Voraussetzungen einer Weiterbewilligung des Krankengeldes
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Fortzahlung eines Krankengeldes an den Kläger über den 29. September 2018 hinaus.
Der Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Die Mitgliedschaft basierte auf dem Bezug von Arbeitslosengeld I durch
den Kläger, der mit Ablauf des 10. Juli 2018 endete.
Während des Bezugs erhielt der Kläger durch seinen behandelnden Arzt ab dem 30. Mai 2018 die Diagnose des Erschöpfungssyndroms
in Form von Depressionen und die Diagnose der Gelenkschmerzen, wobei dies nahtlos durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis
einschließlich zum 28. September 2018 (Freitag) festgestellt wurde. Die weitere Arbeitsunfähigkeit wurde erst durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
vom 2. Oktober 2018 (Dienstag) festgestellt, die der Kläger am 5. Oktober 2018 einreichte.
Mit Bescheid vom 25. Oktober 2018 erklärte die Beklagte die Beendigung der Krankengeldauszahlung ab dem 28. September 2018
auf Grund der lückenhaften Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Dagegen legte der Kläger am 5. November 2018 Widerspruch ein.
Zur Begründung reichte der Kläger ein Attest seines behandelnden Arztes vom 31. Oktober 2018 ein, wonach der Kläger wegen
einer depressiven Episode (F32.2) mit Unruhe, Zukunftsängsten, Antriebsarmut, depressiver Stimmung und Weinerlichkeit behandelt
werden musste. Der Kläger habe aus Sicht seines behandelnden Arztes die rechtzeitige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch
sein Krankheitsbild verpasst. Der Kläger sei auch weiterhin arbeitsunfähig. Am 30. Oktober wurde eine Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit
bis zum 27. November 2018 festgestellt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit einem Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2019 zurück und bezog sich auf die geltende
Rechtslage gemäß §
46 Abs.
1 S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V), wonach die weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers spätestens am 1. Oktober 2018 hätte verlängert werden müssen,
um den Krankengeldanspruch nahtlos über den 28. September 2018 hinaus weiter aufrecht zu erhalten. Da hier kein Ausnahmefall
vorliege, wonach ein Verschulden auf Beklagtenseite oder die Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit des Klägers bestehe, könne
die Arbeitsunfähigkeit auch nicht rückwirkend festgestellt werden.
Am 28. März 2019, eingegangen am 1. April 2019, hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und die Verurteilung des Klägers unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Oktober 2018 und unter Aufhebung
des Widerspruchbescheides vom 27. Februar 2019 zur Zahlung von Krankengeld über den 28. September 2018 hinaus nach Maßgabe
der gesetzlichen Bestimmungen begehrt. Der Kläger behauptet, er sei nicht in der Lage gewesen, seine Arbeitsunfähigkeit nahtlos
feststellen zu lassen, dies ergebe sich aus dem Attest vom 31. Oktober 2018 seines behandelnden Arztes. Die Beklagte habe
sich nicht ausreichend mit dem Gesundheitszustand des Klägers auseinandergesetzt. Weiterhin meint der Kläger, die Beklagte
sei nicht ihrer gesteigerten Beratungs- und Hinweispflicht bezüglich der Notwendigkeit der nahtlosen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit
nachgekommen, woraus sich ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ergebe. Die Beklagte müsse in unübersehbarer und nachhaltiger
Weise ihren Versicherten verdeutlichen, dass der Verlust des Krankengeldanspruchs schon bei mangelnder lückenloser Attestierung
entstehe. Darüber hinaus bestehe ein Anspruch des Klägers aus dem Rechtsinstitut der Nachsichtgewährung, wonach in bestimmten
Fällen eine Berufung der Verwaltung auf ein Fristversäumnis treuwidrig sei. So ein Fall liege hier vor, da ein denkbar geringfügiger
Verstoß an eine offensichtlich unangemessene Rechtfolge geknüpft sei.
Die Beklagte hat an ihrer vorgerichtlichen Äußerung festgehalten, wonach ein Ausnahmefall zur rückwirkenden Feststellung der
Arbeitsunfähigkeit nicht vorliege. Nach Überzeugung der Beklagten liege eine Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit des Klägers
für den Tag des 01. Oktober 2018 nicht vor. Weiterhin bestehe ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch schon deswegen nicht,
da der Kläger in einem Beratungsgespräch mit der Beklagten vom 17. Juli 2018, in dem die Krankengeldantragspapiere aufgenommen
wurde über die Verpflichtung der lückenlosen Feststellung informiert wurde und überdies eine entsprechende schriftliche Information
erhalten habe. Zudem sei die Beklagte nicht gesondert zur Aufklärung der gesetzlichen Regelung und deren Folgen verpflichtet,
wie es durch das Bundessozialgericht (BSG) auch bestätigt worden sei.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 11. Juni 2020 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht die Fortführung der Zahlung des
Krankengeldes an den Kläger verwehrt, da die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt seien. Ein Anspruch des Versicherten
auf Krankengeld bestehe gem. §
44 Abs.
1 S. 1
SGB V, wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig mache. Dieser Anspruch beginne gem. §
46 Abs.
1 Nr.
1 SGB V in der Fassung vom 16. Juli 2015 von dem Tag der ärztlichen Feststellung an. Diese Norm sei jedoch weder als bloße Zahlungsvorschrift
noch als Anhalt zu bewerten, wonach der Krankengeldanspruch gem. §
44 SGB V schon bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entstehe. Das Ob und Wie des Anspruches bestimme sich nach dem jeweiligen
Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für das Krankengeld vorliege.
Eine Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung führe zu einer erneuten Prüfung der Anspruchsberechtigung, sodass
bei dem Kläger kein Anspruch mehr ab dem 28. September 2018 bestehe. Die Unterbrechung liege hierbei zwischen dem 29. September
2018 und dem 01. Oktober 2018 mangels ärztlicher Feststellung, da die Folgebescheinigung erst am 2. Oktober 2018 erstellt
worden sei. Eine rückwirkende Feststellung sei nicht geeignet, um für den Zeitraum vor der tatsächlichen Feststellung der
Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Krankengeld zu begründen. Damit habe ab dem 2. Oktober 2018 kein Versicherungsverhältnis
mit Anspruch auf Krankengeld bestanden. Der Versicherungsstatus des Klägers bis zum 28. September 2018 habe sich aus §
192 Abs.
1 Nr.
2 SGB V ergeben, wonach eine Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten bleibt, solange ein Anspruch auf Krankengeld bestehe.
Die auf Grund des Bezuges von Arbeitslosengeld durch den Kläger bestehende Versicherungspflicht habe demnach nur bis zum 28.
September 2018 fortgewirkt. Da ab diesem Zeitpunkt auch kein Anspruch mehr auf Krankengeld bestanden habe, sei der krankenversicherungsrechtliche
Status nunmehr entfallen. Dies ändere auch nicht die Vorschrift des §
46 S. 2
SGB V in der Fassung vom 16. Juli 2015, wonach der Anspruch auf Krankengeld jeweils bis zu dem Tag bestehen bleibe, an dem die
weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt werde, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens
am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolge; Samstage seien insoweit keine Werktage.
Für die Erfüllung dieser Voraussetzung hätte der Kläger jedoch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 1. Oktober 2018 (Montag)
erstellen lassen müssen. Zudem lägen keine durch die Rechtsprechung entwickelten Ausnahmefälle vor, wonach trotz der grundsätzlichen
Obliegenheit des Versicherten zur zeitgerechten ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, der Anspruch auf Krankengeld
bei lückenhafter Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht versagt werden dürfe. Bestünde eine Handlungs- und Geschäftsunfähigkeit
des Versicherten, sodass die rechtzeitige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht möglich sei, so sei der Tag des Beginns
der Arbeitsunfähigkeit und nicht der Tag der ärztlichen Feststellung der für die Berechnung des Krankengeldes maßgebende Zeitpunkt
und die unterbliebene Feststellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung könne ausnahmsweise rückwirkend nachgeholt werden.
Die Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit des Klägers sei hier jedoch nicht anzunehmen. Der durch den Kläger vorgelegte Attest
vom 31. Oktober 2018 führe lediglich aus, dass die Krankheit unter anderem ursächlich für das Verpassen der Ablauffrist gewesen
sei. Aus der dargelegten Mitursachlichkeit lasse sich keine Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit ablesen. Es werde nicht einmal
ausgeführt, dass die Krankheit alleinige Ursache für die verspätete Feststellung gewesen sei. Zudem sei es nicht ersichtlich,
warum der Kläger am 1.Oktober 2018 nicht in der Lage gewesen sei, die Arztpraxis aufzusuchen, ihm es jedoch am 2. Oktober
2018 wieder möglich gewesen sei. Anderweitige Ausnahmeumstände, wie die fälschliche Versagung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung,
die dem Verantwortungsbereich des Vertragsarztes oder den sonstigen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung berufenen
Personen oder Einrichtung durch beispielhaft irrtümlicherweise unterbliebene Feststellung nach einer Untersuchung oder rechtlich
falsche Beratung im Hinblick auf die Voraussetzungen des Anspruchs durch einen Vertragsarzt seien durch den Kläger nicht vorgetragen
worden, sodass diesbezügliche Ausführungen sich erübrigen würden. Weiterhin liege auch kein Anspruch auf einen sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch vor. Dafür bedürfe es einer nach den allgemeinen richterlichen Grundsätzen dem zuständigen Sozialträger
zuzurechnenden Pflichtverletzung, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden sei.
Eine der Beklagten zuzurechnende Pflichtverletzung liege nicht vor, da nach der Rechtsprechung des BSG die Krankenkassen nicht dazu verpflichtet seien, den Versicherten rechtzeitig vor Ablauf des schon festgestellten Arbeitsunfähigkeitszeitraumes
auf die gesetzliche Regelung und deren im Regelfall gravierenden Folgen hinzuweisen, auch eine Information in den Formularen
zur Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit sei nicht notwendig. Es bestehe keine Pflicht zur Aufklärung der Versicherten über
ihre Obliegenheiten, sodass es unerheblich sei, ob der Kläger über die Nahtlosproblematik aufgeklärt worden sei oder nicht.
Zudem bestehe auch kein Anspruch auf Nachsichtgewährung. In bestimmten Fällen könne eine Berufung der Verwaltung auf eine
Fristversäumung als treuwidrig und damit als rechtsmissbräuchlich bewertet werden. Die Herleitung bestehe jedoch bei diesem
Rechtsinstitut vornehmlich bei der Anwendung einer Fristversäumnis bei der Antragsstellung. Dabei sei die tragende Überlegung,
dass an einen geringfügigen Verstoß weittragende und offensichtlich unangemessene (unverhältnismäßige) Rechtsfolgen verknüpft
würden oder der Rechtsausübung kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liege. Im Hinblick auf die Nahtlosigkeit der Feststellung
der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe sich jedoch Richterrecht fortentwickelt, welches gerade in ausdifferenzierten Sonderfällen
eine Ausnahme von der strikten Rechtsfolge vorschreibe. Neben dieser ausdifferenzierten Rechtsprechung bestehe keine Anwendungsmöglichkeit
für das allgemeine Rechtsinstitut der Nachsichtgewährung.
Gegen diesen ihm am 15. Juni 2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 14. Juli 2020 Berufung eingelegt. Die Feststellung
der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung über den 28. September 2018 hinaus sei wirksam am 2. Oktober 2018 erfolgt und gelte somit
auch für den 1. Oktober 2018; dies ergebe sich direkt aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Herrn Dr. med. Ö. vom 2.
Oktober 2018. Dabei sei insbesondere zu beachten, dass es sich hierbei um eine Folgebescheinigung und nicht um eine Erstbescheinigung
handele. Eine rückwirkende Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit sei auf Grund der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie in der ab
Oktober 2018 geltenden Fassung zulässig. Diese stelle den Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit dar. Gem. § 5
Abs. 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien sei eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf einen
vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ebenso wie eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit
ausnahmsweise und nach gewissenhafter Prüfung in der Regel bis zu drei Tagen zulässig, sodass auch eine rückwirkende Bescheinigung
über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit für die Zeit ab dem 29. September 2018 wirksam sei. Zudem liege hier ein von
der Rechtsprechung fortentwickelte Ausnahmefall vor, wonach trotz lückenhafter Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch
auf Krankengeld nicht versagt werden dürfe. Entgegen der Ansicht des SG reiche es aus, dass die Erkrankung des Klägers mitursächlich dafür gewesen sei, warum dieser am 1. Oktober 2018 nicht zu
seinem behandelnden Arzt gegangen sei. Es müsse mitnichten ein Fall der Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit vorliegen, im
Lichte der Rechtsprechung des BSG komme es vielmehr darauf an, ob der Kläger in Bezug auf seine Obliegenheit dazu in der Lage war, seine Ansprüche zu wahren.
Die Maßgabe der Rechtsprechung alles in seiner Macht Stehende und Zumutbare zu tun, werde maßgeblich daran gemessen, inwieweit
er durch die Art seiner Erkrankung hieran gehindert und beeinflusst gewesen sei. Der Kläger meint demnach, dass die Krankheit
nicht alleinige Ursache für eine angeblich verspätete Feststellung sein müsse. Dies sei vergleichbar mit der Situation, in
der formuliert worden wäre, dass „infolge“ der Krankheit des Klägers die verspätete Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erfolgt
wäre. Die Formulierung „infolge“ bedeute, dass das Handeln oder Unterlassen für einen bestimmten Erfolg kausal geworden sei,
wobei eine Alleinursächlichkeit nicht angenommen werden müsse, sondern die Mitursächlichkeit eines Handelns für den eingetretenen
Erfolg ausreiche. Hintergrund dieser Auslegung sei eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wobei dies zwar auf dem Gebiet
des Zivilrechts geschehen sei, die dort vorgenommene Auslegung jedoch eine rechtübergreifende Wirkung habe. Weiterhin bestehe
entgegen der Ansicht des SG für die Krankenkassen eine Verpflichtung, ihre Versicherten allumfassend über deren Pflichten und deren Folgen bei Nichtbeachtung
aufzuklären, sodass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch Bestand habe. Die Anforderungen seien umso höher, je weitreichender
die Folgen einer Obliegenheitsverletzung des Versicherten seien. Gerade in diesem Fall gelte eine besondere Aufklärungspflicht.
Es gelte nicht anderes als im Zivilrecht, wo die Vertragspartner zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet seien. Der
Kläger meint, dass sich auch aus dem Rechtsinstitut der Nachsichtgewährung auf Grund eines geringfügigen Verstoßes mit weittragender
und offensichtlich unangemessener (unverhältnismäßiger) Rechtsfolge oder einer Rechtsausübung ohne schutzwürdiges Interesse
ein Anspruch ergebe. Das SG habe dies nicht ausreichend geprüft. Der Kläger sei fast vierzig Jahre berufstätig gewesen und habe die Beklagte in diesem
Zeitraum nicht in Anspruch genommen, sodass es nach Treu und Glauben schon nicht nachvollziehbar sei, dass dem Kläger eine
seine Lebensgrundlage bildende Leistung in Gestalt des Krankengeldes entzogen werde. Zudem sei die Obliegenheitsverletzung,
würde sie bestehen, bei einer ärztlichen Feststellung nur einen Tag zu spät, so denkbar gering, dass daraus eine völlig unangemessene
Rechtsfolge resultieren würde. Es bestehe zu Gunsten der Beklagten kein schutzwürdiges Interesse an einer Rechtsausübung bei
einer im Bagatellbereich liegenden angeblichen Obliegenheitsverletzung des Klägers. Dies ergebe sich auch aus der Rechtsprechung
des BSG, wonach der Schutzzweck der Norm die Vermeidung des Missbrauchs von Krankengeld darstelle, was dem Kläger vorliegend nicht
angelastet werden könne.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Juni 2020, Aktenzeichen: S 6 KR 1058/19 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Oktober 2018 und unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides
vom 27. Februar 2019 über den 28. September 2018 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und nimmt hierauf sowie auf ihren bisherigen Vortrag Bezug.
Auf gerichtliche Nachfrage hat Herr Dr. Med. Y. am 13. November 2020 aus der dem Kläger behandelnden Praxis weiter ausgeführt,
dass die Praxis am Freitag dem 28. September 2018 nur vormittags geöffnet gewesen sei. Der dem bereits dem Gericht vorliegende
ärztliche Attest über den Gesundheitszustand des Klägers sei von Herrn Dr. med. Ö., einem nicht mehr in der Praxis tätigen
Kollegen, verfasst worden. Der Patient sei während seiner regelmäßigen auch teilstationären Behandlungen medikamentös behandelt
worden und sei stets compliant, dies spreche gegen eine absichtliche oder argwöhnische und nicht krankheitsbedingte Versäumnis
des Termins. Menschen mit Depressionen, die auch unter schweren Schlafstörungen aber auch Konzentrationsstörungen litten,
seien häufiger nicht in der Lage entsprechende Termine wahrzunehmen, insbesondere wenn der Termin an einem Vormittag sei.
Es sei zu vermuten, dass der Patient, wenn nicht der 28. ein Freitag gewesen wäre, am Folgetag erschienen wäre. Demnach sei
seine Handlung aus Sicht seiner behandelnden Ärzte auch krankheitsbedingt. Zudem habe der Patient sich bei der Krankschreibung
zum 28. September 2018 keinen Folgetermin geben lassen, dies passiere häufig bei Menschen mit Depressionen.
In Ergänzung des Tatbestandes wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten
und den weiteren Inhalt der Prozessakte sowie der herbeigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Gem. §
155 Abs.
1 SGG konnte mit Einverständnis der Beteiligten der Berichterstatter als Einzelrichter über die Sache entscheiden. Auf Grund der
Einlegung der Berufung nach Erlass eines Gerichtsbescheides wurde am 29. April 2020 im Sinne des §
105 Abs.
2 S. 3
SGG mündlich verhandelt.
Die statthafte (§§
143,
144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§
151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs.
1, 4
SGG) zu Recht im vollen Umfang abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die nachträgliche Feststellung des Krankengeldes
sowie dessen Zahlung in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum über den 28. September 2018 hinaus.
Die Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung eines Krankgengeldes für Versicherte der GKV ergibt sich aus
§
44 Abs.
1 und §
46 S. 1 Nr.
2 SGB V in der bis zum 11. Mai 2019 geltenden Fassung (§
44 und §
46 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung und Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz
– GKV-VSG) vom 16. Juli 2015, BGBl. 2015 I, 1211) iVm mit §
192 Abs.
1 Nr.
2 SGB V, wonach das Fortbestehen der Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bestimmt wird.
Der Versicherungsanspruch des Klägers ergab sich lückenlos bis zum 28. September 2018, wurde sodann unterbrochen und ist auch
nicht rückwirkend festzustellen. Die Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren geben keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen
Bewertung als die des SG.
Bis zum Ablauf des Bezugs von Arbeitslosengeld I am 10. Juli 2018 bestand ein Krankenversicherungsanspruch im Rahmen der Pflichtversicherung
innerhalb der GKV gem. §
5 Abs.
1 Nr.
2 SGB V. Auf Grund der ärztlich attestierten Erkrankung erfolgte die Erhaltung der Mitgliedschaft durch den Anspruch auf Krankengeld
gem. §
192 Abs.
1 Nr.
2 SGB V bis einschließlich zum 28.09.2018 (Freitag). Am 01.10.2018 (Montag) ließ sich der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit nicht bescheinigen,
sondern erst am 2.10.2018 (Dienstag), sodass nach den gesetzlichen Vorgaben des §
46 S. 2
SGB V kein Anspruch auf Krankengeld mehr bestand. Nach dem Gesetzeswortlaut bleibt der Anspruch auf Krankengeld jeweils bis zu
dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche
Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Dabei wurde
in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass maßgebend für den Beginn der Krankengeldzahlung nicht der „wirkliche“ oder der
„ärztlich attestierte“ Beginn der Arbeitsunfähigkeit ist, sondern der Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung (BSG Beschl. v. 5.6.2019 – B 3 KR 56/18 B, BeckRS 2019, 15618; BSG Urt. v. 11.5.2017 – B 3 KR 22/15 R, BeckRS 2017, 126217), sodass der Krankengeldanspruch mit dem 28. September 2018 nicht mehr bestand. Entgegen der Ansicht
des Klägers finden die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien als arbeitsrechtliche Vorgaben zur rückwirkenden Bescheinigung bis
zu drei Tagen keine Anwendung.
Dem SG folgend greifen auch die von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen von den Grundsätzen des §
46 S. 2
SGB V nicht, wonach durch die Säumnis der festgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am nächsten Werktag kein Rechtsverlust
entsteht. Zu unterscheiden sind in der, entsprechend dem SG, zwei Fallgruppen. Diese beiden Fallgruppen haben sich aus der Annahme entwickelt, wonach die Verhinderung oder Verzögerung
der ärztlichen Feststellung, die nicht im Verantwortungsbereich des gesetzlichen Versicherten liegt, den Krankenkassen zugerechnet
werden muss (m. w. N. BSG Urt. v. 11.5.2017 – B 3 KR 22/15 R, BeckRS 2017, 126217). Zum einen besteht die Möglichkeit einer nachträglichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei der
Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit des gesetzlich Versicherten (1. Fallgruppe). Zum anderen beschränkt sich die Obliegenheit
der rechtzeitigen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auf das Zumutbare, wenn der Versicherte alles in seiner Macht Stehende
zur Erfüllung der Voraussetzungen des §
46 SGB V getan hat, er durch eine auch nichtmedizinische Fehlentscheidung des Vertragsarztes gehindert wurde und seine Rechte bei
der Krankenkasse unverzüglich, spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des §
49 Abs.
1 Nr.
5 SGB V, nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend macht (2. Fallgruppe).
Das SG hat, den Grundsätzen der Rechtsprechung des BSG folgend (st. Rspr. seit BSG Urt. v. 22.6.1966 – 3 RK 14/64, BeckRS 1966, 30807843), zutreffend entschieden, dass die Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit des Klägers bezüglich der
rechtzeitigen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht anzunehmen ist.
Die Geschäftsunfähigkeit richtet sich nach den Vorgaben des §
104 Nr. 2
BGB und bedeutet eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit andauernder Natur. Eine Handlungsunfähigkeit muss so erheblich
sein, dass sie mit der Geschäftsunfähigkeit vergleichbar ist (LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 19.8.2019 – L 9 KR 64/19, BeckRS 2019, 20751). Damit werden Ausnahmefälle abgedeckt, wie Bergunfälle mit Rettung erst nach einigen Tagen und Ohnmachtsunfälle
Alleinstehender mit Auffindung erst Tage später, in denen es dem Versicherten objektiv unmöglich erscheint, eine ärztliche
Feststellung einzuholen (vgl. KassKomm/ Schifferdecker, 112. EL Dezember 2020,
SGB V §
46 Rn. 41).
Das SG Aachen ist bei Depressionen auch von einer Handlungsunfähigkeit im tatsächlichen Sinne ausgegangen. So könne durch
eine schwere Depression ein Zustand eintreten, der den Versicherten gewissermaßen körperlich handlungsunfähig mache (SG Aachen
Urt. v. 14.3.2017 – S 13 KR 312/16, BeckRS 2017, 105077, Rn. 23 f.).
Bei dem Kläger wurde eine depressive Episode (F32.2) diagnostiziert. Darüber hinaus wurde er medikamentös behandelt.
Da eine Geschäftsunfähigkeit nicht in Betracht kommt, lässt sich nur an eine vorübergehende Handlungsunfähigkeit anknüpfen.
Laut dem Befundbericht seines Arztes war die Praxis am 28. September 2018 nur am Vormittag geöffnet. Gerade Termine in den
Morgenstunden nicht annehmen zu können, sei Ausdruck der Krankheit. Daraus lässt sich jedoch nicht schlüssig begründen, warum
der Kläger nicht am Montag den 1. Oktober 2018 in der Lage war, die Praxis zur Erstellung der Arbeitsunfähigkeit aufzusuchen.
Im Gegensatz dazu war es dem Kläger am 2. Oktober 2018 jedoch möglich, in der Praxis zu erscheinen, sodass aus objektiver
Sicht die ärztliche Feststellung erfolgen konnte. Kognitiv hat er die Notwendigkeit der lückenlosen Feststellung verstanden.
Es ergeben sich nicht ausreichend Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger auf Grund seines psychischen Zustands außerstande war,
seine Arbeitsunfähigkeit am 28. September 2018 oder am 1. Oktober 2018 attestieren zu lassen. Das Berufungsgericht verkennt
zwar nicht die psychische Ausnahmesituation in der sich der Kläger durch seine Krankheit befand, allerdings muss die vorübergehende
Handlungsunfähigkeit so schwerwiegend sein, dass sie mit der Geschäftsfähigkeit gem. §
104 Nr. 2
BGB rechtlich vergleichbar ist. Die Schranken an die Annahme einer Handlungsunfähigkeit sind demnach sehr hoch zu setzen.
Der Kläger hat angegeben, dass es ihm in dem betreffenden Zeitraum psychisch sehr schlecht ging und sich immer nur an Termine
halten konnte, wenn diese ihm gegeben wurden. Er habe die volle Verantwortung in seiner Familie und habe auch keine Hilfe
zum Beispiel durch seine Frau in Anspruch nehmen können.
Die Einschränkungen durch Schlafstörungen, stark geprägte negative Gedanken und verstärkte Antriebslosigkeitist unbestreitbar
stark lebenseinschränkend, jedoch nicht in der gleichen Art erheblich wie bei einer Person, die sich in einem die freie Willensbestimmung
ausschließenden Zustand befindet (vgl. Spickhoff/Spickhoff, 3. Aufl. 2018,
BGB §§
104-105a Rn. 4). Dabei ist entgegen der Ansicht des Klägers insbesondere erheblich, dass die lückenlose Feststellung maßgeblich
auf der Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit beruht, eine Mitursächlichkeit ist dabei nicht ausreichend und wird den hohen
Anforderungen nicht gerecht.
Die Ausführungen der Klägerseite im Berufungsverfahren geben auch keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen Bewertung bezüglich
der 2. Fallgruppe. Es kann dahinstehen, ob der Kläger alles in seiner Macht Stehende getan hat, da er bei der Wahrung der
Krankengeldansprüche nicht durch eine (auch nichtmedizinische) Fehlentscheidung des Vertragsarztes gehindert wurde.
Eine Vielzahl von Entscheidungen des BSG hat sich mit der Frage der Risikoverteilung zwischen den Krankenkassen und den Versicherten beschäftigt. Die frühere Rechtsprechung
des 1. Senats ist als restriktiv zu bewerten, wonach der Versicherte auch dann das Risiko für den Wegfall des Krankengeldes
trug, wenn ein Arzt eine Untersuchung verweigerte oder falsch beriet (BSG Urt. v. 16.12.2014 – B 1 KR 19/14 R, BeckRS 2015, 66096; BSG Urt. v. 4.3.2014 – B 1 KR 17/13 R, BeckRS 2014, 68476; KassKomm/Schifferdecker, 112. EL Dezember 2020,
SGB V §
46 Rn. 43). Von dieser Auffassung weichte der nunmehr alleine für das Krankengeld zuständige 3. Senat ab (BSG Urt. v. 11.5.2017 – B 3 KR 22/15 R, BeckRS 2017, 126217).
Danach steht dem Krankengeldanspruch Versicherter eine nachträglich erfolgte ärztliche Arbeitsunfähigkeitsfeststellung nicht
entgegen, wenn
1. der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, indem er einen
zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt persönlich aufgesucht und ihm seine Beschwerden geschildert hat, um
a. die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erreichen, und
b. dies rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. -erhaltenden zeitlichen Grenzen für den Krankengeldanspruch erfolgt
ist,
2. er an der Wahrung der Krankengeldansprüche durch eine (auch nichtmedizinische) Fehlentscheidung des Vertragsarztes gehindert
wurde (zB eine irrtümlich nicht erstellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung), und
3. er – zusätzlich – seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich, spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des §
49 Abs.
1 Nr.
5 SGB V, nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend macht.
Diese Voraussetzungen müssen kumulativ nebeneinanderstehen. Auf Seiten des Vertragsarztes ist kein Fehlverhalten vorgetragen
worden. Auch wenn man diese Voraussetzung auf Handlungen der Beklagten überträgt, ergibt sich kein Verstoß, der der Wahrung
des Krankengeldanspruches des Klägers entgegenstand. Die Annahme der Klägerin geht fehl, wenn sie behauptet, die Beklagte
sei zur Information über die Notwendigkeit der lückenlos ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und deren Rechtsfolgen
bei Nichteinhaltung verpflichtet. Es besteht keine Obliegenheit der Krankenkassen von sich aus auf die Notwendigkeit der erneuten
ärztlichen Feststellung der Krankheit vor Ablauf des Zeitraumes der Arbeitsunfähigkeit hinzuweisen (BSG Urt. v. 16.12.2014 – B 1 KR 25/14, BeckRS 2015, 66097, Rn. 16 mwN; BSG Urt. v. 10.5.2012 – B 1 KR 19/11 R, BeckRS 2012, 72145, Rn. 27).
Aus diesem Grundgedanken heraus lässt sich auch keine Pflichtverletzung der Beklagten für den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch
des Klägers erkennen. Ob die Beklagte tatsächlich die Aufklärungsformulare über die Rechtsfolgen einer lückenhaften Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
an den Kläger ausgehändigt hat, ist unerheblich, da der Herstellungsanspruch schon nicht eingreift, wenn eine allgemeine Aufklärung
nach §
13 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) unterblieben ist (stRspr BSG Urt. v. 10.05.2012 - B 1 KR 19/11 R mwN, BeckRS 2012, 72145, Rn. 27; BSG Urt. v. 21-06-1990 - 12 RK 27/88, NVwZ-RR 1991, 646, 647). Die Situation einer Spontanberatungspflicht (vgl. BSG Urt. v. 28.09.2010 - B 1 KR 31/09 R mwN, BeckRS 2010, 74986, Rn. 19) ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, da es für die Beklagte keine Möglichkeit gab
zu erkennen, dass der Kläger den vorgesehenen Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit verstreichen lasse.
Entgegen der Ansicht des Klägers und dem SG folgend besteht das Institut der Nachsichtgewährung vorliegend nicht. Dabei entsteht schon gar keine Prüfung der Tatbestandsvoraussetzung,
da diese Rechtsfigur nicht anwendbar ist.
Schutzzweck dessen ist die Kompensation des Fehlens einer gesetzlichen Wiedereinsetzungsregelung (vgl. KassKomm/Mutschler,
112. EL Dezember 2020, SGB X § 27 Rn. 25); die Voraussetzung der rückwirkenden Feststellung sind in ständiger Rechtsprechung (insbesondere durch BSG Urt. v. 11.5.2017 – B 3 KR 22/15 R) entschieden worden und hier nicht einschlägig. Dass der Kläger vorher 40 Jahre berufstätig war und die Beklagte nicht in
Anspruch nahm, ist aus Sicht des Gerichts für den Kläger sehr bedauerlich, aber Ausdruck des Solidaritätsprinzips und kann
als Argument für die rückwirkende Feststellung, auch bei den finanziellen Folgen für den Kläger, nicht dienen.
Die Rechtsfigur der Nachsichtgewährung verliert durch die festgelegten Ausnahmevorschriften ihre eigenständige Bedeutung und
würde andernfalls die bereits bestehenden Ausnahmetatbestände umgehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer Anwendung des §
183 und
193 SGG.