit dem Bescheid vom 15.12.2015 die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen
Unfallversicherung an die Klägerin ab, weil der Tod des B. nicht Folge des Versicherungsfalls, sondern am 17.09.2015 infolge
von Kreislaufversagen bei inneren Blutungen eingetreten sei. Als Folgen des Versicherungsfalls anerkannte sie einen Zustand
nach Schädelhirntrauma mit Bruch des Schädeldachs links, Brüchen der rückseitigen 1. Rippenknochen bds., Brüche des 5. bis
7. Halswirbels sowie des 1., 2. und 4. Brustwirbels.
Den Widerspruch der Klägerin vom 14.01.2016 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2016 zurück. Bei der Obduktion
habe sich eine erhebliche Menge Blutflüssigkeit ohne akute Verletzung im Bauchraum gezeigt. Aufgrund der fortgeschrittenen
Leberzirrhose sei die Gerinnungsfähigkeit vermindert und die Blutungsneigung erhöht gewesen. Ein Zusammenhang des Todes mit
dem Unfall im Juni 2015 bestehe nicht und werde auch von keinem Arzt vermutet.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.10.2016 Klage zum Sozialgericht F. erhoben. Todesursache sei nicht ein Kreislaufversagen
bei inneren Blutungen gewesen, wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt, sondern ein hämorrhagischer Schock, versursacht durch
Blutungen aus kleinen venösen bzw. arteriellen Gefäßen. Diese seien auf die bereits von der Beklagten anerkannten Unfallfolgen
zurückzuführen. Die Beklagte hat einen Zusammenhang des Todes mit dem Unfallereignis vom 16.06.2015 bestritten.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.09.2017 abgewiesen. Weder sei der Tod durch im Zusammenhang mit dem Unfall vom
16.06.2016 entstandenen Gesundheitsschäden verursacht worden, noch könne eine Zurechnung als mittelbare Unfallfolge nach §
11 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII erfolgen. Der Kläger sei nicht infolge einer Heilbehandlung verstorben; er habe sich nicht auf einem auf einem regulär innerhalb
der Klinik zurückzulegenden vom Schutzzweck erfassten notwendigen Weg befunden. Auch eine fehlerhafte Heilbehandlung sei nicht
erwiesen, wie das rechtsmedizinischen Gutachten der StA belege.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 25.09.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 25.10.2017 Berufung eingelegt.
Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die Blutungen aus kleinen venösen bzw. arteriellen Gefäßen, die den hämorrhagischen
Schock verursacht hätten, auf die bereits von der Beklagten anerkannten Unfallfolgen zurückzuführen sind.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts F. vom 22.09.2017 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 15.12.2015 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin aus der gesetzlichen Unfallversicherung
ihres verstorbenen Ehemannes T. B. Hinterbliebenenrente in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.
Der Senat hat ein Zusammenhangsgutachten beim Direktor des Universitätsklinikums M., Prof. Dr. Ob., eingeholt (Gutachten vom
27.05.2019). Hiernach waren Gesundheitsschäden, deren wesentliche (Mit-) Ursache das Unfallereignis vom 16.06.2015 gewesen
sei, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht Ursache für den Tod des B. am 17.09.2015. Insbesondere das Gehirn
sei nach erlittenem Schädelhirntrauma völlig unversehrt gewesen. Todesursache seien vielmehr die aktuten intraabdominellen
Blutungen mit ggf. sekundären Schädigungen, eindeutig aufgrund einer Blutungsneigung bei ethyltoxischer Leberzirrhose Child
C.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, nachdem die Beteiligten sich damit übereinstimmend einverstanden
erklärt haben (§§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG).
Die nach den §§
143,
144,
151 Abs.
1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs.
1 S. 1, Abs.
4 SGG) statthafte Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 15.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 19.09.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin stehen Ansprüche auf Leistungen
bei Tod gemäß §
63 Abs.
1 SGB VII nicht zu. Der Tod des Versicherten (B.) am 17.09.2015 ist nicht infolge eines Arbeitsunfalls i.S. des §
8 Abs.
1 SGB VII eingetreten. Ursächlich für den Tod ihres am 17.09.2015 verstorbenen Ehemannes B. waren weder Gesundheitsstörungen, die dieser
sich durch den Sturz aus dem Gabelstapler am 16.06.2015 zugezogen hatte, noch stand B., als er am Abend des 16.09.2015 oder
am Morgen des 17.09.2015 von dem Flachdach der BG-Unfallklinik stürzte oder sprang, nach §
11 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Der B. ist nicht "infolge der Durchführung einer Heilbehandlung" verstorben.
Nach §
63 Abs.
1 SGB VII ist Voraussetzung eines jeden Hinterbliebenenrechts (§§
64 bis
71 SGB VII), dass in der Person des Versicherten ein Versicherungsfall eingetreten war und er infolgedessen verstorben ist. Die Frage,
ob ein Versicherungsfall vorgelegen hat und welcher es genau war, ist kein selbstständiger Gegenstand des Verwaltungsverfahrens,
über den durch Verwaltungsakt entschieden werden dürfte, sondern nur eine Tatbestandsvoraussetzung des streitgegenständlichen
Anspruchs (BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R -, Rn. 18, juris, bestätigt mit Urteil vom 04.12.2014 - B 2 U 18/13 R -, BSGE 118, 18-30, SozR 4-2700 § 101 Nr. 2, Rn. 15). Der Tod des B. ist nicht infolge eines Versicherungsfalls (§
7 Abs.
1 SGB VII) eingetreten. In Betracht kommt als Versicherungsfall hier nur ein Arbeitsunfall, wobei der zum Tode des B. am 17.09.2015
führende unmittelbare Geschehensablauf am späten Abend/frühen Morgen des 16.09./17.09.2015 selbst nicht die Voraussetzungen
eines (eigenständigen) Arbeitsunfalls erfüllt. Es fehlt insoweit schon an der Ausübung einer versicherten Tätigkeit.
A. Die Verletzungen, die zum Tod des B. am 17.09.2015 geführt haben, sind nicht unmittelbare Unfallfolgen des Unfalls vom
16.06.2015, den die Beklagte zu Recht als Arbeitsunfall (§
8 Abs.
1 SGB VII) anerkannt hat. Nach §
8 Abs.
1 S 1
SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach §
8 Abs.
1 S 2
SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen
Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes,
von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv
und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; stRspr, vgl zuletzt BSG, Urteil vom 27.11.2018 - B 2 U 8/17 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 67, Rn. 10 m.w.N., nach juris).
Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis"
sowie "Gesundheitserstschaden" bzw. (evtl.) "Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge
zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103 45).
B. hat am 16.06.2015 einen Arbeitsunfall erlitten. Er ist am 16.06.2015 nachmittags gegen 16:00 Uhr während einer Betriebsfahrt
mit einem Gabelstapler im Lager seines Arbeitgebers seitlich aus dem Führerhaus auf den Boden gestürzt. Der Weg mit dem Gabelstapler
wurde im unmittelbaren Unternehmensinteresse zurückgelegt, so dass dieser als sog Betriebsweg im sachlichen Zusammenhang mit
der versicherten Tätigkeit stand (vgl. BSG, Urteil vom 27.11.2018 - B 2 U 8/17 R, a.a.O., Rn. 13, nach juris). Ausweislich des Vermerks des Mitarbeiters D. der Beklagten vom 14.10.2015, den der Senat seiner
Entscheidung zugrunde legt, fuhr B. eine beladene Palette zu einem zu beladenden LKW. Zwar konnte die konkrete Ursache für
das seitliche Herausfallen des B. aus der Führerkabine des Gabelstaplers nicht ermittelt werden. Die versicherte Tätigkeit
(Führen eines Gabelstaplers) war aber zumindest eine wesentliche Mitursache für die Art und Weise des Sturzes und die infolge
des Sturzes erlittenen gravierenden Verletzungen, nachdem der B. ausweislich der Unfallrekonstruktion vom 13.10.2015 während
der Fahrt aus der Führerkabine des Staplers und damit aus einer erhöhten Sitzposition (ca. 1,20 m) auf einen sehr harten (gepflasterten)
Boden gefallen ist.
Der Sturz aus dem Gabelstapler vom 16.06.2015 war die wesentliche Ursache für ein zweitgradiges offenes Schädelhirntrauma
mit Kopfplatzwunde, Kalottenfraktur und epiduraler Blutung, Frakturen des 7. Halswirbelkörpers und des 1., 2. und 4. Brustwirbelkörpers
und QF-Frakturen (Querfortsatzfrakturen) HWK 5 und 6 sowie ein Thoraxtrauma mit Frakturen bei C 1 beidseits. Weder der Sturz
aus dem Stapler noch die genannten Gesundheitsstörungen waren aber (mit-)ursächlich für die inneren Blutungen, die letztlich
zum Tod des B. am Vormittag des 17.09.2015 geführt haben.
Eine Gesundheitsstörung ist Unfallfolge eines Versicherungsfalls im Sinne des §
8 SGB VII (im engeren Sinne), wenn sie gerade durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist.
Der Anspruch setzt grundsätzlich das "objektive", d.h. aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters, Vorliegen
einer Gesundheitsstörung voraus, die spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls verursacht worden ist
(vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2018 - B 2 U 16/17 R -, SozR 4-2700 § 11 Nr. 2, Rn. 14 m.w.N., nach juris).
Hier fehlt es bereits an der naturwissenschaftlichen Kausalität der 1. Stufe. Dies hat Prof. Dr. Ob. in seinem Gutachten vom
27.05.2019 überzeugend dargelegt. Die am 16.06.2015 erlittenen Gesundheitsstörungen befanden sich sämtlich im Stadium der
Abheilung, das Gehirn war nach erlittenem Schädelhirntrauma völlig unversehrt. Unabhängig davon kam es in der Nacht vom 16.
und den 17.09.2015 oder am frühen Morgen des 17.09.2015 bedingt durch einen Sturz oder Sprung von einem an das Fenster des
Patientenzimmers in der BG-Unfallklinik unmittelbar anschließenden Flachdach aus ca. 4 Metern Höhe auf eine Grünfläche zu
einer freien Blutung in die Bauchhöhle des B. und zu Blutungen retroperitoneal. Diese Blutungen - betroffen waren die freie
Bauchhöhle, Leberpforte, Region Lendenwirbelsäule und das Gesäß - bewirkten dann im Zusammenwirken mit vorbestehenden unfallunabhängigen
Schädigungen auf internistischem Fachgebiet, insbesondere einer erhöhten Blutungsneigung aufgrund ethyltoxischer Leberzirrhose
Stadium CHILD C mit portalem Hochdruck und rezidivierenden Blutungen aus Oesophagusvenen III°, Aszites, Ulcera ventrikuli,
hepatischer Enzephalopathie, Störung der plasmatischen Gerinnung, Hypoalbulinämie und Bilirubinämie) den Todeseintritt wegen
terminalem Sauerstoffmangel nach relevantem Blutverlust ("Ausblutung"). Anhaltspunkte für infolge des Unfalls vom 16.06.2015
bestehende Blutungen aus multiplen kleinen Wunden, wie von der Klägerin behauptet, vermag der Senat aus den sämtlich vorliegenden
medizinischen Unterlagen nicht zu entnehmen. Vielmehr wurden noch am 15.07.2015 bei einer Aszitespunktion 2,7 Liter gelblich-klare
(nicht: blutige) Flüssigkeit abgenommen.
B. Die Blutungen, die zum Tode des B. führten, sind auch keine mittelbaren Folgen des Arbeitsunfalls vom 16.06.2015.
Nach §
11 Abs.
1 Nr.
1, 1. Alt. und Nr.
3 SGB VII sind Folgen eines Versicherungsfalles auch solche Gesundheitsschäden (oder der Tod) eines Versicherten, die u.a. infolge
der Durchführung einer Heilbehandlung oder einer Untersuchung wesentlich verursacht wurden, welche zur Aufklärung des Sachverhalts
eines Versicherungsfalls angeordnet wurde, einschließlich der notwendigen Wege. Durch diese spezielle Zurechnungsnorm werden
Gesundheitsschäden, die durch die Erfüllung der in ihr umschriebenen Tatbestände wesentlich verursacht wurden, dem Versicherungsfall
auch dann zugerechnet, wenn sie nicht spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls wesentlich verursacht
wurden. Dabei setzt §
11 Abs.
1 SGB VII nicht voraus, dass bei der Heilbehandlungsmaßnahme etc. ein "Unfall" vorliegt, so dass auch Gesundheitsstörungen ohne neues
Unfallereignis erfasst werden. Aber auch die gesetzliche Zurechnung, die an die Stelle einer fehlenden Zurechnung kraft Wesentlichkeit
tritt, setzt voraus, dass die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes des §
11 SGB VII durch das (behauptete oder anerkannte) Unfallereignis notwendig bedingt war (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R -, BSGE 108, 274-289, SozR 4-2700 § 11 Nr. 1, Rn. 33)
Die Durchführung einer Heilbehandlung i.S. des §
11 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII liegt vor, wenn der Unfallversicherungsträger dem Versicherten einen Anspruch auf eine bestimmte Heilbehandlungsmaßnahme
nach den §§
26 ff
SGB VII - nicht notwendig durch Verwaltungsakt in Schriftform - bewilligt oder ihn durch seine Organe oder Leistungserbringer zur
Teilnahme an einer solchen diagnostischen oder therapeutischen Maßnahme aufgefordert hat und der Versicherte an der Maßnahme
des Trägers den Anordnungen der Ärzte folgend teilnimmt (BSG, Urteil vom 06.09.2018 - B 2 U 16/17 R -, SozR 4-2700 § 11 Nr. 2, Rn. 17). Diese Voraussetzung ist hier im Hinblick auf den Aufenthalt des B. in der BG-Unfallklinik
zu Rehabilitationszwecken ab dem 14.09.2015 grundsätzlich erfüllt, denn ausweislich der Auskunft des Chefarztes des Reha-Zentrums
der BG-Unfallklinik L., Dr. K., vom 05.10.2015 gegenüber der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VA der Bekl., Akten-Id. 108,
S. 1 f.) ist der Kläger dort wegen der Folgen des Unfalls vom 16.06.2015 (Zustand nach Schädelhirntrauma, Kalottenfraktur,
Rippenfrakturen C1 bds, div. WK-Frakturen der HWS/BWS) auf Veranlassung und auf Kosten der Beklagten zur kurzstationären Reha-Abklärung
aufgenommen worden.
Hier ist indes weder nachgewiesen, dass der Kläger eine der Durchführung der Heilbehandlung dienende Tätigkeit verrichtet
hat, als er vom Flachdach des Klinikgebäudes stürzte oder sprang (I.), noch hat sich in diesem Geschehensablauf eine krankenhausspezifische
Gefahr realisiert (II.).
Nach §
11 Abs.
1 Nr.
1 und
3 SGB VII werden Gesundheitsschäden, die durch die Erfüllung der dort umschriebenen Tatbestände wesentlich verursacht werden, dem ursprünglichen
Versicherungsfall rechtlich zugerechnet. Für die den schädigenden Vorgängen zugrundeliegenden Tätigkeiten der Versicherten
ist grundsätzlich auf die Rechtsprechung zu den Versicherungsfällen der Rehabilitanden nach §
2 Abs.
1 Nr.
15 Buchst. a
SGB VII zurückzugreifen, vor allem zu Unfällen in Krankenhäusern infolge von Aufenthaltsgefahren dort (KassKomm/Ricke, 103. EL März
2019,
SGB VII §
11 Rn. 12).
I. Es fehlt an einem Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit. §
11 Abs.
1 Nrn. 1, Alt. 1 und Nr.
3 SGB VII setzt voraus, dass eine Gesundheitsstörung oder der Tod "infolge" der Durchführung einer Heilbehandlung oder der zur Aufklärung
des Sachverhalts angeordneten Untersuchung einschließlich der dazu notwendigen Wege entstanden ist. Ähnlich wie bei §
2 Abs.
1 Nr.
15 lit. a
SGB VII dient §
11 Abs.
1 Nr.
1 und Nr.
3 SGB VII dazu, Versicherte gegen drohende Gesundheitsgefahren aus einer Behandlung (der Folgen eines Arbeitsunfalls) bzw. Untersuchung
(des Ursachenzusammenhangs) zu schützen. Die versicherte Tätigkeit umfasst damit das Entgegennehmen der Behandlung oder Untersuchung
sowie die Handlungen, die Versicherte vornehmen, um die Behandlung/Untersuchung entweder zu erhalten oder an ihrer Durchführung
mitzuwirken, soweit sie sich dabei im Rahmen der ärztlichen Anordnung halten. Ein innerer Zusammenhang mit der versicherten
Tätigkeit ist danach gegeben, wenn Versicherte sich in der Einrichtung zu den angeordneten Behandlungen begeben (Wege) oder
Handlungen vornehmen, die vom Behandelnden angeordnet werden oder für die Durchführung der Behandlung oder Rehabilitation
notwendig sind. Der innere Zusammenhang ist daher auch gegeben, wenn der Versicherte im Unfallzeitpunkt eine Handlung vornimmt,
die unmittelbar dem versicherten Erhalten der Behandlung dient (vgl. zu §
2 Abs.
1 Nr.
15 lit. a
SGB VII: Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 02.09.2016 - L 9 U 10/15 - KHE 2016/104, Rn. 40, nach juris, unter Verweis auf BSG, Urteil vom 27. April 2010 B 2 U 11/09 R - m.w.N.).
Die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit ist hier nicht nachgewiesen. Es kann bereits nicht mehr geklärt werden, ob der
B. einen Unfall erlitten hat, indem er von dem ca. 4 Meter hohen Flachdach, auf dessen blecherner Dachkante er in der Nacht
vom 16.09. auf den 17.09. oder am frühen Morgen des 17.09.2015 gemäß der vom KDD gesicherten Spurenlage zunächst gesessen
ist, gestürzt ist, oder ob er, wie dies die Klägerin vermutet hat, durch einen Sprung in die Tiefe bewusst den Freitod gesucht
hat. Gegen letzteres spricht neben dem Fehlen eines Abschiedsbriefes, dass sich unter dem Flachdach ein nasser Grünstreifen
befunden hat, der geeignet war, einen Fall zu dämpfen, ebenfalls spricht dagegen, dass Sitzspuren und keine Standspuren auf
der Dachkante gefunden wurden. Gegen einen Freitod spricht außerdem die Angabe des B. beim Auffinden am 17.09.2015 um 07:40
Uhr, er habe sich zum Ausruhen hingesetzt. Allerdings könnte sich diese Angabe auch auf die Auffindesituation (in kauernder/sitzender
Haltung) bezogen haben, außerdem war B. ausweislich des Durchgangsarztberichts vom 18.09.2015 zu Ort und Zeit nicht orientiert.
Als Indizien für einen Selbstmordversuch sprechen die Umstände, dass ausweislich der Beschwerdeschrift vom 22.09.2015, mit
der sich die Klägerin beim Amtsgericht F. gegen die Anordnung der Obduktion ihres verstorbenen Ehemannes gewandt hatte, der
B. bereits 1998 versucht hat, sich durch Erhängen das Leben zu nehmen, er wegen der Leberzirrhose im Endstadium nur noch eine
begrenzte Lebenserwartung hatte und er bereits während seines Krankenhausaufenthalts im Juni 2015 gegenüber der Klägerin schriftlich
einen Suizid mittels Sprung aus dem Fenster angekündigt hatte.
Ebenfalls nicht mehr zu klären ist, aus welchen Motiven er sich zuvor auf die Dachkante gesetzt hatte; ob er dort eine Zigarette
rauchen wollte (er hatte Zigaretten bei sich) oder ob es sich um eine Vorbereitungshandlung für einen beabsichtigten Freitod
gehandelt hat. Für eine Raucherpause spricht, dass man das Klinikgebäude zwar jederzeit verlassen, aber nachts nur nach Kontaktaufnahme
mit der Pforte wieder betreten konnte. Unabhängig davon hat B. aber, als er aus dem Fenster des Patientenzimmers geklettert
und auf das Flachdach des Gebäudes gestiegen ist und auf diesem ca. 10 Meter zu Fuß bis zur Blechkante bis zu dem Ort zurückgelegt
hat, an dem er sich zunächst hingesetzt hat und von dem er dann gesprungen oder hinuntergestürzt ist, nicht gemäß ärztlichen
Anordnungen gehandelt und aktiv den räumlich-organisatorischen Bereich der Rehabilitationsmaßnahme verlassen. Er hat dabei
nach seiner objektiven Handlungstendenz unter Berücksichtigung aller hier feststehender Indizien des Einzelfalls wie Zeitpunkt,
Ort und objektiver Zweckbestimmung des Ortes des Geschehensablaufs (vgl. BSG, Urteil vom 27.11.2018 - B 2 U 8/17 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 67, Rn. 13 f., nach juris) keine der Rehabilitationsmaßnahme im weitesten Sinne dienende Verrichtung
intendiert. Er hat sich auch nicht auf einem auf einem vom Schutzzweck erfassten notwendigen Weg befunden. Sowohl bei einer
Raucherpause als auch einem Suizidversuch wegen der als belastend empfundenen gesundheitlichen Folgen seiner Alkoholerkrankung
handelt es sich um der Privatsphäre zuzuordnende rein eigenwirtschaftliche Tätigkeiten, die weder aus Sicht des B. noch objektiv
geeignet waren, der Beseitigung oder Besserung von durch den Arbeitsunfall verursachten Gesundheitsstörungen zu dienen (vgl.
BSG, Urteil vom 24.06.1981 - 2 RU 87/80 -, BSGE 52, 57-60, SozR 2200 § 555 Nr. 5, Rn. 29, nach juris).
II. Im Sturz oder Sprung des B. vom Rand des Flachdachs hat sich auch keine krankenhausspezifische Aufenthaltsgefahr realisiert.
Ähnlich wie bei §
2 Abs.
1 Nr.15 lit. a
SGB VII schützt §
11 Abs.
1 Nrn. 1 und 3
SGB VII die Versicherten auch bei der Vornahme grundsätzlich eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten dann, wenn sich hierbei spezielle,
mit dem Krankenhausaufenthalt verbundene Gefahren realisieren. Die Gefahr muss sich dabei entweder durch den Krankenhausaufenthalt
erhöht haben oder es muss sich um eine Gefahr gehandelt haben, wie sie im privaten und häuslichen Bereich nicht vorkommt ("krankenhaustypische
Gefahr", vgl. zum Versicherungsschutz nach §
2 Abs.
1 Nr.
15 lit. a
SGB VII Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB VII, 2. Aufl. 2014, §
2 SGB VII Rn. 338; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 02.09.2016 - L 9 U 10/15 - KHE 2016/104, Rn. 42 m.w.N., nach juris). Die Zweckentfremdung der räumlichen Gegebenheiten in der BG-Unfallklinik durch
das Hinausklettern aus dem Fenster des Patientenzimmers auf ein dort anschließendes Flachdach durch den B. erfüllt allerdings
diese Voraussetzungen nicht. Er hat durch das Hinausklettern aus dem Fenster den räumlich-organisatorischen Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme
aktiv verlassen. Es bestand keine Veranlassung für die Klinik, die Fenster der Patientenzimmer gegen eine solche Zweckentfremdung
("Durchsteigen") besonders zu sichern oder den B. auch nachts mehrmals zu kontrollieren. Es gibt auch keinerlei Anzeichen
dafür, dass er das Patientenzimmer in einem Zustand der Bewusstseinstrübung verlassen hat, denn ausweislich des rechtmedizinischen
Gutachtens, welches Dr. U. und Prof. Dr. Dr. Ur. unter dem 26.01.2016 für die Staatsanwaltschaft F. verfasst haben und das
der Senat vorliegend im Urkundsbeweis verwertet hat, bestanden nach Auswertung aller Krankenunterlagen und der Pflegedokumentation
keine Anhaltspunkte dafür, dass es ihm während seines Aufenthalts schlecht gegangen ist. Hinweise für schwerwiegende psychische
oder physische Störungen bestanden nicht. Er hat am 16.09.2015, als er um 19:00 Uhr und 21:15 Uhr von einer Pflegekraft aufgesucht
wurde, auch keine Anliegen geäußert.
Hiernach hat die Klägerin keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
160 SGG nicht erfüllt sind.