Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren
Keine grundsätzliche Bedeutung von Rechtsfragen in einem Rechtsstreit über die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen der
Grundsicherung nach dem SGB II
Gründe
I.
Mit Bescheid vom 03.07.2019 bewilligte der Beklagte den Klägern als Bedarfsgemeinschaft vorläufig Grundsicherungsleistungen
nach dem SGB II für die Zeit vom 01.05.2019 bis 31.10.2019 nach § 41a SGB II. Im Mai 2019 nahm der Kläger zu 1. eine abhängige Beschäftigung auf. Das Entgelt wurde dem Kläger zu 1. jeweils im Folgemonat
ausgezahlt.
Mit bestandskräftigen Bescheid vom 31.10.2019 setzte der Beklagte die Höhe der Leistungsansprüche abschließend fest und zwar
i.H.v. insgesamt 1.648,00 € für Mai 2019, i.H.v. insgesamt 1.365,84 € monatlich für Juni 2019 bis Juli 2019, i.H.v. insgesamt
1370,50 € für August 2019 sowie i.H.v. insgesamt 1.421,42 € monatlich für September 2019 bis Oktober 2019. Des Weiteren verfügte
er eine Nachzahlung für die Zeit vom 01.07.2019 bis 31.10.2019. Er rechnete auf dem Gesamtbedarf der Kläger für die Zeit vom
01.06.2019 bis 31.10.2019 u.a. ein Durchschnittseinkommen des Klägers zu 1. i.H.v. 282,15 € monatlich an. Der Berechnung des
Durchschnittseinkommens lag die Summe des in der Zeit vom 01.06.2019 bis 31.10.2019 zugeflossenen Erwerbseinkommens dividiert
durch fünf Monate zugrunde.
Im Februar 2020 beantragten die Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 31.10.2019. Sie hätten einen höheren Leistungsanspruch
für die Monate Juni bis Oktober 2019.
Mit Bescheid vom 19.06.2020, adressiert an den Kläger zu 1., teilte der Beklagte mit, dass seinem Antrag vom 26.02.2020 auf
Überprüfung des Bescheides vom 31.10.2019 in vollem Umfang entsprochen werde. Der Bescheid vom 31.10.2019 werde entsprechend
zurückgenommen und die Leistungen durch dem beigefügten Bescheid neu festgesetzt.
Mit Änderungsbescheid vom 19.06.2020, adressiert an den Kläger zu 1., bewilligte der Beklagte den Klägern Grundsicherungsleistungen
für Mai 2019 bis Juli 2019 i.H.v. insgesamt 1.426,22 € monatlich, für August 2019 i.H.v. insgesamt 1.430,87 € sowie für September
2019 bis Oktober 2019 i.H.v. insgesamt 1.481,78 € monatlich. Er führte aus, dass die neue Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
vom 11.07.2019 - B 14 AS 44/18 R - bei der Einkommensanrechnung berücksichtigt worden sei. Das Einkommen, das der Kläger zu 1. in fünf Monaten erzielt habe,
werde auf sechs Monate aufgeteilt auf den gesamten Zeitraum angerechnet. Die Kläger hätten somit einen Nachzahlungsanspruch
i.H.v. 301,85 € für die Zeit vom 01.06.2019 bis 31.10.2019, der eine Überzahlung i.H.v. 221,78 € für Mai 2019 gegenüberstehe.
Beide seien direkt miteinander verrechnet worden. Folglich erhielten die Kläger eine Nachzahlung i.H.v. 80,70 €.
Gegen den Leistungsbescheid vom 19.06.2020 legten die Kläger Widerspruch ein und beantragten den Bescheid hinsichtlich der
Leistungsgewährung für den Monat Mai 2019 aufzuheben. Sie führten aus, der Bescheid sei insbesondere im Hinblick auf die Regelung
für den Monat Mai 2019 rechtswidrig. Der Beklagte habe die endgültige Festsetzung vom 31.10.2019 für Mai 2019 zu Ihren Lasten
abgeändert. Es sei nicht zu erkennen, nach welcher Ermächtigungsgrundlage dies erfolgt sein solle. Eine solche sei dem Gesetz
nicht zu entnehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2020 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, dass bei
Anträgen nach § 44 SGB X nicht immer von einer Verbesserung auszugehen sei, sondern auch eine Verböserung eintreten könne. Ein Antrag nach § 44 SGB X könne auch zum Nachteil des Leistungsempfängers ausgehen. Da das Recht unrichtig angewandt worden sei, sei der Änderungsbescheid
vom 19.06.2020 erlassen worden. Nach erfolgter Rücknahme eines Bescheides im Verfahren nach § 44 SGB X sei regelmäßig das ursprüngliche Verwaltungsverfahren durch eine Neuentscheidung zu beenden. Diese Neuentscheidung erfolge
- schon wegen der Bindung der Behörde an das zum Zeitpunkt der Entscheidung geltende Recht - auf der Grundlage des Rechts
zum Zeitpunkt der Neuentscheidung. Daran schließe sich noch - zumindest in Fällen der Rücknahme nach § 44 Abs. 1 SGB X - die Umsetzung der Leistungsbewilligung durch die konkrete Leistungsgewährung an. Ob der Betroffene damit so gestellt werde,
wie er bei richtiger Rechtsanwendung im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausgangsbescheides gestanden hätte, hänge davon ab,
ob das materielle Recht diese Entscheidung ermögliche. Seien dagegen in der Zwischenzeit Rechtsänderungen eingetreten, könne
dies ausgeschlossen sein. Sollte sich die Rechtsposition des Betroffenen inzwischen entsprechend verschlechtert haben, so
könne dies bei der Neuentscheidung nicht unberücksichtigt bleiben. Die von den Klägern vorgenommene Anfechtung eines Einzelmonats
im gesamten Bewilligungszeitraum sei nicht möglich. Dies folge aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 11.07.2019
- B 14 AS 44/18 R. Danach sei das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit auf Monate des Bewilligungszeitraumes zu verteilen. Der Bewilligungszeitraum
habe im Mai 2019 begonnen und sei im Oktober 2019 geändert. Im Ergebnis seien die Kläger mit dem Änderungsbescheid bessergestellt
worden als mit dem endgültigen Bescheid vom 31.10.2019. Sie hätten eine Nachzahlung von 80,07 € erhalten.
Am 14.10.2020 haben die Kläger Klage mit dem Begehren erhoben, den Bescheid vom 19.06.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 14.09.2020 aufzuheben, soweit darin eine Regelung für Mai 2019 getroffen werde.
Sie haben vorgetragen, dass sie im Hinblick auf ihre Leistungsansprüche für Mai 2019 keinen Überprüfungsantrag gestellt hätten.
Ihr Überprüfungsantrag sei auf den Zeitraum von Juni 2019 bis Oktober 2019 beschränkt gewesen. Es sei rechtlich zulässig nur
die Monate anzufechten, für die eine Beschwer bestehe. Die Anfechtung der Monate, für die keine Beschwer bestehe, wäre unbegründet.
Der Beklagte sei nicht berechtigt, ihnen nach einem Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X geringere Leistungen zu bewilligen. Eine solche Aufhebung sei allenfalls nach den Regelungen der §§ 45 ff. SGB X möglich.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass er im Zugunstenverfahren nicht mehr und nicht weniger gehalten sei, bei fehlerhafter
Rechtsanwendung den materiell rechtmäßigen Zustand herzustellen. Nicht sei er jedoch durch die Überprüfung dazu aufgefordert
im Rahmen dieser Vorprüfung einen rechtswidrigen Zustand zu perpetuieren oder gar herzustellen. Dies würde geschehen, wenn
bei dem im Rahmen der Überprüfung angezeigten Bildung des Durchschnittseinkommens ein Monat entgegen § 41 Abs. 4 SGB II ausgeklammert und hiermit eine Bedarfsüberdeckung herbeigeführt würde. Dies würde auch dem klaren Wortlaut des §§ 44 SGB X entgegenlaufen. Dieser fordere eine Rücknahme "soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind". Die
Rücknahme (und Nachzahlung) werde mithin auf den Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit begrenzt
Mit Urteil vom 09.03.2021 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen den Bescheid vom 19.06.2020 Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 14.09.2020 hinsichtlich des Monats Mai 2019 aufgehoben. Bei dem zu überprüfenden Bescheid vom 31.10.2019 habe es sich
um einen "nicht begünstigenden Bescheid" bezüglich der Monate Juni 2019 bis Oktober 2019, sowie um einen begünstigenden Bescheid
bezüglich des Monats Mai 2019 gehandelt. Insofern habe aber eine Aufhebung der Leistungsbewilligung für Mai 2019 nach §§ 45, 48 SGB X zur erfolgen. Verwaltungsakte besäßen häufig sowohl begünstigende als auch nicht begünstigende Regelungsinhalte. Solle der
begünstigende Teil aufgehoben oder geschmälert werden, so käme § 45 SGB X zur Anwendung; handle es sich dagegen um eine Aufhebung zugunsten des Betroffenen finde § 44 SGB X Anwendung. Die Eigenschaft "begünstigend" und "nicht begünstigende" ließe sich nicht isoliert einem Verwaltungsakt zuweisen.
Vielmehr hänge die Zuordnung vom Inhalt der beabsichtigten Änderung ab. So sei die Beurteilung danach vorzunehmen, ob die
Aufhebung objektiv zugunsten des Betroffenen oder zu seinen Lasten erfolge.
Gegen das ihm am 12.03.2021 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 18.03.2021 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben.
Er wiederholt im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Der Streitsache komme eine grundsätzliche
Bedeutung zu. Das Urteil des Sozialgerichts laufe dem klaren Wortlaut des §§ 44 SGB X entgegen. Die Rücknahme und Nachzahlung werde auf den Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit begrenzt. Er sei einer Vielzahl
von Verfahren ausgesetzt, in denen der Streitgegenstand bei angegriffener, nicht vorgenommener Durchschnittsberechnung auf
die Monate beschränkt werde, die klägergünstig seien. Schließlich werde § 41 Abs. 6 SGB II ausgehöhlt. Die Beschränkung des Streitgegenstandes auf Einzelmonate sei somit ausgeschlossen. Die Beschränkung habe automatisch
die Rechtswidrigkeit des übrig gebliebenen Teils zur Folge, da eine Anrechnung und mithin gewollte Gesamtsaldierung nicht
mehr erfolgen könne.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig (1.), jedoch unbegründet (2.).
1. Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie nach §
145 Abs.
1 S. 1
SGG statthaft. Danach kann die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht durch Beschwerde angefochten werden. Das Sozialgericht
hat die Berufung in seinem Urteil nicht zugelassen. Ohne eine solche Zulassung ist die Berufung nicht statthaft, weil der
Wert des Beschwerdegegenstandes den nach §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGG erforderlichen Wert von mehr als 750,00 € nicht erreicht. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 19.06.2020
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2020, mit welchem der Beklagte die abschließende Festsetzung der Leistungsansprüche
der Kläger für den Monat Mai 2019 im Bescheid vom 31.10.2019 von 1.648,00 € auf 1.426,22 € herabgesetzt, also um 221,78 €
gemindert hat.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zulassungsgründe nach §
144 Abs.
2 SGG liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist die Berufung zuzulassen, wenn
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten
Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung
beruhen kann.
a) Die Streitsache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Das ist nur dann der Fall, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte
Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung
des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt nicht (Leitherer in Meyer - Ladewig,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
144 Rn. 28 f. m.w.N.). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits
von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (vgl. BSG, Beschluss vom 15.09.1997 - 9 BVg 6/97 zum gleichlautenden §
160 SGG). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein.
Der Sache kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG zu, da sie keine Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und
die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Es ist in der Rechtsprechung des BSG bereits geklärt, dass die Beschränkung eines Leistungsbegehrens auf einzelne Monate des im angefochtenen Bescheid geregelten
Bewilligungsabschnittes im Klageverfahren zulässig ist, weil das SGB II von einer monatsweisen Berechnung der Leistungen im Regelfall ausgeht (§ 41 Abs. 1 SGB II, BSG, Urteil vom 30.03.2017- B 14 AS 18/16 R). Dies ist auch bei einer abschließenden Festsetzung von vorläufig bewilligten Grundsicherungsleistungen für eine Bewilligungsabschnitt
nach § 41a Abs. 3 SGB II der Fall. Das Bundessozialgericht hat in der Entscheidung vom 11.07.2019 - B 14 AS 44/18 R - ausgeführt, dass § 41a Abs. 4 S. 1 SGB II (i.d.F. des Gesetzes vom 26.07.2016
BGB .I 1824 mit Wirkung zum 01.08.2016 - a.F.) zwar eine gesetzliche Abweichung vom Monatsprinzip im SGB II bei der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens im Fall der abschließenden Festsetzung nach § 41a Abs. 3 SGB II a.F. regelt (Rn. 37). Es hat aber auch in diesem Verfahren es für zulässig erachtet, dass die Klägerin ihr Begehren auf höhere
Leistungen auf einen Monat des im angefochtenen Bescheid geregelten Bewilligungsabschnittes beschränkt hat (Rn. 10).
Diese Möglichkeit der Beschränkung des Begehrens auf einzelne Monate des zur Überprüfung gestellten Bewilligungsbescheides
gilt auch im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X. Dies folgt zu einem aus der Regelungswirkung einer abschließenden Festsetzung nach § 41a Abs. 3 SGB II. Denn durch eine solche abschließende Festsetzung wird die Höhe des monatlichen Individualanspruchs des Leistungsberechtigten
für einen bestimmten Bewilligungszeitraum festgesetzt. Zum anderen bestimmt ein Antrag, wenn die Überprüfung eines Bescheides
aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten nach § 40 Abs. 1 S. 1 SGB II (i.d.F. des Gesetz vom. 29.04.2019, BGBl I 530) i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X erfolgt, den Umfang des Prüfauftrags der Verwaltung im Hinblick darauf, ob bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig
angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist (BSG, Urteil vom 13.02.2014 - B 4 AS 22/13 R). Die Beschränkung des Überprüfungsantrags auf bestimmte Zeiträume ist damit für den Umfang des Prüfauftrags maßgebend.
Es ist auch geklärt, dass ein rechtswidriger Verwaltungsakt sowohl begünstigend wie auch nicht begünstigend sein kann (BSG, Urteil vom 28.09.1999 - B 2 U 32/98 R; Steinwedel in Kasseler Kommentar, 112. EL Dezember 2020, SGB X § 44 Rn. 12). Ein leistungsgewährender Verwaltungsakt ist insoweit nicht begünstigend, als er keine höhere Leistung gewährt. Daher
war die abschließende Festsetzung der monatlichen Leistungsansprüche der Kläger für die Monate Juni 2019 bis Oktober 2019
für diese wegen der unzutreffender Berechnung des nach § 41a Abs. 4 S. 1 SGB II maßgeblichen Durchschnittseinkommens nicht begünstigend, jedoch für den Monat Mai 2019 begünstigend.
Soll jedoch der begünstigende Teil eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes aufgehoben oder geschmälert werden, kommt als Rechtsgrundlage
§ 45 SGB X zur Anwendung; handelt es sich dagegen um eine Aufhebung zugunsten des Betroffenen findet § 44 SGB X Anwendung. Es kann im Ergebnis dazu führen, dass die Voraussetzungen des § 44 SGB X erfüllt sind, nicht jedoch die des §§ 45 SGB X, sodass der Leistungsberechtigte nach der Korrektur auf Grundlage von § 44 SGB X bessergestellt ist, als er bei einem rechtmäßigen Erlass des Verwaltungsaktes gestellt gewesen wäre. Das ist im Hinblick
auf § 45 SGB X eine gewollte Rechtsfolge bei Vorliegen eines Vertrauensschutzes. Ein solches Ergebnis steht auch nicht mit dem Zweck des
Überprüfungsverfahrens im Widerspruch, nach dem dem Antragsteller nicht mehr zu gewähren ist als ihm nach materiellem Recht
zusteht (siehe Baumeister in: Schlegel/Voelzke, juris PK-SGB X, 2. Aufl. § 44 SGB X (Stand: 23.03.2020) Rn. 60.1). Zwar lässt sich nach der Rechtsprechung des Bundesozialgerichts aus der Formulierung "und
soweit deshalb" in § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ableiten, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsaktes und dem Nichterbringen
einer an sich zustehenden Sozialleistung bestehen muss. Ein solcher Kausalzusammenhang lässt sich nur anhand der materiellen
Rechtslage beurteilen. § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist daher nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, dahin zu verstehen, dass allein die formelle Rechtswidrigkeit
der zugrunde liegenden Verwaltungsentscheidung, z.B. wegen einer unterbliebenen Anhörung nach § 24 SGB X, nicht dazu führen kann, dass eine zu Unrecht erbrachte und vom Sozialleistungsträger zurückgeforderte Sozialleistung behalten
werden darf (BSG, Urteil vom 03.03.2018 - B 11 AL 3/17 R). Ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 41a Abs. 4 S. 1 SGB II a.F. bei der Ermittlung des Durchschnittseinkommens - wie im vorliegenden Fall - begründet aber nicht eine formelle, sondern
eine materielle Rechtswidrigkeit der abschließenden Festsetzung der Leistungsansprüche der Kläger für den Monat Mai 2019.
Für die Frage, ob ein Verwaltungsakt wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit zurückzunehmen ist, kommt es allein auf den Überprüfungszeitpunkt,
also auf die Sachund Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des überprüfenden Bescheides an. Im SGB II bestimmt sich das anzuwendende Recht nach dem sog. Geltungszeitraumrinzips, wonach in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene
Bewilligungsabschnitte das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht, also im Bewilligungsabschnitt anzuwenden ist (BSG, Urteil vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R). Dabei ist in einem Überprüfungsverfahren bei der rechtlichen Beurteilung, also der Anwendung und Auslegung des im Bewilligungszeitraum
geltenden Rechts, eine eventuell geläuterte Rechtsauffassung zugrunde zu legen ist, die von der Rechtsansicht abweichen kann,
die bei Erlass des zu überprüfenden Verwaltungsakts herrschend war (BSG, Urteil vom 30.01.2020 - B 2 U 2/18 R m.w.N.). Insoweit trifft § 40 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB II für den Bereich der Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Fall, dass eine Norm in ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anders als durch den für die jeweilige
Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist, eine Sonderregelung. In einem
solchen Fall ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit ab dem Bestehen der ständigen
Rechtsprechung zurückzunehmen (vgl. hierzu Greiser in: Eicher/Luik, SGB II, 4 Aufl. 2017, § 40 Rn. 95ff m.w.N.; zum Begriff "ständige Rechtsprechung": BSG, Urteile vom 29.06.2000 - B 11 AL 99/99 R und vom 12.09.2019 - B 11 AL 19/18 R). Ob die Vorschrift des §§ 40 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB II auf die vorliegende Fallgestaltung anwendbar ist, ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Klärungsbedürftig in dem vorliegenden
Verfahren ist lediglich die Frage, ob § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X dem Beklagten ermächtigt, einen Verwaltungsakt teilweise zu Ungunsten der Leistungsberechtigten aufzuheben. In der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts ist geklärt dass es sich bei einem herabsetzenden Änderungsbescheid, also einem Bescheid, in dem
eine bewilligte Grundsicherungsleistungen der Höhe nach herabgesetzt wird, um einen Aufhebungsbescheid handelt (BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B4 AS 78/10 R Rn. 10).
Die in § 41a Abs. 6 S. 1 SGB II vorgesehene Anrechnung der vorläufig erbrachten Leistungen auf die abschließend festgestellten Leistungen sowie der Saldierung
der Ansprüche ist ein eigenständiges öffentlich-rechtliches Rechtsinstitut, das durch einen Verwaltungsakt geltend zu machen
ist (vgl. Kemper in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 41a Rn. 73). Bei der abschließenden Festsetzung nach § 41a Abs. 3 SGB II und der Anrechnung nach § 41 Abs. 6 SGB II handelt es sich um zwei selbstständige, voneinander unabhängige Verfügungen, die separat erlassen oder in einem gemeinsamen
Verwaltungsakt zusammengefasst werden können. Die Anrechnung erfolgt entsprechend der Fälligkeit der Leistungen nach § 42 SGB II monatlich. Dabei werden die für jeden Monat des Bewilligungszeitraums vorläufig erbrachten Leistungen dem für diesen Monat
abschließend festgestellten Leistungsanspruch gegenübergestellt (Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, 08/20, § 41a SGB II Rn. 476). Die abschließende Festsetzung der Leistungsansprüche entfaltet für die Anrechnung nach § 41 Abs. 6 SGB II Tatbestandswirkung.
b) Das Urteil des Sozialgerichts weicht auch nicht von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts,
des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab. Eine solche Abweichung
liegt nicht schon dann vor, wenn eine Entscheidung des Sozialgerichts nicht den Kriterien entspricht, die ein höheres Gericht
aufgestellt hat, sondern erst, wenn das Sozialgericht diesen Kriterien, wenn auch unter Umständen unbewusst, widersprochen,
also andere Maßstäbe entwickelt hat.
Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet eine
Abweichung (vgl. BSG, Beschluss vom 16.02.2021 - B 4 AS 18/21 B). Eine Divergenz besteht somit nur, wenn das Sozialgericht einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem
abstrakten Rechtssatz eines Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe
des Bundes oder des BVerfG aufgestellt hat (vgl. BSG, Beschluss vom 14.05.2012 - B 8 SO 78/11 B). Dies ist hier nicht der Fall.
c) Schließlich ist auch der Zulassungsgrund nach §
144 Abs.
2 Nr.
3 SGG nicht gegeben. Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich.
Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird der Gerichtsbescheid rechtskräftig (§
145 Abs.
4 S. 4
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar, §
177 SGG.