Richterablehnung; Entscheidungen gemäß § 60 Abs. 1 SGG - Ausschluss von der Ausübung des Richteramtes; Klage gegen einen Beschluss eines Landessozialgerichtes; Nichtigkeitsklage;
Restitutionsklage; Sozialgerichtliches Verfahren
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich mit ihrer "Klage" gegen den Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichtes vom 27. Februar 2012.
Im Antragsverfahren Az. S 20 AS 5703/10 ER stritten die Beteiligten um die vorläufige Gewährung höherer als bereits bewilligter Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Mit Beschluss vom 8. Oktober 2010 gab das Sozialgericht Dresden dem Begehren der Antragsteller teilweise - geringfügig
- statt und lehnte den Antrag im Übrigen - ganz überwiegend - ab. Die von den Antragstellern dagegen am 8. November 2010 (Antragstellerin
zu 1) und 17. Januar 2011 (Antragsteller zu 2 und Antragstellerin zu 1) eingelegte Beschwerde wies der Senat mit Beschluss
vom 16. Februar 2011 (Az. L 3 AS 729/10 B ER) zurück. Die von den Antragstellern gegen die vorgenannten Entscheidungen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde mit Beschluss
des Verfassungsgerichtshofs des Freistaates Sachsen vom 25. August 2011 (Az. Vf.21-IV-11 [HS], Vf.22 IV-11 [e.A.]) verworfen.
Auf eine als "Klage" bezeichnete Eingabe vom 30. Mai 2012 wird ein weiteres Verfahren unter dem Az. L 3 AS 267/13 B ER geführt.
Zuvor hatten die Antragsteller mit dem am 21. März 2011 beim Sozialgericht Dresden eingegangenem Schriftsatz beantragt, die
Kammervorsitzende "wegen des Verdachtes der Befangenheit" vom Verfahren auszuschließen. In dem dem Sächsischen Landessozialgericht
zuständigkeitshalber vorgelegten Verfahren (Az. L 3 SF 53/11 AB) haben die Antragsteller mit Schreiben vom 20. Mai 2011 Ablehnungsgesuche gegen den Richter am Landessozialgericht Höhl,
die Richterin am Landessozialgericht Atanassov und den (damaligen) Richter am Landessozialgericht Dr. Wahl angebracht. Die
Gesuche sind mit Beschluss vom 15. Juni 2011 für unbegründet erklärt worden. Die weiteren Ablehnungsgesuche im Schreiben vom
7. Juli 2011 unter anderem gegen den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Dr. Scheer, die Richterin am Landessozialgericht
Atanassov, die Richter am Landessozialgericht Höhl, Wietek und Lübke sowie den (damaligen) Richter am Landessozialgericht
Dr. Wahl sind mit Beschluss vom 14. September 2011 verworfen worden. Das Ablehnungsgesuch gegen die Kammervorsitzende ist
sodann mit Beschluss vom 27. Februar 2012 verworfen worden.
Gegen den zuletzt genannten Senatsbeschluss haben die vormaligen Antragsteller und jetzigen Kläger mit Schreiben vom 11. Juni
2013, eingegangen am 17. Juni 2013, "Klage" erhoben. Der Senat sei nicht vorschriftsgemäß besetzt gewesen. Der Richter am
Landessozialgericht Höhl und die Richterin am Landessozialgericht Atanassov seien kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes
ausgeschlossen gewesen. Das Ablehnungsgesuch gegen die Kammervorsitzende sei zulässig und begründet gewesen. Die Richter des
erkennenden Senates hätten das Recht gebeugt.
Die Kläger haben, soweit es die Zuständigkeit des erkennenden Senates betrifft, folgenden Hauptantrag gestellt:
"Der Beschluss des Landessozialgerichtes Chemnitz vom 27. Februar 2012 wird aufgehoben und die Sache an einen anderen Spruchkörper
des Gerichtes übertragen."
Der Antragsgegner aus den Verfahren Az. S 20 AS 5703/10 ER, L 3 AS 729/10 B ER und L 3 AS 267/13 B ER hat sich nicht zur Sache geäußert.
Wegen des wesentlichen Inhalts der Akten und der wesentlichen rechtlichen Gesichtspunkte wird auf den Prozesskostenhilfebeschluss
vom 24. Februar 2015 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten verhandeln und entscheiden, weil sie hierauf in der Ladung hingewiesen
worden sind (vgl. §
153 Abs.
1 i. V. m. §
110 Abs.
1 Satz 2 des
Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
II. Das Rechtsschutzbegehren ist als Klage nicht statthaft. Die Regelungen über die Klage finden sich für das sozialgerichtliche
Verfahren in den §§
87 ff.
SGG. Aus der Stellung der Regelungen im Zweiten Teil Erster Abschnitt Vierter Unterabschnitt des
Sozialgerichtsgesetzes folgt, dass die Klage ein Rechtsschutzinstrument des Verfahrens im ersten Rechtszug ist. Im ersten Rechtszug entscheiden
die Landessozialgerichtes über die in §
29 Abs.
2 SGG aufgeführten Klagen und Anträge sowie in einigen weiteren sondergesetzlich geregelten Fällen (vgl. hierzu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz [11. Aufl., 2014], §
29 Rdnr. 3, 3a). Die von den Klägern erhobene "Klage" fällt unter keine dieser Zuständigkeitsregelungen.
III. Die "Klage" wäre auch in einer Auslegung als eine an das Sächsische Landessozialgericht gerichtete Berufung oder Beschwerde,
die wegen der Bezugnahme der Kläger auf die Nichtzulassungsbeschwerde nach §
145 SGG zu prüfen ist, nicht statthaft. Die Berufung an das Landessozialgericht findet gemäß §
143 SGG gegen die Urteile der Sozialgerichte statt, soweit sich aus den Vorschriften der §§
143 bis
159 SGG nichts anderes ergibt. Die Beschwerde an das Landessozialgericht findet gemäß §
172 Abs.
1 SGG gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte
statt, soweit nicht im
Sozialgerichtsgesetz anderes bestimmt ist. Beide Rechtsmittel setzen also eine Entscheidung eines Sozialgerichtes voraus. Mit einer Berufung oder
einer Beschwerde an das Landessozialgericht kann mithin nicht eine Entscheidung des Landessozialgerichtes korrigiert werden.
IV. Die Voraussetzungen für die von den Klägern angesprochene Nichtigkeits- oder Restitutionsklage sind nicht gegeben.
1. Die Rechtsgrundlagen für die Wiederaufnahme eines beendeten Verfahrens sind in §
179 Abs.
1 SGG i. V. m. §§
579,
580 der
Zivilprozeßordnung (
ZPO) sowie in §
179 Abs.
2 SGG geregelt. Diese Regelungen sind auch auf durch Beschluss beendete Verfahren anzuwenden (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 1965 - 11 RA 304/64 - BSGE 23, 30 [31] = SozR Nr. 1 zu §
579 ZPO = JURIS-Dokument Rdnr. 6; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz [11. Aufl., 2014], §
179 Rdnr. 3, m. w. N.).
2. Gemäß §
179 Abs.
1 SGG kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des
Vierten Buches der
Zivilprozeßordnung (§§
578 bis
591 ZPO) wieder aufgenommen werden. Die Nichtigkeitsklage findet nach Maßgabe von §
579 ZPO, die Restitutionsklage nach Maßgabe von §
580 ZPO statt. Ein weiterer Wiederaufnahmegrund ist in §
179 Abs.
2 SGG geregelt.
a) Gemäß §
579 Abs.
1 Nr.
1 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Der erkennende Senat,
der gemäß §
60 Abs.
1 Satz 2
SGG in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung i. V. m. dem Geschäftsverteilungsplan des Sächsischen Landessozialgerichtes
für die Entscheidung des vor der Gesetzesänderung eingegangenen Ablehnungsgesuches zuständig war, war bei der Beschlussfassung
am 27. Februar 2012 vorschriftsmäßig besetzt. Über die Ablehnungsgesuche in den Schreiben vom 20. Mai 2011 und 7. Juli 2011
ist mit den Beschlüssen vom 15. Juni 2011 und 14. September 2011 entschieden worden. Soweit sich die Kläger auf weitere Ablehnungsgesuche
"vom 15. März 2011" berufen, die gegen die im Schreiben vom 7. Juli 2011 bezeichneten Richter gerichtet sein soll, findet
sich ein entsprechendes Schreiben nicht in der Gerichtsakte. Es ist, im Gegensatz zum Schreiben vom 7. Juli 2011, auch nicht
in Kopie der "Klageschrift" beigefügt gewesen.
b) Die Nichtigkeitsklage findet ferner gemäß §
579 Abs.
1 Nr.
2 ZPO statt, wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen
war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist.
Diesbezüglich berufen sich die Kläger, bezogen auf den Richter am Landessozialgericht Höhl und die Richterin am Landessozialgericht
Atanassov, auf §
41 Nr.
7 ZPO. Nach §
60 Abs.
1 SGG i. V. m. §
41 Nr.
7 ZPO ist ein Richter von der Ausübung des Richteramtes in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten
Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird, kraft Gesetzes ausgeschlossen.
Diese Regelung ist durch Artikel 5 Nr. 2 des Gesetzes vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) mit Wirkung zum 3. Dezember 2011 eingeführt worden. Mit der Ergänzung des §
41 ZPO soll erreicht werden, dass den Spruchkörpern der Entschädigungsgerichte in Verfahren, in denen Entschädigungen wegen unangemessener
Dauer von Gerichtsverfahren geltend gemacht werden, keine Richter angehören, die an dem beanstandeten Verfahren in dem Rechtszug
mitgewirkt haben, dessen überlange Dauer Grundlage des geltend gemachten Entschädigungsanspruchs ist (vgl. BR-Drs. 540/10,
S. 12 = BT-Drs. 17/3802, S. 37). Auf Grund des Wortlautes und der Regelungsabsicht des Gesetzgebers bezieht sich §
41 Nr. 7
ZPO nur auf Entschädigungsverfahren nach §§
198 bis
201 des
Gerichtsverfassungsgesetzes (
GVG), nicht aber auf das dem Entschädigungsverfahren zugrunde liegende Gerichtsverfahren.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 22. Mai 1962 - 9 RV 1430/59 - BSGE 17, 66 = SozR Nr. 7 zu §
41 ZPO = JURIS-Dokument Rdnr. 10; BSG, Beschluss vom 23. September 1997 - 2 BU 31/97 - JURIS-Dokument Rdnr. 5, m. w. N.) sowie der übereinstimmenden Rechtsprechung anderen Bundesgerichte (vgl. z. B. BGH, Beschluss
vom 18. Dezember 2014 - IX ZB 65/13 - JURIS-Dokument Rdnr. 9; BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 2010 - 5 B 58/09 - Buchholz 310 §
54 VwGO Nr. 72 = JURIS-Dokument Rdnr. 5, m. w. N.; BFH, Beschluss vom 12. September 2007 - X B 18/03- BFH/NV 2008, 102 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 15) sind die Gründe für die Ausschließung vom Richteramt abschließend aufgezählt und einer analogen
Anwendung auf ähnlich liegende Fälle nicht zugänglich. Damit ist eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung von §
41 Nr. 7
ZPO im Sinne einer "umgekehrten Vorbefassung", das heißt dergestalt, dass nach einer Verzögerungsrüge oder einer Klage wegen
überlanger Verfahrensdauer der hiervon mittelbar betroffene Richter bereits von der weiteren Befassung mit dem Verfahren,
auf das sich die Verzögerungsrüge oder die Klage wegen überlanger Verfahrensdauer bezieht, ausgeschlossen wäre, nicht möglich.
Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 19. Januar 2010 - B 11 AL 13/09 C - SozR 4-1500 § 60 Nr. 7 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 13, m. w. N) und
des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1997 - 11 B 30/97 - DÖV 1998, 427 = NVwZ-RR 1998, 268 = Buchholz 303 §
42 ZPO Nr. 2 = JURIS-Dokument Rdnr. 6) mit der gesetzlichen Wertung des abschließenden Charakters des Ausschlussgrundes in §
41 Nr. 6
ZPO auch nicht vereinbar wäre, wenn der bloße Umstand der Vorbefassung eines Richters mit der Sache geeignet wäre, Misstrauen
gegen seine Unparteilichkeit im Sinne von §
42 Abs.
2 ZPO zu rechtfertigen. Da es sich bei der von den Klägern bemühten Regelung in §
41 Nr. 7
ZPO um einen Sonderfall der "ausschließenden" Vorbefassung handelt (vgl. Vollkommer, in: Zöller,
ZPO [30. Aufl., 2014]§ 41 Rdnr. 14a), ist diese Rechtsprechung auf den Ausschlussgrundes in §
41 Nr. 7
ZPO übertragbar (so auch LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. September 2014 - L 11 SF 201/13 EK AS - JURIS-Dokument Rdnr. 8). Selbst wenn die gegenteilige Auffassung vertreten würde, wäre dies vorliegend nicht entscheidungserheblich.
Denn §
579 Abs.
1 Nr.
2 ZPO betrifft nur den Fall, dass ein Richter, der von der Ausübung des Richteramts "kraft Gesetzes" ausgeschlossen war, bei einer
Entscheidung mitgewirkt hat. Der Ausschluss von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ist aber nur in §
41 ZPO geregelt. Hingegen entscheidet über das Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit im Sinne von §
42 Abs.
2 ZPO das Gericht (vgl. §
45 ZPO) durch Beschluss (vgl. §
46 Abs.
1 ZPO).
c) Andere Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne von §
179 Abs.
1 SGG i. V. m. §
579 ZPO, §
179 Abs.
1 SGG i. V. m. §
580 ZPO oder §
179 Abs.
2 SGG sind nicht gegeben. Soweit die Kläger den Beschluss vom 27. Februar 2012 in der Sache für fehlerhaft halten, kann dies als
solches nach den einschlägigen Regelungen nicht die Wiederaufnahme des Verfahrens zum Gegenstand haben.
V. Die "Klage" kann nicht als Rechtsmittel zum Bundessozialgericht ausgelegt werden. Der Beschluss vom 27. Februar 2012 ist,
worüber auch am Ende des Beschlusses belehrt worden ist, gemäß §
177 SGG unanfechtbar. Dem erkennenden Senat ist bekannt, dass der Kläger zu 2, der zugleich Bevollmächtigter der Klägerin zu 1 ist,
eine Vielzahl von Verfahren in den drei Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit und vor Verfassungsgerichten betrieben hat und
betreibt. Ihm sind die rechtlichen Folgen für den Instanzenzug, die sich aus der Unanfechtbarkeit einer Gerichtsentscheidung
ergeben, bekannt. Seine an das Sächsische Landessozialgericht adressierte "Klage" kann deshalb in Ermangelung eines erkennbaren
anderweitigen Willens nicht als Rechtsmittel zum Bundessozialgericht ausgelegt werden. Gegen ein an das Bundessozialgericht
gerichtetes Rechtsmittel sprich im Übrigen, dass in der "Klageschrift" unter anderem die Nichtigkeitsklage, die Restitutionsklage
und die Nichtzulassungsbeschwerde im Sinne von §
145 SGG erwähnt werden. In allen drei Fällen hat das Landessozialgericht die Entscheidung zu treffen (vgl. §
179 Abs.
1 SGG i. V. m. §
584 Abs.
1 Halbsatz 2
ZPO, §
145 Abs.
3 Satz 1
SGG).
VI. Der Behandlung der "Klage" als Anhörungsrüge im Sinne von §
178a SGG steht bereits entgegen, dass die von den Klägern geltend gemachten Verfahrensmängel nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör
(vgl. §
178a Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG) betreffen. Auf andere Verfahrensfehler ist §
178a SGG aber nicht anwendbar (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz [11. Aufl., 2014], §
178a Rdnr. 5a).
VII. Schließlich kann die Frage, ob die "Klage" gegebenenfalls als Gegenvorstellung auszulegen ist und ob eine Gegenvorstellung
nach dem Inkrafttreten der Vorschriften über die Anhörungsrügen in den verschiedenen Prozessordnungen noch möglich ist (vgl.
zum Meinungsstand z. B. Leitherer, aaO., § 178a Rdnr. 12 f.), dahingestellt bleiben. Denn selbst nach dem Recht, das vor Einführung
der Anhörungsrüge galt, konnte eine unanfechtbare Entscheidung auf einen außerordentlichen Rechtsbehelf nur geändert werden,
wenn diese Entscheidung offensichtlich dem Gesetz widersprach oder grobes prozessuales Unrecht enthielt (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Juli 2013 - B 5 R 185/13 B - FamRZ 2013, 1801 = JURIS-Dokument Rdnr. 3, m. w. N; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 5. November 2013 - 1 BvR 2544/12 - NJW 2014, 681 = NZS 2014, 259 = JURIS-Dokument Rdnr. 15, m. w. N.).
Diese strengen Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die formellen Einwände gegen den Beschluss vom 27. Februar 2012 greifen
aus den oben genannten Gründen nicht. Auch die gegen den Beschluss vom 27. Februar 2012 in der Sache vorgetragenen Einwände
greifen nicht. In diesem Beschluss ist das Ablehnungsgesuch vom 21. März 2011 gegen die Kammervorsitzende wegen des fehlenden
Rechtsschutzinteresses verworfen worden. Nach Erlass des Beschlusses vom 8. Oktober 2010 sei ein richterliches Tätigwerden
der abgelehnten Richterin im erstinstanzlichen Verfahren nicht mehr erforderlich und nach Einlegung der Beschwerde am 8. November
2010, die die Zuständigkeit des Sächsischen Landessozialgerichts begründet habe, auch nicht mehr möglich gewesen. Soweit die
Kläger dagegen einwenden, das erstinstanzliche Antragsverfahren sei wegen der Beschwerdeverfahrens Az. L 3 AS 729/10 B ER und des nachfolgenden Verfahrens Az. L 3 AS 267/13 B ER sowie der Möglichkeit oder der Pflicht, nach Maßgabe von §
577 Abs.
4 ZPO (richtigerweise: §
159 Abs.
1 Nr.
2 SGG in analoger Anwendung) den Beschluss des Sozialgerichtes vom 8. Oktober 2010 aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen,
noch nicht abgeschlossen, übersehen sie den Devolutiveffekt eines Rechtsmittels. Die Einlegung eines Rechtsmittels hat die
Überwälzung in die höhere Instanz, das heißt den Devolutiveffekt (vgl. BSG, Urteil vom 1. August 1978 - 7 RAr 37/77 - BSGE 47, 28 = SozR 4100 § 152 Nr. 6 JURIS-Dokument Rdnr. 19), zur Folge. Damit ist es dem nachgeordneten Instanzgericht, vorbehaltlich
einer Entscheidungsberichtigung (vgl. §§
138 und
139 SGG) oder einer Entscheidungsergänzung (vgl. §
140 SGG), verwehrt, im ursprünglichen, durch Gerichtsentscheidung abgeschlossenen Verfahren noch tätig zu werden. Selbst wenn eine
Zurückverweisung im Raume steht, begründet dies allein noch kein Rechtschutzinteresse für eine Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch
in einem instanzlich abgeschlossenen Verfahren. Denn ob ein als befangen erachteter Richter nach einer Zurückverweisung erneut
mit der Sache betraut sein wird, hängt davon ab, welcher Spruchkörper nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichtes für
die zurückverwiesene Sache zuständig ist und ob der als befangen erachtete Richter diesem Spruchkörper zugewiesen ist. Dies
entscheidet sich aber erst zum Zeitpunkt der Zurückverweisungsentscheidung.
VIII. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§
183,
193 SGG.
IX. Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.