Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten noch über die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 15. Oktober 2019 der Antragstellerin gegen
den Beitragssummenbescheid der Antragsgegnerin vom 27. September 2019, mit dem für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 31.
August 2016 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 45.268,53 EUR (Beitragsforderungen i.H.v. 31.957,53
EUR zuzüglich Säumniszuschläge i.H.v. 13.311,00 EUR) geltend gemacht werden.
Nachdem die Antragsgegnerin unter dem 2. Dezember 2019 den am 24. Oktober 2019 gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
ablehnte, hat die Antragstellerin am 9. Januar 2020 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau beantragt, die aufschiebende Wirkung
des Widerspruchs vom 15. Oktober 2019 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. September 2019 anzuordnen. Die Antragsgegnerin
hat mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2020 den Widerspruch der Antragstellerin als unbegründet zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 4. März 2020 hat das Sozialgericht den Antrag vom 9. Januar 2020 abgelehnt. Der Antrag sei zulässig, da
insbesondere der Widerspruchsbescheid noch nicht bestandskräftig sei. Er sei gemäß §
86a Abs.
3 S. 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) unbegründet, da Anhaltspunkte, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides
der Antragsgegnerin sprächen, nicht erkennbar seien. Die Pflicht der Antragstellerin, Arbeitnehmerbeiträge zur deutschen Sozialversicherung
zu entrichten, ergebe sich aus den §§ 3 Nr. 1 und 9 Abs.
1 und 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -
SGB IV) und den entsprechenden spezialgesetzlichen Regelungen für die Versicherungspflicht in den einzelnen Versicherungszweigen.
Hier hätten die Ermittlungen des Hauptzollamtes M. ergeben, dass die Antragstellerin für mehrere Beschäftigte Arbeitnehmerbeiträge
zur Sozialversicherung nicht bzw. nicht in zutreffender Höhe entrichtet habe. Aus den vorliegenden Lohnunterlagen ergebe sich
insbesondere, dass weniger Stunden sozialversicherungsrechtlich angegeben worden seien, als dies in den Dienstplänen aufgeführt
worden sei. Soweit die Antragstellerin darauf hingewiesen habe, dass die Dienstpläne lediglich Pläne seien und keinen Nachweis
der tatsächlich geleisteten Stunden darstellten, bleibe sie selbst den konkreten Nachweis der erbrachten Stunden der betreffenden
Arbeitnehmer schuldig. Ein substantiierter Vortrag oder eine Glaubhaftmachung, dass die betreffenden Arbeitnehmer abweichend
von den Dienstplänen weniger Stunden verrichtet hätten, sei nicht erfolgt. Der Vortrag, die Antragstellerin habe die Geschäftszeiten
abweichend von Öffnungszeiten reduziert, sei nicht ausreichend substantiiert und für das Eilverfahren in hinreichendem Maße
glaubhaft gemacht. Soweit die Antragstellerin vortrage, namentlich nicht benannte Familienangehörige hätten Aufsichtstätigkeiten
in den Geschäftsräumen durchgeführt, hätten die vom Hauptzollamt vernommenen Arbeitnehmer übereinstimmend mitgeteilt, dass
der Geschäftsführer nicht mitgearbeitet habe. Soweit die Antragstellerin auf eine unbillige Härte im Sinne von §
86a Abs.
3 S. 2
SGG verweise, genüge der Hinweis, dass die Insolvenz drohe und Arbeitnehmer entlassen werden müssten, nicht. Zu ihrer wirtschaftlichen
Situation habe die Antragstellerin nichts vorgetragen. Im Übrigen sei das Interesse der Einzugsstellen an einer zeitnahen
Durchsetzbarkeit der Forderung gerade dann hoch, wenn behauptet werde, dass Zahlungsunfähigkeit drohe. Denn in einer solchen
Situation seien die beteiligten Einzugsstellen gehalten, die Beiträge rasch einzutreiben, um die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung
sicherzustellen und die beitragsrechtlichen Interessen der betroffenen Arbeitnehmer soweit wie möglich zu wahren
Am 5. März 2020 hat die Antragstellerin Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau gegen den Widerspruchsbescheid vom 13. Februar
2020 erhoben; das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 11 BA 2/20 geführt.
Am 3. April 2020 hat die Antragstellerin Beschwerde beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und ihren beim Sozialgericht
gestellten Antrag weiterverfolgt.
Die Antragstellerin beantragt ausdrücklich,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 15.10.2019 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27.09.2019 anzuordnen
und dessen sofortige Vollziehung bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.
Die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Beschluss und ihren Bescheid für rechtmäßig.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 29. April 2020 ist die Antragstellerin darauf hingewiesen worden, dass die Beschwerde keine
Aussicht auf Erfolg biete, da für den gestellten Antrag bereits kein Rechtsschutzbedürfnis erkennbar sei. Denn inzwischen
sei der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2020 zurückgewiesen und hiergegen Klage erhoben worden. Auch
materiellrechtlich werde eine Erfolgsaussicht der Beschwerde im Rahmen einer summarischen Prüfung beim derzeitigen Sach- und
Streitstand nicht gesehen. Da die Antragstellerin ihren Aufzeichnungs-, Mitwirkungs- und Nachweispflichten als Arbeitgeber
jedenfalls nicht vollumfänglich nachgekommen sei, eröffne §
28f Abs.
2 SGB IV die Möglichkeit der Schätzung der Arbeitsentgelte. Die Antragstellerin hat sich hierzu nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin, die sämtlich
Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde wird vom Senat als zulässig behandelt, obwohl bereits Bedenken hinsichtlich eines Rechtsschutzbedürfnisses
für eine Entscheidung des Senats über den von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren gestellten und nicht abgeänderten
Antrag bestehen. Denn aus der begehrten Entscheidung des Senats, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 15. Oktober
2019 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. September 2019 anzuordnen, kann die Antragstellerin keinen rechtlichen
Vorteil herleiten, da über den Widerspruch inzwischen durch den Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2020 entschieden worden
ist. Hierauf ist die Antragstellerin mit dem gerichtlichen Schreiben des Senats vom 29. April 2020 bereits hingewiesen worden;
eine Antragsumstellung bzw. -erweiterung der anwaltlich vertretenen Antragstellerin ist daraufhin nicht erfolgt. Vor dem Hintergrund
des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz) hat der Senat den im Beschwerdeverfahren gestellten Antrag sachdienlich als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung
der Anfechtungsklage ausgelegt. Eine solche Antragsänderung kann entsprechend §
99 Abs.
1 SGG als zulässig und sachdienlich angesehen werden, wenn - wie hier - der Widerspruchsbescheid inzwischen erlassen und Anfechtungsklage
erhoben worden ist.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen
Entscheidung, die er sich nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§
142 Abs.2 Satz 3
SGG). Auch das Vorbringen im Beschwerdeverfahren gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Soweit die Antragstellerin
moniert, dass die Feststellungen des Sozialgerichts Dessau-Roßlau sich ausschließlich auf die Feststellungen des Hauptzollamtes
M. beziehen, obwohl das Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, ist dies im Hinblick auf die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
vorzunehmende summarische Prüfung nicht zu beanstanden. Soweit erneut darauf hingewiesen wird, dass die vorliegenden Schichtpläne
tatsächlich nicht den kompletten Tatzeitraum abdeckten, die tatsächlichen Öffnungszeiten je nach Publikumsverkehr geändert
worden seien und der Geschäftsführer sowie Familienangehörige Aufsichtsdienst übernommen hätten, führt dies ebenfalls nicht
zu einem anderen Ergebnis. Denn die damit verbundenen Konsequenzen hätte die Antragstellerin nachweisen können, wenn sie ihren
gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungs-, Mitwirkungs- und Nachweispflichten als Arbeitgeber nachgekommen wäre. Gerade der
Umstand, dass die Antragstellerin ihre Arbeitgeberpflichten nicht erfüllt hat, eröffnet gemäß §
28f Abs.
2 SGB IV die von der Antragsgegnerin genutzte Möglichkeit der Schätzung der Arbeitsentgelte. Trotz des Hinweises des Sozialgerichts
im angefochtenen Beschluss, wonach konkrete Angaben zur wirtschaftlichen Situation fehlten, ist hierzu auch im Beschwerdeverfahren
nichts Näheres vorgetragen worden.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1 und 3 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Als Grundlage der Festsetzung hat der Senat ein Viertel der Beitragsforderung, für welche eine aufschiebende Wirkung weiterverfolgt
worden ist, angesetzt. Da der für die Beitragsfragen zuständige Senat des BSG im Ergebnis die Säumniszuschläge in die Streitwertberechnung einbezieht (vgl. BSG, Beschluss vom 18. September 2017 - B 12 R 14/17 B -, juris), schließt sich der Senat dieser Rechtsprechung zur Herstellung einer einheitlichen Behandlung der wiederkehrenden
Rechtsfrage an (so bereits Beschluss des erkennenden Senats vom 21. November 2017 - L 3 R 199/17 B ER -, juris, RdNr. 31).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§
177 SGG).