Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 28. Januar 2009 aufgehoben.
Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts F I, R-B-Straße, P, für das Verfahren vor dem Sozialgericht
Potsdam bewilligt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde (§172
Sozialgerichtsgesetz -
SGG-) ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Sozialgerichtsverfahren erster Instanz,
da er als Bezieher von Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz (
AsylbLG) nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann und die
Rechtsverfolgung entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint
(§
73a SGG i.V.m. §§
114 Zivilprozessordnung -
ZPO-).
Für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist eine reale Chance zum Obsiegen ausreichend, eine lediglich entfernte Erfolgschance
genügt nicht (Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 81, 347, 357). Eine so verstandene hinreichende Erfolgsaussicht kann der Klage nicht abgesprochen werden, denn die Aufhebung der
Bescheide vom 1. März 2006 und 15. Mai 2007 durch den Bescheid vom 18. Februar 2008 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 15.
April 2008 mit Wirkung für die Zukunft, mit der Begründung, dass der als Asylbewerber nur geduldete Kläger keinen rechtmäßigen
gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland habe (§
2 Abs.
2 Sozialgesetzbuch/Neuntes Buch -
SGB IX) und deshalb dem Schutzbereich des Schwerbehindertenrechts nicht unterliege, begegnet erheblichen rechtlichen Bedenken. Denn
das
SGB IX schützt behinderte Ausländer auch dann, wenn sie sich seit Jahren geduldet in Deutschland aufhalten und das Ende des Aufenthalts
nicht absehbar ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 1. September 1999, SozR 3-3870 § 1 Nr.1). In der zitierten Entscheidung
hat das Bundessozialgericht allerdings auch ausgeführt, dass der Schutz des Schwerbehindertenrechts erst nach einer bestimmten
Anzahl von Jahren des Aufenthalts greift. Auch wenn es letztlich die Frage nach der Anzahl von Jahren offen gelassen hat,
spricht alles dafür, diese Frist in entsprechender Anwendung des §
1 Abs.
5 Satz 1 Nr.
1 Opferentschädigungsgesetz (
OEG) mit drei Jahren zu bemessen (BSG, aaO., Rn. 21 zitiert nach juris).
Auch wenn sich die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bei der hier vorliegenden reinen Anfechtungsklage
allein nach dem Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung richtet (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, Kommentar, 9.Auflage, §
54 Rn. 33), spricht alles dafür, dass zu diesem Zeitpunkt im April 2008 die 3-Jahresfrist bereits abgelaufen war bzw. kurz vor
dem Ablauf stand und der Kläger ab diesem Zeitpunkt dem Schutz des Schwerbehindertenrechts unterlag. Auch wenn derzeit der
genaue Zeitpunkt der Einreise nicht feststeht, so ist nach Angabe des Klägers die erste ärztliche Behandlung im Juni 2005
erfolgt. Damit steht einerseits fest, dass die begünstigenden Bescheide des Beklagten vom 1. März 2006 und 15. Mai 2007 rechtswidrig
waren, da der Kläger damals den Schutz des Schwerbehindertenrechts noch nicht in Anspruch nehmen konnte, andererseits eine
Aufhebung dieser Bescheide nach Ablauf von drei Jahren mit der Begründung, es fehle an einem gewöhnlichen Aufenthalt, nicht
mehr geboten war.
Der Aufenthalt muss derzeit trotz der nur bestehenden Duldungen als zukunftsoffen angesehen werden. Ein nicht nur vorübergehendes
Verweilen liegt bei einem Asylbewerber vor, wenn dieser auch bei endgültiger Ablehnung seines Asylantrags nicht mit Abschiebung
rechnen muss (BSGE 63, 47). Bei der hier im Rahmen der PKH-Bewilligung gebotenen summarischen Prüfung spricht viel für ein solches Hindernis. Denn
der Kläger wurde im J schwer verletzt. Er erlitt eine schwere Schussverletzung im Beckenbereich, die zu einer Coxarthrose
beidseits geführt hat, die mit Hüft-TEP-Implantationen beidseits behandelt wurde. Daneben besteht ein Zustand nach 18-facher
Urethrotomia interna, ein Rezidiv einer bulbären Harnröhrenstriktur und eine Schrumpfniere links. Darüber hinaus kann auch
ein Anspruch auf Duldung wegen einer psychiatrischen Erkrankung (§ 60 VII Aufenthaltsgesetz) bestehen (vgl. Schreiben des Behandlungszentrums für Folteropfer Berlin vom 8. Dezember 2007 Bescheinigung des Facharzt
für Neurologie und Psychiatrie K vom 15. November 2007).
Ob die Aufhebung der angefochtenen Bescheide möglicherweise deshalb keinen Bedenken begegnen würde, weil der Gesamt-GdB nach
Kunstgelenksersatz nur noch 10 betragen könnte (siehe gutachtliche Stellungnahme vom 14. März 2008), war vorliegend nicht
entscheidungserheblich. Denn die Beantwortung dieser Frage macht medizinische Ermittlungen erforderlich, bei deren Notwendigkeit
wegen des offenen Ausgangs ebenfalls PKH zu bewilligen wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
127 Abs.
4 ZPO.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar (§
177 SGG)