Rentenversicherung - Gesellschafter-Geschäftsführer; Gesellschafter; Geschäftsführer; GmbH; Sperrminorität; Stimmbindungsvertrag;
Umfang der Kapitalbeteiligung; Einfluss auf die Gesellschaft; Stimmrechte; Weisungen; schuldrechtliche Vereinbarung; Gastronomiebetrieb;
Sozialversicherungspflicht; sozialversicherungspflichtige Beschäftigte; Feststellungsbescheid
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist noch umstritten, ob der Kläger die seit dem 21. November 2011 ausgeübte Tätigkeit als geschäftsführender
Gesellschafter im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt.
Der am ... 1988 geborene Kläger absolvierte vom 1. September 2005 bis zum 31. Juli 2008 eine Lehre zum Brauer, war anschließend
bis zum 30. August 2009 als Brauer beschäftigt und ist seit dem 13. November 2009 als "Gastronomischer Mitarbeiter" bei der
Beigeladenen zu 1. tätig.
Die Beigeladene zu 1. wurde am 8. Juni 2009 von C. I.-S. und vom Kläger gegründet. Zum Geschäftsführer der Gesellschaft wurde
der Vater des Klägers, H. S., bestellt. Als Gegenstand des Unternehmens ist das Betreiben eines Gastronomiebetriebes benannt.
Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 25.000,00 EUR und wurde bei Gründung in den Geschäftsanteil zu 1. in Höhe 22.500,00
EUR, Übernehmer C. I.-S., und den Geschäftsanteil zu 2. in Höhe von 2.500,00 EUR, Übernehmer der Kläger, aufgeteilt (§ 3 Ziffer
1 und 2 der Satzung, auf die in der Gründungsurkunde als Anlage Bezug genommen wird). Wegen der weiteren Einzelheiten des
notariellen Gründungsvertrages vom 8. Juni 2009 wird auf Blatt 55 bis 60 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 18. März 2010 stellte die Beigeladene zu 3. fest, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als beschäftigter Gesellschafter
der Beigeladenen zu 1. versicherungspflichtig zu allen Zweigen der Sozialversicherung sei. Aufgrund der Verteilung der Stammeinlagen
der Gesellschaft sei der Kläger an die Weisungen der Gesellschafter gebunden und könne seine Tätigkeit nicht frei bestimmen.
Auch bei der Führung des Betriebes wirke er nicht mit.
Mit dem notariell beurkundeten Vertrag vom 15. Juni 2011 wurde u.a. der Geschäftsanteil 1. der C. I.-S. in Höhe von 22.500,00
EUR in einen Geschäftsanteil zu 10.000,00 EUR (Geschäftsanteil 3.) und in einen Geschäftsanteil zu 12.500,00 EUR (Geschäftsanteil
4.) aufgeteilt, wobei der Geschäftsanteil 3. zu 10.000,00 EUR an die A. GmbH & Co. KG veräußert wurde. Komplementär der A.
GmbH & Co. KG ist die I. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Prozessbevollmächtigte des Klägers ist. Kommanditist der
A. GmbH & Co. KG ist ebenfalls der Prozessbevollmächtigte des Klägers. In der Gesellschafterversammlung vom 15. Juni 2011
wurde unter § 8 "Gesellschafterbeschlüsse" zu Ziffer 1 festgelegt, dass die Gesellschafterbeschlüsse mit einer Mehrheit von
75 Prozent der abgegebenen Stimmen gefasst werden, sofern nicht das Gesetz oder dieser Gesellschaftsvertrag eine andere Mehrheit
vorschreibe. Abgestimmt werde nach dem Nennbetrag der Stammeinlagen. Je 1 EUR eines Geschäftsanteils gewähre eine Stimme.
Für jeden Geschäftsanteil könne nur einheitlich abgestimmt werden (Ziffer 2 von § 8). Zudem wurde der Geschäftsführer H. S.
abberufen und zum neuen Geschäftsführer wurde der Kläger berufen. Dieser sei stets alleinvertretungsberechtigt und von den
Beschränkungen des §
181 Bürgerlichen Gesetzbuch (
BGB) befreit. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 12 und 13 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Unter dem 20. Juni 2011 schloss die Beigeladene zu 1. mit dem Kläger einen Geschäftsführeranstellungsvertrag. Danach beginne
der Vertrag am 20. Juni 2011 und werde auf unbestimmte Dauer abgeschlossen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages). Die Kündigung
des Vertrages bedürfe der Schriftform (§ 2 Abs. 2 Satz 1). Der Geschäftsführer werde seine gesamte Arbeitskraft und alle seine
fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten ausschließlich der Gesellschaft widmen (§ 1 Abs. 3 Satz 1). Er erhalte als Vergütung
für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt in Höhe von brutto 16.172,64 EUR, welches in zwölf gleichen Raten am Ende eines jeden
Monats gezahlt werde (§ 3 Abs. 1). Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit, die durch Krankheit oder aus einem anderen
von dem Geschäftsführer nicht zu vertretenden Grund eintrete, werde die Vergütung gemäß § 3 Abs. 1 an den Geschäftsführer
in Höhe von 100 Prozent für die Dauer von sechs Wochen weitergezahlt (§ 4). Der Geschäftsführer habe einen Anspruch auf einen
Jahresurlaub von 24 Arbeitstagen. Die Urlaubszeiten seien im Einvernehmen mit den übrigen Geschäftsführern und den Gesellschaftern
abzustimmen (§ 5). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 8 bis 10 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 21. November 2011 wurde der Geschäftsanteil 4. der C. I.-S. in Höhe von 12.500,00 EUR
in einen Geschäftsanteil zu 2,500,00 EUR (Geschäftsanteil 5.) und einen Geschäftsanteil zu 10.000,00 EUR (Geschäftsanteil
6.) geteilt. C. I.-S. verkaufte und übertrug ihren Geschäftsanteil 5. in Höhe von 2.500,00 EUR an die Firma A. GmbH & Co.
KG und den Geschäftsanteil 6. in Höhe von 10.000,00 EUR an den Kläger, jeweils zu einem Kaufpreis von 1,00 EUR und zum Alleineigentum.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 13 bis 18 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Unter dem 22. November 2011 schlossen der Kläger und die A. GmbH & Co. KG einen Stimmrechtsbindungsvertrag mit dem folgenden
Inhalt:
"Vorbemerkung:
Durch notariellen Vertrag vom 21.11.2011 sind die Vertragsparteien zu jeweils 50 % an der Firma I. GmbH als Gesellschafter
beteiligt.
Die I. GmbH, die Komplementärin der A. GmbH & Co. KG, hat die Geschäftstätigkeit der I. GmbH in erheblichem Umfang durch Darlehen
finanziert.
Dies vorausgeschickt vereinbaren die Parteien was folgt:
Die Unterzeichner verpflichten sich mit Wirkung ab Unterzeichnung dieses Vertrages in Hinblick auf Belange der I. GmbH und
zu treffenden Entscheidungen als deren Gesellschafter gleichlautend abzustimmen. Im Rahmen der Abstimmung ist durch Herrn
R. S. die Vorgabe der A. GmbH & Co. KG zur Frage wie abzustimmen ist, stets zu beachten. Herr R. S. darf nur nach Vorgabe
der A. GmbH & Co KG abstimmen. Diese Vereinbarung gilt für alle Gesellschafterbeschlüsse, die bei der I. GmbH zu treffen sind.
Zur Absicherung der Stimmrechtsbindung erteilt R. S. hiermit der A. GmbH & Co KG eine unwiderrufliche Vollmacht ihn in Gesellschafterversammlungen
der I. GmbH zu vertreten und nach eigenem Ermessen und Interesse abzustimmen.
Diese Vereinbarung ist, solange die I. GmbH Darlehensforderungen gegen die I. GmbH hat nicht kündbar. Sodann kann diese Vereinbarung
von beiden Seiten mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende gekündigt werden."
Am 24. Februar 2012 beantragte der Kläger bei der Beigeladenen zu 3. die Feststellung seines Status als Geschäftsführer. Die
Beigeladene zu 3. leitete den Antrag unter Hinweis auf §
7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -
SGB IV) an die Beklagte weiter, wo er am 29. Februar 2012 einging. Im Formularantrag beantwortete der Kläger die Frage 2.8 "Wird
das Stimmrecht aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung (Treuhandvertrag) zugunsten eines Dritten ausgeübt?" mit "nein".
Er gab an, die GmbH werde nach außen von den Geschäftsführern H. S. und von ihm vertreten (Frage 2.11). Der Geschäftsführer/Gesellschafter/Betriebsangehörige
verfüge über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse (Frage 2.13). Seine regelmäßige
tarifliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 40 Stunden, die tatsächliche durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 45 Stunden.
Er unterliege in Bezug auf das Kriterium "Zeit" (der Beschäftigung) dem gastronomischen Leiter. Seine monatliche Vergütung
betrage 1.347,72 EUR (Frage 3.11). Er übe die Tätigkeit als Geschäftsführer als selbstständige Tätigkeit aus.
Mit - jeweils an den Kläger und die Beigeladene zu 1. gerichtetem - Bescheid vom 24. Mai 2012 stellte die Beklagte fest, dass
der Kläger die Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter bei der Beigeladenen zu 1. "seit dem 21. November 2011" nicht
im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe keine Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter
in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Der Kläger sei als sogenannter
Gesellschafter-Geschäftsführer an der Beigeladenen zu 1. beteiligt. Hier ergäben sich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG) keine wesentlichen Merkmale für eine abhängige Beschäftigung. Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit seien, dass der
Kläger kraft seines Anteils am Stammkapital einen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben könne. Er
sei seit dem 21. November 2011 mit 50 Prozent beteiligt. Beschlüsse der Beigeladenen zu 1. würden seit dem 15. Juni 2011 mit
einer qualifizierten Mehrheit von 75 Prozent gefasst. Das Stimmrecht des einzelnen Gesellschafters richte sich dabei nach
der Höhe seiner Geschäftsanteile (je 1,00 EUR eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme). Maßgebenden Einfluss auf die Geschicke
der Gesellschaft habe derjenige Gesellschafter, der die Stimmenmehrheit auf sich vereinige, aber auch der Gesellschafter,
ohne dessen Mitwirkung die qualifizierte Mehrheit nicht erreicht werden könne (Sperrminorität).
Gegen den Bescheid vom 24. Mai 2012 legten sowohl der Kläger als auch die Beigeladene zu 1. Widerspruch ein und verwiesen
auf den - erstmals vorgelegten - Stimmrechtsbindungsvertrag vom 22. November 2011.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2013 - jeweils gerichtet an den Kläger und an die Beigeladene zu 1. - wurde der Widerspruch
als unbegründet zurückgewiesen. Die Stimmrechtsbindung stelle keine Änderung des Gesellschaftsvertrages dar und sei auch nicht
als solche auszulegen. Seit dem 22. November 2011 existierten zwei einander widersprechende vertragliche Regelungen. In diesen
Fällen gelte, dass eine satzungsmäßige bzw. gesellschaftsvertragliche Ausübung des Stimmrechts wirksam sei, auch wenn gegen
eine anders lautende Stimmrechtsverpflichtung verstoßen werde. Die Stimmrechtsvereinbarung habe generell nur schuldrechtliche
Wirkung zwischen seinen Parteien und bewirke keinen Mangel des Gesellschafterbeschlusses. Letztlich räume die getroffene Vereinbarung
der A. GmbH & Co KG keine alleinige Rechtsmacht in der Beigeladenen zu 1. ein, mittels derer sie Gesellschafterbeschlüsse
gegen den Willen des Klägers durchsetzen könnte. Es sei davon auszugehen, dass insbesondere in Konfliktfällen die jeweiligen
Vertragsparteien von ihren Rechten Gebrauch machten und die Stimmrechtsvereinbarung kündigten. Sie könnten dann zwar zivilrechtlich
gegen die Aufkündigung des Vertrages vom 22. November 2011 vorgehen, verhindern könnten sie dieses jedoch nicht. Aus dem Vertrag
vom 22. November 2011 ergebe sich weder eine Weisungsgebundenheit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer noch die
alleinige Rechtsmacht der A. GmbH & Co KG.
Hiergegen hat der Kläger am 31. Januar 2013 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben und die Aufhebung des Bescheides der Beklagten
vom 24. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013 verfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt,
es sei richtig, dass der Stimmrechtsbindungsvertrag keine Änderung des Gesellschaftsvertrages darstelle. Insoweit handele
es sich um eine ergänzende Regelung. Keinesfalls existierten seit dem 22. November 2011 zwei einander widersprechende vertragliche
Regelungen. Der Stimmrechtsbindungsvertrag räume der A. GmbH & Co. KG eine alleinige Rechtsmacht in der Beigeladenen zu 1.
ein. Denn gestützt auf die Stimmrechtsvereinbarung könne die Firma A. GmbH & Co. KG alle Entscheidungen in der Beigeladenen
zu 1. alleine treffen. Es sei zu unterstellen, dass sich alle Vertragsbeteiligten an vertragliche Regelungen hielten und somit
der Kläger diesen Vertrag beachte. Auch könne der Kläger den Stimmrechtsbindungsvertrag nicht kündigen. Selbst wenn er ihn
nicht einhalten würde, bestünden ausreichende zivilrechtliche Maßnahmen, um den Kläger zur Einhaltung des Vertrages zu zwingen.
Somit sei der Kläger gehindert, Entscheidungen bei seiner Arbeitgeberin in irgendeiner Art und Weise zu beeinflussen.
Die Beklagte hat auf die Ausführungen im Verwaltungsverfahren verwiesen.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 12. Mai 2015 hat das Sozialgericht mit Urteil vom 8. Dezember 2015 ohne mündliche
Verhandlung den Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013 aufgehoben
und festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer ab dem 20. Juni 2011 der Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, Ausgangspunkt der Beurteilung, ob die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer
für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt werde, sei
der Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 20. Juni 2011. Dieser Vertrag habe nach den darin verwendeten Begriffen "Anstellungsvertrag",
"Gehalt" und "Arbeitsunfähigkeit" sowie seinem Inhalt nach maßgebliche Elemente einer abhängigen Beschäftigung zum Gegenstand.
Auf der geschriebenen vertraglichen Grundlage sei der Kläger auch tatsächlich tätig geworden. Aufgrund des Gesellschaftervertrages
und insbesondere der Stimmrechtsvereinbarung vom 22. November 2011 sei der Kläger in der Ausübung seines Stimmrechts beschränkt.
Der Stimmbindungsvertrag begründe eine Abstimmungsverpflichtung, mit welcher sich der Kläger verpflichtet habe, sein Stimmrecht
in der Gesellschaft nicht frei, sondern im Sinne der A. GmbH & Co. KG auszuüben. Die vereinbarte Stimmbindung erstrecke sich
auf alle Entscheidungen der Gesellschaft. Dabei sei die Formulierung im Stimmrechtsbindungsvertrag ("im Hinblick auf Belange
der I. GmbH und zu treffende Entscheidungen") nach Auffassung der Kammer eindeutig: Belange der I. GmbH seien alle Entscheidungen
und würden die einschließen, die den Gesellschaftern oblägen (Hinweis auf § 46 GmbH-Gesetz). Der Kläger habe nicht die Möglichkeit, Weisungen abzuwenden bzw. Beschlüsse der A. GmbH & Co. KG die I. GmbH betreffend
zu blockieren. Der Kläger sei zwar nach außen objektiv zur Führung des Geschäfts berechtigt und verpflichtet und durch die
A. GmbH & Co. KG eingesetzt worden. Im Innenverhältnis entspreche seine Rechtsmacht jedoch keinem Stimmenanteil. Rein rechtlich
könne er überstimmt werden. Es gebe für ihn nicht die Möglichkeit, unliebsame Weisungen der A. GmbH & Co. KG abzuwenden. Aufgrund
der ihr durch die Stimmbindungsvereinbarung verliehenen Rechtsmacht könne die A. GmbH & Co. KG ihr nicht genehme Beschlüsse
und Weisungen jederzeit abwenden und ihr nicht genehme Gesellschafterbeschlüsse wegen der Verletzung durch Klage gegen die
Gesellschaft anfechten. Dem stehe nicht entgegen, dass die Stimmrechtsbindung lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung
zur einstimmigen Stimmabgabe begründe. Zwar sei eine Stimmabgabe in der Regel auch dann gültig, wenn sie entgegen eines wirksamen
Stimmbindungsvertrages erfolge. Deshalb begründeten Stimmbindungsverträge nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen
im Regelfall nur zwischen den an ihnen beteiligten Gesellschaftern schuldrechtliche Ansprüche und ein Streit um die Rechtsfolgen
der Verletzung einer Stimmrechtsbindungsvereinbarung sei grundsätzlich nur unter den an der Vereinbarung Beteiligten und nicht
mit der Hauptgesellschaft auszutragen (Verweis auf Sächsisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 4. März 2014 - L 1 KR 9/11 -, juris Rdnr. 43 m.w.N.). Anderes gelte jedoch bei schuldrechtlichen Stimmbindungsverträgen, an denen alle Gesellschafter
einer Gesellschaft beteiligt seien, wie im vorliegenden Fall. Hätten sich alle Gesellschafter außerhalb der Satzung ihren
Mitgesellschaftern gegenüber schuldrechtlich verpflichtet, Gesellschaftsbeschlüsse nur einstimmig zu fassen, könnten Beschlüsse,
die unter Verstoß gegen eine alle Gesellschafter bindende schuldrechtliche Verpflichtung ergangen seien, mit der Klage gegen
die Gesellschaft angefochten werden, da in diesem Fall kein Grund bestehe, die vertragswidrig überstimmten Gesellschaftern
auf den umständlichen Weg einer Klage gegen die Mitgesellschafter zu verweisen, um durch deren Verurteilung zu einer gegenteiligen
Stimmabgabe den Beschluss aus der Welt zu schaffen (Hinweis auf Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), Urteil vom 20. Januar
1983 - II ZR 243/81 - juris Rdnr. 1, bestätigt in BGH, Urteil vom 27. Oktober 1986 - II ZR 240/85 - juris Rdnr. 15).
Gegen das ihr am 16. Dezember 2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5. Januar 2016 Berufung beim LSG Sachsen-Anhalt
eingelegt. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass der Kläger zum Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. bestellt und
mit 50 Prozent am Stammkapital der Beigeladenen zu 1. beteiligt sei. Gesellschafterbeschlüsse der Beigeladenen würden mit
einer qualifizierten Mehrheit von 75 Prozent der abgegebenen Stimmen gefasst. Sofern ein Gesellschafter-Geschäftsführer über
mindestens 50 Prozent des Stammkapitals verfüge oder aufgrund besonderer Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag die Beschlüsse
der anderen Gesellschafter verhindern könne (Sperrminorität), habe er grundsätzlich einen entscheidenden Einfluss auf die
Geschicke der GmbH. Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer mit umfassender Sperrminorität könne kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
vorliegen. Die Feststellung des Sozialgerichts, der Kläger sei aufgrund der Stimmrechtsvereinbarung vom 22. November 2011
in der Ausübung seines Stimmrechts beschränkt, könne nicht überzeugen. Die Stimmrechtsvereinbarung habe generell nur schuldrechtliche
Wirkung zwischen den Parteien und bewirke keinen Mangel des Gesellschafterbeschlusses. In seinen Entscheidungen vom 11. November
2015 in den Verfahren B 12 KR 13/14 R und B 12 KR 10/14 R habe das BSG erneut die Bedeutung der gesellschaftsvertraglichen Rechtsmacht betont und bestätigt, dass eine Stimmrechtsvereinbarung nicht
geeignet sei, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse ohne Weiteres mit sozialversicherungsrechtlicher
Wirkung zu verschieben.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung beim Senat hat die Beklagte anerkannt, dass der Kläger im Zeitraum vom 20. Juni bis zum
20. November 2011 als abhängig beschäftigter Gesellschafter-Geschäftsführer in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig
war. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 8. Dezember 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er hält daran fest, dass aufgrund des Stimmrechtsbindungsvertrages ihm sein
Stimmrecht nicht frei zustehe.
Mit Beschluss vom 4. Juli 2017 hat der Senat die Beiladungen zu 2. bis 4. bewirkt.
Die Beigeladenen haben von einer Antragstellung abgesehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §
143 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das Sozialgericht Halle hat der Klage zu Unrecht
stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013 ist
rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§§
153 Abs.
1,
54 Abs.
2 Satz 1
SGG). Der Kläger übt seit dem 21. November 2011 die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer als selbstständig Tätiger aus.
Die Beklagte ist gemäß §
7a Abs.1 Satz 2 und 3
SGB IV für die begehrte Feststellung, ob eine Beschäftigung vorliegt, zuständig. Die Beigeladene zu 3. hat den bei ihr gestellten
Antrag des Klägers gemäß §
7a Abs.
1 Satz 2
SGB IV unter Hinweis auf die zu beurteilende Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer-Gesellschafter zur Entscheidung an die Beklagte
weitergeleitet und damit noch kein eigenes Verfahren im Sinne von §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV eingeleitet. Die von §
28h Abs.
2 SGB IV abweichende Zuständigkeit der Beklagten ist in §
7a Abs.
1 Satz 3
SGB IV normiert.
Die Sozialversicherung umfasst gemäß §
2 Abs.
1 SGB IV Personen, die kraft Gesetzes oder Satzung (Versicherungspflicht) oder aufgrund freiwilligen Beitritts oder freiwilliger Fortsetzung
der Versicherung (Versicherungsberechtigung) versichert sind. In allen Zweigen der Sozialversicherung sind nach Maßgabe der
besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nach §
2 Abs.
2 Nr.
1 SGB IV Personen versichert, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Es unterliegen hier nur Personen,
die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in
der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 5 Abs. 1 Nr.
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung; §
1 Satz 1 Nr.
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung; § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung; § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale
Pflegeversicherung).
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung
des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in
einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen
nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Abgrenzung von Beschäftigung und
Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche
Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen
erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit
der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel"
handelt. Auf der Grundlage des festgestellten (wahren) Inhalts der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses
zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere
Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris, RdNr. 16 f., m.w.N.).
Der Geschäftsführeranstellungsvertrag des Klägers vom 20. Juni 2011 enthält eine Vielzahl von Regelungen, die für ein abhängiges
Beschäftigungsverhältnis sprechen (feste, monatlich gezahlte Vergütung in gleichbleibender Höhe - § 3 Abs. 1 -; Anspruch auf
eine Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall und auf bezahlten Urlaub - §§ 4, 5 -; Pflicht zur Abstimmung des Urlaubs
mit übrigen Gesellschaftern sowie Verpflichtung des Klägers, seine Arbeitskraft und alle Fähigkeiten und Kenntnisse in den
Dienst der Beigeladenen zu 1. zu stellen - § 1 Abs. 3 Satz 1 -).
Dass der Kläger ausweislich der Vereinbarungen in der Gesellschafterversammlung vom 15. Juni 2011 vom Selbstkontrahierungsverbot
des §
181 des
BGB befreit ist (§ 3), spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer wiederholt entschieden hat - nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit
(BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 18 m.w.N.).
Aufgrund des beurkundeten Vertrages vom 21. November 2011 verfügt der Kläger jedoch nach der Aufteilung und des Verkaufs sowie
der Übertragung des Geschäftsanteils der C. I.-S.an ihn und die A. GmbH & Co. KG seitdem über einen Anteil von 50 Prozent
am Stammkapital und damit über eine sogenannte Sperrminorität. Seit dem 21. November 2011 ist es ihm aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen
Rechtsmacht jederzeit möglich gewesen, ihm nicht genehme Weisungen durch die Gesellschafterversammlung abzuwenden.
Ist ein GmbH-Geschäftsführer - wie hier der Kläger - zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind
der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches
Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Hinzu kommen die Stimmrechte in der
Gesellschafterversammlung. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist dabei, ob die rechtliche
Möglichkeit besteht, als beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer
nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 24 m.w.N.).
Ausweislich § 8 der Niederschrift der Gesellschafterversammlung vom 15. Juni 2011 werden Gesellschafterbeschlüsse, soweit
Gesetz oder Gesellschaftsvertrag keine andere Mehrheit vorsehen, mit einer Mehrheit von 75 Prozent der abgegebenen Stimmen
gefasst, wobei je 1,00 EUR eines Geschäftsanteils eine Stimme gewährt und für jeden Geschäftsanteil nur einheitlich abgestimmt
werden darf.
Im Hinblick auf diese dargelegten Abstimmungsmodalitäten kann der Kläger ihm nicht genehme Entscheidungen somit seit dem 21.
November 2011 verhindern.
Dem steht auch nicht der am 22. November 2011 geschlossene Stimmbindungsvertrag entgegen. Denn der Verstoß gegen eine Stimmbindungsvereinbarung
lässt die Wirksamkeit eines Gesellschaftsbeschlusses grundsätzlich unberührt und berechtigt regelmäßig nicht zur Anfechtung
des Gesellschafterbeschlusses.
Die Frage, ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw. Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Entscheidung
über den sozialversicherungsrechtlichen Status bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung
im Rahmen der insoweit zu treffenden Abwägung aller Umstände, beurteilt sich ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend
thematisch einschlägigen - sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des §
7 Abs.
1 SGB IV (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 27). Es liegt im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, die Frage der
Versicherungspflicht bzw. fehlender Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären,
weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers
und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann. Gerade dieses Postulat der Vorhersehbarkeit
ist es, das das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung prägt und von Wertungen des - an ganz anderen praktischen
Bedürfnissen ausgerichteten - Gesellschaftsrechts unterscheidet. Vor diesem Hintergrund ist sozialversicherungsrechtlich bedeutsam,
dass im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Minderheitenrechte eine ganz andere Stellung des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers
vermitteln als Vereinbarungen außerhalb des Gesellschaftsvertrages. Die Anforderungen an die Aufhebung gesellschaftsvertraglicher
Regelungen sind hoch: Der Beschluss über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages muss nach § 53 Abs. 2 GmbHG notariell beurkundet werden und bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Wer als Minderheitsgesellschafter
über eine solche ihm im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Sperrminorität verfügt, kann sich deshalb im Konfliktfall gegen eine
Entziehung seiner Sperrminorität wehren. Hinzu kommt, dass der Gesellschaftsvertrag und spätere Änderungen zur Eintragung
in das Handelsregister anzumelden sind (§§ 8, 54 GmbHG). Nur im Gesellschaftsvertrag selbst vereinbarte Minderheitenrechte können deshalb für die sozialversicherungsrechtliche
Beurteilung des Gesamtbildes ihrer Tätigkeit verlässlich bedeutsam sein, soweit daraus eine Selbstständigkeit hergeleitet
werden soll (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 32 m.w.N.).
Stimmbindungsverträge stellen rein schuldrechtliche Vereinbarungen dar. Nach der Rechtsprechung des BGH führen solche außerhalb
des Gesellschaftsvertrages auf Dauer eingegangenen schuldrechtlichen Abstimmungsverpflichtungen unter wechselseitiger Beteiligung
aller Gesellschafter an der Stimmbindungsvereinbarung regelmäßig zu einer Innengesellschaft bürgerlichen Rechts (§§
705 ff.
BGB), weil mit der koordinierten Ausübung der Stimmrechte ein gemeinsamer Zweck verfolgt wird (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 13/14 R -, juris, RdNr. 31 m.w.N.). Auch wenn sie auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden, sind sie jederzeit ordentlich kündbar
(§
723 Abs.
1 Satz 1
BGB).
Hier sollte die Vereinbarung zudem nur solange unkündbar sein, wie Darlehensforderungen gegen die Beigeladene zu 1. bestünden.
Durch die vollständige Rückzahlung des Darlehens hätte der Kläger dann mit vierwöchiger Kündigungsfrist von der Stimmrechtsbindung
freiwerden können. Mit dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Tätigkeiten ist nicht
vereinbar, dass der Eintritt dieser Bedingung jederzeit herbeigeführt werden konnte bzw. kann. Denn eine Abhängigkeit vom
rein faktischen, jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten ist mit der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher
Tatbestände nicht in Einklang zu bringen (vgl. Urteil des BSG vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R -, juris RdNr. 30).
Ungeachtet des Umstandes, dass das BSG die sogenannte Kopf- und Seele-Rechtsprechung inzwischen aufgegeben hat (vgl. Urteil des BSG vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R -, juris RdNr. 29 m.w.N.), sind hier keine tätigkeitsbezogenen Gründe für die Stimmrechtsbindung erkennbar. Bei dem weiteren
Gesellschafter neben dem Kläger, der A. GmbH & Co. KG, handelt es sich nicht um einen fachlich versierteren Gesellschafter,
sondern um jemanden, der als Fachfremder (lediglich) finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt hat. Vergleichbare Fachkenntnisse,
wie der Kläger sie als gelernter Brauer und langjähriger Mitarbeiter im Familienbetrieb aufweist, sind beim weiteren Gesellschafter
nicht vorhanden. Es dürfte auch der Interessenlage der vormaligen Hauptgesellschafterin der Beigeladenen zu 1., C. I.-S.,
entsprochen haben, den Kläger allmählich in eine Verantwortungsposition hineinwachsen zu lassen. Dementsprechend hat sie ihren
Anteil am Stammkapital kontinuierlich gesenkt und den des Klägers bis zur Hälfte erhöht, während die Bestimmung, dass Entscheidungen
nur mit einer Mehrheit von 75 Prozent der Stimmen bei der Verpflichtung, je Geschäftsanteil nur einheitlich abstimmen zu können,
nicht abgeändert worden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG und trägt dem (vollständigen) Unterliegen des Klägers Rechnung. Soweit die Beklagte im Verhandlungstermin beim Senat ein
Teilanerkenntnis in Bezug auf den Zeitraum vom 20. Juni bis zum 21. November 2011 abgegeben hat, führt dies nicht zu einem
abweichenden Ergebnis. Denn die Klage gegen den angefochtenen Bescheid war hinsichtlich des vorgenannten Zeitraums unzulässig,
da die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid über diesen Zeitraum keine Entscheidung getroffen hatte.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von
einer Entscheidung der in §
160 Abs.
2 Nr.
2 SGG genannten Gerichte abweicht.