Rente wegen Erwerbsminderung
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte lehnte den im Juni 2016 gestellten Rentenantrag der 1959 geborenen Klägerin mit Bescheid vom 5.10.2016 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.7.2017 ab, nachdem sie ein medizinisches Sachverständigengutachten auf internistisch/rheumatologischem
und eines auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet eingeholt hatte. Das SG hat diverse Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte sowie insgesamt drei Gutachten - hiervon zwei auf neurologisch-psychiatrischem
Fachgebiet und eines auf orthopädischem Fachgebiet - und eine ergänzende Stellungnahme eingeholt. Mit Gerichtsbescheid vom
18.8.2020 hat es die Klage unter Verweis auf die eingeholten Gutachten, die sämtlich ein nur qualitativ eingeschränktes Leistungsvermögen
festgestellt hätten sowie von einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit im bisherigen Beruf als Büroangestellte ausgingen,
abgewiesen. Das LSG hat eine berufskundliche Auskunft der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Hessen eingeholt. Danach
sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, die Tätigkeit als Schulsekretärin, als Kauffrau - Büromanagement oder als Verwaltungsfachangestellte
zu verrichten, sie könne aber noch als Büro-/Verwaltungshilfskraft, als Telefonistin und als Pförtnerin vollwertig arbeiten.
Das LSG hat mit Urteil vom 4.10.2021 die Berufung zurückgewiesen. Bis zum 31.8.2017 - dem Zeitpunkt, in dem die versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung zuletzt erfüllt gewesen seien, sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht
nachweislich in rentenberechtigtem Ausmaß gemindert gewesen. Anlass für weitere Ermittlungen auf medizinischem Fachgebiet
bestehe nicht. Auch die Voraussetzungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit seien nicht erfüllt.
Die Klägerin könne jedenfalls zumutbar auf die Tätigkeit einer Telefonistin verwiesen werden.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt und als Zulassungsgrund einen Verfahrensfehler (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) geltend gemacht.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Der geltend gemachte
Grund für die Zulassung einer Revision ist nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG dargetan worden. Die Beschwerde ist daher nach §
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zunächst die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist
es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem
Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Wird - wie hier - ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne
Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund
derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe
des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des
LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten
Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren
Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen s BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5; BSG Beschluss vom 14.4.2009 - B 5 R 206/08 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 18 RdNr 8; BSG Beschluss 5.2.2015 - B 13 R 372/14 B - juris RdNr 9).
Den sich daraus ergebenden Anforderungen wird die Beschwerdebegründung vom 23.11.2021 nicht gerecht. Es fehlt bereits an der
hinreichenden Bezeichnung eines Beweisantrags. Mit der Rüge, es hätte durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden müssen,
ob die Klägerin aufgrund der mit Schriftsatz vom 1.10.2021 vorgebrachten neuen Tatsachen überhaupt noch am Arbeitsleben teilnehmen
könne oder nicht, hat die Beschwerde nicht dargelegt, einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag iS des §
118 Abs
1 Satz 1
SGG iVm §§
402 ff
ZPO gestellt zu haben (s zu den Anforderungen BSG Beschluss vom 13.8.2020 - B 5 R 121/20 B - juris RdNr 6). Die Klägerin legt in ihrer Beschwerdebegründung auch nicht hinreichend dar, aus welchen Gründen sich das LSG ausgehend von
seiner Rechtsauffassung zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens hätte gedrängt fühlen müssen (vgl BSG Beschluss vom 3.4.2020 - B 9 SB 71/19 B - juris RdNr 13 mwN). Insoweit hätte sich die Beschwerdebegründung ua mit der Rechtsauffassung des LSG auseinandersetzen müssen, dass die versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung nur bis zum 31.8.2017 vorgelegen haben und eine zeitlich erst danach eingetretene
wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands - wie sie im Schriftsatz vom 1.10.2021 aufgrund einer ärztlichen Untersuchung
der Klägerin am 30.9.2021 geltend gemacht wurde - unerheblich ist.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs
1 und 4
SGG.