Rente wegen Erwerbsminderung
Eigenart einer rezidivierenden depressiven Erkrankung
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung
aufgrund ihres Antrags vom 18.01.2012 hat.
Die 1966 geborene Klägerin hat eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsgehilfin absolviert, war aber anschließend von August 1985
bis September 1996 als Bankangestellte versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde wegen Kindererziehung
unterbrochen.
Am 18.04.2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erstmals die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente wegen eines Lipödems,
Neurodermitis, Wirbelsäulenleidens. Sie halte sich seit 1997 für erwerbsgemindert. Mit Bescheid des Versorgungsamtes A-Stadt
sei ihr ab 11.09.1991 ein Grad der Behinderung - GdB - von 50 zuerkannt worden. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid
vom 01.09.2000 ab. Die Klägerin könne sowohl ihre letzte Tätigkeit als Bankangestellte als auch Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten. Am 24.01.2005 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente
und gab dabei an, als Hausfrau tätig zu sein. Das Beschäftigungsverhältnis als Bankangestellte sei bis zum 31.03.2003 fortgeführt
und durch Aufhebungsvertrag beendet worden. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens
von Dr. A. vom 17.03.2005 und eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. L. ebenfalls vom 17.03.2005 mit Bescheid vom 05.04.2005
ab. Die Klägerin könne unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich sowohl
ihre letzte Tätigkeit als Bankangestellte als auch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten. Der hiergegen eingelegte
Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2005 als unbegründet zurückgewiesen. Klage wurde hiergegen nicht erhoben.
Am 25.11.2010 beantragte die Klägerin die Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitation, die von der Beklagten
mit Bescheid vom 14.02.2011 in der Abteilung Angiologie des Reha-Zentrums Bad N. in der Zeit vom 31.05.2011 - 05.07.2011 bewilligt
wurde. Aus dieser Reha-Maßnahme wurde die Klägerin als arbeitsfähig sowie mit einem Leistungsbild von mehr als sechs Stunden
sowohl für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bankangestellte als auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer
Leistungseinschränkungen entlassen. Festgehalten war im Reha-Entlassungsbericht vom 14.07.2011, dass sich eine deutliche Besserung
der Beschwerden durch die Reha-Maßnahme ergeben habe. Zwischen der ärztlichen Beurteilung und der eigenen Beurteilung der
Klägerin bestehe jedoch keinerlei Übereinstimmung. Am 18.01.2012 beantragte die Klägerin erneut bei der Beklagten die Gewährung
von Erwerbsminderungsrente. Sie halte sich seit Anfang 2001 für erwerbsgemindert. Sie leide unter psychosomatischen Beschwerden,
Depressionen, Angstzuständen, Neurodermitis (seit 1992), Lip- und Lymphödem, später dann Erysipel, Kopf- und Wirbelsäulenprobleme,
Muskelverspannung, Borreliose, Essstörungen, Anämie, Schilddrüsenerkrankung.
Die Beklagte lehnte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 11.04.2012 den Antrag auf Erwerbsminderungsrente ab, weil die
notwendigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. In der hier verlängerten Zeit vom 18.05.2003 bis
zum 17.01.2012 seien lediglich 22 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Anhaltspunkte für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung
seien nicht gegeben.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 26.04.2012 Widerspruch ein und verwies auf ein ärztliches Attest des behandelnden
Hausarztes Dr. D. vom 26.03.2012. Nach diesem Attest stehe die Klägerin seit dem 01.09.2004 wegen zahlreicher schwerer chronischer
Krankheitsbilder laufend (teilweise mehrmals wöchentlich) in seiner Behandlung. Im Vordergrund hätten während der letzten
Jahre die schwere chronisch rezidivierende depressive Störung, das chronische Schmerzsyndrom, das rezidivierende HWS-BWS-LWS-Syndrom,
das schwere chronische Lip- und Lymphödem beider Beine bei chronisch venöser Insuffizienz sowie das zunehmende Erschöpfungssyndrom
gestanden. Auffällig sei die Häufung von Infekten der oberen Luftwege und Atemwegsinfektionen mit chronisch rezidivierender
Pansinusitis und Bronchitis. 2009 habe die Klägerin unter einer langwierigen atypischen Pneumonie durch Mykoplasma pneumoniae
gelitten. Die Infekte seien in derart kurzen Abständen aufgetreten, dass von einer allgemeinen Abwehrschwäche auszugehen sei.
Während der letzten Jahre habe sich im Rahmen der Polymorbidität zunehmend ein schweres chronisches Erschöpfungssyndrom entwickelt.
Die Klägerin werde von zahlreichen Fachärzten mitbehandelt. Mehrere Heilverfahren seien in den letzten Jahren durchgeführt
worden. Sie werde intensiv ambulant mit konsequenter Kompressionsversorgung, manuellen Lymphdrainagen sowie Bewegungstherapie
versorgt. Ein nachhaltiger Erfolg habe sich bislang jedoch nicht einstellen wollen. Es sei davon auszugehen, dass Erwerbsunfähigkeit
seit dem 01.09.2004 bestanden habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2012 als unbegründet zurück. Ausgehend von einem Leistungsfall
am 18.01.2012 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, da in dem relevanten Zeitraum vom 18.05.2003
bis zum 17.01.2012 nur 22 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt seien. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nur
bis zum 30.11.2010 erfüllt. Der ärztliche Entlassungsbericht der Klinik Bad N. bestätige, dass sich der Gesundheitszustand
der Klägerin wesentlich gebessert habe und dass sie in der Lage sei, regelmäßig eine mindestens sechsstündige Tätigkeit fünf
Tage in der Woche zu verrichten. Ein Leistungsfall vor dem 05.07.2011 (Entlassungstag der Reha-Maßnahme) bzw. bis zum 30.10.2010
(gemeint war wohl 30.11.2010) könne nicht eingetreten sein.
Zur Begründung der hiergegen am 18.09.2012 zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin mit Schreiben vom 25.10.2012 unter Bezugnahme auf das ärztliche Attest von Dr. D. darauf
hingewiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bereits zum 01.09.2004 vorgelegen hätten.
Das SG hat die Akten des Zentrum Bayern Familie und Soziales - ZBFS - Region Oberfranken, ärztliche Unterlagen der Klinik B., des
Hauses B. und Kind-Kurklinik G., der Klinik S. A-Stadt (stat. Aufenthalt vom 12.08. - 02.09.2008), der Klinik AWO B. Nordseeheilbad
(stat. Aufenthalt vom 17.08. - 07.09.2011) sowie Befundberichte von Dr. G., des Chirurgen Dr. J., von Dr. S., des Allgemeinarztes
und Arztes für Phlebologie und Lymphologe Dr. S., der Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. W., Dr.
D., des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. und vom Hautarzt Dr. U. beigezogen.
Anschließend hat das SG ein nervenärztliches Terminsgutachten von Dr. M. sowie ein internistisches Terminsgutachten von Dr. K. eingeholt. Frau Dr.
M. ist in ihrem Terminsgutachten vom 06.02.2013 zu folgenden Diagnosen gelangt: 1. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig
mittelgradig ausgeprägt 2. Ehe- und Familienkonflikt 3. Verdacht auch selbstunsichere Persönlichkeitsakzentuierung 4. Lipolymphödem,
Zustand nach Phlemone 5. Wirbelsäulensyndrom ohne neurologische Reizsymptomatik 6. Adipositas Die Klägerin zeige Symptome,
die zu einer mittelgradigen depressiven Störung passen würden. Ursächlich sei hier auch ein Ehe- und Familienkonflikt. Die
Symptome seien jedoch nicht so ausgeprägt, dass von einer quantitativen Erwerbsminderung auszugehen sei. Es fänden sich Hinweise
für eine selbstunsichere Persönlichkeit, nicht aber für eine emotional instabile Persönlichkeit. Die Klägerin sei noch in
der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Schicht- und Akkordtätigkeit, ohne besondere Stressbelastung,
ohne besondere Anforderung an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen zu verrichten. Es bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen,
d.h. mindestens sechs Stunden täglich. Zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei erhalten.
Unter konsequenter psychiatrischer Behandlung sei eine weitere Besserung zu erwarten. Die Klägerin befinde sich derzeit in
ambulanter Behandlung. Leistungen zur medizinischen Reha oder zur Teilhabe seien nicht empfehlenswert. Zum 01.09.2004 habe
ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestanden.
Dr. K. ist in seinem internistischen Gutachten vom 06.02.2013 zu folgenden Diagnosen gelangt: 1. Lipo-/Lymphödem vom Oberschenkeltyp
bds. mit chronisch-venöser Insuffizienz und rezidivierendem Erysipel 2. WS-Syndrom im HWS- und BWS-Bereich bei degenerativen
Veränderungen und Fehlhaltung mit rezidivierenden Blockierungen und muskulärer Verspannung 3. Bruxismus 4. Senk-, Spreizfuß
beidseits, Gonalgie beidseits bei Genuavalga und Coxalgie beidseits 5. anamnestisch hypothyreote Stoffwechsellage und Vitamin-D-Mangel
6. allergische Diathese und Neurodermitis 7. Gehäufte Infektanfälligkeit bei positiver Borrelioseserologie. Die allgemeine
Leistungsfähigkeit der Klägerin werde insbesondere durch das seit mehr als 10 Jahren bestehende ausgeprägte Lipo-/Lymphödem
und der damit einhergehenden Adipositas beeinträchtigt. Es komme im Rahmen der genannten Gesundheitsstörungen zu hauptsächlich
statischen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule, wobei wiederum HWS und LWS, aber auch die großen Gelenke an beiden unteren
Extremitäten betroffen seien. Insgesamt seien auch nach heutiger Untersuchung jedoch keine schwerwiegenden Funktionseinschränkungen,
weder an der WS noch an den Extremitäten festzustellen. Auch bezüglich der Infektanfälligkeit und der seit 20 Jahren bestehenden
bekannten Neurodermitis seien keine nennenswerten bleibenden Organstörungen festzustellen. Im Vergleich zu den Vorgutachten
aus den Jahren 1999 (Dr. G.), 2000 (Dr. B.) und 2005 (Dr. A.) seien keine wesentlichen Befundverschlechterungen festzustellen
und auch keine nennenswerten neuen Gesundheitsstörungen. Die Klägerin sei hinsichtlich der somatischen Gesundheitsstörungen
weiterhin in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig auszuführen. Schweres Heben und Tragen sowie häufiges
Treppensteigen und Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten seien ebenso zu vermeiden wie häufiges Bücken und Überkopfarbeiten.
Zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei gegeben. Eine Besserung der alltäglichen Leistungsfähigkeit
stehe in unmittelbarer Abhängigkeit zum Köpergewicht der Klägerin. Diesbezüglich seien mittel- und langfristig Besserungen
nicht unmöglich. Zum 01.09.2004 hätte ebenfalls ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten
bestanden.
Auf Antrag der Klägerin hat das SG sodann ein Gutachten nach §
109 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - vom behandelnden Psychiater Dr. S. eingeholt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 09.06.2014 zu folgenden Diagnosen gelangt:
1. Emotional-instabile Persönlichkeit vom impulsiven Typ 2. rezidivierende depressive Störung, zum Untersuchungszeitpunkt
schwere Episoden mit somatischem Syndrom 3. hinsichtlich der somatischen Erkrankungen, u.a. Lipödem beider Beine, Neurodermitis
und Hypertonus, bestehe weiterhin Status Idem (Gutachten Dr. K.). Eine wesentliche Änderung habe sich durch die Auswirkungen
der emotional-instabilen Persönlichkeit ergeben, die zumindest seit 2009 zu einer überdauernden erheblichen Einschränkung
des sozialen und beruflichen Funktionsniveaus (SOFAS) mit einem Wert von 35 geführt habe, während die depressiven Schwankungen
nach Aktenlage zeitweilig auch eine gewisse Besserung erfahren hätten. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, leichte Tätigkeiten
im Sitzen ohne besondere Lärmbelastung im Wechselrhythmus ohne Schicht- und Akkordtätigkeit, ohne besondere Stressbelastung,
ohne besondere Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen zu verüben. Sie könne nur noch weniger als drei
Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingesetzt werden. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei gegeben. Unter Ausschöpfung
aller rehabilitativer Maßnahmen der körperlichen Erkrankungen und einer regelmäßigen psychotherapeutischen und psychopharmakologischen
Behandlung und einem zeitlichen Fenster von mindestens einem Jahr sei eine Besserung der Erwerbsfähigkeit wahrscheinlich.
Es würden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben empfohlen. Zum 01.09.2004
habe bereits ein gemindertes Leistungsvermögen bestanden. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 01.08.2014 zu den eingeholten
Gutachten Stellung genommen und auf ihre gesundheitliche Situation, die unternommenen frustranen Therapieversuche und auf
familiäre Auseinandersetzungen hingewiesen. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 05.08.2014 darauf hingewiesen, dass sich
der Sachverständige Dr. S. weder mit den Vorgutachten auseinandergesetzt noch sich nachvollziehbar zum Leistungsfall 2004
oder 2009 äußere. Die diagnostische Einschätzung sei zumindest fraglich.
Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von Dr. M. eingeholt, die am 24.10.2014 bei ihrem gefundenen Ergebnis geblieben
ist. Eine schwere Ausprägung der Depression lasse sich durch den Untersuchungsbefund nicht ableiten, da bei Dr. S. auch die
Einschränkungen überwiegend als mittelgradig beschrieben würden. Suizidalität als Ausdruck einer schweren depressiven Symptomatik
bestehe nicht. Ob eine Persönlichkeitsstörung vorliege oder nur selbstunsichere oder emotional instabile Anteile überwiegen
würden, bleibe zu diskutieren. Wesentlich sei aber die Funktionseinbuße, die daraus abzuleiten wäre. Hier zeige die Klägerin
verschiedene Aktivitäten wie regelmäßige Arztbesuche, regelmäßige Lymphdrainagen, Einkaufsfahrten mit dem Bus. Auch gegenüber
Dr. S. gebe sie ein umfassendes Tagesgeschehen an. Sie passe gelegentlich zwei Stunden pro Tag als Babysitterin auf Kinder
auf oder helfe zwei bis drei Stunden im Bioladen. Eine schwere Funktionseinbuße sei anhand dieses Tagesablaufs nicht zu begründen.
Das Ausmaß des Leidensdrucks sei auch anhand der durchgeführten Behandlungen zu objektivieren. Eine stationäre psychiatrische
Behandlung sei lediglich einmalig 1990 durchgeführt worden, seither nicht mehr. Erst seit zwei Jahren erfolge eine psychiatrische
Behandlung und eine Medikation im Sinne einer medikamentösen Monotherapie. Anhand dieser Therapieanstrengungen könne eine
schwere psychiatrische Erkrankung nicht objektiviert werden. Ein zeitlich gemindertes Leistungsvermögen ab 2004 wie von Dr.
S. angenommen sei nicht nachvollziehbar, da die in dieser Zeit durchgeführten Gutachten jeweils ein vollschichtiges Leistungsvermögen
der Klägerin gesehen hätten und die Klägerin selbst berichtet habe, dass nach dem Aufenthalt in Bad Neustadt im 24. Lebensjahr
die psychische Symptomatik in den Hintergrund getreten sei. Hinsichtlich der Einwendungen der Klägerin mit Schreiben vom 01.08.2014
würden ein Ehekonflikt und finanzielle Sorgen deutlich. Diese Konflikte seien erheblich und absolut nachvollziehbare Belastungen,
bedingten jedoch keine quantitative Leistungsminderung. Die übrigen geschilderten Beschwerden beträfen das Lipolymphödem.
Hier sei auf das Gutachten von Dr. K. zu verweisen.
Das SG hat sodann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2014 die Klage mit Urteil vom gleichen Tag als unbegründet abgewiesen.
Aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. M. und Dr. K. sei davon auszugehen, dass die Klägerin durchaus
noch in der Lage sei, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens
sechs Stunden täglich zu verrichten. Dem Gutachten von Dr. S. sei das Gericht nicht gefolgt, weil keine objektiven Kriterien
für die abweichende Leistungsbeurteilung ersichtlich bzw. von diesem dargelegt worden seien. Die Klägerin leide überwiegend
an Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem und internistischem Fachgebiet. Auf nervenärztlichem Fachgebiet liege vordergründig
eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig ausgeprägt, vor. Kognitive Defizite hätten sich nicht feststellen
lassen. Der Antrieb sei allenfalls mäßig eingeschränkt gewesen. Auch Dr. S. konstatierte ein unauffälliges formales Denken.
Die Klägerin habe bei beiden Sachverständigen ihren Tagesablauf weitestgehend übereinstimmend geschildert. So frühstücke sie
täglich mit ihrer Tochter, versorge die Katze, mache Besorgungen, koche täglich für die Tochter und "treibe" diese bezüglich
ihrer schulischen Leistungen an. Zusätzlich habe die Klägerin bei Dr. S. angegeben, gelegentlich am Vormittag zwei Stunden
als Babysitter sowie an einzelnen Tagen zwei bis drei Stunden als Aushilfe im Bioladen tätig zu sein. Soweit Dr. S. eine schwere
Episode einer rezidivierenden depressiven Störung annehme, korreliere dies nicht mit den von ihm erhobenen Befunden, da er
die Einschränkungen überwiegend als mittelgradig beschrieben habe. Die durchgeführten Testungen seien ganz erheblich von der
Motivation und den eigenen Vorstellungen der Leistungsfähigkeit der Testperson, vorliegend also der Klägerin, bestimmt. Es
sei davon auszugehen, dass die Leistungsmotivation der Klägerin größeren Einfluss auf die Testergebnisse gehabt habe als die
Schwere der Beeinträchtigung als solche. Die Einschränkungen auf internistischem Fachgebiet begründeten allenfalls qualitative
Leistungseinschränkungen. Nachdem die Klägerin bereits die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit nicht erfülle, komme es auf das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht an. Die Beklagte
habe hierzu ausgeführt, dass bei der Klägerin letztmals im November 2010 die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen
gegeben wären. Den Sachvortrag der Klägerin, bereits seit dem 01.09.2004 rentenrechtlich bedeutsam erwerbsgemindert gewesen
zu sein, hätten die Sachverständigen Dr. M. und Dr. K. nicht bestätigen können. Soweit Dr. S. von einem bereits 2004 geminderten
Leistungsvermögen ausgehe, stehe dies im Widerspruch zu den im Jahr 2005 im Rahmen der damaligen Rentenantragstellung eingeholten
Gutachten der Dres. A. und L., welche für den allgemeinen Arbeitsmarkt und die zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer Bankangestellten
jeweils ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen angenommen hätten. Im Übrigen müsste, um bei einer Rentenantragstellung
im Januar 2012 auf einen Versicherungsfall im September 2004 zurückgreifen zu können, eine rentenrechtliche bedeutsame geminderte
Erwerbsfähigkeit seitdem durchgehend bestanden haben. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
nach §
240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI komme bereits aufgrund des Alters der Klägerin nicht in Betracht.
Zur Begründung der hiergegen am 26.05.2015 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegte Berufung weist der Prozessbevollmächtigte
der Klägerin darauf hin, dass es sich bei der psychiatrischen Erkrankung der Klägerin um eine Form von Borderlinestörung handle.
Die Klägerin sei nicht in der Lage, weisungsgebunden an irgendeinem Arbeitsplatz eine Arbeit auszuführen, ohne regelmäßig
intensive Streitigkeiten zu beginnen und dadurch eine Zusammenarbeit völlig unmöglich zu machen. Diese Persönlichkeitsstörung
sei krankheitsbedingt. Sie sei am freien Arbeitsmarkt nicht einsetzbar.
Dr. S. habe sich deshalb auch für eine zeitlich befristete Erwerbsunfähigkeitsrente ausgesprochen, damit die Klägerin getrennt
von ihrer Familie längerfristig eine Reha-Maßnahme durchführen könnte. Nur durch eine entsprechende Langzeittherapie könne
die Persönlichkeitsstörung der Klägerin behandelt und die Klägerin dem Arbeitsmarkt wieder zugeführt werden. Nach aktueller
Einschätzung seien für die Bewertung der Arbeitsunfähigkeit nicht die depressive Störung und die multiplen körperlichen und
gesundheitlichen Beeinträchtigungen maßgeblich, sondern die bei der Klägerin festzustellende Persönlichkeitsstörung.
Mit Schreiben vom 24.07.2015 hat der Senat darauf hingewiesen, dass er sich der Beweiswürdigung des Gutachtens von Dr. S.
durch das SG Bayreuth anschließe und dass keine Erfolgsaussichten für die anhängige Berufung gesehen werden könnten. Mit Schriftsatz
vom 10.08.2015 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nochmals auf die von Dr. S. durchgeführten Testverfahren hingewiesen
und ausgeführt, dass die Klägerin unter einer rezidivierenden depressiven Störung leide, so dass durchaus Frau Dr. M. zu einer
mittelgradigen depressiven Störung und Dr. S. zu einer schwergradigen depressiven Störung gelangen könnten. Eine schwere depressive
Phase, welche bei der Klägerin in Zeitabständen von Monaten bzw. Jahren immer wieder eintrete, sei für die Beurteilung der
Frage der Arbeitsfähigkeit ausschlaggebend, da die Klägerin dann nicht nur wenige Tage, sondern Monate arbeitsunfähig sei.
Das Urteil des SG lasse somit die wesentlichen Aspekte der maßgeblichen Gutachten unberücksichtigt.
Nach Anfrage mit Schreiben vom 27.08.2015, dass der Senat beabsichtige durch Beschluss nach §
153 Abs.
4 SGG zu entscheiden, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 04.09.2015 angeregt, Dr. S. als Zeugen einzuvernehmen,
weil dieser die Klägerin seit Jahren behandle und den Verlauf und die Dauer ihrer depressiven Episoden angeben könne.
Auf Anforderung des Senats hat die Beklagte am 21.01.2016 einen aktuellen Versicherungsverlauf übersandt und nochmals darauf
hingewiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zuletzt bei einem angenommenen Leistungsfall am 30.11.2010
erfüllt wären. Aus diesem Versicherungsverlauf ergeben sich die letzten rentenrechtlich vermerkten Zeiten im Oktober 2008.
Auf Nachfrage des Senats hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 08.02.2016 mitgeteilt, dass die Klägerin
seit Oktober 2008 keine rentenrechtlich relevanten Zeiten mehr zurückgelegt habe. Es werde jedoch darauf verwiesen, dass Dr.
S. einen Leistungsfall am 01.09.2004 angenommen habe. Vor der Erkrankung habe die Klägerin 36 Monate Pflichtbeiträge in die
Rentenversicherung eingezahlt. Mit weiterem Schriftsatz vom 17.02.2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ein aktuelles
Attest des behandelnden Hausarztes Dr. D. vom 15.02.2016 vorgelegt, wonach sich die Klägerin seit 01.09.2004 wegen zahlreicher
schwerer chronischer Krankheitsbilder laufend (meistens mehrmals wöchentlich) in seiner Behandlung befinde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 18.12.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 10.09.212 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auf ihren Antrag vom 18.01.2012 hin Rente wegen voller,
hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 18.12.2014 zurückzuweisen.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster
und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 SGG).
Sie ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Eine quantitative Erwerbsminderung zu einem Zeitpunkt vor dem 30.11.2010 ist nicht nachgewiesen. Der streitgegenständliche
Bescheid der Beklagten vom 11.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2012 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Gemäß §
43 Abs.
1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbei-
träge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit
erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß §
43 Abs.
1 Satz 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Einen Anspruch auf Rente wegen voller
Erwerbsminderung haben nach §
43 Abs.
2 Satz 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass es der Klägerin nicht gelungen ist, den Eintritt eines Leistungsfalles einer quantitativ
geminderten Leistungsfähigkeit im Sinne des §
43 SGB VI auf unter sechs Stunden bzw. auf unter drei Stunden zu einem Zeitpunkt nachzuweisen, zu dem letztmals die versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen erfüllt sind, also vor dem 30.11.2010, und auch nicht, dass diese durchgehend bis zur Rentenantragstellung
am 18.01.2012 vorgelegen haben könnte. Für den vom Sachverständigen Dr. S. angenommenen Leistungsfall 01.09.2004, dem Zeitpunkt
der Aufnahme der ambulanten Behandlung beim Hausarzt der Klägerin, Dr. D., gibt es keine rechtlich tragfähige Begründung.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne des §
43 SGB VI sind bei der Klägerin letztmals am 30.11.2010 erfüllt. Die letzte Pflichtbeitragszeit der Klägerin ist im Versicherungsverlauf
vom 12.01.2016 im Februar 2005 dokumentiert, es bestand Arbeitslosigkeit mit Bezug von Arbeitslosengeld. Anschließend sind
bis zum 26.10.2008 Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug vermerkt. Weitere rentenrechtliche Zeiten wurden von der
Klägerin nicht zurückgelegt. Dies hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf nochmalige Anfrage des Senats bestätigt.
Der Nachweis des Eintritts einer Minderung der Leistungsfähigkeit der Klägerin in quantitativer Hinsicht auf unter 6 Stunden
täglich bei Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen vor dem 30.11.2010 konnte von der Klägerin nicht geführt werden.
Festzuhalten ist, dass seit dem Jahr 2000, in dem die Klägerin ihren ersten Rentenantrag bei der Beklagten gestellt hatte,
mit Ausnahme des Gutachtens von Dr. S. vom 09.06.2014, nur Gutachtensergebnisse vorliegen, die eine mindestens sechsstündige
Leistungsfähigkeit der Klägerin - wenn auch unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen - sehen. Das SG hat hier in dem Verfahren nach Beiziehung umfangreicher ärztlicher Befunde ein nervenärztliches Gutachten von Dr. M. eingeholt,
die ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin, also mehr als sechs Stunden täglich gesehen und dies auch für den
Zeitpunkt 01.09.2004 bestätigt hat. Gleiches gilt für das internistische Gutachten von Dr. K. vom 06.02.2013. Beide Sachverständige
bestätigen darüber hinaus, dass seit den Vorgutachten im Jahr 2005 von Dr. A. und Dr. L. keine wesentlichen Änderungen im
Gesundheitszustand der Klägerin eingetreten sind. Zu beachten ist, dass die Klägerin selbst aus der Reha-Maßnahme in Bad N.
im Juli 2011 als arbeitsfähig und mit einem mindestens 6stündigen Leistungsvermögen für ihre zuletzt versicherungspflichtig
ausgeübte Tätigkeit als Bankkauffrau und für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entlassen wurde. Sie hat sich dort
in der Abteilung für Angiologie befunden, es konnte eine deutliche Besserung ihres Lip-/ Lymphödems erzielt werden. Es wurde
eine Stabilität ihres Gesundheitszustandes gesehen, wenn die Klägerin die empfohlenen ambulanten Behandlungen und die Trainingsmaßnahmen,
die ihr dort empfohlen wurden, konsequent fortführen würde. Hierzu sah sich die Klägerin aber - entsprechend ihren eigenen
Schilderungen gegenüber Dr. S. - aus familiären Gründen wohl nicht in der Lage.
Der Senat vermag sich - ebenso wie das SG - nicht der Leistungseinschätzung von Dr. S. anzuschließen, insbesondere nicht der Annahme eines Leistungsfalles am 01.09.2004.
Das SG hat in seinen Entscheidungsgründen bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass sich Dr. S. mit den anderen Sachverständigengutachten,
die seit dem Jahr 2000 in der Rentenakte der Beklagten zu finden sind, nicht auseinandergesetzt hat. Wenn er von einem möglichen
Leistungsfall im September 2004 ausgehen möchte, hätte er sich insbesondere mit den im Verhältnis dazu zeitnahen Sachverständigengutachten
von Dr. A. auf orthopädischem Fachgebiet und von Dr. L. auf neurologisch/psychiatrischem Fachgebiet von März 2005, die nach
persönlicher Untersuchung der Klägerin erstellt worden waren, auseinander setzen müssen. Dies ist nicht der Fall.
Dr. A. ist in seinem orthopädischen Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass nur leicht- bis mittelgradige Einschränkungen
vorhanden sind und in erster Linie dem erheblichen Gewicht und dem Lipödem der Klägerin geschuldet sind. Die Bewegungsmaße
waren aber relativ unbeeinträchtigt. Diese Einschätzung von Dr. A. deckt sich mit den eingeholten Befund- und Reha-Berichten,
die nur leichte oder geringfügige orthopädische Probleme bei der Klägerin zeigen.
Im Hinblick auf das nervenärztliche Gutachten von Dr. L. ist ebenfalls festzuhalten, dass dieser ein mindestens sechsstündiges
Leistungsvermögen der Klägerin festgestellt hat. Bei Dr. L. schilderte die Klägerin ihren Schwerpunkt in ihren wechselnden
Stimmungszuständen. Sie berichtete über eine reduzierte Freudfähigkeit, Antriebslosigkeit und zeitweilige Schlafstörungen.
Sie schilderte eine Belastung durch die damals achtjährige erkrankte Tochter, durch welche sie sich eingeschränkt sehe, zumal
sie keine Unterstützung vom Ehemann erhalte. Stimmungsmäßig erschien die Klägerin bedrückt, aber nicht depressiv verstimmt,
die affektive Schwingungsfähigkeit war erhalten. Anhaltspunkte für das Vorliegen formaler oder inhaltlicher Denkstörungen
hatten sich nicht gefunden, keine Wahrnehmungsstörungen, Konzentration und Merkfähigkeit waren nicht merklich beeinträchtigt.
Der Antrieb erschien ungestört, die Klägerin habe imponiert als unsicher, ratlos, wenig durchsetzungsfähig. In den Reha-Entlassungsberichten
finden sich ebenfalls deutliche Hinweise auf eine familiäre Konfliktsituation, zunächst im Hinblick auf die pubertierende
Tochter, die schulischen Probleme mit ihr und die mangelnde Unterstützung durch den Ehemann, was zu wiederholten Erschöpfungszuständen
der Klägerin führte. Die Leistungseinschätzung von Dr. A. und Dr. L. wurde von der Beklagten nach nochmaliger Überprüfung
im Widerspruchsbescheid vom 12.09.2005 bestätigt. Die Klägerin ist hiergegen nicht im Wege der Klage vorgegangen. Es fehlt
auch eine Auseinandersetzung mit den weiteren Gutachten von Dr. M. und Dr. K., die ebenfalls ein mindestens 6stündiges Leistungsvermögen
der Klägerin angenommen haben.
Dr. M. in ihrem Gutachten vom 06.02.2013 darauf hingewiesen, dass sich eine gewisse Depressivität der Klägerin im Umfang einer
mittelgradigen rezidivierenden Depression finde und in erster Linie die unsichere, nicht durchsetzungsfähige Persönlichkeit
der Klägerin imponiere. Anhaltspunkte für eine instabile Persönlichkeit und damit für eine massive Persönlichkeitsstörung
hat sie aber nicht gefunden.
Eine Begründung für den Leistungsfall 01.09.2004 findet sich im Gutachten von Dr. S. nicht, die Frage danach in der Beweisanordnung
wird von ihm nur mit einem einfachen "Ja" beantwortet. In seinem Gutachten beschreibt er im Gegenteil selbst, dass sich eine
wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Gegebenheiten der Klägerin durch die Auswirkungen der emotional-instabilen Persönlichkeit
ergeben hätte, die zumindest seit 2009 zu einer überdauernden erheblichen Einschränkung des sozialen und beruflichen Funktionsniveaus
(SOFAS) geführt habe, während die depressiven Schwankungen nach Aktenlage zeitweilig auch eine gewisse Besserung erfahren
hätten. In der ergänzenden Stellungnahme von Dr. M. vom 24.10.2014 hat diese bereits darauf hingewiesen, dass das von Dr.
S. gefundene Ergebnis nicht mit seinen Untersuchungsbefunden in Einklang zu bringen ist, weil er selbst nur leichte bis maximal
mittelgradige Beeinträchtigungen der Klägerin feststellen konnte und diese auch in seinem Gutachten so beschrieben hatte.
Die Diagnose einer emotional instabilen Persönlichkeitsstruktur der Klägerin begründet für sich genommen keine quantitative
Leistungsminderung der Klägerin, zumal daraus resultierende Einschränkungen anhand des Tagesablaufs der Klägerin objektiviert
hätten werden müssen. Der Tagesablauf der Klägerin, den diese bei verschiedenen Gutachtern durchaus vergleichbar geschildert
hatte, erlaubt aber nicht den Rückschluss auf eine erhebliche Einschränkung des Alltagserlebens der Klägerin. Sie berichtete
bei Dr. L., zwischen 6 Uhr und 6.30 Uhr aufzustehen, das Frühstück zu machen, aufzuräumen, Haushaltstätigkeiten zu verrichten,
die Betten, die Küche aufzuräumen. Sie gehe einmal pro Woche zur Lymphdrainage, sie fahre Fahrrad bzw. gehe auf den Hometrainer,
sie verlasse das Haus um in die Stadt zu gehen um einzukaufen. Ansonsten habe sie keine Zeit für weitere außerhäusliche Aktivitäten.
Sie mache mit der Tochter Hausaufgaben, zu sportlichen Aktivitäten komme sie nicht, es fehle die Zeit. Sie müsse für ihre
Tochter da sein. Gegenüber Frau Dr. M. hatte die Klägerin angegeben gegen 6.15 Uhr aufzustehen, Frühstück für die Tochter
zu machen, Brotzeit zu machen. Sie kümmere sich um die Katze. Sie fahre mit dem Bus zum Einkaufen in die Stadt und habe dort
sowieso verschiedene Arzttermine. Zwischen 13 Uhr und 16 Uhr koche sie manchmal etwas für die Tochter. Nachmittags müsse sie
die Tochter antreiben. Sie habe manchmal bis 20 Uhr abends Stress, dass die Tochter ihre Hausaufgaben mache und nicht nur
ihren Hobbys nachgehe. Sie mache Krankengymnastik, Lymphdrainagen, Hobbys habe sie aber keine. Ab ca. 22 Uhr sei sie zwar
müde, wolle aber noch nicht ins Bett gehen, sie lese dann noch, genieße die Ruhe im Haus. Zwischen 1 Uhr und 4 Uhr gehe sie
ins Bett, eigentlich wolle sie gar nicht ins Bett. Ein vergleichbarer Tagesablauf wurde von der Klägerin bei Dr. S. geschildert,
insoweit wird auf Blatt 6 seines Gutachtens verwiesen. Zusätzlich gab die Klägerin an, dass sie gelegentlich als Babysitter
zwei Stunden vormittags tätig sei und sie auch an einzelnen Tagen zwei bis drei Stunden vormittags im Bioladen mithelfe, z.B.
zum Abkassieren an der Kasse oder zum Einräumen von Ware.
Gegen den Eintritt eines Leistungsfalles der quantitativen Minderung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin vor dem 30.11.2010
spricht außerdem der Reha-Entlassungsbericht der Klinik Bad N. vom 14.07.2011. Dieser liegt zeitlich deutlich nach dem 30.11.2010,
dem Zeitpunkt des letztmaligen Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Aus dieser Maßnahme, die nicht wegen
einer psychischen Erkrankung der Klägerin, also weder wegen einer depressiven Erkrankung noch wegen einer Persönlichkeitsstörung
erfolgte, sondern wegen des ausgedehnten Lip-/Lymphödems und der Adipositas der Klägerin erfolgte, wurde sie als arbeitsfähig
für die letzte Tätigkeit als Bankangestellte und als leistungsfähig für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang
von mehr als sechs Stunden täglich entlassen. Hierbei hatte die Klägerin einen innerfamiliären Konflikt benannt, ohne diesen
im Einzelnen schildern zu wollen. Bei Dr. S. hat sie über eine massive Auseinandersetzung mit ihrer Schwiegermutter berichtet,
wobei sich der Ehemann noch auf deren Seite geschlagen habe. Aufgrund dieser schweren Belastung habe sie sich erneut in fachärztliche
Behandlung begeben müssen. Besonders gut habe ihr dann die Reha in Bad N. getan. Demgegenüber hat die Klinik Bad N. im Entlassungsbericht
vom 14.07.2011 festgehalten, dass ihre ärztliche Leistungseinschätzung (eines mehr als 6stündigen Leistungsvermögens) mit
der eigenen Leistungseinschätzung der Klägerin nicht in Einklang zu bringen gewesen sei.
Allein der Umstand, dass die Klägerin bei ihrem Hausarzt Dr. D. seit dem 01.09.2004 in regelmäßiger Behandlung ist, rechtfertigt
nicht die Annahme eines schon damals dauerhaft auf unter sechs Stunden abgesunkenen Leistungsvermögens. Dr. D. listet in seinem
Attest, das mit Datum 26.03.2012 im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vorgelegt wurde, eine Vielzahl von Diagnosen auf. Eine
vergleichbare Aufzählung ergibt sich aus weiteren Attesten von Dr. D., zuletzt in dem im Berufungsverfahren vorgelegten Attest
vom 15.02.2016 (das im Übrigen "zur Vorlage bei der privaten Krankenversicherung" erstellt wurde). Allein eine Vielzahl von
aufgelisteten Diagnosen erlaubt nicht den Rückschluss auf eine dauerhaft quantitativ geminderte Erwerbsfähigkeit der Klägerin,
sondern bedeutet zunächst nur, dass behandlungsbedürftige Krankheiten im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung vorliegen
können. Von einer rentenrechtlich relevanten Leistungseinschränkung, die eine dauerhafte, d. h. mehr als sechs Monate bestehende
Funktionseinschränkung verlangt, die einer ärztlichen oder therapeutischen Behandlung nicht mehr oder nur über einen längeren
Zeitraum hinweg zugänglich ist, kann dabei noch nicht ausgegangen werden. Sowohl die ärztlichen Sachverständigen als auch
der Reha-Entlassungsbericht der Klinik Bad N. haben zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten beschrieben, die von der Klägerin
aber wohl nur unzureichend umgesetzt wurden.
Dem Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dass es Eigenart einer rezidivierenden depressiven Erkrankung sei, dass
der Schweregrad durchaus unterschiedlich verlaufen könne und es deshalb nicht zu beanstanden sei, dass Dr. M. von einer mittelgradigen
depressiven Störung, Dr. S. aber von einer schwergradigen Störung ausgehen könne, kann gefolgt werden. Zum einen hat Dr. S.
ja selbst nur Befunde erhoben, die er als leicht- bis maximal mittelgradig beschreibt, so dass der erhobene Befund bereits
nicht zur Diagnose passt und schon aus diesem Grund Inkonsistenzen aufweist. Gleichwohl ist aber gerade bei einer rezidivierenden
depressiven Störung zunächst von einem Behandlungsfall der gesetzlichen Krankenversicherung auszugehen, der je nach Intensität
der akuten Erkrankung unterschiedliche Behandlungsmaßnahmen erfordert. Damit ist aber nicht der Nachweis der Unüberwindbarkeit
dieser Störung im Sinne des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung geführt. Bei der Klägerin lässt sich anhand der Akten
feststellen, dass die Behandlungen durchaus positiv auf die Klägerin gewirkt haben, zumindest in der hier streitigen Zeit
bis 30.11.2010. Weitere Behandlungsoptionen bestanden und bestehen noch heute, die von der Klägerin jedoch bislang nicht genutzt
wurden.
Nach alledem war die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 18.12.2014 als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.