Gründe:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14.
September 2007 ist nach Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist gemäß §§
67 Abs.
1,
145 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig, aber unbegründet.
Nach §
144 Abs.1
SGG (in der hier maßgeblichen, bis zum 1. April 2008 geltenden Fassung) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil (bzw.
Gerichtsbescheid, §
105 Abs.
3 SGG) des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500 Euro nicht übersteigt.
Das ist hier der Fall, weil die Klage sich gegen die Entscheidung des Beschwerdeausschusses richtete, soweit damit gegen den
Kläger ein Arzneimittelregress für die Verordnung des Medikaments milgamma® NA verfügt worden war. Der hierfür vom Beschwerdeausschuss
festgesetzte Regressbetrag belief sich nach den vom Kläger nicht angegriffenen Feststellungen des Sozialgerichts auf 41,16
€.
Nach §
144 Abs.
2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil/der Gerichtsbescheid von
einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des
Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts
unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Diese Voraussetzungen
sind hier nicht gegeben.
Der Gerichtsbescheid weicht nicht von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen
Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab. Eine solche Abweichung wird vom Kläger
ebenso wenig geltend gemacht wie das Vorliegen eines Verfahrensfehlers.
Die Rechtssache hat auch nicht die vom Kläger behauptete grundsätzliche Bedeutung im Sinne von §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG. Der Kläger sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darin, dass ungeklärt sei, unter welchen Voraussetzungen von
einem nachgewiesenen Vitaminmangel i.S.d. Ziff. 17. 2 Buchstabe h) der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen
über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinien/AMR a.F. vom 31. August
1993, veröffentlicht im Bundesanzeiger 1993, Nr. 246: S. 11 155, hier in der 2002 geltenden Fassung) ausgegangen werden könne
(Nachweis nur durch eine laborchemische Untersuchung oder auch auf andere Weise) und in welchem Verhältnis Nr. 17 Satz 1 AMR
a.F. zu Nr. 17.2 Buchstabe h) der Richtlinie stehe (von welchen Voraussetzungen ist die Verordnung abhängig).
Die Einwände des Klägers gegen den sozialgerichtlichen Gerichtsbescheid können die grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen
Rechtsfragen nicht aufzeigen. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn von ihrer Entscheidung erwartet
werden kann, dass sie zur Erhaltung und Sicherung der Rechtseinheit und zur Fortbildung des Rechts beitragen wird. Das ist
der Fall, wenn es in einem Rechtsstreit um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige (entscheidungserhebliche) konkrete Rechtsfrage
geht, deren Entscheidung über den Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Als "Rechtsfrage" im Sinne des §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG ist regelmäßig nur eine solche des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts anzusehen, die mit den Mitteln der juristischen
Methodik beantwortet werden kann.
An einer solchen Frage fehlt es hier, soweit es darum geht, wie ein Vitaminmangel nach Ziff. 17 AMR a.F. nachgewiesen werden
kann. Denn dabei handelt es sich schon nicht um eine Rechtsfrage, weil die Beantwortung nicht mit den Mitteln der juristischen,
sondern der medizinischen Wissenschaft erfolgen muss; die Klärung des vom Kläger aufgeworfenen Problems hängt davon ab, auf
welche Weise allgemein ein Vitaminmangel nachgewiesen und wie der Nachweis eines Vitamin-B-Mangels im vorliegenden Fall mit
hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann. Bei dieser vom Kläger aufgeworfenen Frage handelt es sich damit um eine
Tatsachenfrage, deren Beantwortung im Übrigen nur für die Beteiligten dieses Rechtsstreits wegen der Abhängigkeit vom vorliegenden
Einzelfall und dem hierfür maßgeblichen Tatsachenstoff von Bedeutung ist und angesichts der Vielzahl der in der Medizin diskutierten
Nachweisverfahren auch nicht den Rang einer Frage von "grundsätzlicher" Bedeutung hat. Die Klärung von Tatsachenfragen, auch
wenn sie verallgemeinerungsfähige Auswirkungen besitzen, genügt nicht, um einem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zu verleihen
(Meyer-Ladewig,
SGG, §
144 Rdnr. 29).
Darüber hinaus erfordern beide vom Kläger als klärungsbedürftig aufgeworfenen Fragen eine Auseinandersetzung mit Ziff. 17
AMR a.F., die durch die Richtlinie des Gemeinsamen Bundessausschusses (GBA) über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen
Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie/AM-RL, in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22. Januar 2009 veröffentlicht im Bundesanzeiger
2009, Nr. 49a, zuletzt geändert am 17. Dezember 2009, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2010 Nr. 45: S. 1090, in Kraft getreten
am 24. März 2010) aufgehoben worden ist. Bei ausgelaufenem Recht kann eine Klärungsbedürftigkeit nur anerkannt werden, wenn
noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage dieses ausgelaufenen Rechts zu entscheiden ist oder wenn die Überprüfung
der Rechtsnorm bzw. ihrer Auslegung aus anderen Gründen fortwirkende allgemeine Bedeutung hat (vgl. z.B. BSG vom 28.11.1975
- 12 BJ 150/75 = SozR 1500 § 160a Nr. 19 und BSG vom 7.2.2007 - B 6 KA 56/06 B: zuletzt BSG, Beschluss vom 16. Dezember 2009, - B 6 KA 13/09 B -; zitiert nach juris). Dies ist indessen nicht der Fall: Beim Senat sind Fälle mit den hier aufgeworfenen Fragen nicht anhängig;
der Kläger hat auch nicht behauptet, dass es außer seinen Rechtsstreiten noch andere anhängige Verfahren gibt, in denen die
von ihm aufgeworfenen Fragen entscheidungserheblich sind. Die Auslegung der Nr. 17 AMR a.F. hat auch nicht aus anderen Gründen
keine fortwirkende allgemeine Bedeutung. Denn die Voraussetzungen, unter denen apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtige
Arzneimittel, zu denen auch die im vorliegenden Fall betroffenen Medikamente gehören, Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung
verordnet werden dürfen, sind in den AM-RL nunmehr grundsätzlich anders geregelt als in den AMR a.F.. Nach §
12 AM-RL sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach §
31 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (
SGB V) grundsätzlich ausgeschlossen. Die Verordnung dieser Arzneimittel ist nach §
34 Abs.
1 Satz 2
SGB V ausnahmsweise zulässig, wenn sie bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. Schwerwiegende
Erkrankungen und Standardtherapeutika zu deren Behandlung sind nach § 12 Abs. 5 AM-RL in Anlage I zu dieser Richtlinie aufgeführt.
Nr. 44 Anlage I lässt den Einsatz wasserlöslicher Vitamine, Benfotiamin und Folsäure - und damit auch das hier verordneten
Arzneimittel - nur als Monopräparat zu. Eine Verordnung von milgamma® NA ist danach ausgeschlossen, weil das Arzneimittel
neben Benfotiamin auch Pyridoxin-HCl als Wirkstoff enthält und damit kein Monopräparat im Sinne dieser Vorschrift ist. Eine
Verordnung des hier betroffenen Arzneimittels wäre darüber hinaus nach der zitierten Vorschrift nur bei "nachgewiesenem, schwerwiegendem
Vitaminmangel, der durch eine entsprechende Ernährung nicht behoben werden kann (Folsäure: 5 mg/Dosiseinheit)" möglich. Auf
die vom Kläger für klärungsbedürftig gehaltene Bestimmung des Verhältnisses von Nr. 17 Satz 1 zu Nr. 17 Satz 1 Buchstabe h)
AMR a.F. und die Auslegung der Vorschriften im Einzelnen kommt es deshalb evident nicht mehr an. Das gilt aber auch für die
Frage des Nachweises des Vitaminmangels. Zwar knüpfen alte und neue Richtlinien des Bundesausschusses/GBA an einen "Nachweis"
an; die AM-RL setzen jedoch einen schwerwiegenden Vitaminmangel voraus und für die in der Vorschrift genannte Folsäure auch
an eine konkrete Maßzahl. Damit sind in die Vorschrift der AM-RL, abweichend vom alten Recht, Quantifizierungsmerkmale aufgenommen
worden, die für die Feststellung der Mangelzustände laborchemische Nachweisverfahren erforderlich machen und die vom Kläger
nach altem Recht als klärungsbedürftig aufgeworfene Frage nach neuem, nunmehr geltendem Recht eindeutig beantworten.
Ob das Sozialgericht den Rechtsstreit im Übrigen richtig entschieden hat, was der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde
im Wesentlichen in Abrede stellt, ist dagegen im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen. Die (vom Kläger behauptete)
sachliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung stellt nach §
144 Abs.
2 SGG keinen Grund dar, eine kraft Gesetzes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Vielmehr soll es gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG bei Verfahren mit geringem Streitwert - wie hier - grundsätzlich mit einer gerichtlichen sachlichen Überprüfung des Klagebegehrens
sein Bewenden haben.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §
193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG). Nach §
145 Abs.
4 Satz 5
SGG wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Landessozialgericht rechtskräftig.