Geltendmachung eines Verfahrensmangels
Kausalität
Rechtsauffassung des LSG als Prüfungsmaßstab
Gründe:
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen die Festsetzung von Beiträgen
wegen Versicherungspflicht als Student in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 18.2.2013 ist
in entsprechender Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen.
1. Der Kläger beruft sich in seiner Beschwerdebegründung vom 22.5.2013 sowohl auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen
Bedeutung des Rechtsstreits als auch den eines Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Diesen erblickt er in einem Verstoß des LSG gegen §
103 SGG, weil das SG und LSG den Akteninhalt "nur ansatzweise bzw. oberflächlich zur Kenntnis genommen haben" und deswegen von einem monatlichen
Einkommen des Klägers von "voraussichtlich 400,-- €" ausgegangen seien.
Ein Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB BSGE 2,
81, 82; 15, 169, 172). Nach §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von §
109 und §
128 Abs
1 S 1
SGG stützen. Ferner kann eine Verfahrensrüge auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG nur gestützt werden, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (BSG SozR Nr 79 zu §
162 SGG; SozR 1500 §
160 Nr 33). Neben der Geltendmachung eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass
die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers
nicht.
Es kann offenbleiben, ob es schon an der Darlegung eines zur Begründung dieses Verfahrensmangels nach §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG grundsätzlich erforderlichen bis zuletzt aufrecht erhaltenen formellen Beweisantrags fehlt, weil der Kläger selbst einräumt,
dass man seine "Hinweise" zum aus seiner Sicht zutreffenden Sachverhalt in seinem Vorbringen vor dem SG und LSG nur "aus der Laiensphäre wohl als Beweisantritt bezeichnen muss". Insoweit könnte dem Kläger zugutekommen, dass an
Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines Beweisantrags verminderte Anforderungen zu stellen sind, wenn der Kläger
- was allerdings hätte dargelegt werden müssen, wohl aber zutrifft - in der Berufungsinstanz durch keinen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten
vertreten war (vgl BSG vom 18.9.2003 - B 9 SB 11/03 B = SozR 4-1500 § 160 Nr 1; BSG vom 1.3.2006 - B 2 U 403/05 B - juris RdNr 5; BSG vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B = SozR 4-1500 § 160 Nr 13 und BVerfG vom 19.2.1992 - 1 BvR 1935/91 = SozR 3-1500 § 160 Nr 6; BSG vom 31.7.2013 - B 5 R 53/13 B - juris RdNr 9; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 12. Aufl 2014, §
160 RdNr 18a). Jedenfalls legt der Kläger in seiner Beschwerdebegründung nicht in der erforderlichen Weise dar, dass es nach
der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des LSG auf die seiner Auffassung nach notwendige Beweiserhebung entscheidungserheblich
ankam. Hierzu hätte er vortragen müssen, dass das LSG nach Durchführung der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis hätte gelangen
müssen, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Beurteilung seiner Versicherungspflicht bei vorausschauender Betrachtung von einem
voraussichtlichen Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit unter 355 Euro hätte ausgehen müssen und dass dies ein Fortbestehen
einer gegenüber der Versicherungspflicht als Student vorrangigen Familienversicherung ermöglicht hätte. Auf ein Unterschreiten
allein der Geringfügigkeitsgrenze von 400 Euro kam es nach der - insoweit zutreffenden - Rechtsauffassung des LSG dagegen
nicht an.
2. Soweit der Kläger sich auch auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) beruft, hätte die Beschwerdebegründung ausführen müssen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den
zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich
(Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hätte deshalb auszuführen müssen, inwiefern die Rechtsfrage
nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das
Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Dem genügt die Beschwerdebegründung nicht, denn der Kläger unterlässt es bereits, eine Rechtsfrage ausdrücklich zu
formulieren. Soweit der Kläger auf S 5 der Beschwerdebegründung danach fragt, "ob bei einem Studenten ... auf seine formalen
Angaben zur Frage des Beschäftigungsverhältnisses abgestellt werden kann" und im Folgenden daran zweifelt, dass die Unterscheidung
zwischen geringfügiger Beschäftigung und geringfügiger selbstständiger Tätigkeit im Kontext des §
6 SGB V mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG vereinbar ist, kann auch dies die Zulässigkeit der Beschwerde nicht begründen. Denn zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit
dieser Fragen - ihren Charakter als Rechtsfrage jeweils unterstellt - hätte sich der Kläger jedenfalls mit den Grundzügen
des Zusammenspiels von bereits keine Versicherungspflicht auslösender selbstständiger Tätigkeit, der Versicherungspflicht
als Beschäftigter einerseits und als Student andererseits (§
5 Abs
1 Nr
1 bzw Nr
9 SGB V), der Versicherungsfreiheit von Studenten in einer grundsätzlich eine vorrangige (§
5 Abs
7 S 1
SGB V) Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung (§
6 Abs
1 Nr
3 SGB V) und der Versicherungsfreiheit geringfügiger Beschäftigung (§
7 SGB V iVm §§
8,
8a SGB IV) auseinandersetzen und darstellen müssen, dass sich die Fragen nicht bereits auf Grundlage des Gesetzes bzw der bestehenden
höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten lassen. Zudem hätte der Kläger zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser
Fragen darstellen müssen, wieso es im Rahmen der vorliegenden Fallkonstellation, deren Gegenstand die Versicherungspflicht
als Student (nicht als Beschäftigter oder - gesetzlich bereits nicht vorgesehen - gar als selbstständig Tätiger) nach Ausschluss
von der ansonsten vorrangigen (§
5 Abs
7 S 1
SGB V) Familienversicherung wegen Überschreitens der Einkommensgrenze nach §
10 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V ist, überhaupt auf Fragen im Zusammenhang mit §
6 SGB V ankommen könnte.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.