Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Rückzahlung der Umsatzsteuer (USt) für von einer Krankenhausapotheke abgegebene Fertigarzneimittel.
Die Klägerin ist eine gesetzliche Krankenkasse (KK). Der Beklagte ist Träger eines in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen
Rechts geführten, zur Behandlung gesetzlich Versicherter zugelassenen, psychiatrischen Fachkrankenhauses und einer psychiatrischen
Institutsambulanz (PIA). Er betreibt eine Krankenhausapotheke und ist hierfür im Besitz einer apothekenrechtlichen Betriebserlaubnis.
In dem Krankenhaus sind zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigte Krankenhausärzte tätig. Zwischen den Beteiligten bestand
eine 2004 geschlossene "Vereinbarung gem. §
129a SGB V über die Abgabe von Arzneimitteln von der Krankenhausapotheke an Versicherte im Rahmen von § 14 Abs. 4 ApoG" (Arzneimittelpreisvereinbarung - AMPV). In § 5 Abs 3 AMPV war vereinbart, dass sich die vereinbarten Beträge um den jeweils geltenden Mehrwertsteuersatz erhöhen sollten. In einer
Fußnote war dazu geregelt, dass bei fehlender Möglichkeit des Vorsteuerabzugs die USt fiktiv aufzuschlagen war, wenn die Abgabe
durch die Krankenhausapotheke nicht USt-pflichtig war. Die nachfolgende "Vereinbarung über die Abgabe verordneter Arzneimittel
durch die Krankenhausapotheke an Versicherte nach §
129a SGB V" (auf der Grundlage einer gemeinsamen Empfehlung der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft e.V. und ua der Klägerin
vom 9.12.2010) sah in der Anlage 4 ("Preisvereinbarung") unter A 1. ("zuzüglich Umsatzsteuer") und der dazugehörigen Fußnote
eine inhaltlich entsprechende Regelung vor (AMPV). Die Krankenhausapotheke des Beklagten gab durch Ärzte der PIA und ermächtigte
Krankenhausärzte an Versicherte der Klägerin in den Jahren 2010, 2011 und 2012 Fertigarzneimittel (Ampullen und Fertigspritzen)
zur ambulanten Behandlung ab. Der Beklagte rechnete die Kosten gegenüber der Klägerin gemäß der AMPV ab. Die Klägerin beglich
die Rechnungen unter Ansatz eines USt-Satzes iH von 19 Prozent. Die auf Erstattung der USt iH von 6715,98 Euro nebst Zinsen
und hilfsweise ua auf Abtretung des Anspruchs gegen den Fiskus auf Steuerrückzahlung gerichtete Klage hatte beim SG und LSG keinen Erfolg. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt: Nach dem Willen der Vertragsparteien sei bei Fertigarzneimitteln
auch bei fehlender USt-Pflicht die USt grundsätzlich fiktiv aufzuschlagen. Abgesehen davon unterlägen die von Krankenhausapotheken
abgegebenen Fertigarzneimittel an ambulante Patienten der USt-Pflicht. Hinsichtlich der in den Jahren 2010, 2011 und 2012
geltenden Erlasslage habe sich bis zuletzt nichts geändert. Die Erlasslage habe sich nur hinsichtlich der individuell für
Patienten in der Krankenhausapotheke hergestellten Medikamente geändert. Ob auf die ambulante Abgabe von Fertigarzneimitteln
im Krankenhaus der Regelsteuersatz von 19 Prozent oder nach § 12 Abs 2 Nr 8 Buchst a Umsatzsteuergesetz (UStG) wegen eines etwaigen gemeinnützigen Zwecks der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent anzuwenden sei, sei noch nicht geklärt.
Die finanzgerichtliche Rechtsprechung habe sich bislang weder erstinstanzlich noch höchstrichterlich dazu geäußert. Auch offizielle
Verlautbarungen der Finanzverwaltung hierzu fehlten bislang. Jedenfalls aber habe die Finanzverwaltung keine rückwirkende
Änderung der Erlasslage verfügt. Zur Begründung eines Rückzahlungsanspruchs könne sich die Klägerin auch nicht auf einen Schadensersatzanspruch
nach §
69 Abs
1 Satz 3
SGB V iVm §
280 Abs
1 BGB berufen, weil dem Beklagten bei der bestehenden Erlasslage keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden könne (Urteil vom 9.12.2020).
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
Die Beschwerde der klagenden KK ist jedenfalls unbegründet. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der Divergenz
(§
160 Abs
2 Nr
2 SGG; dazu 1.), der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG; dazu 2.) und des Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG; dazu 3.) liegen nicht vor.
1. Divergenz im Sinne von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Entscheidungen
zugrunde gelegt sind. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das Urteil eine höchstrichterliche Entscheidung unrichtig
ausgelegt oder das Recht unrichtig angewendet hat, sondern erst, wenn das LSG Kriterien, die eines der in der Norm genannten
Gerichte aufgestellt hat, widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat (vgl BSG vom 11.4.2016 - B 12 KR 57/15 B - juris RdNr 5 mwN). Das ist hier nicht der Fall.
a) Die Klägerin entnimmt der Entscheidung des Senats vom 9.4.2019 (B 1 KR 5/19 R - BSGE 128, 65 = SozR 4-2500 § 129a Nr 2) folgenden Rechtssatz:
"Haben die Parteien bei einer Nettopreisabrede (wie im Rahmen des hier maßgeblichen § 5 Abs. 3 AMPV) die Geltung des 'jeweils geltenden Mehrwertsteuersatzes' vereinbart, dann besteht nach dieser Entscheidung ein Anspruch auf Rückerstattung überzahlter Umsatzsteuer, sofern die Steuerverwaltung
die Umsatzsteuerpflicht abgerechneter und bezahlter Leistungen nach der Umsatzsteueranmeldung im weiteren zeitlichen Verlauf
anlässlich einer BFH-Rechtsprechung anders als zuvor beurteilt und in der hierzu ergehenden amtlichen Verlautbarung eine Änderung
des maßgeblichen Umsatzsteueranwendungserlasses verfügt, sodass der Unternehmer einen Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt
risikolos geltend machen kann."
Dem stellt die Klägerin zu den Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung folgenden Rechtssatz des LSG gegenüber:
"(1) Die Steuerverwaltung verneint eine Umsatzsteuerpflicht in Höhe von 19% klar, hat mithin ihre Rechtsansicht geändert,
(2) die Steuerverwaltung hat dies durch Verwaltungsvorschrift mit ausdrücklich rückwirkendem zeitlichen Anwendungsbereich
verlautbart, indem eine Anwendung 'auf alle offenen Fälle' verfügt wird, sodass (3) das Krankenhaus die Umsatzsteuerrückforderung
gegenüber dem Fiskus risikolos durchsetzen kann."
Die Klägerin hat mit ihrer sinngemäßen Formulierung eines Rechtssatzes des Senats in seiner Entscheidung vom 9.4.2019 diesen
unvollständig und damit falsch wiedergegeben. Der Senat hat dort als Voraussetzung eines Anspruchs einer KK auf Rückzahlung
zu Unrecht gezahlter USt bei gebotener ergänzender Vertragsauslegung formuliert (B 1 KR 5/19 R - BSGE 128, 65 = SozR 4-2500 § 129a Nr 2, RdNr 16): Der Rückzahlungsanspruch besteht, "soweit die Steuerverwaltung ihre Auffassung über die von ihr bejahte USt-Pflicht für
von der AMPV erfasste Leistungen ändert und die USt-Pflicht mit Rückwirkung verneint". Der Senat hat dies dahingehend konkretisiert
(aaO RdNr 25), dass der Rückforderungsanspruch dann besteht, "wenn die Steuerverwaltung ihre Rechtsauffassung zur zunächst bejahten USt-Pflicht
von erbrachten Leistungen der Beklagten <dh des Krankenhausträgers> mit Wirkung für die Vergangenheit klar verneint und die Beklagte ohne Prozess ihren Erstattungsanspruch (§
37 Abs
2 AO) gegen das FA wegen bereits gezahlter USt einfach und risikolos durchsetzen kann" [Einfügung <> und Kursivschrift nicht im Original]. Das LSG weicht hiervon nicht ab. Es stellt keine zusätzlichen Voraussetzungen für die ergänzende Vertragsauslegung und einen
sich daraus ergebenden Rückzahlungsanspruch auf, sondern verneint lediglich im vorliegenden Fall aufgrund der konkreten Umstände
des Sachverhalts die vom BSG aufgestellte Voraussetzung, dass der Krankenhausträger den Erstattungsanspruch gegenüber der Steuerverwaltung "risikolos"
durchsetzen können muss. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat nach der zutreffenden Auffassung des LSG - anders als
in dem der BSG-Entscheidung zugrunde liegenden Fall - weder eine rückwirkende Anwendung einer neuen Erlasslage auf "alle offenen Fälle"
verfügt, also nicht eine zunächst bejahte USt-Pflicht für von Krankenhausapotheken abgegebene Fertigarzneimittel mit Wirkung
für die Vergangenheit klar verneint, noch überhaupt eine auch nur zukunftsgerichtete neue Erlasslage im Sinne einer Neubewertung
der USt-Pflicht und ihrer Höhe geschaffen. Im Übrigen stellte eine fehlerhafte Bewertung der Erlasslage durch das LSG nur
einen revisionszulassungsrechtlich irrelevanten Rechtsanwendungsfehler dar.
Die Divergenzrüge ist auch deswegen unbegründet, weil die Entscheidung des LSG auf dieser behaupteten Divergenz nicht beruhen
kann. Eine die Revisionszulassung begründende Divergenz liegt dann nicht vor, wenn die Entscheidung des LSG mit einer anderen
als der vom LSG angeführten rechtlichen Begründung durch Rechtssätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestätigt werden
kann, die Divergenzfrage mithin für das BSG in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wird (zum Beruhen vgl nur Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 395 mwN).
Der sich aus der AMPV ergebende vertragliche Rückzahlungsanspruch setzt eine durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließende
qualifizierte Regelungslücke voraus (BSG vom 9.4.2019 - B 1 KR 5/19 R - BSGE 128, 65 = SozR 4-2500 § 129a Nr 2, RdNr 16 ff). Daran fehlt es hier. Der Senat hat zu § 5 Abs 3 AMPV bereits entschieden, dass die Regelung nur im Hinblick auf die Herstellungspauschale
eine qualifizierte Regelungslücke enthält (aaO RdNr 19 ff). Geht es dagegen nur um die Höhe des Steuersatzes, weicht das LSG bei einer fehlenden qualifizierten Regelungslücke in der
AMPV schon deswegen nicht von Rechtssätzen im Urteil des Senats vom 9.4.2019 ab, weil der Senat dort für den Fall der fehlenden
Regelungslücke ausgeführt hat (aaO RdNr 21):"§ 5 Abs 3 AMPV mit Fußnote 3 regelt Preisbestandteile bei künftigen Änderungen der USt-Pflicht auf die betroffenen Arzneimittelzubereitungen:
Die gemäß § 5 Abs 2 AMPV ermittelten Beträge erhöhen sich um den jeweils geltenden Mehrwertsteuersatz. Besteht keine USt-Pflicht,
ist die USt grundsätzlich, abgesehen von der Herstellungspauschale, fiktiv aufzuschlagen. Für die Frage, welcher USt-Satz
jeweils gilt, darf der Unternehmer - hier die Beklagte - bei einer Nettopreisvereinbarung wie der AMPV die Rechtsauffassung
der Steuerverwaltung zugrunde legen, soweit der Vertrag nicht etwas Abweichendes regelt."
b) Die Klägerin entnimmt der Entscheidung des Senats vom 9.4.2019 (B 1 KR 5/19 R - BSGE 128, 65 = SozR 4-2500 § 129a Nr 2) weiterhin folgenden Rechtssatz:
"Eine Krankenkasse kann nach ergänzender Vertragsauslegung vom Krankenhaus Erstattung geleisteter Umsatzsteuer auf die Herstellungskosten
von ambulant an Versicherte abgegebenen Arzneimittelzubereitungen verlangen, wenn diese nach späterer Ansicht der Steuerverwaltung
umsatzsteuerfrei sind und das Krankenhaus die Umsatzsteuer risikolos von der Steuerverwaltung zurückverlangen kann."
Dem stellt sie folgenden Rechtssatz des LSG gegenüber:
"Eine Krankenkasse kann nach ergänzender Vertragsauslegung vom Krankenhaus (teilweise) Erstattung abgerechneter und bezahlter
Umsatzsteuer auf die Vergütung für ambulant an Versicherte abgegebene Arzneimittelzubereitungen (nur) verlangen, wenn diese
nach späterem Verständnis des Sozialgerichts dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen und das Krankenhaus die Umsatzsteuer
risikolos von der Steuerverwaltung zurückverlangen kann."
Das LSG hat diesen Rechtssatz bereits nicht aufgestellt. Es hat vielmehr - im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats -
ausdrücklich hervorgehoben, dass das Entscheidungsrecht über die Besteuerung ausschließlich bei der Steuerverwaltung liege
(vgl dazu auch 2.c). Es hat nachfolgend ausgeführt, dass die Frage, ob auf die ambulante Abgabe von Fertigarzneimitteln im Krankenhaus der Regelsteuersatz
von 19 Prozent oder der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent anzuwenden sei, noch nicht geklärt sei. Die finanzgerichtliche
Rechtsprechung habe sich dazu noch nicht geäußert und offizielle Verlautbarungen der Finanzverwaltungen fehlten bislang. Die
von der Klägerin isoliert herausgegriffenen Ausführungen des LSG zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) und den daraus
zu ziehenden Schlussfolgerungen hinsichtlich der Anwendung des ermäßigten USt-Satzes auf Fertigarzneimittel begründen allein
dieses Ergebnis und lassen nicht den Schluss zu, das LSG lege seine eigene Beurteilungsperspektive anstelle der der Steuerverwaltung
zugrunde.
Im Übrigen wäre eine diesbezügliche Divergenz auch nicht entscheidungserheblich, weil das LSG seine Entscheidung tragend darauf
gestützt hat, dass die Finanzverwaltung "jedenfalls" keine Rückwirkung der seit 2015 geltenden Erlasslage angeordnet habe
und hinsichtlich dieses (allein) tragenden Begründungsstrangs kein Revisionszulassungsgrund vorliegt (vgl 1.a). Die Entscheidungserheblichkeit entfällt zudem bereits deswegen, weil schon die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung
nicht vorliegen, die allein einen Rückforderungsanspruch begründen könnte. Hier geht es nicht um Herstellungspauschalen (vgl 1.a).
c) Weiterhin entnimmt die Klägerin der Entscheidung des BSG vom 9.4.2019 (B 1 KR 5/19 R - BSGE 128, 65 = SozR 4-2500 § 129a Nr 2) folgenden Rechtssatz:
"Es besteht spätestens ab Veröffentlichung eines Urteils des BFH, welches eine Verwaltungsvorschrift des BMF als nicht mit
geltendem Recht in Einklang erachtet, die naheliegende Möglichkeit, dass die Finanzverwaltung ihre derzeitige Auffassung hinsichtlich
der Besteuerung ändern wird, was eine Nebenpflicht des Steuerschuldners (Krankenhauses) zu Gunsten der Klägerin (Krankenkasse)
bedingt, eine endgültige Festsetzung der Umsatzsteuer durch Sicherungsmaßnahmen zu verhindern."
Dem stellt sie folgenden Rechtssatz des LSG gegenüber:
"Eine Nebenpflicht des beklagten Krankenhauses im Verhältnis zur vertraglich gebundenen Krankenkasse, die endgültige Festsetzung
der Umsatzsteuer zu verhindern, besteht erst ab Verlautbarung einer Änderung der Rechtsauffassung der Steuerverwaltung hinsichtlich
der steuerlichen Behandlung der Umsätze."
aa) Der Senat lässt offen, ob die Beschwerde hinsichtlich dieser Divergenzrüge den Begründungsanforderungen entspricht. Sie
ist jedenfalls unbegründet, weil die Entscheidung des LSG auf dieser behaupteten Divergenz nicht beruhen kann (zum Beruhen vgl nur Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 395 mwN; siehe ferner dazu 1.a).
Auch unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Senats hat der Beklagte eine Nebenpflicht zu Gunsten der Klägerin, eine endgültige
Festsetzung der USt durch Sicherungsmaßnahmen zu verhindern, nicht verletzt. Denn es existiert nicht einmal ein Urteil eines
Finanzgerichts, das die USt-Pflicht bezogen auf den hier in Rede stehenden Sachverhalt der Abgabe von Fertigarzneimitteln
durch Krankenhausapotheken verneint oder den ermäßigten USt-Satz für maßgeblich angesehen hat. Eine die bisherige Praxis der
Steuerverwaltung als rechtswidrig beurteilende FG-Rechtsprechung ist aber nach der Rechtsprechung des Senats Mindestvoraussetzung
für die Pflicht eines Krankenhauses, USt-Erstattungsansprüche gegen die Steuerverwaltung offenzuhalten (vgl BSG vom 9.4.2019 - B 1 KR 5/19 R - BSGE 128, 65 = SozR 4-2500 § 129a Nr 2, RdNr 33, worauf die Klägerin mit dem von ihr formulierten Rechtssatz des BSG Bezug nimmt). Dies folgt schon daraus, dass tragende Rechtssätze des Senats in seinem Urteil vom 9.4.2019 sind: Eine finanzgerichtliche
Prozessführungslast des Krankenhausträgers besteht nicht (aaO RdNr 21); ihm ist aber angesichts der grundsätzlichen Kostenfreiheit des Verfahrens nach der
Abgabenordnung (
AO) einschließlich der außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren zumutbar, einen vertraglichen Rückzahlungsanspruch abzusichern,
wenn bei verständiger Würdigung die naheliegende Möglichkeit einer Änderung der Rechtsauffassung der Steuerverwaltung besteht
(aaO RdNr 33; vgl auch unten 2.c). Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn der Krankenhausträger unter Hinweis auf eine abweichende finanzgerichtliche Entscheidung
erwarten darf, dass die Steuerverwaltung ihrerseits das Verwaltungs- oder zumindest das Einspruchsverfahren deswegen vorläufig
nicht abschließen wird. Denn der Krankenhausträger hat nicht die Nebenpflicht, gegen die Zurückweisung des Einspruchs gerichtlich
vorzugehen. Hiermit muss er aber rechnen, wenn er zu seinen Gunsten keine von der Rechtsauffassung der Steuerverwaltung abweichende
finanzgerichtliche Entscheidung anführen kann. Der Krankenhausträger muss jedoch erst gar nicht die Rechtsauffassung der Steuerverwaltung
angreifen, wenn er dann konsequent und vorhersehbar den Rechtsweg beschreiten müsste. Für diesen Fall kann ihm keine Verletzung
einer Nebenpflicht vorgeworfen werden, wenn er sich mit dem ihm von der
AO zur Verfügung stehenden Möglichkeiten bereits nicht gegen die finanzgerichtlich unangegriffene Rechtsauffassung der Steuerverwaltung
wendet.
Wie das LSG zutreffend festgestellt hat, unterliegen die von Krankenhausapotheken abgegebenen Fertigarzneimittel an ambulante
Patienten nach der seit 2010 unverändert geltenden Erlasslage der USt-Pflicht (vgl insbesondere den Erlass des BMF vom 28.9.2016 - Az III C 3 - S 7170/11/10004 - Bundessteuerblatt <BStBl> I 2016, 1043). Dies stellt die Klägerin auch nicht in Abrede. Finanzgerichtliche Rechtsprechung, die bei verständiger Würdigung die naheliegende
Möglichkeit einer Änderung der Rechtsauffassung der Steuerverwaltung begründet, existiert insofern nicht. Mit dem Urteil vom
24.9.2014 (V R 19/11 - BStBl II 2016, 781, juris RdNr 19 ff) hat der BFH lediglich entschieden, dass die Verabreichung von für den Patienten individuell hergestellten Arzneimitteln zur
Durchführung einer ambulanten Heilbehandlung im Krankenhaus als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz
nach § 4 Nr 14 Buchst b UStG USt-frei ist. Er folgte dabei der Rechtsprechung des EuGH. Dieser hatte entschieden, dass die Lieferung von zytostatischen
Medikamenten, die von innerhalb eines Krankenhauses selbstständig tätigen Ärzten im Rahmen einer ambulanten Krebsbehandlung
verschrieben worden sind, grundsätzlich nicht von der Mehrwertsteuer befreit werden könne, es sei denn, diese Lieferung sei
in tatsächlicher und in wirtschaftlicher Hinsicht von der Hauptleistung der ärztlichen Heilbehandlung untrennbar. Maßgeblich
sei insofern, ob die Abgabe der Zytostatika im Zeitpunkt der Erbringung der ärztlichen Leistung im Rahmen der ambulanten Krebsbehandlung
unerlässlich ist, sodass die ärztliche Leistung ohne diese Medikamentenabgabe sinnlos wäre (sog therapeutisches Kontinuum, EuGH vom 13.3.2014 - C-366/12 - juris). Anhaltspunkte dafür, dass die Rechtsprechung des BFH auch für Fertigarzneimittel Geltung beansprucht, lassen sich der Entscheidung
nicht entnehmen (vgl auch Döring/Garz, UVR 2021, 220, 222; Lisson, KH 2021, 239, 240). Allein der Umstand, dass sich die Frage einer Übertragbarkeit der in der BFH-Entscheidung entwickelten allgemeinen Grundsätze
auf unmittelbar im Krankenhaus verabreichte Fertigarzneimittel stellt und in der Rechtsprechung weder geklärt war noch ist,
reicht für die Annahme der naheliegenden Möglichkeit einer Änderung der Rechtsauffassung der Steuerverwaltung in dem vom Senat
geforderten Sinne nicht aus.
Soweit die Klägerin auf ein Urteil des BFH vom 31.7.2013 (I R 82/12 - BFHE 243, 180 = BStBl II 2015, 123) zu §
67 AO im Rahmen der Befreiung von der Körperschaftsteuer verweist, um darzulegen, dass es bereits eine höchstrichterliche Entscheidung
zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf von Krankenhausapotheken abgegebene Arzneimittel gebe, fehlt es auch insoweit
an einer Entscheidungserheblichkeit der von der Klägerin behaupteten Divergenz. Hier geht es zwar mangels einer qualifizierten
Regelungslücke nicht um einen auf einer ergänzenden Vertragsauslegung beruhenden vertraglichen Rückzahlungsanspruch (vgl 1.a). Zugunsten der Klägerin kommt aber in Betracht, dass auch bei einer bloßen Änderung in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung
zum USt-Satz die Grundsätze über die Nebenpflicht des Krankenhausträgers gelten könnten, wonach im Rahmen des Zumutbaren USt-Belastungen
von den KKn abzuwenden sind. Aber auch danach fehlt es hier an der Entscheidungserheblichkeit. Es gibt - soweit ersichtlich
- weder ein Urteil eines Finanzgerichts noch des BFH, das konkret über die Frage entschieden hat, ob Arzneimittellieferungen
einer Krankenhausapotheke, die Bestandteil des Zweckbetriebs eines Krankenhausträgers mit Gemeinnützigkeitsstatus ist, nach
§ 12 Abs 2 Nr 8 Buchst a Satz 3 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterworfen sind, wenn die Lieferungen von Fertigarzneimitteln dazu bestimmt sind, bei ambulanten
Behandlungen im Krankenhaus verabreicht zu werden und damit die ansonsten steuerbegünstigten Zwecke des Krankenhauses unmittelbar
zu unterstützen. Folgte man der Auffassung der Klägerin, müssten die Sozialgerichte anstelle der Finanzgerichte über diese
noch nicht entschiedene Frage des USt-Rechts inzident im Rahmen der Prüfung einer vertraglichen Nebenpflichtverletzung entscheiden.
Dies widerspräche aber der Alleinzuständigkeit der Finanzgerichte (vgl BSG vom 9.4.2019 - B 1 KR 5/19 R - BSGE 128, 65 = SozR 4-2500 § 129a Nr 2, RdNr 21; vgl auch unten 2.c). Hiernach wäre die Divergenzfrage für das BSG in einem späteren Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich.
bb) Im Übrigen lässt sich der von der Klägerin formulierte Rechtssatz des LSG seiner angegriffenen Entscheidung auch nicht
entnehmen. Ein abstrakter Rechtssatz liegt nur vor bei fallübergreifender, nicht lediglich auf einer Würdigung des Einzelfalls
bezogener, rechtlicher Aussage (vgl BSG vom 14.12.2016 - B 14 AS 251/16 B - juris RdNr 5; BSG vom 1.12.2017 - B 11 AL 66/17 B - juris RdNr 5, jeweils mwN). Zwar lässt es die Rechtsprechung des BSG mit Blick auf das Gebot, effektiven Rechtsschutz (Art
19 Abs
4 GG) durch das gesetzlich vorgesehene Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren, genügen, wenn das LSG einen der
höchstrichterlichen Rechtsprechung widersprechenden abstrakten Rechtssatz nur sinngemäß und in scheinbar fallbezogene Ausführungen
gekleidet entwickelt hat. In einem solchen Fall muss sich aus den Ausführungen des Berufungsurteils jedoch unzweifelhaft der
sinngemäß zugrunde gelegte abstrakte Rechtssatz schlüssig ableiten lassen, den das LSG als solchen auch tatsächlich vertreten
wollte (vgl BSG vom 4.8.2016 - B 1 KR 29/16 B - juris RdNr 17; Hauck in Zeihe/Hauck,
SGG, Stand Mai 2021, §
160a RdNr 21 mwN). Daran fehlt es vorliegend.
Allein aus der Aussage des LSG, dass dem "Beklagten bei der oben dargelegten Erlasslage keine Pflichtverletzung vorgeworfen
werden kann", lässt sich nicht unzweifelhaft der von der Klägerin aufgestellte abstrakte Rechtssatz ableiten, eine Nebenpflicht
zur Verhinderung der endgültigen Festsetzung der USt bestehe erst ab Verlautbarung einer Änderung der Rechtsauffassung der
Steuerverwaltung hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Umsätze. Dies gilt umso mehr, als das LSG im Zusammenhang mit
der Erlasslage auch dargestellt hat, dass sich auch die finanzgerichtliche Rechtsprechung zu dem für die Abgabe von Fertigarzneimitteln
maßgeblichen USt-Satz noch nicht geäußert habe.
2. Grundsätzliche Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (stRspr; vgl zB BSG vom 19.3.2020 - B 1 KR 89/18 B - SozR 4-2500 § 291 Nr 3 RdNr 4). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
a) Die Klägerin formuliert hinsichtlich der Voraussetzungen des Anspruchs auf Rückzahlung geleisteter USt aus ergänzender
Vertragsauslegung der AMPV folgende Rechtsfragen:
"Liegt eine durch die Vertragsparteien nicht vorhergesehene, die Notwendigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung begründende,
Änderung der Rechtsansicht der Steuerverwaltung auch dann vor, wenn die maßgebliche Entscheidung des BFH nur zu einer bestimmten
Arzneimittelgruppe ergangen ist, die Urteilsbegründung sowie der diese Entscheidung umsetzende Anwendungserlass der Steuerverwaltung
jedoch keine Beschränkung auf diese Arzneimittelgruppe erkennen lassen? Aus welcher Perspektive und anhand welcher Kriterien
kann eine Änderung der Rechtsauffassung der Steuerverwaltung sicher festgestellt werden?"
"Kann eine Krankenkasse aufgrund ergänzender Vertragsauslegung eines Vertrags nach §
129a SGB V, der hierzu keine (ausdrückliche) Regelung enthält, von einem Krankenhaus Erstattung geleisteter Umsatzsteuer in Höhe der
Differenz zwischen dem Regel- und dem ermäßigten Umsatzsteuersatz auf die Vergütung von ambulant an Versicherte abgegebenen
Fertigarzneimitteln verlangen, wenn diese nach dem eindeutigen Wortlaut der amtlich verlautbarten Auffassung der Steuerverwaltung
ermäßigt zu besteuern sind und das Krankenhaus die Umsätze von der Steuerverwaltung daher risikolos zurückverlangen kann,
die jedoch - aufgrund fehlerhaften Verständnisses des maßgeblichen BMF-Schreibens im Hinblick auf seinen zeitlichen wie sachlichen
Anwendungsbereich - nicht der allgemeinen Meinung entspricht."
Insofern erscheint bereits zweifelhaft, ob es sich hierbei überhaupt um abstrakte Rechtsfragen handelt oder sich die Klägerin
nicht vielmehr im Kern allein gegen die Subsumtion des LSG in dem konkreten Einzelfall wendet. Nur ungeklärte Rechtsfragen,
nicht aber der Wunsch nach einer höchstrichterlichen Überprüfung des in einem Einzelfall von der Vorinstanz gefundenen Subsumtionsergebnisses
vermögen die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache zu begründen (vgl zB BSG vom 30.10.2019 - B 6 KA 22/19 B - juris RdNr 10). Dies kann im Ergebnis aber dahinstehen, denn die Rechtsfragen sind jedenfalls nicht klärungsbedürftig.
Klärungsbedürftig sind solche Fragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Rechtsauffassungen
vertreten werden oder die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (BVerfG vom 4.11.2008 - 1 BvR 2587/06 - juris RdNr 19). Als bereits höchstrichterlich geklärt anzusehen ist eine Rechtsfrage auch dann, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG
diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen
sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der Frage geben (vgl BSG vom 16.4.2018 - B 8 SO 2/18 B - juris RdNr 9 mwN). So liegt es hier:
In der Entscheidung vom 9.4.2019 (B 1 KR 5/19 R - BSGE 128, 65 = SozR 4-2500 § 129a Nr 2, RdNr 25 f) hat der Senat den auf ergänzender Vertragsauslegung beruhenden Rückzahlungsanspruch der KK daran geknüpft, dass die Steuerverwaltung
ihre Rechtsauffassung zur zunächst bejahten USt-Pflicht von erbrachten Leistungen des Krankenhauses mit Wirkung für die Vergangenheit
klar verneint und das Krankenhaus ohne Prozess seinen Erstattungsanspruch (§
37 Abs
2 AO) gegen das Finanzamt wegen bereits gezahlter USt einfach und risikolos durchsetzen kann. Dabei ist die Rechtsauffassung der
Steuerverwaltung zugrunde zu legen, soweit der Vertrag nicht etwas Abweichendes regelt. Dies gilt auch bei deren rückwirkender
Änderung. Der Rückzahlungsanspruch entsteht mit Beginn der für den Beklagten ungefährdeten Durchsetzungsmöglichkeit des Erstattungsanspruchs
gegenüber dem Finanzamt, dem Tag der Veröffentlichung der entsprechenden Verwaltungsvorschrift im BStBl. Die Sozialgerichte
prüfen an diesem Maßstab selbst, ob und ab welchem Zeitpunkt sich die Erlasslage in der Weise geändert hat, dass das Krankenhaus
einen Erstattungsanspruch risikolos geltend machen konnte (vgl BSG, aaO, RdNr 23). Dem Urteil des Senats vom 9.4.2019 ist zu entnehmen, dass von einer risikolosen Durchsetzungsmöglichkeit nur dann auszugehen
ist, wenn es eine derart klare Erlasslage der Steuerverwaltung gibt, dass sich schon im Ansatz keine nennenswerten Auslegungsfragen
stellen, sondern es nur eines einfachen Subsumtionsaktes bedarf, um zum Ergebnis der USt-Freiheit oder USt-Ermäßigung zu gelangen.
Ob die genannten Voraussetzungen für einen Rückzahlungsanspruch aufgrund ergänzender Vertragsauslegung vorliegen, dh ob und
ggf in welchem Umfang die Steuerpflicht für die betreffende Konstellation mit Wirkung für die Vergangenheit von der Steuerverwaltung
klar verneint wird und ob das Krankenhaus den Erstattungsanspruch ohne Prozess einfach und risikolos durchsetzen kann, ist
eine sachverhaltsbezogene Einzelfallentscheidung, die die Tatsachengerichte zu klären haben. Das LSG hat dies vorliegend zutreffend
verneint. Die weit ausgreifende, elaborierte, aber auch an vielen Stellen beachtlichen rechtlichen Einwänden des Beklagten
ausgesetzte Argumentationskette der Klägerin bestätigt nachdrücklich, dass hier keine eindeutige Erlasslage besteht, die Grundlage
eines einfachen Subsumtionsaktes sein könnte.
Auch hier gilt ferner, dass die beiden Fragen schon deswegen nicht klärungsfähig sind, weil hier eine ergänzende Vertragsauslegung
im Hinblick auf einen vertraglichen Rückforderungsanspruch ausscheidet (vgl 1.a) und eine Nebenpflichtverletzung, auch eine solche allein hinsichtlich des Steuersatzes, nicht vorliegt (vgl 1.c aa).
b) Darüber hinaus formuliert die Klägerin folgende Rechtsfrage:
"Ist die sog. Fußnotenklausel in Verträgen nach § 29a
SGB V, wonach bei fehlender Umsatzsteuerpflichtigkeit einer Abgabe von individuellen Arzneimittelzubereitungen die Umsatzsteuer
dem Preis - exklusive einer etwaigen Herstellungspauschale - fiktiv aufzuschlagen ist, mit dem Gebot der Wirtschaftlichkeit
und Sparsamkeit gemäß §§
2 Abs.
4,
12 Abs.
1,
70 Abs.
1 SGB V vereinbar?"
Hier dürfte es bereits an ausreichenden Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit fehlen. Die Klägerin setzt sich insbesondere
nicht mit der Rechtsprechung des BSG auseinander, wonach vertragliche Vergütungsvereinbarungen im Leistungserbringerrecht "im freien Spiel der Kräfte" geschlossen
werden sollen und durch die Verpflichtung der KK zur Versorgung der Versicherten einerseits und die Konkurrenz der Leistungserbringer
andererseits im Ergebnis marktgerechte und möglichst günstige Bedingungen, insbesondere Preise, für die Versicherten erreicht
werden (vgl BSG vom 25.9.2001 - B 3 KR 15/00 R - SozR 3-2500 § 132a Nr 1, juris RdNr 14; BSG vom 17.7.2008 - B 3 KR 16/07 R - SozR 4-2500 § 69 Nr 5 RdNr 15; BSG vom 29.6.2017 - B 3 KR 31/15 R - BSGE 123, 254 = SozR 4-2500 § 132a Nr 11, RdNr 37), und wonach (bei einer Bruttopreisvereinbarung) selbst ein Irrtum über die Höhe der USt weder den Leistungserbringer zu Nachforderungen
noch die KK zu einer Kürzung der Vergütung berechtigt (vgl BSG vom 17.7.2008, aaO, RdNr 19). Inwiefern vor diesem Hintergrund allein eine (vermeintliche) Überkompensation des entfallenden Vorsteuerabzuges durch den
fiktiven Aufschlag der USt auf den Verkaufs- anstatt auf den Einkaufspreis bereits zu einem Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot
und damit zur Nichtigkeit der Klausel führen sollte, legt die Klägerin nicht dar.
Im Ergebnis kommt es darauf jedoch nicht an. Denn die Rechtsfrage ist im vorliegenden Rechtsstreit jedenfalls nicht klärungsfähig.
Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage ist nicht klärungsfähig, wenn sie im konkreten Rechtsstreit nicht notwendigerweise beantwortet
werden muss, weil die Entscheidung der Vorinstanz mit anderer rechtlicher Begründung bestätigt werden kann. Wie das Vorliegen
grundsätzlicher Bedeutung insgesamt, ist dies auf der Tatsachengrundlage der Vorinstanz zu beurteilen (vgl BSG vom 12.8.2020 - B 1 KR 46/19 B - juris RdNr 10 mwN). Kann nicht ausgeschlossen werden, dass der geltend gemachte Anspruch unabhängig vom Ergebnis der angestrebten rechtlichen
Klärung womöglich am Fehlen einer weiteren Anspruchsvoraussetzung scheitern müsste, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit
und damit der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage (vgl BSG vom 30.8.2004 - B 2 U 401/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 3). So liegt es hier.
Ungeachtet des Umstandes, dass vorliegend keine individuellen Arzneimittelzubereitungen, sondern Fertigarzneimittel im Streit
stehen, steht nicht fest, dass die Abgabe der Arzneimittel durch den Beklagten an Versicherte der Klägerin nicht USt-pflichtig
war. Vielmehr hat das LSG festgestellt, dass die Beklagte die USt in den streitigen Abrechnungsfällen iH von 19 Prozent an
das Finanzamt abgeführt hat, und dass das Finanzamt ihr gegenüber auch entsprechende USt-Bescheide erlassen hat. Die Wirksamkeit
der sogenannten Fußnotenklausel könnte daher allenfalls - wie die Klägerin selbst erkennt - im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs
gemäß §
69 Abs
1 Satz 3
SGB V iVm §
280 Abs
1 BGB relevant werden, bei der Frage, ob der Klägerin durch die unterlassene Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft der USt-Bescheide
ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass der Beklagte schuldhaft eine vertragliche
Nebenpflicht verletzt hat. Dies hat das LSG auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen und der von ihm dargestellten
finanzgerichtlichen Rechtsprechung und der Erlasslage zutreffend verneint (vgl 1.c aa).
c) Die Klägerin formuliert ferner folgende Rechtsfrage:
"Ist im Leistungserbringerrecht generell oder jedenfalls für den Bereich der Verträge nach §
129a SGB V bei Schadensersatzansprüchen der normative Schadensbegriff zugrunde zu legen mit der Folge, dass im Rahmen der Schadensermittlung
maßgeblich nicht eine gegebenenfalls rechtswidrige Besteuerungspraxis der Finanzverwaltung, sondern die Auffassung des über
den Schadensersatzanspruch entscheidenden Sozialgerichts ist, welches die steuerliche Rechtslage anhand der finanzgerichtlichen
Rechtsprechung ermitteln wird."
Auch hinsichtlich dieser Rechtsfrage fehlt es aus den vorstehend (unter 1.c und 2.b) dargelegten Gründen an der Klärungsfähigkeit. Es fehlt zudem an der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage.
Das BSG hat bereits entschieden, dass maßgeblich für die Frage, welcher USt-Satz gilt, die Rechtsauffassung der Steuerverwaltung
ist. Meinungsunterschiede über Grund und Höhe der USt-Pflicht sind zwischen dem Unternehmer als Steuerschuldner und dem Steuerfiskus
als Steuergläubiger zu klären. Entscheidungen der Zivilgerichte oder der Sozialgerichte im Verhältnis zwischen Unternehmer
und Abnehmer entfalten in der öffentlich-rechtlichen Beziehung zwischen Unternehmer und Steuerfiskus keine Bindungswirkung.
Denn ansonsten drohten widersprechende Entscheidungen, wenn über die vom Unternehmer zu tragende Steuerlast einerseits im
gerichtlichen Verfahren vor den Finanzgerichten und andererseits im Rechtsstreit über den vom Schuldner zu tragenden USt-Anteil
- etwa durch die Zivil- oder die Sozialgerichte - verbindlich zu entscheiden wäre. Es muss deshalb allein den Finanzbehörden
und ggf den zuständigen Finanzgerichten überlassen bleiben, die aufgeworfenen steuerrechtlichen Fragen zu klären. Nur die
Entscheidungen dieser Behörden und Gerichte binden alle Beteiligten und müssen, wenn sie bestandskräftig geworden sind, in
den anderen, davon abhängigen Streitverfahren beachtet werden (vgl BSG vom 17.7.2008 - B 3 KR 18/07 R - BSGE 101, 137 = SozR 4-2500 § 69 Nr 6, RdNr 12 ff; BSG vom 3.3.2009 - B 1 KR 7/08 R - juris RdNr 16 ff; BSG vom 9.4.2019 - B 1 KR 5/19 R - BSGE 128, 65 = SozR 4-2500 § 129a Nr 2, RdNr 21; vgl auch BGH vom 17.7.2001 - X ZR 13/99 - NJW-RR 2002, 591, 592). Das entspricht dem Zweck einer Nettopreisvereinbarung, die Vertragsbeteiligten von dem Risiko einer zu ihren Lasten unzutreffenden
Steuerfestsetzung zu entlasten (vgl BSG vom 17.7.2008 - B 3 KR 18/07 R - BSGE 101, 137 = SozR 4-2500 § 69 Nr 6, RdNr 12; BSG vom 3.3.2009 - B 1 KR 7/08 R - juris RdNr 16).
Die vertraglich geschuldete Nebenpflicht des Unternehmers gegenüber seinem Vertragspartner besteht dementsprechend (allein)
darin, verfahrensrechtliche Schritte gegenüber dem Finanzamt einzuleiten, die über die aus dem Vertrag geschuldete Mühewaltung
hinaus keine weiteren Kostenrisiken mit sich bringen, wenn bei verständiger Würdigung die naheliegende Möglichkeit einer Änderung
der Rechtsauffassung der Steuerverwaltung besteht. Bei Verletzung der Nebenpflicht haftet das Krankenhaus der KK im Umfang
des zunichte gemachten Rückzahlungsanspruchs für die gezahlten USt-Anteile, die endgültig festgesetzt sind (BSG vom 9.4.2019 - B 1 KR 5/19 R - BSGE 128, 65 = SozR 4-2500 § 129a Nr 2, RdNr 34).
In der Entscheidung vom 9.4.2019 hat der Senat den Schadensersatzanspruch aufgrund einer solchen Pflichtverletzung des Krankenhauses
gegenüber der KK ohne eigene steuerrechtliche Prüfung allein mit Blick auf die Entscheidung des BFH vom 24.9.2014 (V R 19/11 - BStBl II 2016, 781) und die in der Folge geänderte Erlasslage bejaht und entschieden, dass der Schadensersatzanspruch mit der Bekanntgabe der
rückwirkenden Änderung der Rechtsauffassung der Steuerverwaltung am 20.10.2016 entstanden war (BSG vom 9.4.2019 - B 1 KR 5/19 R - BSGE 128, 65 = SozR 4-2500 § 129a Nr 2, RdNr 34). Danach kann kein Zweifel bestehen, dass auch für die Frage nach dem Vorliegen eines ersatzfähigen Schadens in dem vorliegenden
Zusammenhang auf dem Boden der Differenzhypothese (anders als etwa in einem Haftpflichtprozess gegen einen außerhalb des Verhältnisses zwischen Unternehmer und Abnehmer stehenden
Steuerberater, vgl BGH vom 6.7.2006 - IX ZR 88/02 - VersR 2007, 116, 117 RdNr 14) allein die Auffassung der Finanzgerichte und der Steuerverwaltung maßgeblich ist und die Schadensbetrachtung nicht unter
Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Sozialgerichte normativ zu korrigieren ist. Dies steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung
des BGH zum normativen Schadensbegriff. Danach ist die grundsätzlich maßgebliche Differenzberechnung dann normativ wertend
zu korrigieren, wenn die Differenzbilanz die Schadensentwicklung für den Normzweck der Haftung nicht hinreichend erfasst (vgl zB BGH vom 22.11.2016 - VI ZR 40/16 - VersR 2017, 304, 305 RdNr 15 mwN; ferner etwa BGH vom 8.10.2020 - VII ARZ 1/20 - NJW 2021, 53, 56 RdNr 25). Eine danach mögliche Korrektur kann nur innerhalb des von Steuerverwaltung und finanzgerichtlicher Rechtsprechung vorgegebenen
Rahmens erfolgen, nicht jedoch diesen ersetzen.
d) Die Klägerin wirft schließlich (hilfsweise) folgende Rechtsfrage auf:
"Können Krankenkassen die Abtretung etwaiger Rückzahlungsansprüche der Krankenhäuser gegenüber dem Fiskus verlangen, wenn
die vom Krankenhaus gegenüber der Krankenkasse abgerechneten Arzneimittelabgaben nach der bestehenden Erlasslage mit hoher
Wahrscheinlichkeit dem ermäßigten Steuersatz unterlagen und deshalb die darauf abgeführte Umsatzsteuer in Höhe des regulären
Umsatzsteuersatzes anteilig von der Steuerverwaltung zurückverlangt werden kann?"
Auch diese Rechtsfrage ist vor dem Hintergrund der vorstehend (unter 2.c) dargestellten Rechtsprechung des Senats nicht klärungsbedürftig. Geht man zugunsten der Klägerin davon aus, dass ein Schadensersatzanspruch
wegen Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht in Betracht kommen kann (vgl 1.c aa), ist nicht ersichtlich, auf welcher Rechtsgrundlage daneben ein Abtretungsanspruch bestehen könnte. Natürlich bleibt es dem
Krankenhausträger unbenommen, sich im Benehmen mit der KK seiner möglichen Verfahrenslast und Schadensersatzpflicht zu entledigen,
indem er einen eventuellen USt-Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt rechtzeitig an die KK abtritt. Einen vertraglichen
oder gesetzlichen Anspruch hierauf hat die KK aber nicht.
3. Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensmangel einer Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG) liegt ungeachtet der Wahrung der Darlegungsanforderungen ebenfalls nicht vor.
Die Gewährleistung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen
und in Erwägung zu ziehen. Bei vom Gericht entgegengenommenem Vorbringen der Beteiligten ist grundsätzlich davon auszugehen,
dass dies geschehen ist. Hierbei ist das Gericht nicht verpflichtet, jedes Vorbringen in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich
zu bescheiden. Das Verfahrensgrundrecht aus Art
103 Abs
1 GG schützt auch nicht davor, dass das Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt
bleibt. Ebenso wenig bietet es Schutz davor, dass das Gericht die Rechtsansicht eines Beteiligten nicht teilt. Ein Verstoß
gegen die Pflicht zur Berücksichtigung von Vorbringen liegt hiernach dann vor, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen,
aus denen sich ergibt, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder
doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer
Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt
dies grundsätzlich auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des erkennenden
Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war (vgl stellvertretend BVerfG vom 27.5.2016 - 1 BvR 1890/15 - juris RdNr 14 f mwN).
Die Klägerin rügt, das LSG habe den Vortrag übergangen, die Verabreichung der in Rede stehenden Arzneimittel sei besonders
eng mit der ambulanten ärztlichen Heilbehandlung verbunden gewesen, weil entweder eine Verabreichung nur durch medizinisches
Fachpersonal habe erfolgen können oder aber die Vorbereitung der Injektion medizinischem Fachpersonal vorbehalten gewesen
sei.
Dieses Vorbringen war jedoch aus Sicht des LSG jedenfalls nicht entscheidungserheblich. Allein entscheidend war für das LSG
in diesem Zusammenhang vielmehr, dass die Frage, ob auf die ambulante Abgabe von Fertigarzneimitteln im Krankenhaus der Regelsteuersatz
von 19 Prozent oder nach § 12 Abs 2 Nr 8 Buchst a UStG wegen eines etwaigen gemeinnützigen Zwecks der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent anzuwenden ist, noch nicht geklärt ist.
Zudem hat das LSG selbst diesen Punkt im Ergebnis dahinstehen lassen, weil jedenfalls die Finanzverwaltung keine Rückwirkung
der seit 2015 geltenden neuen Erlasslage verfügt habe.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang schließlich rügt, das LSG habe bei seiner Entscheidung allein die große Gruppe
der Fertigarzneimittel im Blick gehabt, ohne den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen, wendet sie sich abermals
lediglich gegen die inhaltliche Richtigkeit des LSG-Urteils. Die Behauptung, die Berufungsentscheidung sei inhaltlich unrichtig,
kann aber nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG vom 19.6.2018 - B 1 KR 87/17 B - juris RdNr 7; BSG vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 3 GKG.