Kürzung einer Pflegezulage im sozialen Entschädigungsrecht
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die vom Beklagten vorgenommene Kürzung der Pflegezulage zu Recht erfolgt ist.
Die Kläger sind die Eltern der 1967 geborenen B. Dr. (B.), die infolge einer 1968 erhaltenen Pockenschutzimpfung einen dauerhaften
Gesundheitsschaden in Form einer geistigen Behinderung erlitt und 2008 verstarb.
Sie befand sich vom 04.09.1989 bis zum 03.12.1989 in einem Eingangsverfahren zur Aufnahme in den Förder- und Betreuungsbereich
der W. Werkstätten der Diakonie St.. Dipl.-Sozialarbeiterin Sch.-St. führte in ihrem über dieses Verfahren erstellten Bericht
vom 16.11.1989 unter anderem aus, im lebenspraktischen Bereich sei B. auf die Hilfe der Werkstatterzieher angewiesen. Beim
Laufen müsse sie geführt werden, da sie beim Treppensteigen und bei Unebenheiten sehr schnell hinfalle. Das Mittagessen werde
von den Erziehern rationiert, da sie sonst maßlos viel essen würde. Auch müsse man ihr die Medikamente geben. B. sei nicht
verkehrssicher und daher auf den Fahrdienst der Werkstatt angewiesen. Das Arbeitsverhalten von B. sei stark stimmungsabhängig.
Sie habe nur ein geringes Arbeitsverständnis. In der passiven Phase sei sie zu keiner Arbeitsleistung bereit. In der aktiven
Phase sei sie motiviert und kurzzeitig bereit, auf Zureden und bei genauer Anleitung durch die Werkstatterzieher einfache
Arbeiten durchzuführen. Fehle ihr die Aufmerksamkeit des Erziehers, arbeite sie fast immer nur kurzzeitig fehlerhaft weiter.
Aufgrund feinmotorischer Störungen könne B. nur einfachste Arbeiten mit bestimmten Hilfsmitteln ausführen. Weder Arbeitsdauer
noch Konzentrationsfähigkeit hätten während des Eingangsverfahrens gefördert werden können. Es sei davon auszugehen, dass
B. das Ziel der Arbeitstrainingsmaßnahme nicht erreichen werde, so dass sie in die Förder- und Betreuungsgruppe aufzunehmen
sei. B. wurde sodann ab 04.12.1989 in die Förder- und Betreuungsgruppe der W. Werkstätten der Diakonie St. aufgenommen. Dipl.-Sozialarbeiterin
Sch.-St. führte in ihrem Bericht vom 29.11.1990 aus, B. sei nach wie vor im lebenspraktischen Bereich auf die Hilfe der Erzieher
angewiesen. Ihr Arbeitsverhalten sei weiterhin stimmungsabhängig. In der passiven Phase, in der sie total in sich gekehrt
und nicht ansprechbar sei und die in letzter Zeit immer häufiger auftrete, sei sie zum Arbeiten nicht zu motivieren. Sie bleibe
in diesen Phasen häufig zu Hause und liege im Bett. In der Werkstatt ziehe sie sich in den Ruheraum zurück. Sie könne nur
in der aktiven Phase von den Erziehern zum Mitarbeiten motiviert werden. Hierfür sei jedoch die intensive Zuwendung eines
Erziehers sowie ständiges Zureden und genaue Anleitung erforderlich. Dipl.-Sozialpädagogin E. führte in ihrem Bericht vom
05.11.1992 aus, in Bezug auf das Arbeits- und Sozialverhalten von B. hätten sich keine wesentlichen Veränderungen ergeben.
Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung hat zur Frage der Übernahme der Werkstattkosten gemäß § 27d Abs. 1 Nr. 6 Bundesversorgungsgesetz (BVG) bei nicht nur vorübergehender Heimpflege gemäß § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG das Rundschreiben vom 07.11.1995 - VI 1-53064/VI 2-52764 erlassen. Danach könnten die Ansprüche auf Pflegezulage und Eingliederungshilfe
wegen der unterschiedlichen Zielsetzung der Anspruchsgrundlagen in § 35 BVG und § 27d Abs. 1 Nr. 6 BVG unabhängig und ohne gegenseitige Anrechnung nebeneinander bestehen. Die Kosten, die durch die Beschäftigung eines Pflegezulageempfängers
in einer Werkstatt für Behinderte entstünden, seien nicht nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG zu übernehmen. Vielmehr folge aus dem beruflichen und sozialen Rehabilitationsziel der Beschäftigung eines im Sinne des §
54 Abs. 3 Schwerbehindertengesetz werkstattfähigen Beschädigten in einer Werkstatt für Behinderte bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen, dass Anspruchsgrundlage
für die Übernahme der Werkstattkosten grundsätzlich § 27d Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 BVG in Verbindung mit Abschnitt 3 Unterabschnitt 7 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sei. Für die Beurteilung der Werkstattfähigkeit des Beschädigten solle in der Regel der Stellungnahme des Fachausschusses
nach § 2 Werkstättenverordnung gefolgt werden. Werde ein werkstattfähiger Beschädigter in einem der Werkstatt angegliederten Wohnraum für Behinderte untergebracht,
diene dies in erster Linie der werkstattnahen Unterbringung und nicht, wenn er pflegebedürftig sei, der Sicherstellung der
Pflege, so dass auch die Unterbringungskosten insoweit im Rahmen des § 27d Abs. 1 Nr. 6 BVG zu übernehmen seien. In diesem Zusammenhang anfallende Pflegekosten seien entweder aus der Pauschale nach § 35 Abs. 1 BVG oder aus der nach § 35 Abs. 2 BVG erhöhten Pflegezulage zu bestreiten. Dementsprechend komme die Möglichkeit einer vollständigen Kostenübernahme nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG nur in den Fällen der Pflege und der Betreuung (insbesondere im Sinne einer Beschäftigungstherapie) in Tagesförderstätten
in Betracht, in denen der Beschädigte nicht werkstattfähig sei und auch eine soziale Rehabilitation ausscheide.
In Ausführung des nach umfangreicher medizinischer Ermittlung ergangenen Urteils des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.08.1996
(S 1 V 247/92) und nach aufgrund weiterer Sachverhaltsermittlung durch das Landessozialgericht Baden-Württemberg erfolgter Berufungsrücknahme
(L 8 V 2913/96) stellte der Beklagte mit Bescheid vom 09.02.1998 als Impfschaden eine geistige Behinderung und Epilepsie fest und bewilligte
Beschädigtenversorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 vom Hundert (v. H.) ab 01.07.1989. Ferner bewilligte
der Beklagte mit Bescheid vom 09.06.1998 in der Gestalt des Bescheides vom 26.06.1998 Grundrente nach einer MdE um 100 v.
H., Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe IV, Pflegezulage nach Stufe III sowie einen Pauschbetrag für Kleider- oder Wäscheverschleiß
ab 01.07.1989 und mit Bescheid vom 07.10.1998 Ausgleichsrente sowie Berufsschadensausgleich ab 01.07.1989 (Antragsmonat) in
Höhe von 1.158,- DM monatlich.
Mit Schreiben vom 14.01.1999 beantragte das Landratsamt Rems-Murr-Kreis - Kreissozialamt - beim Beklagten die Übernahme der
Betreuungskosten ab 04.12.1989 und machte einen Erstattungsanspruch für die von 1989 bis 1998 getätigten Aufwendungen geltend.
Mit Schreiben vom 01.03.1999 nahm das Versorgungsamt Stuttgart eine Abrechnung der Nachzahlung aus dem Bescheid vom 07.10.1998
vor und wies unter anderem auf den Gesetzestext des § 35 Abs. 2 Satz 2 BVG hin. Mit Bescheid vom 18.03.1999 erklärte sich der Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern - Hauptfürsorgestelle
- im Rahmen der Kriegsopferfürsorge gegenüber B. bereit, die Kosten der teilstationären Unterbringung von B. in der Förder-
und Betreuungsgruppe der W. Werkstätten der Diakonie St. zum jeweils gültigen Pflegesatz rückwirkend ab 01.10.1998 zu übernehmen.
In seiner internen Anweisung vom 10.06.1999 führte das Landesversorgungsamt aus, die vom Landratsamt Rems-Murr-Kreis - Kreissozialamt
- angestrebte Kostenübernahme könne nur durch Erhöhung der Pflegezulage nach § 35 Abs. 2 BVG erfolgen. Dies habe zur Folge, dass B. die Hälfte der ihr gewährten Pflegepauschale zur Kostendeckung einzusetzen habe. Es
führte zur Begründung aus, das zu dauernder Heimpflege nach § 35 Abs. 6 BVG ergangene Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 07.11.1995 sei auch auf teilstationäre Unterbringung
in einer Behinderteneinrichtung nach § 35 Abs. 2 BVG anzuwenden. Es sei nicht verständlich und nicht nachvollziehbar, weshalb der Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern
- Hauptfürsorgestelle - bereit sei, ab 01.10.1998 die Betreuungskosten der nicht-werkstattfähigen B. zu tragen. Mit Schreiben
vom 02.08.1999 erklärte der Beklagte gegenüber der Diakonie St. die Übernahme der Betreuungskosten ab 01.09.1999. Mit Schreiben
vom 02.08.1999 entsprach der Beklagte dem vom Landratsamt Rems-Murr-Kreis - Kreissozialamt - geltend gemachten Anspruch auf
Erstattung der Betreuungskosten für die Zeit vom 01.11.1995 bis zum 30.09.1998.
Mit Schreiben vom 03.08.1999 (Bl. 276 Bd. II V-Akte) führte der Beklagte gegenüber B. aus, die angefallenen Kosten für die
Beschäftigung von B. im Förder- und Betreuungsbereich der W. Werkstätten würden ab 01.11.1995 übernommen. Dies habe zur Folge,
dass sich B. bis zur Hälfte der pauschalen Pflegezulage an den anfallenden Kosten beteiligen müsse. Daher werde die bisher
gezahlte Pflegezulage gekürzt. Eine Rechtsmittelbelehrung war nicht beigefügt. Sodann stellte der Beklagte mit Anpassungsbescheid
vom 13.08.1999 auf Grundlage der 8. Kriegsopferversorgungs-Anpassungsverordnung (8. KOV-AnpV) die Versorgungsbezüge, insbesondere
die nach § 35 Abs. 2 BVG gekürzte Pflegezulage, mit Wirkung ab 01.07.1999 neu fest.
Mit Schreiben vom 20.10.1999 beantragte der Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern - Hauptfürsorgestelle - beim
Beklagten die Übernahme der Betreuungskosten ab 01.10.1998 und machte einen Erstattungsanspruch geltend. Mit Schreiben vom
21.01.2000 entsprach der Beklagte dem vom Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern - Hauptfürsorgestelle - geltend
gemachten Anspruch auf Erstattung der Betreuungskosten für die Zeit vom 01.10.1998 bis zum 31.08.1999. Mit Schreiben vom 14.03.2000
teilte der Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern der B. mit, da der Beklagte nunmehr die Teilnahme an der Förderungs-
und Betreuungsgruppe der W. Werkstätten der Diakonie St. rückwirkend zum 01.09.1999 übernehme, werde die mit Kostenzusage
vom 18.03.1999 übernommene Kostenübernahme zum 31.08.1999 eingestellt.
Im Rahmen eines Neufeststellungsverfahrens führte der Chirurg Dr. B. in seinem Gutachten vom 22.08.2005 aus, B. bedürfe für
sämtliche Verrichtungen des täglichen Lebens fremder Hilfe. Zu irgendwelchen selbstständigen Verrichtungen sei sie praktisch
nicht mehr in der Lage. Sie benötige fremde Hilfe beim Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden sowie Waschen und bei
der Intimpflege, Zahnpflege sowie Benutzung der Toilette. Gehen sei nur unter tatkräftiger Unterstützung und Führung möglich.
Beim Essen werde der von den Eltern gefüllte Löffel unter Anleitung von B. zum Mund geführt, gegebenenfalls sei Zufüttern
erforderlich. Die als Schädigungsfolge anerkannte geistige Behinderung mit Verhaltensstörung, psychomotorischer Antriebsstörung
und linksbetonter Spastik bestehe weiterhin. Auf Grundlage dieses Gutachtens bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 10.10.2005
Pflegezulage nach Stufe IV ab 01.07.2005. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 10.04.2006 zurück.
Am 10.11.2006 wurde für B. die Gewährung der vollen Pflegezulage zum frühestmöglichen Zeitpunkt, insbesondere auch rückwirkend,
beantragt. Das Schreiben vom 03.08.1999 sei nicht in Form eines Bescheides ergangen, obwohl es um die Kürzung einer Leistung
gehe. Zur Begründung wurde weiter ausgeführt, das zwischen ihr und der Werkstatt bestehende Vertragsverhältnis sei kein Arbeitsvertrag.
Die Betreuung in der Werkstatt stelle sich als soziale Eingliederungshilfe und nicht als fremde Hilfe von Dritten im Rahmen
eines Arbeitsvertrages nach § 35 Abs. 2 BVG dar. Hinzu komme, dass § 35 Abs. 2 BVG voraussetze, dass die Hilfe des Dritten im Haushalt des Geschädigten geleistet werde. Eine Beteiligung an den anfallenden
Kosten bis zur Hälfte der pauschalen Pflegezulage sei daher rechtswidrig, da ein Fall des § 35 Abs. 2 BVG nicht vorliege. Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass die Weisung irgendeines Ministeriums oder Amtes keine Rechtsgrundlage
für die Versagung der halben Pflegezulage sei. In § 35 Abs. 2 BVG sei abschließend geregelt, in welchen Fällen dem Geschädigten der Verbleib der Pflegezulage in Höhe von nur 50 % zuzumuten
sei. Weitere von der Exekutive angeordnete Fälle gebe es nicht. Ferner wurde darauf hingewiesen, während die Pflegezulage
streng auf den gegenwärtigen Zustand des Beschädigten bezogen sei, die Hilflosigkeit unverändert lasse und lediglich ihre
Folgen ausgleiche, also bewahrenden Charakter zeige, diene die Eingliederungshilfe für Behinderte einem anderen Zweck, nämlich
einer Besserung des gegenwärtigen Zustandes des Behinderten selbst für die Zukunft. Damit erwiesen sich die mit den beiden
in Rede stehenden Leistungen verfolgten Zwecke nicht einmal als teilweise identisch. Häusliche Pflege nach § 35 BVG und Maßnahmen der sozialen Eingliederung schlössen einander nicht aus, sondern ergänzten sich. Der grundverschiedene Zweck
beider Leistungen verbiete die Anrechnung von Leistungen der Pflege nach § 35 BVG auf Leistungen der sozialen Eingliederungshilfe. Hinzu komme, dass B. beispielsweise im Jahr 2005 an 221 Tagen nicht in der
Werkstatt gewesen sei. In dieser Zeit sei die Pflege vollumfänglich von den Eltern geleistet worden. Dennoch sei auch für
diese Fehltage die Pflegezulage um 50 % gekürzt worden. Schon daraus sei ersichtlich, dass die Betreuung von B. in der Werkstatt
nichts mit den Leistungen der häuslichen Pflege zu tun habe. Andernfalls wäre der Beklagte verpflichtet, die Pflegezulage
entsprechend der Anwesenheit von B. in der Werkstatt zu verrechnen. Bei der vom Beklagten vorgenommenen pauschalen Kürzung
werde nämlich die Pflegezulage für Leistungen in Anspruch genommen, die die Werkstatt nicht erbringe und im Gegensatz dazu
erhalte B. für die Zeit, in der sie der häuslichen Pflege bedürfe, die Pflegezulage nicht.
Mit Bescheid vom 11.07.2007 lehnte der Beklagte den als Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 03.08.1999 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ausgelegten Antrag vom 10.11.2006 ab. Er führte zur Begründung aus, besuche der Beschädigte tagsüber die Tagesstätte/Tagesförderstätte
eines Behindertenzentrums und werde er dort beschäftigungstherapeutisch betreut (wenn also nicht die Erlangung wirtschaftlich
verwertbarer Arbeitskraft im Vordergrund stehe), so seien nach geltender Rechtslage in Anlehnung an das Rundschreiben des
Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 07.11.1995 die Kosten der Pflege - Betreuungskosten - aus der pauschalen
Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG und der nach § 35 Abs. 2 BVG erhöhten Pflegezulage zu bestreiten. Da B. mit ihren Eltern in häuslicher Gemeinschaft lebe, sei die Pflegezulage nach §
35 Abs. 2 Satz 2 BVG aber so zu erhöhen, dass nur ein Viertel der aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen
sei und mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibe. Auf entsprechende Weisung des Landesversorgungsamtes
würden die Kosten der Werkstattunterbringung ab 01.11.1995 in korrekter Anwendung dieser gesetzlichen Bestimmung vom Beklagten
getragen. Dies sei mit Schreiben vom 03.08.1999 bescheidmäßig so festgestellt worden.
Hiergegen wurde für B. am 10.08.2007 Widerspruch eingelegt. Es wurde zur Begründung ausgeführt, das Rundschreiben des Bundesministeriums
für Arbeit und Sozialordnung vom 07.11.1995 stelle keine vorliegend anwendbare Rechtsgrundlage für eine Kürzung der Pflegezulage
dar. Voraussetzung für die Anwendung dieses Rundschreibens sei, dass ein werkstattfähiger Beschädigter in einem der Werkstatt
angegliederten Wohnheim für Behinderte untergebracht werde. Ferner heiße es, dass in diesem Zusammenhang anfallende Pflegekosten
aus der Pflegezulage zu bestreiten seien. Gemeint seien die Pflegekosten, die vom Personal des Wohnheims im Rahmen der Wohnheimpflege
erbracht würden. Vorliegend sei B. jedoch nicht in einem werkstattnahen Wohnheim untergebracht. B. befinde sich tagsüber für
einige Stunden in der Behindertenwerkstatt. Die Pflege selbst, die strikt von dem Aufenthalt in der Behindertenwerkstatt zu
trennen sei, erfolge bisher unentgeltlich ausschließlich im häuslichen Bereich durch die Eltern von B. Die Unterbringung in
der Tagesstätte einer Behindertenwerkstatt sei eine Maßnahme der Eingliederungshilfe, deren Zweck es sei, eine Besserung des
gegenwärtigen Zustandes des Behinderten selbst für die Zukunft beziehungsweise eine Nichtverschlechterung dieses Zustandes
zu erreichen. Dass während des Aufenthalts von B. in der Behindertenwerkstatt gegebenenfalls einige Leistungen erbracht werden
müssten, die zum Bereich der Pflege gehörten, mache den Aufenthalt in der Werkstatt insgesamt nicht zu einer Leistung, die
unter die Regelung des § 35 Abs. 2 BVG subsummiert werden könne. Die Pflegezulage hingegen werde einem Beschädigten gewährt, der infolge seiner Schädigung so hilflos
sei, dass er für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens in erheblichem
Umfang fremder Hilfe dauernd bedürfe. Die unterschiedlichen Zwecke von Eingliederungshilfe und Pflegezulage schlössen eine
Verrechnung oder Anrechnung dieser Leistungen gegenseitig aus. Hinzu komme, dass § 35 Abs. 2 Satz 1 BVG schon von seinem Wortlaut her nicht auf den Fall der Werkstattunterbringung anzuwenden sei. Voraussetzung einer Kürzung der
pauschalen Pflegezulage sei, dass fremde Hilfe von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages im Pflegebereich des Beschädigten
gewährt werde. Pflegerisch sei nicht die Werkstatt, sondern der häusliche Bereich oder gegebenenfalls ein Wohnheim. Im häuslichen
Bereich werde jedoch bis zum jetzigen Zeitpunkt die Pflege von B. unentgeltlich von den Eltern erbracht. Es fehle mithin an
der fremden Hilfe von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Durch das Rundschreiben des Bundesministeriums
für Arbeit und Sozialordnung vom 07.11.1995 sei unter anderem abgeklärt worden, ob die Kosten für die Beschäftigung eines
Pflegezulageempfangers in der Tagesförderstätte einer Werkstatt für Behinderte von der Kriegsopferfürsorge oder von der Kriegsopferversorgung
zu tragen seien. Hierbei sei klargestellt worden, dass es allein auf die Werkstattfähigkeit des Beschädigten ankommt. Nach
Sach- und Aktenlage und unter Berücksichtigung aller zur Verfügung stehenden Befundunterlagen sei B. nicht werkstattfähig.
Das diesbezüglich vorausgegangene Eingangsverfahren und die Beschäftigung im Arbeitstrainingsbereich hätten keinen Erfolg
gebracht. B. sei sowohl geistig als auch körperlich gravierend eingeschränkt, so dass eine wirtschaftlich orientierte Beschäftigung
in einer Behindertenwerkstatt nicht möglich sei. Die Beschäftigung von B. erfolge ausschließlich im Sinne einer Beschäftigungstherapie.
Eine solche Förderung erhebe keinen Anspruch auf die Erlangung einer wirtschaftlich verwertbaren Arbeitskraft. Demzufolge
sei bei den Unterbringungskosten von Betreuungskosten auszugehen, die im gesetzlichen Rahmen des § 35 Abs. 1 und 2 BVG von der Versorgungsverwaltung zu übernehmen seien. Eine entsprechende Kostenübernahme sei erfolgt. Anzumerken sei, dass die
Kriegsopferfürsorge im Falle einer dortigen Kostenübernahme im Rahmen der Eingliederungshilfe Erstattungsansprüche auf die
Pflegezulage und auf die vom Einkommen abhängigen Versorgungsbezüge von B. geltend machen könnte. Dies wäre insgesamt letztlich
mit einer finanziellen Schlechterstellung von B. verbunden.
Hiergegen ist für B. am 02.10.2007 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben und die Auffassung vertreten worden, am 03.08.1999
sei bereits kein Verwaltungsakt ergangen, sondern ein normales Mitteilungsschreiben ohne Rechtsmittelbelehrung oder Verfügungssatz.
Es ist zur Begründung ergänzend ausgeführt worden, die Auffassung des Beklagten führe letztlich dazu, dass die nicht-werkstattfähige
B. schlechter gestellt werde als werkstattfähige Geschädigte. Letzteren würde die Pflegezulage belassen, weil die für sie
anfallenden Kosten als Eingliederungshilfe gezahlt würden. Im Rahmen der Eingliederungshilfe sei nicht zwischen werkstattfähigen
und nicht-werkstattfähigen Geschädigten zu unterscheiden. Immer dann, wenn die Unterbringung eines Geschädigten in der Tagesstätte
einer Behindertenwerkstatt erfolge, liege eine Leistung der Eingliederungshilfe vor. Der Umfang der in der Werkstatt notwendig
zu erbringenden Pflegeleistungen spiele, ganz gleich ob der Geschädigte werkstattfähig sei oder nicht, dabei keine Rolle.
Da dem so sei, könne der Beklagte die Frage der Werkstattfähigkeit nicht einfach per Rundschreiben zum entscheidenden Kriterium
dafür machen, aus welchen Mitteln die Werkstattunterbringung zu begleichen sei und dass sich der Geschädigte an diesen Kosten
zu beteiligen habe. Diese Entscheidung müsse dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Dieser habe aber in § 35 Abs. 2 BVG eine Entscheidung getroffen, die der Praxis des Beklagten diametral entgegenstehe. Wenn eine Kürzung auch für Zeiten erfolge,
in denen B. nicht in der Werkstatt gewesen sei, so ergebe sich hieraus, dass dadurch B. Vorhaltekosten der Werkstatt, nicht
aber Kosten für Pflege finanziere. Hierzu hat der Beklagte entgegnet, auch die beschäftigungstherapeutische Betreuung der
B. sei eine pflegerische Maßnahme im Sinne des § 35 Abs. 2 BVG. Wolle B. dies bestreiten, könne die Unterbringung in der Werkstatt lediglich als private Freizeitveranstaltung gewertet
werden, deren Kosten B. in voller Höhe allein zu tragen hätte. Der Umstand, dass B. an vielen Tagen krank zu Hause gewesen
sei, ändere nichts an der Tatsache, dass die W. Werkstätten der Diakonie St. monatliche Rechnungen gestellt hätten, die von
ihm ausnahmslos bezahlt worden seien.
Das Sozialgericht hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 14.04.2008 erörtert und anschließend mit Urteil vom 24.04.2008
die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, bei dem Schreiben des Beklagten vom 03.08.1999 handele es sich um
einen Verwaltungsakt, mit dem die Kürzung der Pflegezulage zuletzt geregelt worden sei. Das habe zur Folge, dass keine Prüfung
des klägerischen Begehrens von Grund auf zu erfolgen habe, sondern diese sich darauf zu beschränken gehabt habe, wesentliche
neue tatsächliche Gesichtspunkte und/oder eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung festzustellen, die eine nachträgliche
Abänderung hätten rechtfertigen können. Beides sei indessen nicht der Fall. Über die maßgeblichen Jahre hinweg habe sich vom
Ansatz her an der Unterbringung von B. in der Behindertenwerkstatt nichts geändert, wobei es im Übrigen keine ausschlaggebende
Rolle spiele, dass bei B. keine Werkstattfähigkeit gegeben sei. Auch im Bereich des Rechtlichen habe sich nichts geändert.
Soweit B. sich im Übrigen gegen das Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 07.11.1995 wende,
möge es hiermit sein Bewenden haben. Ohne dass es eines näheren Eingehens auf die Rechtsqualität derartiger interner Verwaltungsanweisungen
bedürfe, so sei immerhin auch bei kritischer Prüfung die darin wiedergegebene Rechtsmeinung vertretbar und könne keinesfalls
als grob rechtsirrig bezeichnet werden.
Gegen das am 19.05.2008 zugestellte Urteil des Sozialgerichts ist für B. am 13.06.2008 Berufung eingelegt worden.
Am 14.06.2008 ist B. verstorben. Der Rechtsstreit ist von den Klägern als deren Rechtsnachfolger fortgeführt worden.
Im Rahmen eines Neufeststellungsverfahrens hat das Sozialgericht (S 6 VJ 3183/06) von Amts wegen das Gutachten des Prof. Dr. K., ehemaliger Direktor der Landesklinik N.-K., vom 17.06.2008 und auf eigenes
Kostenrisiko nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) des Prof. Dr. H., Direktor der Klinik und Polyklinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum R., vom 13.07.2010 zur Frage
der Erblindung als Folgeschaden der Pockenschutz-Erstimpfung eingeholt. Die Klage ist nach der negativen Begutachtung zurückgenommen
worden.
Im Hinblick auf das erstinstanzliche Verfahren L 6 VJ 3183/06 ist mit Beschluss vom 12.12.2008 das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden (L 6 VJ 2818/08). Nach Wiederanrufung wird das Verfahren unter dem Aktenzeichen L 6 VJ 3646/10 fortgeführt.
Die Kläger haben zur Begründung der Berufung ausgeführt, bei dem Schreiben des Beklagten vom 03.08.1999 handele es sich nicht
um einen Verwaltungsakt, sondern um ein formloses Schreiben ohne Rechtsmittelbelehrung. Ferner erübrige die bloße Feststellung
des Sozialgerichts, es habe keine Rechtsänderung und keine einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung zu dem Thema gegeben,
nicht die Prüfung der damaligen Rechtmäßigkeit des mit Schreiben vom 03.08.1999 veranlassten Einbehalts. Die Kläger halten
im Übrigen an der bisherigen Argumentation fest und führt ergänzend aus, die Behindertenwerkstatt erbringe keine Pflegeleistungen
im Sinne der gesetzlichen Regelungen. Die Teilnahme in der Fördergruppe sei im Hinblick auf die Verwirklichung des Teilhabeanspruchs
von B. am gemeinschaftlichen Leben im Wege der Eingliederungshilfe erfolgt. Die Kläger haben ergänzend dargelegt, in allen
von ihm recherchierten vergleichbaren Fällen seien die Förderkosten immer als Eingliederungshilfe nach § 27d BVG von der Kriegsopferfürsorge übernommen und die Pflegezulage immer nach § 35 Abs. 1 BVG von der Kriegsopferversorgung geleistet worden.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. April 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom
11. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2007 zu verurteilen, den Bescheid vom 3. August 1999
zurückzunehmen und ungekürzte Pflegezulage ab 1. Januar 2002 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat ausgeführt, das Urteil des Sozialgerichts entspreche der gegebenen Sach- und Rechtslage.
Auf Anfrage des Senats hat der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) unter dem 08.02.2011 ausgeführt,
die Kostenübernahme durch die Hauptfürsorgestelle sei schon seit 01.09.1999 eingestellt worden.
Auf weitere Anfrage des Senats haben die Remstalwerkstätten der Diakonie St. im April 2011 unter Vorlage der zugrunde liegenden
Akte samt diverser Situationsberichte über B. ausgeführt, es habe sich bei dem Besuch der B. der Förder- und Betreuungsgruppe
um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe im Sinne des § 27d Abs. 1 Nr. 3 BVG in Verbindung mit § 54 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gehandelt. Eine Werkstatt für behinderte Menschen und der angegliederte Förder- und Betreuungsbereich seien keine Pflegeeinrichtungen
nach § 35 Abs. 2 Satz 1 BVG. Die ureigenste Aufgabe liege in der Eingliederung. In dem beigefügten Bericht zur Eingliederungsplanung ist dargelegt worden,
bei B. habe eine schwere geistige Behinderung, eine schwere psychische Beeinträchtigung und Sinnesbehinderung mit seit 2005
sehr eingeschränktem Sichtfeld mit zunehmender Erblindung vorgelegen. Im klinischen Bild hätten sich tagesformabhängig schwere
neurologische, psycho-affektive Beeinträchtigungen gezeigt. B. sei auf den Fremdfahrdienst angewiesen gewesen, habe sich jedoch
im Gruppenraum und auch im Haus bis 2005 gut orientieren können. Bis zu ihrer fortschreitenden Sehbehinderung, die ab 2005
zur Erblindung geführt habe, habe sie fast keine pflegerische Unterstützung benötigt. Sie sei beispielsweise auch recht selbstständig
in der Körperhygiene gewesen. Die Assistenz bei den Mahlzeiten habe sich über den gesamten Zeitraum der Teilnahme in der Einrichtung
nur auf das Schöpfen und das Zerkleinern der Speisen beschränkt. B. habe alleine essen können. Auffällig sei auch gewesen,
dass B. auch nach zunehmender Sehbeeinträchtigung weiterhin bestrebt gewesen sei, sich eine größtmögliche Selbstständigkeit
zu erhalten. Die pflegerischen Assistenzleistungen durch die Gruppenleitung hätten sich im Wesentlichen weiterhin nur auf
das Wegräumen von Hindernissen und die Gestaltung des Gruppenraumes, was B. eine Orientierung möglich gemacht habe, auf das
Begleiten und Führen außerhalb des Gruppenraumes sowie auf Assistenzleistungen hinsichtlich der Körperhygiene und Unterstützung
beim Bekleiden beschränkt. Die Ziele der Förderungen hätten für B. darin bestanden, ihre motorischen Fähigkeiten weiter zu
entwickeln, Konzentration und Durchhaltevermögen weiter auszubilden, Sozialkompetenz weiter zu entwickeln, Umgehen mit den
psychischen Stimmungsschwankungen zu entwickeln und Mobilität - vor allem nach der Erblindung - zu schulen.
Der Beklagte hat dargelegt, auf Antrag des Kreissozialamts vom 14.01.1999 habe man auf Grundlage des Rundschreibens des Bundesministeriums
für Arbeit und Sozialordnung vom 07.11.1995 am 10.06.1999 verfügt, die Werkstattkosten rückwirkend ab 01.11.1995 zu übernehmen.
Dem wegen seiner ab 01.10.1998 gewähren. Zahlungen vom Landeswohlfahrtsverband mit Schreiben vom 14.01.1999 geltend gemachten
Erstattungsanspruch habe man für die Zeit vom 01.10.1998 bis zum 31.08.1999 entsprochen. Ab 01.09.1999 sei eine Kostenzusage
erteilt und seither seien die Werkstattkosten direkt an die Werkstatt gezahlt worden. Im beigefügten Vermerk vom 18.09.2009
ist ausgeführt worden, die Kosten der Werkstatt seien vom Beklagten nach § 35 BVG und nicht von der Hauptfürsorgestelle nach § 27d BVG zu tragen, da B. eindeutig nicht-werkstattfähig gewesen sei und es sich bei den Werkstattkosten um reine Pflege- und Betreuungskosten
gehandelt habe. Werde fremde Pflege aufgrund eines Pflegevertrages von Dritten geleistet, sei die pauschale Pflegezulage zur
Deckung der angemessenen Pflegekosten in voller Höhe nach § 35 Abs. 2 Satz 1 BVG einzusetzen, es sei denn die Beschädigte lebe - wie vorliegend - in häuslicher Gemeinschaft mit den Eltern und werde zusätzlich
von ihnen gepflegt. Dann greife das familiäre Privileg des § 35 Abs. 2 Satz 2 BVG. Deshalb habe B. die Pflegezulagepauschale nicht in voller Höhe, sondern nur bis maximal zur Hälfte einzusetzen. Bis zum
vollen Betrag bleibe die Pauschale dagegen ausnahmsweise nur dann beim Beschädigten, wenn Pflegezulage mindestens nach Stufe
V gezahlt werde, was sich aus § 35 Abs. 2 Satz 3 BVG ergebe. Dies sei bei B. nicht der Fall gewesen. Bei den von den Klägern angeführten vergleichbaren Fällen falle auf, dass
bis auf zwei Fälle Anspruch auf Pflegezulage nach Stufe V oder VI vorgelegen habe. Ferner sei eine vergleichsweise Lösung
der Gestalt, dass für 200 bis 220 Tage im Jahr 2005 die Pauschale voll zur Auszahlung kommen solle, nur denkbar, wenn der
Nachweis geführt werden könne, dass im fraglichen Zeitraum Pflege nur von den Eltern geleistet worden sei. Kriterium dafür,
ob die Kosten von ihm übernommen würden oder als Eingliederungshilfe von der Kriegsopferfürsorge zu tragen seien, ist nach
Ansicht des Beklagten die Werkstattfähigkeit des Probanden. Dies bedeute, dass der Wert der Arbeitsleistung einen wirtschaftlichen
Wert darstellen müsse. Vorliegend sei B. eindeutig nicht werkstattfähig gewesen. Vielmehr habe es sich nur um eine Beschäftigungstherapie
und sicher nicht um eine Eingliederung in die realen Arbeitsbedingungen gehandelt. Da B. definitiv vom 22.04.2005 bis zum
05.09.2005 nicht in der Werkstatt anwesend, sondern krankheitsbedingt zu Hause gewesen sei, wäre der Beklagte dahingehend
vergleichsbereit, für diese Zeit eine pauschale Pflegezulage ungekürzt zu zahlen, weil in diesem Zeitraum B. von ihren Eltern
rund um die Uhr allein betreut worden sei.
Im weiteren Verlauf haben die Kläger auf unzutreffende Berechnungen des Beklagten hingewiesen und einen noch offenen Differenzbetrag
in Höhe von 33.915,85 DM verlangt.
Auf den Hinweis des Senats, weder in dem Schreiben vom 03.08.1999 noch dem Anpassungsbescheid vom 13.08.1999 könne eine die
erfolgte Kürzung rechtfertigende Rücknahme- oder Aufhebungsentscheidung in Bezug auf den mit Bescheid vom 09.06.1998 in der
Gestalt des Bescheides vom 26.06.1998 bestandskräftig festgestellten Anspruch auf Pflegezulage gesehen werden, hat der Beklagte
ausgeführt, bei dem Schreiben vom 03.08.1999 handele es sich um eine Aufhebungsentscheidung. Auf den Hinweis des Senats, jedenfalls
seien aber die Voraussetzungen für eine Rücknahme- oder Aufhebungsentscheidung zweifelhaft, da es an einer Ermessensentscheidung
sowie den Vertrauensschutz der B. ausschließende Gründe fehle und eine Rücknahme für die Vergangenheit rechtfertigende Gründe
sowie eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht ersichtlich seien, vertritt der
Beklagte die Ansicht, eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen sei darin zu sehen, dass der Landeswohlfahrtsverband
mit Schreiben vom 14.01.1999 einen Erstattungsanspruch geltend gemacht habe, und in den rechtlichen Verhältnissen darin zu
sehen, dass aufgrund des Rundschreibens des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 07.11.1995 die Leistungspflicht
auf die Versorgungsverwaltung übergegangen sei. Die Verfügung vom 03.08.1999 sei mit förmlichem Bescheid vom 13.08.1999 umgesetzt
worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des Beklagten,
der beigezogenen Akten des Sozialgerichts (S 1 V 247/92, S 6 VJ 3183/06 und S 6 VJ 7262/07) und des Landessozialgerichts (L 8 V 2913/96 und L 8 VJ 2818/08) sowie der Akten des Senats verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§
143 und
144 SGG statthafte und nach §
151 SGG zulässige Berufung ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten.
Das Sozialgericht hat deswegen die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn die Kläger haben einen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides
vom 03.08.1999 und als Rechtsnachfolger auf ungekürzte Pflegezulage ab 01.01.2002.
Die Kläger sind als Eltern der B., da sie zum Zeitpunkt des Todes der B. mit ihr in einem Haushalt gelebt haben, Sonderrechtsnachfolger
nach §
56 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I). Die Rechtsnachfolge ist auch nicht nach §
59 Satz 2
SGB I ausgeschlossen, da zum Todeszeitpunkt bereits das Verwaltungsverfahren abgeschlossen war.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Bescheides vom 03.08.1999 und auf ungekürzte Pflegezulage ab 01.01.2002 ist in verfahrensrechtlicher
Hinsicht § 44 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen,
soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt
ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder
Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig
oder unvollständig gemacht hat (§ 44 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften
der besonderen Teile des SGB längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird
(§ 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen
sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).
Bei Erlass des hier maßgebenden Bescheides vom 03.08.1999 hat der Beklagte das Recht unrichtig angewandt und deshalb Sozialleistungen
zu Unrecht nicht erbracht, so dass er verpflichtet ist, diesen Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Mit Bescheid vom 09.06.1998 in der Gestalt des Bescheides vom 26.06.1998 hatte der Beklagte bestandskräftig festgestellt,
dass B. einen Anspruch auf Pflegezulage ab 01.07.1989 gehabt hat.
Eine Kürzung dieser Leistung um die Hälfte bedurfte daher in verfahrensrechtlicher Hinsicht einer insoweitigen Rücknahme-
oder Aufhebungsentscheidung im Sinne der §§ 45 oder 48 SGB X. Das Schreiben des Beklagten vom 03.08.1999, in dem der Beklagte gegenüber B. ausgeführt hat, die Übernahme der angefallenen
Kosten für die Beschäftigung von B. im Förder- und Betreuungsbereich der W. Werkstätten habe zur Folge, dass sich B. bis zur
Hälfte der pauschalen Pflegezulage an den anfallenden Kosten beteiligen müsse, so dass daher die bisher gezahlte Pflegezulage
gekürzt werde, erfüllt zwar trotz fehlender Rechtsmittelbelehrung alle konstitutiven Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes
im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X. Weder dieser Bescheid noch der unter anderem diesen Bescheid umsetzende Anpassungsbescheid vom 13.08.1999, mit dem auf Grundlage
der 8. KOV-AnpV die Geldleistungen, insbesondere die gekürzte Pflegezulage, neu festgestellt worden sind, stellt jedoch eine
solche Rücknahme- oder Aufhebungsentscheidung dar. Nach dem klaren Wortlaut des "Bescheides" vom 03.08.1999 ist als Regelung
(Verfügung) keine Aufhebung/Rücknahme eines Leistungsbescheides im Sinne des § 31 SGB X erfolgt. Insofern ist zwar nicht erforderlich, dass der Verfügungssatz in einer Entscheidungsformel der Begründung vorangestellt
wird, es muss aber jedenfalls eine klare Regelung getroffen werden (vgl. hierzu Krasney in Kasseler Kommentar, Losebelattwerk
zum Sozialversicherungsrecht, § 35 Rz. 11). Maßgebend ist die im Verfügungssatz getroffene Regelung und der aus dem Inhalt
ersichtliche Erklärungswille, wie er für den Adressaten des Verwaltungsaktes erkennbar geworden ist (BSG, Urteil vom 08.12.1978 - 7 RAr 48/86 - SozR 4100 § 117 Nr. 21), also der Empfängerhorizont.
Ausgehend hiervon enthält der Bescheid vom 03.08.1999 lediglich eine Regelung im Sinne des § 35 SGB X hinsichtlich der Kürzung der Pflegepauschale, verhält sich aber nicht zur in §
77 SGG geregelten Bestandskraft der die ungekürzte Pflegezulage regelnden Bescheide vom 09.06.1998 und 26.06.1998. Diese Bescheide
sind in dem Bescheid vom 03.08.1999 nicht erwähnt und nicht - im Gegensatz zu dem zeitnahen Bescheid vom 16.06.2000 - zurückgenommen
oder aufgehoben. Die Erforderlichkeit einer unmissverständlichen Rücknahme oder Aufhebung dient nach Ansicht des Senats einer
Klarstellungs- aber auch einer Warnfunktion für den Leistungsempfänger, dem dadurch deutlich gemacht werden soll, dass in
seine Rechte eingegriffen wird. Hinzukommt, dass der Bescheid vom 03.08.1999 noch nicht einmal mit einer Rechtsbehelfsbelehrung
versehen war, wodurch die Rechtsschutzmöglichkeiten des Leistungsempfängers weiter eingeschränkt wurden. Geregelt wird lediglich,
dass sich B. an den laufenden Kosten bis zur Hälfte der pauschalen Pflegezulage beteiligen muss, aber noch nicht einmal ab
welchem Zeitpunkt dies zu geschehen hat. Das hat bereits dem Senat zu der Nachfrage vom 27.01.2011 veranlasst und macht deutlich,
dass es dem Bescheid vom 03.08.1999 auch an der erforderlichen Bestimmtheit im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X fehlt, also einem vollstreckungsfähigen Inhalt. All dies ist vor dem Hintergrund, dass die "Kürzung" der Pflegezulage in
rechtlicher Hinsicht eine Teilrücknahme und somit einen belastenden Verwaltungsakt darstellt, im Rahmen der Eingriffsverwaltung
besonders strenge Anforderungen an die inhaltliche Klarheit eines Verwaltungsaktes zu stellen sind und es sich - was auch
die vom Senat in materiell-rechtlicher Hinsicht angestellten Ermittlungen gezeigt haben - vorliegend um eine recht komplizierte
Rechtsmaterie gehandelt hat, deren Klärung beziehungsweise Umsetzung gar des - nach Ansicht des Senats auch noch in rechtlicher
Hinsicht zweifelhaften - Rundschreibens des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 07.11.1995 bedurft hat, dahingehend
zu würdigen, dass es sich bei dem Bescheid vom 03.08.1999 nicht um einen die Bestandskraft der Bescheide vom 09.06.1998 und
26.06.1998 durchbrechenden Rücknahme- oder Aufhebungsbescheid gehandelt hat, zumal der Beklagte trotz Hinweises des Senats
seine gegenteilige Ansicht nicht zu begründen vermochte. Der Bescheid vom 13.08.1999 hat bezüglich des Streitgegenstandes
nur die Regelung "Pflegezulage, Stufe III gekürzt nach § 35 BVG", also ebenfalls keine Aufhebung oder Rücknahmeentscheidung getroffen.
Eine Umdeutung der Entscheidung über die Kürzung der Pflegezulage in einen Rücknahme- oder Aufhebungsbescheid nach § 43 SGB X durch den Senat scheidet aus. Die Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsakts in einen anderen Verwaltungsakt setzt voraus,
dass der Verwaltungsakt, in den umgedeutet wird, auf das gleiche Ziel gerichtet ist, in der geschehenen Verfahrensweise und
Form rechtmäßig erlassen werden könnte und die Voraussetzungen für den Erlass dieses Verwaltungsakts erfüllt sind. Die Voraussetzungen
einer Umdeutung liegen schon deshalb nicht vor, weil nicht die Kürzung der Pflegezulage in einen anderen Verwaltungsakt in
Form eines Aufhebungs- oder Rücknahmebescheides umgedeutet werden müsste, wie dies der Gesetzeswortlaut voraussetzt, sondern
nur eine zusätzliche Verfügung, mithin ein zusätzlicher Verwaltungsakt - die Rücknahme nach § 45 SGB X wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit oder die Aufhebung nach § 48 SGB X wegen nachträglicher Änderung der Verhältnisse - erforderlich wäre. Diese Konstellation wird von § 43 Abs 1 SGB X aber nicht erfasst, weil der ergangene Bescheid gerade nicht umgedeutet, sondern aufrechterhalten bleiben und ihm nur ein
legitimierender weiterer Verwaltungsakt hinzugefügt werden soll (BSG, Urteil vom 14.09.2010 - B 7 AL 21/09 R -SozR 4-4300 § 173 Nr. 1).
Doch selbst wenn man in der mit Bescheid vom 03.08.1999 vorgenommenen Kürzung der Pflegezulage konkludent eine insoweitige
Rücknahme- oder Aufhebungsentscheidung sehen beziehungsweise eine dahingehende Umdeutung vornehmen wollte, wären jedenfalls
die Voraussetzungen für eine solche Entscheidung nicht gegeben.
Da es sich bei den die ungekürzte Pflegezulage regelnden Bescheiden vom 09.06.1998 und 26.06.1998 um begünstigende Verwaltungsakte
mit Dauerwirkung handelt, kommen allein die §§ 45 und 48 SGB X als Ermächtigungsgrundlage in Betracht. Insofern fehlt es allerdings bereits an der nach § 24 Abs. 1 SGB X erforderlichen Anhörung, deren mögliche Heilung nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 2 SGB X mangels Bestimmtheit des Bescheides vom 03.08.1999 auch nicht während des sozialgerichtlichen Verfahrens erfolgte.
Die Voraussetzungen einer Rücknahme nach § 45 SGB X sind nicht gegeben.
Soweit danach ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender
Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen des §
45 Abs. 2 bis 4 SGB X ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X).
Der Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pflegezulage nach
§ 35 Abs. 1 BVG nicht gegeben sind. Soweit er seine Kürzung der Pflegezulage auf § 35 Abs. 2 BVG stützt, steht dies mit der dort genannten Rechtsfolge nicht in Einklang. Denn § 35 Abs. 2 BVG gewährt dem Beschädigten einen Anspruch auf höheren Pflegezulage und ist keine Ermächtigung für deren Teilrücknahme. Ob und
wenn ja gegenüber wem B. bzw. deren Rechtsnachfolger zur Erstattung von Betreuungskosten verpflichtet sind, ist nicht identisch
mit der Frage, ob ein Anspruch auf Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG besteht. Dass und in welcher Höhe B. bzw. die Kläger zur Kostenerstattung verpflichtet sind, wurde vom Beklagten auch nicht
durch Kostenheranziehungsbescheid festgestellt. Selbst wenn ein solcher vorläge und der Beklagte zur Einziehung der Betreuungskosten
berechtigt wäre, könnten diese allenfalls im Wege der Aufrechnung, nicht aber durch Teilrücknahme des Pflegezulagen-Bewilligungsbescheides
geltend gemacht werden.
Entgegen der Ansicht des Beklagten sind auch die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 48 SGB X nicht gegeben.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen
haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
An einer solchen wesentlichen Änderung in den Bescheiden vom 09.06.1998 und 26.06.1998 zu Grunde gelegenen tatsächlichen oder
rechtlichen Verhältnissen im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X fehlt es indessen bis zum Erlass des Bescheides vom 03.08.1999.
Für die Prüfung einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X kommt es grundsätzlich weder auf die im ursprünglichen Bescheid genannten noch auf die von der Behörde bei der Bewilligung
angenommenen Verhältnisse, sondern auf die in Wirklichkeit vorliegenden Verhältnisse und deren objektive Änderung an (BSG, Beschluss vom 25.10.2012 - B 9 V 17/12 B). Wesentlich ist eine Änderung, wenn Umstände dazu geführt haben, dass der Verwaltungsakt nach den nunmehr vorliegenden Verhältnissen
nicht mehr erlassen werden dürfte (BSG, Urteil vom 19.02.1986 - 7 RAr 55/84). Die Änderung muss sich auf Sachverhaltselemente oder Rechtsgrundlagen beziehen (Wiesner in von Wullffen, Kommentar zum
SGB X, § 48, Rz. 6).
An den in den Berichten der Dipl.-Sozialarbeiterin Sch.-St. vom 16.11.1989 und vom 29.11.1990 sowie der Dipl.-Sozialpädagogin
E. vom 05.11.1992 dokumentierten tatsächlichen Verhältnissen, nämlich der seit 04.09.1989 erfolgten Unterbringung der B. in
der Förder- und Betreuungsgruppe der W. Werkstätten der Diakonie St. und ihres Arbeitsverhaltens sowie Betreuungs- und Hilfebedarfs
haben sich zwischen den Bescheiden vom 09.06.1998 und 26.06.1998 einerseits und dem Bescheid vom 03.08.1999 andererseits keine
und schon gar keine wesentlichen tatsächlichen Veränderungen ergeben. Die mit dem zunehmenden Augenleiden zusammenhängende
und von Dr. B. in seinem Gutachten vom 22.08.2005 beschriebene Gesundheitsverschlechterung ist erst im Jahr 2005 eingetreten,
was durch die im Verfahren S 6 VJ 3183/06 eingeholten Sachverständigengutachten bestätigt wurde. Dies ergibt sich auch aus der Stellungnahme der Remstalwerkstätten
der Diakonie St. vom April 2011. Auch hält der Senat die vom Beklagten vertretene Ansicht, eine wesentliche Änderung in den
tatsächlichen Verhältnissen sei darin zu sehen, dass mit Schreiben des Landratsamts Rems-Murr-Kreis - Kreissozialamt - vom
14.01.1999 ein Erstattungsanspruch geltend gemacht worden sei, für unzutreffend. Die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs
durch einen anderen Leistungsträger stellt keine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen dar. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs
war lediglich der äußere Anlass für den Beklagten, die Rechtslage hinsichtlich der Übernahme der Betreuungskosten zu prüfen.
Die dann vom Beklagten getroffene Entscheidung, die Betreuungskosten zu übernehmen und den geltend gemachten Erstattungsanspruch
teilweise zu bedienen, beruht darauf, dass sich der Beklagte aufgrund des Rundschreibens des Bundesministeriums für Arbeit
und Sozialordnung vom 07.11.1995 und der internen Anweisung des Landesversorgungsamts Baden-Württemberg vom 10.06.1999 hierzu
veranlasst sah. Dabei handelt es sich um eine durch den Beklagten vorgenommene Änderung der rechtlichen Einschätzung der gleich
gebliebenen tatsächlichen Verhältnisse. Dies stellt gerade keine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen dar.
Zwischen den Bescheiden vom 09.06.1998 und 26.06.1998 einerseits und dem Bescheid vom 03.08.1999 andererseits haben sich auch
keine rechtlichen Veränderungen ergeben. Die Ansicht des Beklagten, eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen
sei darin zu sehen, dass aufgrund des Rundschreibens des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 07.11.1995 die
Leistungspflicht auf die Versorgungsverwaltung übergegangen sei, wird dem Umstand nicht gerecht, dass dieses Rundschreiben
vor Erlass der Bescheide vom 09.06.1998 und 26.06.1998 ergangen ist. Ungeachtet dessen besitzen Rundschreiben einer obersten
Dienststelle keine Rechtsnormqualität und stellen deshalb keine Änderungen im Rechtssinne, sondern lediglich die Verlautbarung
einer - möglicherweise geänderten - Rechtsansicht, dar (BSG, Urteil vom 27.11.1991 - 9a RV 13/90; Hessisches LSG, Urteil vom 09.02.2005 - L 8/5 V 140/03, jeweils zit. nach [...]; Merten in Hauck/Noftz, Kommentar, § 48 SGB X, Rz. 19). Hierbei handelt es sich aber gerade nicht um eine rechtliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die im weiteren Verlauf des Verfahrens von den Klägern gegen die Berechnungen des
Beklagten erhobenen und mit der Geltendmachung eines "noch offenen Differenzbetrages" in Höhe von 33.915,85 DM verbundenen
Einwände nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Insoweit fehlt es an einer von den Klägern in zulässiger Weise
angegriffenen Verwaltungsentscheidung des Beklagten.
Nach alledem war der Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 03.08.1999 zurückzunehmen und den Klägern ungekürzte Pflegezulage
ab 01.01.2002, ausgehend von dem Antrag vom 10.11.2006, zu gewähren. Die Verurteilung zur Gewährung ungekürzter Pflegezulage
für die Zeit vor dem 01.01.2002 scheitert an der Regelung des § 44 Abs. 4 SGB X, wonach Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor Beginn des Jahres, in dem die Rücknahme beantragt
worden ist, zu erbringen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen Kläger zwar im erstinstanzlichen
Verfahren die Gewährung ungekürzter Pflegezulage ab dem "frühest möglichen Zeitpunkt" beantragt haben, dies vom Senat aber
so interpretiert wird, dass damit der nach dem Gesetz früheste mögliche Zeitpunkt, also der 01.01.2002, gemeint war, mithin
Klage und Berufung uneingeschränkt erfolgreich waren.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.