Anspruch auf Arbeitslosengeld; Anrechnung von Nebeneinkommen beim Bezug von Lohnersatzleistungen
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welcher Höhe das Nebeneinkommen des Klägers ab dem 02.02.2007 auf das ihm gewährte
Arbeitslosengeld anzurechnen ist.
Der am 24.01.1948 geborene Kläger war nach einer Zeit der Selbständigkeit ab dem 11.04.2001 wieder versicherungspflichtig
beschäftigt als Arbeiter bei der Firma G. GmbH mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. Daneben übte er aufgrund einer
am 05.10.2001 mit dem Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Finanzamt Baden-Baden, geschlossenen Vereinbarung ab 01.10.2001
eine Tätigkeit als Verstärker bei der Spielbankkontrollgruppe Baden-Baden aus. Eine feste wöchentliche Arbeitszeit war hierbei
nicht vereinbart; der Kläger war auf Abruf tätig und erhielt nur die tatsächlich geleistete Arbeitszeit bei einem Stundensatz
von 26,00 DM vergütet. Ausweislich der im Berufungsverfahren vorgelegten Lohnbescheinigungen erzielte er hierbei folgendes
Bruttoeinkommen:
März 2003 (für Dezember 2002 und Januar 2003) 1.696,08 EUR
April 2003 (für Februar 2003) 751,58 EUR
Mai 2003 (für März 2003) 690,85 EUR
Juni 2003 (für April 2003) 710,79 EUR
Juli 2003 (für Mai 2003) 301,77 EUR
September 2003 (für Juni und Juli 2003) 1.645,10 EUR
Oktober 2003 (für August 2003) 841,28 EUR
November 2003 (für September 2003) 684,21 EUR
Dezember 2003 (für Oktober 2003) 791,45 EUR
Januar 2004 (für November und Dezember 2003) 1.284,57 EUR
Am 12.12.2003 erlitt der Kläger in Ausübung seines Hauptberufes einen Arbeitsunfall, bei dem er sich eine Schädelverletzung
zuzog. Vom 13.12.2003 bis zum 09.06.2005 war er arbeitsunfähig erkrankt. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und
Wohlfahrtspflege gewährte ihm vom 23.01.2004 bis zum 09.06.2005 Verletztengeld und ab dem 10.06.2005 eine Rente nach einer
Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 v.H. auf unbestimmte Zeit ((monatlich 948,72 EUR, Bl. 116 der Rentenakten) - Rentenakten
wurden wieder zurückgesandt - Bl. 40). Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Firma G. GmbH endete durch arbeitgeberseitige
Kündigung vom 03.03.2004 zum 03.04.2004.
Am 08.06.2005 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 10.06.2005 arbeitslos und beantragte die Gewährung
von Arbeitslosengeld. Die BKK Pfalz teilte in einer Bescheinigung gemäß §
312 Abs.
3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) mit, es habe Versicherungspflicht wegen des Bezuges von Verletztengeld in der Zeit vom 23.01.2004 bis 09.06.2005 bestanden.
Der Kläger sei Mehrfachbeschäftigter gewesen. Das Verletztengeld sei in der Zeit bis 30.11.2004 nach einem ungekürzten Regelentgelt
von kalendertäglich 67,33 EUR und 17,50 EUR, in der Zeit vom 01.12.2004 bis 09.06.2005 nach einem ungekürzten Regelentgelt
von kalendertäglich 68,13 EUR und 17,71 EUR gewährt worden.
Mit Bescheid vom 29.06.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 10.06.2005 in Höhe von täglich 30,59
EUR und einer Anspruchsdauer von 720 Kalendertagen. Zur Berechnung des Bemessungsentgelts legte sie das vom Kläger bei der
Firma G. GmbH vom 01.06.2003 bis 31.12.2003 erzielte Einkommen in Höhe von monatlich 2020,00 EUR zugrunde (Bemessungsentgelt
66,07 EUR täglich, LStKl/Kindermerkmal 3/0).
Im Februar 2006 teilte der Kläger der Beklagten mit, ab März 2006 erziele er wieder ein Nebeneinkommen. In der Folgezeit erzielte
der Kläger ab März 2006 wieder Nebeneinkommen aus seiner Tätigkeit als Verstärker der Kontrollgruppe in der Spielbank Baden-Baden,
die er in einem Umfang von wöchentlich unter 15 Stunden ausübte. Nach Vorlage der Bescheinigungen über Nebeneinkommen hob
die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Monate ab April 2006 teilweise auf und rechnete
den Erstattungsanspruch gegen Ansprüche des Klägers im Rahmen des §
51 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) in voller Höhe auf. Weiter teilte sie mit, ab 01.09.2006 werde ein vorläufiger Betrag als Nebeneinkommen angerechnet. Der
Betrag werde korrigiert, sobald die Bescheinigung über Nebeneinkommen eingereicht werde. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid
vom 27.10.2006 verfuhr die Beklagte in gleicher Weise für die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit von Juli bis August
2006. Mit Bescheid vom 07.11.2006 erfolgte eine teilweise Aufhebung und Rückforderung für September 2006. Mit Bescheid vom
14.11.2006 erfolgte eine Änderung des Bescheides vom 29.06.2006 für den Monat April 2006. Die Beklagte rechnete das Nebeneinkommen
jeweils unter Abzug u.a. eines Freibetrages von monatlich 165 EUR an. Diese Bescheide wurden bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 02.02.2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, er übe seine Tätigkeit bereits seit dem 05.10.2001 aus.
Es bestehe deshalb ein Anspruch auf den erhöhten Freibetrag von 250 EUR.
Mit Schreiben vom 08.02.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Nebentätigkeit sei von Januar 2004 bis Februar 2006 unterbrochen
gewesen. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld sei am 10.06.2005 entstanden. Es sei deshalb in den letzten 18 Monaten vor der
Entstehung des Anspruchs keine Nebentätigkeit ausgeübt worden, der Freibetrag könne nicht erhöht werden. Den hiergegen eingelegten
Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2007 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 22.03.2007 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und beantragt, ihm ab 02.02.2007 Leistungen unter Zugrundelegung eines höheren Freibetrages für Nebeneinkommen zu
gewähren. Zur Begründung hat er vorgetragen, eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des §
141 Abs.
2 SGB III liege auch dann vor, wenn das Arbeitsverhältnis fortbestehe, aufgrund Arbeitsunfähigkeit jedoch Krankengeld bezogen werde.
Maßgeblich für die Privilegierung sei neben der Dauer der geringfügigen Beschäftigung die tatsächliche Erzielung von Einnahmen.
Eine Einnahme in diesem Sinne stelle auch das Krankengeld als Surrogat für das unmittelbare Arbeitsentgelt dar. Für die Berechnung
der Höhe des anrechnungsfreien Betrages sei deshalb auf das tatsächlich bezogene Krankengeld abzustellen, mithin auf 237,55
EUR monatlich (7,81 EUR mal 365 geteilt durch 12). Hierzu hat der Kläger eine Bescheinigung der BKK Pfalz vorgelegt, wonach
er nach Ablauf der Entgeltfortzahlung ab dem 23.01.2004 Anspruch auf ein kalendertägliches Nettokrankengeld von 7,81 EUR netto
für die Tätigkeit bei der Spielbank Baden-Baden hatte.
Der Kläger hat der Beklagten für die Zeit ab Februar 2007 folgende Mitteilungen über die Zusammensetzung seiner Bezüge vorgelegt,
wobei die jeweiligen Monatsbezüge im Folgemonat ausbezahlt worden sind:
Februar (für Januar) 2007 1.767,98 EUR netto 1.136,54 EUR
März (für Februar) 2007 - 251,55 EUR netto - 251,55 EUR
April (für März) 2007 500,05 EUR netto 132,01 EUR
Mai (für April) 2007 524,43 EUR netto 414,83 EUR
Juni (für Mai) 2007 684,77 EUR netto 541,66 EUR
Juli (für Juni) 2007 888,34 EUR netto 702,69 EUR
Mit Schreiben vom 02.03.2007 an den Kläger hat das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg mitgeteilt, im
Abrechnungsmonat Februar 2007 habe dieser neben der Stundenvergütung 01/07 in Höhe von 771,40 EUR eine sonstige Zahlung 02/07
(Urlaubsabgeltung) von 631,44 EUR doppelt ausbezahlt erhalten. Die Überzahlung von 631,44 EUR werde mit der nächsten Zahlung
der Bezüge verrechnet. Es hat weiter mitgeteilt (Bl. 94 der Vw.-Akten), der Kläger sei weiterhin unter 15 Stunden wöchentlich
tätig.
Mit Änderungsbescheiden vom 08.02.2007, 14.03.2007, 05.04.2007, 10.05.2007, 01.06.2007, 28.06.2007 und 07.09.2007 hat die
Beklagte die jeweils erzielten Nebeneinkünfte auf das Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines Freibetrages von monatlich
165 EUR angerechnet. Hierbei hat sie folgende Nebeneinkommen zugrunde gelegt:
Februar 2007 379,89 EUR ./. Werbungskosten 44,00 EUR 335,89 EUR (S. 56 LSG)
März 2007 383,56 EUR ./. Werbungskosten 48,25 EUR 335,31 EUR (S. 51 LSG)
April 2007 414,83 EUR ./. Werbungskosten 48,25 EUR 366,58 EUR (S. 46 LSG)
Mai 2007 541,66 EUR ./. Werbungskosten 67,55 EUR 474,11 EUR (S. 86 LSG)
Juni 2007 184,75 EUR (S. 91 LSG)
Dieses hat sie jeweils nach Abzug eines Freibetrags von 165,00 EUR als Einkommen angerechnet.
Der Kläger hat bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 09.06.2007 Arbeitslosengeld bezogen.
Mit Urteil vom 23.10.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe in den angefochtenen Bescheiden zu Recht die Anrechnung
des vom Kläger ab März 2006 erzielten Nebeneinkommens gemäß §
141 Abs.
1 SGB III unter Zugrundelegung eines Freibetrages in Höhe von monatlich 165 EUR vorgenommen. Einer Berechnung des Freibetrages nach
§
141 Abs.
2 SGB III stehe entgegen, dass der Kläger nach seinem Ende 2003 erlittenen Arbeitsunfall erst wieder ab Februar 2006 die Nebentätigkeit
ausgeübt habe. Eine Anrechnung nach Maßgabe des §
141 Abs.
2 SGB III käme nur dann in Betracht, wenn bei fortbestehendem Arbeitsvertrag auch der Bezug von Krankengeld die "Ausübung einer geringfügigen
Beschäftigung" im Sinne dieser Vorschrift darstelle. Dagegen spreche der Wortlaut der Vorschrift, der voraussetze, dass die
Tätigkeit ausgeübt werde. Für die Dauer des Bezugs von Krankengeld gehe der Leistungsempfänger aber seiner Beschäftigung gerade
nicht nach. Gegen die Auffassung des Klägers sprächen auch systematische Erwägungen. §
141 Abs.
2 SGB III stelle auf die Erzielung eines "Arbeitsentgelts" ab. Zur Auslegung dieses Begriffs sei die in §
14 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) enthaltene Legaldefinition heranzuziehen. Danach seien Einnahmen alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung.
Das Arbeitsentgelt stelle eine Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft mit Entlohnungscharakter dar. Das
Krankengeld stehe nicht in einem solchen Gegenleistungsverhältnis, Krankengeld könne deshalb nicht als "Arbeitsentgelt" im
Sinne von §
14 SGB IV angesehen werden. Für §
141 Abs.
2 SGB III könne nichts anderes geltend. Gegen die vom Kläger vertretene weite Auslegung des §
141 Abs.
2 SGB III spreche schließlich auch die Wertung in §
7 SGB IV. Der Gesetzgeber habe darin zum Ausdruck gebracht, dass bei einem Leistungsempfänger, der Krankengeld beziehe und dabei in
einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehe, nicht davon ausgegangen werden solle, dass dieser eine "Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt"
ausübe. Alleine der Umstand, dass sich die Höhe des Krankengeldes nach dem zuvor bezogenen Arbeitsentgelt richte, rechtfertige
keine andere Beurteilung. Denn mit der Gewährung von Krankengeld sei keine Aussage darüber verbunden, ob der Leistungsempfänger
im Bezugszeitraum des Krankengeldes selbst Arbeitsentgelt bezogen habe. Dies gelte umso mehr im vorliegenden Fall, wo der
Kläger lediglich auf Abruf tätig werde und deshalb auch bei fortbestehendem Arbeitsvertrag nicht gewährleistet gewesen sei,
dass er Arbeitsentgelt erzielt hätte. So sei er in der Zeit vom 10.06.2005 bis einschließlich Februar 2006 - bei fortbestehendem
Arbeitsvertrag - tatsächlich nicht für die Spielbankkontrollgruppe tätig gewesen und habe in dieser Zeit weder Kranken- oder
Verletztengeld erhalten noch Arbeitsentgelt erzielt.
Gegen das am 05.11.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.12.2007 die darin zugelassene Berufung eingelegt. Er trägt
vor, in der Zeit vom 10.06.2005 bis einschließlich Januar 2006 sei er deshalb nicht in der Spielbankkontrollgruppe tätig gewesen,
weil er in dieser Zeit arbeitsunfähig gewesen sei. Die Arbeitsunfähigkeit habe durchgehend seit seinem Arbeitsunfall vorgelegen.
Die Beendigung des Krankengeldbezuges sei ausschließlich auf die Aussteuerung zurückzuführen. Entgegen der Auffassung des
SG im angefochtenen Urteil sei §
14 SGB VI dahingehend auszulegen, dass jede Einnahme, die auf die Zurverfügungstellung von Arbeitskraft zurückzuführen sei, als Arbeitsentgelt
bezeichnet werden könne. Ein zwingendes Gegenleistungsverhältnis zwischen Einnahme und der Arbeitskraft setze §
14 SGB IV nicht voraus.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Oktober 2007 und des Bescheides vom 08. Februar
2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2007 sowie unter Abänderung der Bescheide vom 08. Februar 2007,
14. März 2007, 05. April 2007, 10. Mai 2007, 01. Juni 2007, 28. Juni 2007 und 07. September 2007 zu verurteilen, ihm ab dem
02. Februar 2007 höheres Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines Freibetrages für Nebeneinkommen in Höhe von monatlich
237,55 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Sie trägt vor, der Regelungsinhalt des §
141 Abs.
2 Satz 1
SGB III sei eindeutig. Der Gesetzgeber habe die Privilegierung davon abhängig gemacht, dass die geringfügige Beschäftigung im genannten
zeitlichen Umfang tatsächlich ausgeübt werde. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber beabsichtigt
habe, Lohnersatzeinkommen dem Arbeitsentgelt gleichzustellen. Nach der Gesetzesbegründung solle nur ein erzielter Nebenverdienst
anrechnungsfrei bleiben, wenn dieser Verdienst bereits über einen längeren Zeitraum das Gesamteinkommen bzw. den Lebensstandard
mit bestimmt habe.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge,
welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, da das SG die Berufung zugelassen hat.
Mit der Berufung macht der Kläger die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes ab dem 02.02.2007 geltend. Streitig ist damit die
Höhe des Arbeitslosengeldes insgesamt, bei dessen Bemessung der Freibetrag lediglich ein Berechnungselement darstellt. Insoweit
handelt es sich um einen sog. Höhenstreit, bei dem im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§
54 Abs.
1 und 4, 56
SGG) Grund und Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld in vollem Umfang zu überprüfen sind (stRspr; vgl. BSGE 95,8 = SozR 4-4300
§ 140 Nr. 1; BSGE 95, 191 = SozR 4-4300 § 37b Nr. 2).
Die so gefasste Berufung ist auch weitgehend begründet.
Der Kläger war insbesondere weiterhin arbeitslos. Seine bei der Spielbank Baden-Baden ausgeübte Beschäftigung stand dem Bezug
von Arbeitslosengeld nicht entgegen, da sie ausweislich der vom Arbeitgeber, dem Finanzamt Baden-Baden, ausgestellten Nebenverdienstbescheinigungen
auch während des Arbeitslosengeldbezugs in weniger als 15 Stunden wöchentlich ausgeübt worden ist und damit die Arbeitslosigkeit
des Klägers nicht entfallen ließ.
Der Kläger hat auch Anspruch auf einen höheren Freibetrag. Bei der Berechnung des auf das Arbeitslosengeld anzurechnenden
Nebeneinkommens ist nicht nur gem. §
141 Abs.
1 SGB III in der vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) - a.F.- ein Freibetrag in Höhe von 165,00 EUR monatlich anzurechnen. Die Berechnung des Freibetrags hat vielmehr gemäß §
141 Abs.
2 SGB III a.F. zu erfolgen. Hat danach der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs neben einem Versicherungspflichtverhältnis
eine geringfügige Beschäftigung mindestens zwölf Monate lang ausgeübt, so bleibt das Arbeitsentgelt bis zu dem Betrag anrechnungsfrei,
der in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs aus einer geringfügigen Beschäftigung durchschnittlich auf
den Monat entfällt, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe des Freibetrages, der sich nach Absatz 1 ergeben würde.
§
141 Abs.
2 SGB III a.F. ist im Wege verfassungskonformer Auslegung dahingehend auszulegen, dass auch das Entgelt aus einer mehr als geringfügigen,
unter 15 Stunden wöchentlich ausgeübten Beschäftigung anrechnungsfrei bleibt (1.). Der Ausübung einer Beschäftigung im Sinne
von §
141 Abs.
2 SGB III steht der Bezug von Lohnersatzleistungen bei bestehendem Beschäftigungs- bzw. Arbeitsverhältnis gleich (2.).
1. Der Kläger hat zwar vor Eintritt der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit im Dezember 2003 in seiner Nebentätigkeit bei der
Spielbank Baden-Baden keine lediglich geringfügige Beschäftigung ausgeübt. Eine geringfügige Beschäftigung liegt nach §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB IV vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400,00 EUR nicht übersteigt. Das Arbeitsentgelt
des Klägers aus seiner Nebentätigkeit hat in der überwiegenden Anzahl der Monate diesen Betrag überschritten. In den Monaten
Dezember 2002 bis Dezember 2003 lag nur die für die Monate Mai, November und Dezember 2003 gewährte Vergütung unter 400,00
EUR, wobei der geringe Verdienst im Dezember 2003 auch darauf beruhte, dass der Kläger wegen des Arbeitsunfalls nur bis zum
12.12.2003 gearbeitet hat. In den übrigen Monaten hat er einen wesentlich höheren Verdienst erzielt.
Nach dem Wortlaut ist §
141 Abs.
2 SGB III a.F. ist zwar nur einschlägig, wenn eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt worden ist. §
141 Abs.
2 SGB III a.F. ist im Wege verfassungskonformer Auslegung dahingehend auszulegen, dass auch das Entgelt aus einer mehr als geringfügigen
Beschäftigung anrechnungsfrei bleibt, sofern die weiteren Voraussetzungen des Abs. 2 vorliegen und die Beschäftigung weniger
als 15 Stunden ausgeübt wird. Denn eine allein am Wortlaut orientierte Auslegung führt zu einer durch sachliche Gründe nicht
mehr gerechtfertigten Ungleichbehandlung gegenüber den Beziehern von Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung sowie
den Versicherten mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit.
Hat ein Versicherter eine Nebentätigkeit mit einem Einkommen bis zu 400,00 EUR monatlich ausgeübt, bleibt dieses in voller
Höhe anrechnungsfrei. Übersteigt das Einkommen aus der Nebentätigkeit diese Grenze, so stünde dem Versicherten nach dem Wortlaut
der Vorschrift ein Freibetrag in Höhe von lediglich 165,00 EUR monatlich zu.
Der allgemeine Gleichheitssatz (Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz -
GG -) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich
zu behandeln (BVerfGE 112, 268, 279; st. Rspr.). Er gilt für ungleiche Belastungen wie für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger
Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten
wird (BVerfGE 112, 164). Dem Gesetzgeber ist allerdings nicht jegliche Differenzierung verwehrt. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich
je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber. Das Grundrecht ist
nur verletzt, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt,
obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung
rechtfertigen könnten (BVerfG, Beschluss vom 11.11.2008 - 1 BvL 3/05 u.a.). Führt eine Norm zur Ungleichbehandlung mehrerer Vergleichsgruppen, muss die Ungleichbehandlung bezogen auf die jeweilige
Vergleichsgruppe durch einen hinreichenden sachlichen Grund gerechtfertigt werden. Lassen sich die einzelnen Ungleichbehandlungen
nur durch unterschiedliche Gründe rechtfertigen, dürfen diese Gründe zueinander nicht in Widerspruch stehen, sondern müssen
innerhalb eines vertretbaren gesetzgeberischen Konzepts aufeinander abgestimmt sein (BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006 - 2 BvL 2/99).
Ein sachlicher Grund für diese unterschiedliche Behandlung je nachdem, ob das Nebeneinkommen aus einer geringfügigen oder
nicht geringfügigen Beschäftigung erzielt wird, besteht nicht. Denn die Begründung für den erhöhten Freibetrag nach Abs. 2,
dass durch das bereits über einen längeren Zeitraum erzielte Nebeneinkommen das Lebenshaltungsniveau des Arbeitslosen geprägt
werde (BT-Drucks. 11/4123, S. 229), gilt zumindest in gleichem Maße für Einkommen aus einer mehr als geringfügigen Beschäftigung.
Ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung kann auch nicht darin gesehen werden, dass aufgrund der Versicherungspflicht
in der mehr als geringfügigen Beschäftigung ein eigenständiger Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Verlust dieser Beschäftigung
erworben wird. Denn zum einen wird diese Beschäftigung ja gerade weiter ausgeübt, so dass ein Leistungsanspruch nicht entsteht.
Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Versicherte in der Zeit des Bezugs von Arbeitslosengeld gem. §
27 Abs.
5 Satz 1
SGB III in der mehr als geringfügigen Nebentätigkeit versicherungsfrei wird mit der weiteren Folge, dass nach zwölf Monaten ein Anspruch
auf Arbeitslosengeld aus dieser Beschäftigung mangels Erfüllung der Anwartschaftszeit (§
123 SGB III) nicht mehr entstehen kann.
Ein sachlicher Grund lässt sich insbesondere nicht den Gesetzesmaterialien entnehmen. In § 115 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), der Vorgängerregelung des §
141 SGB III, wurde durch das Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) mit Wirkung vom 01.01.1990 als Absatz 2 Satz 1 erstmals folgende Regelung über die Anrechnung von Arbeitsentgelt, das
aus einer schon im Bemessungszeitraum ausgeübten Beschäftigung ausgeübt worden war, aufgenommen: "Hat der Arbeitslose während
des Bemessungszeitraums eine kurzzeitige Beschäftigung ständig ausgeübt, so bleiben abweichend von Absatz 1 Arbeitsentgelte
außer Betracht, soweit sie auf Arbeitszeiten entfallen, die 1. die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der kurzzeitigen
Beschäftigung im Bemessungszeitraum und 2. zusammen mit der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit der beitragspflichtigen
Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum die für diese Beschäftigungsverhältnisse nach § 112 Abs. 3 und 4 Nr. 1 oder
2 maßgebliche tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nicht übersteigen."
In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 11/4124, S. 229) wird hierzu ausgeführt: Die Vorschrift ergänzt die Regelung über die
Anrechnung von Nebenverdienst auf das Arbeitslosengeld. Sie regelt die Fälle, in denen der Arbeitslose eine beitragsfreie
Nebenbeschäftigung ständig - also bereits längere Zeit und damit für das Lebenshaltungsniveau des Arbeitslosen mitbestimmend
- neben einer beitragspflichtigen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld begründenden Teilzeitbeschäftigung ausgeübt hat. Nach
dem Verlust der beitragspflichtigen Teilzeitbeschäftigung erhält der Arbeitslose Arbeitslosengeld lediglich auf der Grundlage
dieses Teilzeitarbeitsentgelts; das Arbeitsentgelt aus der gleichzeitig ausgeübten beitragsfreien Nebenbeschäftigung bleibt
für die Bemessung außer Betracht. Die vorgesehene Regelung gleicht diese Härte aus.
Der Gesetzgeber hat danach bei Einführung der gesetzlichen Regelung nicht auf die Ausübung einer geringfügigen, sondern einer
kurzzeitigen Beschäftigung abgestellt. Der Begriff der kurzzeitigen Beschäftigung war nicht im
SGB IV, sondern in § 102 AFG geregelt. Danach war kurzzeitig im Sinne des § 101 Abs. 1 AFG eine Beschäftigung, die auf weniger als 18 Stunden wöchentlich der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegte oder im
voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt war. Eine Begrenzung auf nicht versicherungspflichtige oder auf geringfügige
Beschäftigungsverhältnisse enthielt die ursprüngliche Regelung somit nicht.
In der ursprünglichen Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) sollte §
141 Abs.
1 SGB III lauten: "Übt der Arbeitslose während einer Zeit, für die ihm Arbeitslosengeld zusteht, eine geringfügige Beschäftigung aus,
...
In der Gesetzesbegründung zum AFRG wird hierzu ausgeführt (BT-Drucks. 13/4941, S. 180), die Anrechnung von Nebeneinkommen solle großzügiger gestaltet werden,
um den Anreiz zur Aufnahme von Nebenbeschäftigungen zu erhöhen und dem Arbeitslosen die Möglichkeit zu geben, Kontakt zur
Arbeitwelt zu halten. Der Anrechnungsmodus werde zugleich vereinfacht. Künftig solle das Nettoeinkommen aus einer geringfügigen
Nebenbeschäftigung anrechnungsfrei bleiben, soweit es im Regelfall 20 Prozent des Arbeitslosengeldes nicht übersteige. Die
Problematik, dass damit das Einkommen aus einer mehr als geringfügigen Nebenbeschäftigung ganz anzurechnen wäre, wurde nicht
thematisiert.
In der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (1.
SGB III-ÄndG) [Bt-Drucks. 13/8994, S. 13] wurde in §
141 Abs.
1 Satz 1
SGB III das Wort "geringfügige" durch die Wörter "weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassende" ersetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt
(BT-Drucks. 13/8994, S. 78), es handle sich um eine Folgeänderung zur Änderung des §
118 Abs.
2 SGB III, wonach eine weniger als 15 Wochenstunden umfassende Beschäftigung den Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht entfallen lasse.
In der Begründung des Änderungsvorschlags zu §
118 SGB III (BT-Drucks. 13/8994, S. 76) wird ausgeführt: "Anders als in der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung hat die Geringfügigkeitsgrenze
der Sozialversicherung (§
8 SGB IV) in der Arbeitslosenversicherung nicht nur Bedeutung für die Frage der Versicherungspflicht, sondern auch im Leistungsrecht
für die Abgrenzung von arbeitslosen zu nicht arbeitslosen Arbeitnehmern. Erste Erfahrungen mit der Geringfügigkeitsgrenze
haben gezeigt, dass die Geringfügigkeitsgrenze der Sozialversicherung kein geeignetes Kriterium für den Versicherungsfall
"Arbeitslosigkeit" darstellt. Daher soll die Geringfügigkeitsgrenze nur für die Frage der Versicherungspflicht zur Bundesanstalt
für Arbeit herangezogen werden, während die Voraussetzung der Arbeitslosigkeit alleine durch eine Zeitgrenze definiert werden
soll: Bezieher von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe sollen durch die Ausübung einer Beschäftigung, die weniger als
15 Stunden wöchentlich umfasst, ihren Leistungsanspruch nicht verlieren. Dieser Änderung entsprechend ist künftig, um den
Versicherungsfall "Arbeitslosigkeit" beenden zu können, die Aufnahme einer Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens
15 Stunden wöchentlich erforderlich. Dementsprechend muss sich die Beschäftigungssuche des Arbeitslosen auf solche Beschäftigungen
erstrecken."
Durch die Ersetzung des Wortes "geringfügige" durch die Worte "weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassende" sollte damit
lediglich klargestellt werden, dass von der Vorschrift solche Nebentätigkeiten erfasst werden sollten, deren Ausübung die
Arbeitslosigkeit nicht entfallen ließ. Den Gesetzesmaterialien kann nicht entnommen werden, dass das Wort "geringfügige" in
Abs. 2 der Norm entgegen seiner Verwendung in Abs. 1 eine hiervon abweichende Bedeutung haben sollte und nicht ebenso lediglich
als Abgrenzungskriterium zum Versicherungsfall "Arbeitslosigkeit" dienen sollte.
Hierfür spricht auch die Entwicklung der gesetzlichen Definition der geringfügigen Tätigkeit. Eine geringfügige Tätigkeit
lag nach §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB IV in der ab 01.01.1998 geltenden Fassung des 21. RAG vom 25.07.1978 (BGBl. I S. 1089) vor, wenn die Beschäftigung regelmäßig weniger als fünfzehn Stunden in der Woche ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt regelmäßig
im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (§ 18), bei höherem Arbeitsentgelt ein Sechstel des Gesamteinkommens nicht
übersteigt. Die Definition der geringfügigen Tätigkeit enthielt damit ein zeitliches Element und ein Entgeltelement. Durch
das 2. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4621) wurde §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB IV mit Wirkung vom 01.04.2003 wie folgt neu gefasst: "Eine geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn das Arbeitsentgelt im
Monat 400 Euro nicht übersteigt".
Gleichheitswidrig war §
141 Abs.
2 SGB III a.F. auch im Hinblick auf die Anrechnungsregelung für Arbeitseinkommen aus einer selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als
mithelfender Familienangehöriger nach §
141 Abs.
3 SGB III. Denn nach dieser Vorschrift blieb das aus diesen Tätigkeiten erzielte Arbeitseinkommen bis zu dem Betrag anrechnungsfrei,
der in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs durchschnittlich auf den Monat entfiel. Eine Begrenzung
auf einen Betrag von monatlich 400,00 EUR sah diese Regelung nicht vor. Dementsprechend ist §
141 SGB III mit Wirkung zum 01.01.2009 durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2009 (BGBl.
I S. 2917) neu gefasst und die Begrenzung der Privilegierung nur der Einkünfte aus einer geringfügigen abhängigen Beschäftigung aufgehoben
worden. In der Gesetzesbegründung wird dazu ausgeführt, die Neuregelung beseitige die nach geltendem Recht bestehende Ungleichbehandlung
(BT-Drucks. 16/10810, zu Nr. 40).
Im Wege einer verfassungskonformen Auslegung ist §
141 Abs.
2 SGB III somit dahingehend auszulegen, dass der Begriff "geringfügig" als "zeitgeringfügig" (diesen Begriff verwendet Brand in Niesel,
SGB III, 4. Aufl., §
27 Rn. 30) auszulegen ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das privilegierte Einkommen - wie hier - 400,00 EUR monatlich nicht
übersteigt.
Eine verfassungskonforme Auslegung in obigem Sinne ist im Übrigen bereits hinsichtlich des Teil-Alg nach §
150 SGB III erfolgt, für das die Regelung des §
141 SGB III grundsätzlich auch gilt. Hier ist anerkannt, dass die Verdienste der neben dem Bezug von Teil-Alg weiterhin ausgeübten mehr
als geringfügigen und damit versicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigungen nicht nach §
141 SGB III angerechnet werden (vgl. Henke in Schlegel/Eicher,
SGB III, §
150 Rn. 115).
2. Der Ausübung einer Beschäftigung im Sinne von §
141 Abs.
2 SGB III (sowohl nach alter als nach neuer Fassung) steht der Bezug von Lohnersatzleistungen bei fortbestehendem Beschäftigungs- bzw.
Arbeitsverhältnis gleich. Dies folgt aus Sinn und Zweck der Regelung. Mit §
141 Abs.
2 SGB III soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Arbeitslose bereits vor seiner Arbeitslosigkeit Nebeneinkommen erzielt
und dieses seinen Lebensstandard beeinflusst hat. Eine Anrechnung solcher Einkommen würde den Arbeitslosen zusätzlich belasten
(vgl. Niesel,
SGB III, 4. Aufl., §
141 Rn. 10). Auch durch die Erzielung von Lohnersatzeinkommen wird der Lebensstandard beeinflusst. Kranken- bzw. Verletztengeld
als kurzzeitige Lohnersatzleistungen sollen gerade den Verdienstausfall kompensieren, der dadurch entsteht, dass der Versicherte
krankheitsbedingt vorübergehend kein Arbeitsentgelt erzielen kann, und an dessen Stelle treten.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Wortlaut der Norm setze die tatsächliche Ausübung der Beschäftigung voraus, im
Falle des Bezugs der Lohnersatzleistung werde die Beschäftigung aber nicht ausgeübt. Für die Beurteilung maßgeblich ist -
entgegen der Auffassung im angefochtenen Urteil - nicht die Definition des Arbeitsentgelts in §
14 SGB IV, sondern die Definition der versicherungspflichtigen Beschäftigung in §
25 SGB III. Danach sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Ein
versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis liegt deshalb nicht nur vor, wenn die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt
wird, sondern auch dann, wenn die tatsächliche Arbeitsleistung zwar wegen Krankheit nicht erbracht werden kann, die Arbeitsvertragsparteien
aber den Willen haben, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen und Lohnersatzleistungen gewährt werden. Nach §
7 Abs.
1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach §
7 Abs.
3 Sätze 1 und 2
SGB IV gilt eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt
fortdauert, wenn u.a. Krankengeld oder Verletztengeld bezogen wird. Dementsprechend wird in den Dienstanweisungen der Beklagten
zu §
141 SGB III (DA 141.71, Stand 02/2006) ausgeführt, ausgeübt im Sinne der Regelung sei die geringfügige Beschäftigung auch bei Unterbrechungen
(z.B. infolge Krankheit), wenn entsprechender Entgeltersatz (Entgeltfortzahlung oder Krankengeld) gezahlt worden sei. Gleiches
muss gelten bei der Gewährung von Verletztengeld. Eine Beschäftigung ausgeübt wird danach nicht nur bei tatsächlicher Erbringung
der Arbeitsleistung, sondern solange, wie das Beschäftigungsverhältnis im versicherungsrechtlichen Sinne besteht.
Unbeachtlich ist, dass der Kläger in der Zeit vom 10.06.2005 bis 31.12.2005 nicht gearbeitet und aufgrund seines Beschäftigungsverhältnisses
mit der Spielbank Baden-Baden auch keine Lohnersatzleistung bezogen hat. Maßgeblicher Zeitraum sind nämlich die letzten 18
Monate vor der Entstehung des Anspruchs. Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld ist am 10.06.2005 entstanden. Der maßgebliche
18-Monats-Zeitraum reicht damit vom 10.12.2003 bis zum 09.06.2005. In dieser Zeit hat der Kläger aus seiner Nebentätigkeit
vom 10.12. bis 22.01.2003 Gehalt bezogen und vom 23.01.2004 bis 09.06.2005 Verletztengeld erhalten. Im Übrigen hat das Beschäftigungsverhältnis
auch in der Zeit ohne Bezug von Arbeitsentgelt oder Lohnersatzleistungen weiterbestanden.
In den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs hat der Kläger aufgrund seiner Nebentätigkeit Verletztengeld
in Höhe von kalendertäglich 7,81 EUR netto bezogen. Durch diesen Betrag war der Lebensstandard des Klägers geprägt. Dieser
Betrag ist als Freibetrag gem. §
141 Abs.
2 SGB III zugrunde zu legen. Nach §§
47 Abs.
1 SGB VII, 47 Abs.
1 Sätze 6 und 7
SGB V wird das Verletztengeld für Kalendertage gezahlt. Ist es für einen ganzen Kalendermonat zu zahlen, ist dieser mit dreißig
Tagen anzusetzen. Der monatliche Freibetrag beträgt danach 234,30 EUR (7,81 EUR x 30). Soweit der Kläger einen darüber hinausgehenden
Freibetrag von 237,55 EUR (7,81 EUR x 365: 12) geltend gemacht hat, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Höhe des Alg hat die Beklagte im Übrigen zutreffend berechnet.
Die Revision wird zugelassen. Zwar ist seit 01.01.2009 die Begrenzung in §
141 Abs.
2 SGB III auf geringfügige Beschäftigungen entfallen. Höchstrichterlich ist jedoch noch nicht entschieden, ob sich der Freibetrag auch
beim Bezug von Lohnersatzleistungen aufgrund der Nebentätigkeit nach §
141 Abs.
2 SGB III bemisst.