Anerkennung von Unfallfolgen aus einem Arbeitsunfall
Sachlicher Zusammenhang zwischen Unfall und versicherter Tätigkeit
Grundlage der Kausalitätsbeurteilung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Unfallfolgen aus einem Arbeitsunfall vom 22.11.2002 nach dem Sozialgesetzbuch
Siebtes Buch (
SGB VII) sowie um die Zahlung von Verletztenrente, ggf. als Stützrente aus einem weiteren Unfall vom 11.12.2004.
Der am 00.00.1966 geborene Kläger verdrehte sich am 22.11.2002 bei einer Betriebssportveranstaltung (Beach-Soccer) das linke
Knie. Nach Eingang der Unfallanzeige holte die Beklagte einen Befundbericht des behandelnden Arztes Dr. L vom 28.01.2003 ein,
der von einem Distorsionstrauma mit Verdacht auf eine Innenmeniskusläsion links ausging bzw. auf ein zwischenzeitlich eingeholtes
MRT mit Verdacht auf eine Teilruptur des vorderen Kreuzbandes hinwies (Untersuchungen vom 22.11.2002 und 16.12.2002). Bezüglich
einer von ihm empfohlenen Arthroskopie habe sich der Kläger Bedenkzeit erbeten.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 28.11.2005 mit, dass sich der Unfall ihrer Auffassung nach nicht bei einer
versicherten Tätigkeit ereignet habe, da die sportliche Betätigung nicht die Kriterien einer versicherten Betriebssportveranstaltung
erfülle. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers wurde nach weiteren Außenermittlungen mit Widerspruchsbescheid vom
24.08.2006 zurückgewiesen. Im anschließenden Klageverfahren S 18 U 198/06 verurteilte das Sozialgericht Köln (SG) die Beklagte mit Urteil vom 14.11.2008, das Ereignis vom 22.11.2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
In den sich anschließenden medizinischen Ermittlungen zog die Beklagte das Vorerkrankungsverzeichnis der Central-Krankenkasse
sowie den von Dr. L erwähnten Bericht des Strahleninstituts CDT GmbH Köln (Dr. K u.a.) vom 09.12.2002 über eine am 06.12.2002
durchgeführte Kernspintomographie des linken Kniegelenks, einen histologischen Bericht des Instituts für Pathologie L vom
30.05.2003 und einen Bericht des Dr. T über eine von ihm am 21.05.2003 durchgeführte arthroskopische Operation (Diagnosen:
LCA-Ruptur links, Innenmeniskusläsion links) bei.
Der Kläger übersandte ein für die Allianz-Versicherung erstelltes Gutachten des Prof. Dr. L1 vom 29.04.2004 (Ergebnis: das
linke Bein sei zu etwa 2/10 beeinträchtigt, hieran hätten die Vorschäden zu 30% mitgewirkt) sowie ein früheres von Dr. N am
01.02.1999 für die Allianz-Versicherung erstelltes Gutachten zur Beurteilung der Folgen eines Skiunfalls vom 25.03.1997 (Ergebnis:
kein unfallbedingter Dauerschaden im Sinne der Invalidität), einen Bericht des Strahleninstituts Prof. Dr. I GmbH (Dr. K u.a.)
über eine Kernspintomographie des linken Kniegelenkes und Unterschenkels vom 12.09.1997 (Befund u.a.: alte Teilruptur des
vorderen Kreuzbandes) und ein Schreiben des Orthopäden Dr. F vom 20.11.1997 (Diagnose: Meniskopathie lat. links).
Anschließend holte die Beklagte ein Gutachten des Prof. Dr. N1 vom 19.03.2010 ein. Dieser sah die pathologischen Veränderungen
als schicksalhaften Verlauf der Vorschädigung an. Unter Würdigung der zeitnah zum Unfall erhobenen Befunde sei davon auszugehen,
dass dieser (lediglich) zu einer Zerrung des Innenbandes geführt habe. Eine unfallbedingte MdE sei zu verneinen.
Mit Bescheid vom 25.06.2010 lehnte die Beklagte einen Rentenanspruch ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers
vom 22.07.2010 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2010 zurück.
Einen weiteren Unfall des Klägers vom 11.12.2004 mit Handverletzung nach Sturz über eine Bordsteinkante erkannte die Beklagte
nach medizinischen Ermittlungen mit Bescheiden vom 09.12.2005 und 07.04.2006 als Arbeitsunfall an und gewährte für die Folgen
Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. Nachdem der Chirurg Dr. B in seinem Gutachten vom 17.07.2006 eine Besserung festgestellt
und die verbliebenen Schäden "Zustand nach Grundgliedfrakturen 2 - 4 links, Zustand nach operativer Versorgung 4. Finger links
und operativer Lösung der Beugesehnen am li. Ringfinger vom 20.02.2005, Bewegungseinschränkung des 2. und 3. Fingers links,
Drehfehler des linken Ringfingers, unvollständiger Faustschluss links, reizlose Narbenbildung li. Ringfinger, posttraumatische
Arthrose am Grundgelenk des Ringfingers links" ab dem Untersuchungstag (04.07.2006) nur noch mit 10 v.H. bewertet hatte, entzog
die Beklagte die gewährte Verletztenrente mit Bescheid vom 25.08.2006 ab September 2006. Den hiergegen vom Kläger am 21.09.2006
eingelegten Widerspruch wies sie - nach zwischenzeitlichem Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf den Unfall vom 22.11.2002
- mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.2010 zurück.
Der Kläger hat wegen der Folgen des Unfalls vom 22.11.2002 am 27.09.2010 Klage beim SG Köln zum Aktenzeichen S 16 U 381/10 und wegen des Entzugs der Verletztenrente aus dem Unfall vom 11.12.2004 am 06.09.2010 Klage zum Aktenzeichen S 16 U 345/10 erhoben. Der Arbeitsunfall vom 22.11.2002 habe zu einer dauerhaften Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. geführt.
Das Ergebnis des Gutachtens von Prof. Dr. N1 sei in sich widersprüchlich, spekulativ und falsch und auch mit dem Gutachten
von Prof. Dr. L1 nicht vereinbar. Zweifelsfrei habe er bei dem Ereignis eine vordere Kreuzbandruptur und Innenmeniskusläsion
links erlitten. Die 1997 erlittene Verletzung könne nicht wesentlich ursächlich geworden sein, da diese nicht zu dauerhaften
Schäden geführt habe, wie sich aus dem Gutachten von Dr. N ergebe. Selbst wenn man von einer Mitwirkung ausgehe, verbleibe
zumindest eine MdE um 10-15 v.H. Für diesen Fall sei ihm Verletztenrente als Stützrente aus beiden Unfällen zu zahlen.
Das SG hat die Verfahren mit Beschluss vom 09.05.2011 zum Aktenzeichen S 16 U 381/10 verbunden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2010 zu verurteilen,
als weitere Folge des Unfalls vom 22.01.2002 (Anm.: gemeint 22.11.2002) einen Kreuzband- und Innenmeniskusschaden im Bereich
des linken Knies anzuerkennen und unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über den 02.01.2003 hinaus
anzuerkennen sowie ihm Verletztenrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ggf. als Stützrente zu gewähren,
ferner den Bescheid der Beklagten vom 25.08.2006 und den Widerspruchsbescheid vom 05.08.2010 aufzuheben und ihm wegen der
Folgen des weiteren Unfalls vom 11.12.2004 Verletztenrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen über den Monat August
2006 hinaus zu zahlen ggf. als Stützrente.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat unter Hinweis auf beratungsärztliche Stellungnahmen von Dr. C vom 11.01.2011 und 06.04.2001 die Auffassung vertreten,
dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom 22.11.2002 und dem Kreuzband- bzw. Innenmeniskusschaden
nicht wahrscheinlich und die Innenbandzerrung ausgeheilt sei; entsprechend komme auch eine Stützrente nicht in Betracht.
Zur Ermittlung der medizinischen Folgen aus den Unfällen hat das SG einen Befundbericht des Dr. L vom 23.11.2010 und anschließend ein unfallchirurgisch-orthopädisches Gutachten des Prof. Dr.
N2 vom 09.08.2011 eingeholt. Dieser hat zum Unfall vom 22.11.2002 ausgeführt, dass ein Riss des vorderen Kreuzbandes und ein
Lappenriss des Innenmeniskus durch die Arthroskopie vom 21.05.2003 im Vollbeweis nachgewiesen seien. Es könne jedoch bei Abwägung
aller konkreten Umstände nicht wahrscheinlich gemacht werden, dass die genannten Rupturen durch den Unfall bedingt worden
wären. Wahrscheinlich sei es nur zu einer - zeitnah ausgeheilten - Zerrung des Innenbandes gekommen. Was den Unfall vom 11.12.2004
betreffe, so würden sich die Folgen in etwa so wie der Verlust des Ringfingers auswirken; diese seien mit einer MdE um 10
v.H. einzuschätzen. Im Vergleich zu den Befunden vor der Rentengewährung habe sich eine Besserung ergeben.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 18.11.2011 abgewiesen. Der Kläger habe weder wegen der Folgen des Unfalls vom 22.11.2002 (Knieverletzung)
noch wegen der Folgen des Unfalls vom 11.12.2004 (Handverletzung) Anspruch auf Zahlung einer Verletztenrente für die streitbefangenen
Zeiträume gem. §§
56 Abs.
1 S. 1, 8 Abs.
1 SGB VII, auch nicht unter Stützrentengesichtspunkten.
Zur Überzeugung des Gerichts lasse sich nicht zweifelsfrei feststellen, dass es im Sinne eines Gesundheitserstschadens im
Verlaufe des Ereignisses vom 22.11.2002 zu Knieschäden gekommen sei, die über eine bloße Innenbandzerrung hinausgingen, insbesondere
nicht, dass es zu schwerwiegenden Schäden (hier: dem später festgestellten Kreuzband- und Innenmeniskusschaden) gekommen sei.
Entsprechend der Beurteilung des Prof. Dr. N2 gebe es zwar Indizien, die einen solchen schwereren Schaden möglich erscheinen
ließen, jedoch ließe sich ein sicherer Nachweis nicht führen. Dies gelte insbesondere für das MRT von Dezember 2002. Gegen
das Vorliegen einer vorderen Kreuzbandruptur als Unfallerstschaden spreche auch die Tatsache, dass ein punktionswürdiger relevanter
Knieerguss zeitnah (u.a. von Dr. L) nicht festgestellt worden sei und dass eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes in der Regel
mit Begleitverletzungen einhergehe (einem sog. Bone bruise), die hier fehlen würden. Soweit der Kläger argumentiere, dass
der Nachweis einer anderen Ursache der Knieschäden fehle, sei dies unerheblich. Entscheidungsrelevant sei allein die Frage,
welche Gesundheitsstörungen sich im Sinne eines Gesundheitserstschadens sicher dem Ereignis vom 22.11.2002 zuordnen ließen.
Eine solche Zuordnung könne aber nur für eine bloße Innenbandzerrung vorgenommen werden, die maximal wenige Wochen behandlungsbedürftig
sei.
Auch der Entzug der Verletztenrente wegen der am 11.12.2004 erlittenen Handverletzung sei nicht zu beanstanden. In Übereinstimmung
mit den Sachverständigen Dr. B und Prof. Dr. N2 sehe das Gericht eine wesentliche Besserung in den Unfallfolgen. Die aktuelle
Situation entspreche in etwa dem vollständigen Verlust eines Ringfingers, was nach den Erfahrungswerten in der gesetzlichen
Unfallversicherung eine MdE um 10 v.H. rechtfertige.
Sei für den Unfall vom 22.11.2002 aber keine Unfallrente zu gewähren, komme auch ein Stützrententatbestand gem. §
56 Abs.
1 S. 2 und 3
SGB VII nicht in Betracht. Soweit MRT-Bilder im Zuständigkeitsbereich der Beklagten abhanden gekommen seien, führe dies zu keiner
anderen Entscheidung. Eine Beweisvereitelung sei nicht erkennbar und im Übrigen auch die MRT-Befunde ohnehin nicht allein
maßgebend für die Beurteilung.
Gegen das ihm am 20.12.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.01.2012 Berufung eingelegt und sein auf Weiterzahlung
einer Verletztenrente gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Seiner Auffassung nach spreche bei Abwägung aller Umstände mehr
dafür als dagegen, dass bei dem Unfall das Kreuzband gerissen sei. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass ausweislich
des Gutachtens von Dr. N nach dem Skiunfall keine Schäden verblieben seien. Während es eindeutige Argumente für einen Unfallzusammenhang
gebe, schließe die Tatsache, dass weitere (positive) Befunde fehlen würden (z.B. nachweisbare blutige Gelenkergussbildung,
fehlender "bone bruise") den Kausalzusammenhang nicht zwingend aus. Ziehe man die Beurteilung des im Berufungsverfahren gehörten
Sachverständigen Dr. W heran, ergebe sich ein Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente als Stützrente aus den Folgen beider
Unfälle. Die Absenkung der MdE auf 10 v.H. im Hinblick auf den Unfall vom 11.12.2004 werde von ihm nicht (mehr) angegriffen.
Ergänzend sei jedoch zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass sich die Beklagte für ihre Argumentation nicht auf MRT-Aufnahmen
von 2002 berufen könne, da diese in ihrem Zuständigkeitsbereich verloren gegangen seien. Diese Beweisvereitelung gehe zu ihren
Lasten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.11.2011 aufzuheben
und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 25.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2010 abzuändern
und als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 22.11.2002 eine vollständige Ruptur des vorderen Kreuzbandes und einen Innenmeniskuslappenriss
des linken Kniegelenks sowie unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über den 02.01.2003 hinaus anzuerkennen
und ihm Verletztenrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren,
ferner den Bescheid der Beklagten vom 25.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.08.2010 aufzuheben und ihm
wegen der Folgen des Unfalls vom 11.12.2004 Verletztenrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen über den Monat August
2006 hinaus zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und sieht dieses durch das im Berufungsverfahren von Dr. W eingeholte Gutachten
bestätigt.
Im Berufungsverfahren ist Beweis erhoben worden durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens des Dr. W vom 09.02.2013 mit
ergänzender Stellungnahme vom 22.08.2013. Der Sachverständige hat sich Prof. Dr. N2 darin angeschlossen, dass gleich viel
dafür wie dagegen spreche, dass der Unfall vom 22.11.2002 zu einem Kreuzbandschaden bzw. (nur) zu einer Distorsion geführt
habe. Dies sei eine rechtlich wertende Frage. Nehme man einen Unfallzusammenhang an, schätze er die MdE mit 10 v.H. ein.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten
sowie den Inhalt der Streitakte S 18 U 198/06 verwiesen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die auf Anerkennung eines Kreuzband- und Innenmeniskusschadens
im linken Kniegelenk als Folgen des Unfalls vom 22.11.2002, auf Anerkennung unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit
über den 02.01.2003 hinaus und auf Zahlung einer Verletztenrente (ggf. als Stützrente unter Berücksichtigung des Unfalls vom
11.12.2004) gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 25.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 26.08.2010 (§
95 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) bezüglich des Unfalls vom 22.11.2002 sowie der die Verletztenrente bezüglich des Unfalls vom 11.12.2004 entziehende Bescheid
vom 25.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.08.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in
seinen Rechten (§
54 Abs.
2 S. 1
SGG).
Bei dem Kläger sind über die vom Beklagten als Folge des Arbeitsunfalls vom 22.11.2002 anerkannte leichte Zerrung des linken
Knieinnenbandes hinaus keine weiteren Gesundheitsschäden als Unfallfolgen festzustellen. Auch besteht keine Arbeitsunfähigkeit
und Behandlungsbedürftigkeit über den 02.01.2003 hinaus. Mangels weiterer Folgen des Unfalls vom 22.11.2002 hat der Kläger
keinen Anspruch auf Zahlung einer Verletztenrente, dies auch nicht als Stützrente zusammen mit den Folgen des Unfalls vom
11.12.2004.
Nach §
8 Abs.
1 S. 1
SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse,
die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs. 1 S. 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich,
dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher
Zusammenhang), diese Verrichtung wesentlich ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis)
verursacht hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis wesentlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten
verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (BSG Urt. v. 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R - [...] Rn. 16 mwN; BSG Urt. v. 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R [...] Rn. 9, Urt. v. 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R [...] Rn. 10).
Hinsichtlich des Beweismaßstabes müssen die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls",
"Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit,
für das Gericht feststehen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen
Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst recht nicht
die bloße Möglichkeit (BSG Urt. v. 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R - [...] Rn. 17 mwN; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 Rn. 10).
In Bezug auf den Unfall vom 22.11.2002 ist durch bindendes Urteil vom 14.11.2008 (SG Köln, Az S 18 U 198/06) festgestellt, dass der Kläger durch das Umknicken beim Beach-Soccer bei einer versicherten Tätigkeit einen Arbeitsunfall
erlitten hat. Ebenfalls steht - aufgrund der durch Dr. T am 21.05.2003 durchgeführten Arthroskopie - nachweislich und unter
den Beteiligten unstreitig fest, dass bei dem Kläger ein Lappenriss des Innenmeniskus links und und ein vollständiger Riss
des vorderen Kreuzbandes links vorlag. Hingegen besteht darüber, welche genauen Funktionsstörungen nach der arthroskopischen
Operation und andauernd noch vorliegen und ob diese eine MdE um 10 v.H. rechtfertigen (würden), unter den Sachverständigen
Prof. Dr. N2 (verneinend) und Dr. W (bejahend) Dissens. Dies kann vorliegend jedoch dahingestellt bleiben, da ein ursächlicher
Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Rissen im Innenmeniskus sowie dem vorderen Kreuzband - und entsprechend den
hieraus seither und jetzt noch folgenden Beeinträchtigungen - zur Überzeugung des Senats nicht im Sinne des Rechts der gesetzlichen
Unfallversicherung angenommen werden kann.
Ob ein Ursachenzusammenhang besteht, ist im Sozialrecht nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilen. Nach dieser
werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg (d.h.
der Gesundheitsschädigung) zu dessen Eintritt (d.h. dem Auftreten der Gesundheitsschädigung) wesentlich mitgewirkt haben (vgl.
BSG Urt. v. 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R [...] Rn. 14). Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit
von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt
eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder
seelische Störung hervorzurufen (BSG Urt. v. 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R [...] Rn. 17). Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs genügt - wie oben ausgeführt - hinreichende Wahrscheinlichkeit.
Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit
genügt nicht (BSG Urt. v. 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R [...] Rn. 20 mwN).
In der Gesamtwürdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls und in Übereinstimmung mit sämtlichen im Verfahren gehörten
Sachverständigen ist es nach der Überzeugung des Senats nur möglich, nicht aber wahrscheinlich, dass die (im Mai 2003 durch
Arthroskopie nachweislich festgestellten) Risse im vorderen Kreuzband und Innenmeniskus wahrscheinlich durch den Unfall vom
22.11.2002 verursacht worden sind. Entsprechend können diese Gesundheitsschäden nicht - wie vom Kläger begehrt - als Folgen
des genannten Ereignisses anerkannt werden.
Entgegen der Auffassung des Klägers sprechen nicht mehr Umstände für einen Zusammenhang als dagegen. Es ist in gleicher Weise
möglich, dass das vordere Kreuzband und der Innenmeniskus durch den Unfall gerissen sind, wie es möglich ist, dass diese strukturelle
Schädigung bereits vorher vorgelegen hat (z.B. infolge des Unfalls von 1997, der nachweislich eine - wenn auch klinisch später
nicht mehr manifestierte - Vorschädigung verursacht hatte oder als degenerative Schädigung bzw. Schädigung durch viele kleine
Sporttraumata, die der Kläger lediglich bis zum Unfall nicht bemerkt hat). Schließlich kommt ebenso in Betracht, dass sich
das vordere Kreuzband (nach dem Unfall) immer mehr instabilisiert hat und immer mehr Teilfasern gerissen sind und dass sich
auch der Innenmeniskus immer weiter degenerativ oder belastungsbedingt eingerissen hat.
Eine klare Differenzierung zwischen diesen Möglichkeiten lässt sich nach der überzeugenden und übereinstimmenden Auffassung
der Sachverständigen Prof. Dr. N2 und Dr. W aus den vorhandenen bzw. erhebbaren Befunden und den Sachverhaltsschilderungen
nicht vornehmen. Bei Abwägung aller Umstände des vorliegenden konkreten Einzelfalls überwiegt nicht die Annahme, das in Frage
stehende Ereignis habe zu einer strukturellen Verletzung des Kniegelenks und nicht nur zu einer Zerrung geführt.
Entgegen der Auffassung des Klägers sprechen bereits keine "eindeutigen" Argumente für einen Unfallzusammenhang.
Für einen Zusammenhang spricht (zwar), dass für die Zeit vor dem Unfallereignis keine relevanten Funktionsstörungen des Kniegelenks
(ärztlich) festgestellt worden sind (vgl. z.B. Dr. N im Gutachten vom 01.02.1999). Hierbei handelt es sich jedoch nur um ein
Argument mit geringer Aussagekraft, da Teilrupturen des Kreuzbandes mit langsamer Instabilität nach den nachvollziehbaren
Ausführungen der Sachverständigen häufig nicht bemerkt werden, was in besonderem Maße in Fällen gelte, in denen - wie beim
Kläger - eine hohe Sportfähigkeit bestehe. Dies gilt ähnlich auch für das Argument, vor dem Unfall sei keine Bandinstabilität
festgestellt worden. Zum einen ist die Überprüfung der Bandinstabilität bei einer isolierten Kreuzbandschädigung schwierig
und fehlerbehaftet, zum anderen kann dies im konkreten Fall deshalb nicht als Argument herangezogen werden, weil auch nach
dem streitigen Unfall ja zunächst keine Instabilität bestand bzw. vom erstbehandelnden Arzt Dr. L festgestellt wurde.
Alle weiteren Umstände sind entweder unspezifisch oder sprechen eher gegen einen Ursachenzusammenhang.
Der Unfallhergang als solcher ist zwar generell geeignet, die (später) festgestellten Rupturen zu verursachen. Andererseits
genügt nach den Ausführungen der Sachverständigen dessen geschilderte Ausprägung allein nicht, um konkret zu belegen, wie
hoch genau die Belastung für die Bandstrukturen gewesen ist und ob diese Belastung tatsächlich geeignet war, eine Bandschädigung
im Sinne einer Ruptur auszulösen.
Die erhobenen Erstbefunde sprechen eher gegen einen Zusammenhang als dafür. So hat Dr. L bei der ersten vom Kläger in Anspruch
genommen ärztlichen Untersuchung am 27.11.2002 röntgenologisch eine mediale Gelenkspaltverschmälerung und Sklerosierung befundet,
die als insgesamt altersentsprechend anzusehen sei. Das sich klinisch darstellende Bild eines federnden Streckdefizits von
20 Grad bei festem Kreuz- und Innenband sowie positivem Steinmann II ist ein unspezifischer Befund, der ebenso zu einer Zerrung,
der ersten Manifestation eines alten Kreuzbandschadens wie auch einer frischen Kapselbandverletzung passt. Zeichen eines blutigen
Gelenkergusses, wie bei einer frischen Bandverletzung nach den Ausführungen von Prof. Dr. N1, Prof. Dr. N2 und Dr. W regelhaft
zu erwarten, sind von Dr. L nicht festgestellt worden. Wenngleich letzteres gegen einen Ursachenzusammenhang spricht, schließt
dies - entsprechend den Ausführungen des Dr. W - eine Ruptur (andererseits aber) auch nicht aus, da es möglich sei, dass der
Schleimhautüberzug des Kreuzbandes erhalten bleibe und es zunächst in diesen blute.
Auch der Befund des MRT vom 06.12.2002 spricht eher dagegen als dafür, dass der Unfall zu den Rupturen geführt hat. Soweit
hier Signalveränderungen im Bereich des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes festgestellt worden sind, können diese nach
den übereinstimmenden Ausführungen der Sachverständigen sowohl Ausdruck für eine Zerrung als auch einen Teilriss oder einen
unfallunabhängigen Reizzustand sein. Soweit hingegen nur eine gering vermehrte Gelenkflüssigkeit befundet worden ist, spricht
dies eher gegen frische Rupturen, weil bei letzteren ein prall gefülltes Kniegelenk zu erwarten gewesen wäre. Ebenfalls fehlte
es an einem - für eine frische Kapselbandverletzung - typischen Befund eines Knochenmarködems (sog. "Bone bruise"). Da die
genannten Symptome jedoch nicht zwingend vorliegen müssen, schließt auch deren Fehlen eine frische Bandruptur wiederum nicht
aus. Gegen eine frische Ruptur spricht weiterhin, dass die im Kernspin festgestellten Einrisse ("multiple Ausrisse") im medialen
Meniskushinterhorn - wie Prof. Dr. N1 ausgeführt hat - typisch für eine Überlastung des Innenmeniskushinterhorns sind, das
bei vorgeschädigtem vorderen Kreuzband im Sinne eines sekundären Stabilisators vermehrt unter Belastung komme.
Die Befunde der Arthroskopie vom 21.05.2003 und auch die histologischen Befunde vom 30.05.2003 erlauben, wie die Sachverständigen
übereinstimmend darlegen, aufgrund des langen Zeitraums zum Unfallereignis keine gesicherten Rückschlüsse mehr auf den hiernach
eingetretenen konkreten Erstschaden.
Können aber nur zwei Argumente einen Zusammenhang schwach stützen (vorher klinische Unauffälligkeit und vorher fehlende Bandinstabilität),
sprechen zwei weitere Argumente (wenngleich nicht im Sinne des Ausschlusses) gegen einen solchen Zusammenhang (fehlender blutiger
Gelenkerguss bei Erstbefund und MRT und Fehlen eines "Bone bruise") und lassen die Befunde im Übrigen eine Zuordnung nicht
sicher zu, spricht in der Zusammenschau nicht mehr dafür als dagegen, dass konkret das Unfallereignis zu den streitigen Rupturen
geführt hat.
Soweit der Kläger meint, dass sich eine Beweiserleichterung zu seinen Gunsten daraus ergeben müsse, dass die Originalkernspinaufnahmen
von 2002 im Zuständigkeitsbereich der Beklagten abhanden gekommen seien, ist dem nicht zu folgen. Bereits grundsätzlich ist
fraglich, ob eine Beweiserleichterung überhaupt zum Tragen kommen könnte, wenn eine Beweisvereitelungsabsicht - wie hier -
in keiner Weise erkennbar ist. Dies kann vorliegend jedoch dahinstehen, da die konkreten Befunde der Kernspinaufnahmen vom
Strahleninstitut CDT GmbH Köln (Dr. K u.a ) in schriftlicher Berichtsform niedergelegt worden sind und dieser aktenkundige
Bericht von den Sachverständigen und dem Gericht entsprechend berücksichtigt werden konnte. Anhaltspunkte dafür, dass es sich
um grobe Fehlbefundungen handelte (z.B. Übersehen eines "Bone bruise") sind in keiner Weise erkennbar. Dies gilt um so mehr
als auch Dr. L bei der im zeitlich engsten Zusammenhang mit dem Unfall stehenden Untersuchung Zeichen gröberer Gewalteinwirkung
nicht befundet hat.
Ist allein wahrscheinlich, dass der Unfall zu einer Zerrung des Innenbandes geführt hat und heilt eine solche nach übereinstimmender
Auffassung aller Sachverständigen innerhalb weniger Wochen aus, besteht bei dem Kläger keine durch den Unfall vom 22.11.2002
bedingte Arbeitsunfähigkeit (als Voraussetzung für einen Anspruch auf Verletztengeldzahlung gem. §
45 SGB VII) und Behandlungsbedürftigkeit (als Voraussetzung für einen Anspruch auf Heilbehandlung und sonstige Leistungen gem. §§
26 ff.
SGB VII) über den 02.01.2003 hinaus.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Verletztenrente. Gem. §
56 Abs.
1 S. 1
SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall
hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.
Die durch den Unfall vom 22.11.2002 verursachte und - wie ausgeführt - allein als Unfallfolge zu berücksichtigende Innenbandzerrung
hat die Erwerbsfähigkeit des Klägers über die 26. Woche hinaus nicht in messbarem Umfang gemindert und daher keine MdE bedingt.
Bezogen auf den Unfall vom 11.12.2004 ist eine (weitere) Rentenzahlung ab September 2006 von der Beklagten zu Recht abgelehnt
worden. Auch der Kläger bestreitet die insoweit mit Bescheid der Beklagten vom 25.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 05.08.2010 vorgenommene Herabsetzung nicht (mehr). Im Verhältnis zum Bescheid vom 07.04.2006 haben sich die verbliebenen
Funktionsstörungen, u.a. die Beweglichkeit der Langfinger der linken Hand und des Faustschlusses, wesentlich verbessert, so
dass - wie die Sachverständigen Dr. B, Prof. Dr. N2 und Dr. W zur Überzeugung des Senats übereinstimmend ausgeführt haben
- hierdurch lediglich noch eine MdE um 10 v.H. bedingt wird.
Auch ein Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente als Stützrententatbestand aufgrund beider Unfälle gem. §
56 Abs.
1 S. 2
SGB VII ist nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente,
wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die
Zahl 20 erreichen. Hieran fehlt es wie bereits ausgeführt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG) nicht als gegeben angesehen.