Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen
Feststellung einer Versicherungspflicht
Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die von der Beklagten nach
einer Betriebsprüfung erhobene Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen, die Feststellung von Versicherungspflicht sowie
die Erhebung von Säumniszuschlägen für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. und 2. in der Zeit vom 1.1.2012 bis zum 31.12.2015.
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das LSG hat ua ausgeführt, dass die Beigeladenen zu 1. und 2. bei einer Kapitalbeteiligung
von je 50 % ohne Geschäftsführerfunktion eine Stellung im Betrieb der klagenden GmbH inne hätten, die der von Beschäftigten
in einem Arbeitsverhältnis entspräche. Sie seien selbst unter Berücksichtigung ihrer Stellung als Gesellschafter weisungsgebunden.
Für einen eine Weisung des Geschäftsführers abwendenden Beschluss der Gesellschafterversammlung habe es einer Stimmenmehrheit
bedurft, die jeweils einer von ihnen nicht alleine habe herbeiführen können. Im Gesellschaftsvertrag (GV) seien keine Regelungen
getroffen worden, die es ihnen ermöglicht hätten, jederzeit weisungsfrei von dem Geschäftsführer der Klägerin zu agieren.
Soweit § 6 Nr 5 GV den Gesellschaftern die Möglichkeit einräume, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen, folge hieraus
keine Weisungsfreiheit im Rahmen ihrer für die Klägerin verrichteten Tätigkeiten. Es bedürfe auch hierfür einer Stimmenmehrheit
aller Gesellschafter, die die Beigeladenen für sich gesondert nicht hätten herbeiführen können. Sofern die Klägerin meine,
dass jeder Gesellschafter einem Geschäftsführer beliebig Weisungen erteilen und solche des Geschäftsführers verhindern könne,
sei das aus Sicht des LSG nicht überzeugend. Aus dem Gesamtzusammenhang ergebe sich, dass für die Erteilung von Weisungen
eine Mehrheitsentscheidung der Gesellschafter erforderlich sei (Urteil vom 22.10.2021). Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG). Die Klägerin hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
1. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung
beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen
rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen
Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht
die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern
die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon
dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere
rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschlüsse vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN). Eine solche relevante Abweichung hat die Klägerin nicht dargetan.
Die Klägerin behauptet eine Divergenz des LSG zur Senatsentscheidung vom 12.5.2020 (B 12 KR 30/19 R - BSGE 130, 123 = SozR 4-2400 § 7 Nr 47). Darin sei der tragende Rechtssatz enthalten,
"dass die abhängige Beschäftigung eines Gesellschafters einer GmbH, der nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, ausgeschlossen
ist, wenn das regelmäßig der Geschäftsführung zugewiesene Weisungsrecht über die Beschäftigten im Gesellschaftsvertrag ihm
gegenüber im Wesentlichen ausgeschlossen ist".
Demgegenüber lasse sich aus der Entscheidung des LSG der Rechtssatz ableiten,
"dass die abhängige Beschäftigung eines Gesellschafters einer GmbH, der nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, dann ausgeschlossen
ist, wenn er weisungsfrei gegenüber der Geschäftsführung ist, was nur dann der Fall ist, wenn der Gesellschafter ihm unliebsame
Entscheidungen der Geschäftsführung durch die Herbeiführung eines abwendenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung verhindern
oder abwenden kann".
Auf dieser Abweichung beruhe das angefochtene Urteil. § 6 Nr 5 GV ermögliche es den Gesellschaftern, dem Geschäftsführer Weisungen
zu erteilen. Damit sei das Weisungsrecht der Geschäftsführung gegenüber den Beigeladenen zu 1. und 2. im Wesentlichen durch
den Gesellschaftsvertrag ihnen gegenüber ausgeschlossen worden.
Damit legt die Klägerin nicht - wie erforderlich - sich widersprechende Rechtssätze dar. Den Ausführungen der Klägerin lässt
sich nicht entnehmen, unter welchen Bedingungen das Weisungsrecht der Geschäftsführung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung
"ausgeschlossen" sein soll. Sie zeigt auch nicht auf, welcher Sachverhalt der bundesgerichtlichen Entscheidung zugrunde lag
und inwieweit der tatsächliche und rechtliche Kontext mit dem vorliegenden Fall vergleichbar ist. Außerdem zitiert sie auch
keinen im Urteil des LSG wörtlich enthaltenen Rechtssatz, sondern leitet einen solchen nachträglich aus dem Entscheidungsergebnis
ab, ohne hinreichend deutlich zu machen, dass das LSG eigene von der Rechtsprechung des BSG abweichende Kriterien hätte aufstellen wollen (vgl zu den Darlegungsanforderungen insoweit BSG Beschluss vom 1.7.2021 - B 12 KR 101/20 B - juris RdNr 6). Ihr Vorbringen enthält vielmehr im Kern eine Subsumtionsrüge. Wenn sie - entgegen der Auffassung des LSG - meint, dass mit
§ 6 Nr 5 GV das Weisungsrecht gegenüber den Beigeladenen zu 1. und 2. ausgeschlossen worden sei, macht sie geltend, dass das
LSG den GV aus ihrer Sicht falsch gewürdigt und infolgedessen Vorgaben des BSG nicht richtig angewandt haben soll. Die Behauptung einer unrichtigen Rechtsanwendung kann die Zulassung der Revision aber
nicht begründen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2, §
162 Abs
3 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 52 Abs 1 und Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 sowie § 63 Abs 2 Satz 1 GKG. Sie entspricht der Festsetzung des LSG.