Gründe
I
Der Kläger begehrte die rückwirkende Zuerkennung eines GdB von 50 für die Zeit vor dem 28.10.1991 und die Feststellung der
Voraussetzungen für die Merkzeichen aG und RF.
Das LSG hat den Anspruch auf rückwirkende Feststellung sowie auf die begehrten Merkzeichen ebenso wie vor ihm der Beklagte
und das SG nach medizinischer Beweisaufnahme verneint (Urteil vom 13.10.2021).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt und Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt. Das LSG
habe seine Pflicht zur Amtsermittlung (§
103 SGG) und zur Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.
II
Der Antrag des Klägers auf PKH ist abzulehnen. Damit scheidet auch die Beiordnung der Prozessbevollmächtigten als Teil der
PKH aus (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).
1. Gemäß §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Abs
1 Satz 1
ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt
es hier.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen. Der Kläger
hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG), so müssen bei der Bezeichnung dieses Mangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zunächst die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
a) In dieser Hinsicht fehlt es bereits an der zwingend erforderlichen zusammenhängenden, vollständigen, chronologisch geordneten
und aus sich heraus verständlichen Darstellung der Verfahrens- und Prozessgeschichte sowie des vom LSG festgestellten Sachverhalts
und damit der Tatumstände, die nach der maßgeblichen materiellen Rechtsauffassung des LSG zu weiterer Sachaufklärung Anlass
hätten geben können (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 11.4.2022 - B 9 SB 59/21 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 16.2.2017 - B 9 V 48/16 B - juris RdNr 10). Es ist nicht Aufgabe des BSG, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil und/oder den Gerichts-
und Verwaltungsakten selbst herauszusuchen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 6.8.2019 - B 9 V 14/19 B - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 14.2.2019 - B 9 SB 51/18 B - juris RdNr 23).
Die von der Prozessbevollmächtigten des Klägers eingereichte Beschwerdeschrift gibt den Verfahrensgang sowie den vom LSG festgestellten
Sachverhalt lediglich bruchstückhaft, ungeordnet und teilweise in laienhaften Formulierungen wieder, auch weil sie ganze Passagen
des vorab übersandten PKH-Antrags des Klägers vom 30.1.2022 wörtlich übernommen hat. Daraus ergibt sich ein weiterer Grund
für die Unzulässigkeit der Beschwerde. Die bloße Vorlage eines vom Prozessbevollmächtigten unterzeichneten, sonst unveränderten
Schriftsatzes des Beteiligten stellt keine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung dar, soweit der Bevollmächtigte die Durchsicht
und Gliederung des Streitstoffs unterlassen hat (BSG Beschluss vom 3.11.2010 - B 5 R 282/10 B - juris RdNr 9; Karmanski in Roos/Wahrendorf/Müller,
SGG, Stand: 1.8.2022, §
160a RdNr 46 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit BVerfG <Kammer> Beschluss vom 19.11.1992 - 1 BvR 1233/92 - juris RdNr 6).
Auch im Übrigen ist die behauptete Verletzung der Sachaufklärungspflicht nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Wird -
wie vom Kläger - ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne
Weiteres auffindbaren und bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der
Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung
drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und
warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei
Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer
günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen s BSG Beschluss vom 20.2.2019 - B 9 SB 67/18 B - juris RdNr 6 mwN).
Diese Darlegungsanforderungen an eine Sachaufklärungsrüge verfehlt die Beschwerde. Dies gilt zunächst für die nach Ansicht
des Klägers prozessordnungswidrig unterbliebene Vernehmung des Zeugen M. In dieser Hinsicht hat der Kläger bereits keinen
für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren und bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrag bezeichnet, dem das LSG
nicht gefolgt ist. Der Kläger gibt lediglich an, der Zeuge habe in der mündlichen Verhandlung "eine Aussage unter Eid angeboten".
Zwar sind an Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines Beweisantrags verminderte Anforderungen zu stellen, wenn der
Kläger - wie hier - in der Berufungsinstanz noch nicht durch einen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten vertreten war (vgl BSG Beschluss vom 8.5.2018 - B 1 KR 3/18 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 18.9.2003 - B 9 SB 11/03 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 1 RdNr 6). Auch ein unvertretener Kläger muss aber dem Gericht deutlich machen, dass und welchen Aufklärungsbedarf er noch sieht (vgl BSG Beschluss vom 3.11.2021 - B 4 AS 186/21 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 8.5.2018 - B 1 KR 3/18 B - juris RdNr 5). Ein solches hinreichend konkretes Sachaufklärungsverlangen - und nicht lediglich ein unbestimmtes Beweisangebot - hat die
Beschwerde nicht dargelegt. Auch zeigt sie nicht auf, dass es sich aus dem Urteil des LSG ergibt.
Ebenso wenig legt die Beschwerde hinreichend dar, warum das LSG sich auf dem Boden seiner Rechtsauffassung zu der beantragten
Vernehmung des benannten Zeugen zum Gesundheitszustand des Klägers hätte gedrängt sehen müssen. Dies wäre umso gehaltvoller
zu begründen gewesen, als das LSG zum Gesundheitszustand des Klägers bereits umfassend medizinisch ermittelt hatte.
Auch soweit der Kläger die unterbliebene Vernehmung weiterer Zeugen rügen möchte, fehlt es schon an der Bezeichnung prozessordnungsgemäßer
Beweisanträge und an der stichhaltigen Darlegung, warum sich dem Berufungsgericht weitere Ermittlungen durch Vernehmung dieser
Zeugen hätten aufdrängen sollen.
b) Der Kläger zeigt auch keine Verletzung rechtlichen Gehörs in Form des gesetzlichen Fragerechts aus §
116 Satz 2, §
118 Abs
1 Satz 1
SGG iVm §§
397,
402,
411 Abs
4 ZPO auf. Er rügt, das LSG habe sein gesetzliches Recht auf Befragung des Sachverständigen Dr. G verletzt. Die Ausübung des Fragerechts
an den Sachverständigen setzt indes einen rechtzeitigen Antrag auf Befragung und eine hinreichend konkrete Bezeichnung der
noch erläuterungsbedürftigen Punkte voraus (stRspr; BSG Beschluss vom 27.9.2018 - B 9 V 14/18 B - juris RdNr 14 mwN).
Zu beiden Voraussetzungen des Fragerechts legt die Beschwerde nichts dar. Der Kläger trägt lediglich vor, das LSG hätte den
Sachverständigen Dr. G zur Beurteilung "seiner Glaubwürdigkeit" anhören müssen, anstatt die Beurteilung auf die Einschätzung
anderer Sachverständiger zu stützen. Letztlich wendet sich der Kläger damit gegen die Beweiswürdigung des LSG, die §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG indes der Beurteilung durch das Revisionsgericht vollständig entzieht. Kraft der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen
Anordnung kann die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar
angegriffen werden (BSG Beschluss vom 1.7.2020 - B 9 SB 5/20 B - juris RdNr 10 mwN).
Soweit der Kläger schließlich möglicherweise andeuten möchte, er halte den Vorsitzenden Richter des LSG wegen "Freunderlwirtschaft"
für befangen, kann er mit diesem Vortrag im Beschwerdeverfahren schon deshalb nicht gehört werden, weil er nicht dargelegt
hat, beim LSG einen Befangenheitsantrag nach §
60 Abs
1 SGG iVm §
42 Abs
2 ZPO gestellt zu haben.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2, §
169 Satz 2 und
3 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.