Anspruch auf ein faires Verfahren
Rüge einer falschen Rechtsanwendung
Gründe:
I
Der Kläger begehrt die Feststellung höherer Schädigungsfolgen sowie die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.
Beim 1937 geborenen Kläger sind als Schädigungsfolgen von Kriegserlebnissen während des Zweiten Weltkriegs "Albträume und
Nachhallerinnerungen" anerkannt (Bescheid vom 16.10.2009). Sein Verschlimmerungsantrag ist im Verwaltungsverfahren und vor
dem SG ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat mit Urteil vom 29.7.2014 ebenfalls den Anspruch des Klägers abgelehnt, ihm unter Anerkennung
einer Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes Versorgung nach einem höheren Grad der Schädigungsfolgen zuzusprechen und
weitere Leiden als Schädigungsfolgen anzuerkennen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt und Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Das LSG habe es unterlassen, die erforderliche Gesamtbetrachtung der Schädigungsfolgen
vorzunehmen. Es sei verpflichtet gewesen, den Kläger persönlich zu seinen Nachhallerinnerungen anzuhören und seine Narben
in Augenschein zu nehmen. Das LSG habe es insoweit unter Verstoß gegen die einschlägigen Verfahrensvorschriften und das Recht
auf ein faires Verfahren abgelehnt, dem Kläger die Anreise zum Gerichtsort zu finanzieren.
II
1. Der Antrag des Klägers, ihm PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
zu gewähren, ist abzulehnen. Nach §
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §§
114,
121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn ua die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet. Daran fehlt es (dazu 2.).
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil
weder der behauptete Verfahrensmangel (a) noch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (b) substantiiert dargetan worden
sind (vgl §
160a Abs
2 S 3
SGG).
a) Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 1
SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Schon daran fehlt
es hier.
Eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch die unterbliebene persönliche Anhörung des Klägers ist nicht dargetan. Das LSG hat
ihn nach seinem Vortrag nicht - etwa durch Ablehnung eines begründeten Vertagungsantrags - gehindert, sich durch persönliche
Anwesenheit bei der Berufungsverhandlung Gehör zu verschaffen. §
62 SGG verlangt vom Gericht nicht, dafür Sorge zu tragen (etwa durch Anordnung des persönlichen Erscheinens unter Übernahme der
Fahrkosten), dass jeder Beteiligte auch persönlich vor dem Gericht auftreten kann (BSG Beschluss vom 21.8.2008 - B 13 R 109/08 B - Juris). Dies gilt insbesondere dann, wenn er im Verfahren durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist (BSG Beschluss vom 14.11.2005 - B 13 RJ 245/05 B - Juris). Vielmehr steht die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten nach §§
153,
111 Abs
1 S 1
SGG im Ermessen des Vorsitzenden (BSG Beschluss vom 21.8.2008 - B 13 R 109/08 B - Juris). Insoweit hat die Beschwerde es aber unterlassen darzulegen, warum der Verzicht, das persönliche Erscheinen des
Klägers anzuordnen, ermessensfehlerhaft gewesen sein sollte. Insbesondere setzt sich die Beschwerde nicht mit der einleuchtenden
Begründung des LSG auseinander, dem Gericht fehle die medizinische Sachkenntnis, um die vom Kläger als Schädigungsfolgen geltend
gemachten Gesundheitsstörungen wie verschlimmerte seelische Folgen und Verletzungsnarben in der mündlichen Verhandlung aus
eigener Anschauung zu beurteilen und dabei von den im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten medizinischen Gutachten
abzuweichen.
Soweit der Kläger der Sache nach einen Verstoß des LSG gegen seine Pflicht zur Amtsermittlung rügen will, hätte er nach §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG einen Beweisantrag bezeichnen müssen, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Das hat der Kläger nicht
getan.
Auch die gerügte Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren ist nicht dargetan. Dieser aus Art
2 Abs
1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Anspruch ist nur verletzt, wenn grundlegende Rechtsschutzstandards, wie das Gebot
der Waffengleichheit zwischen den Beteiligten, das Verbot von widersprüchlichem Verhalten oder von Überraschungsentscheidungen
nicht gewahrt werden (BSG SozR 4-1500 § 118 Nr 3 mwN). Ein solches der Prozessordnung fundamental widersprechendes Verhalten des LSG hat der Kläger nicht einmal ansatzweise
dargelegt.
b) Eine grundsätzliche Bedeutung ist ebenfalls nicht dargetan. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn
sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts
einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl zum Ganzen BSG SozR 3-1500 §
160a Nr 34 S 70 mwN; Karmanski in Roos/Wahrendorf,
SGG, 1. Aufl 2014, §
160a RdNr 45 ff mwN). Die Beschwerde versucht gar nicht erst, eine solche grundsätzliche, über den Einzelfall hinausweisende Rechtsfrage
aufzuzeigen. Vielmehr kritisiert sie, das LSG habe es versäumt, im Fall des Klägers die Schädigungsfolgen umfassend zu betrachten
und die erforderliche Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Auf die Behauptung, das LSG habe im Einzelfall das Recht falsch angewendet,
kann eine Nichtzulassungsbeschwerde indes von vornherein nicht mit Erfolg gestützt werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2, §
169 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.