Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Der 1961 geborene Kläger hat nach seinen Angaben zunächst den Beruf eines Industriekaufmanns und später die Berufe eines Winzers
sowie eines ländlichen Hauswirtschafters erlernt. Zuletzt war er versicherungspflichtig bis November 2005 bei der Firma S.
B. T. beschäftigt gewesen.
Am 05.10.2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Bei ihm liege seit
Juni 2004 wegen eines Fatigue-Syndroms Arbeitsunfähigkeit vor. Der Rentenantrag erfolgte, nachdem der Kläger am 30.08.2005
durch den Betriebs- und Sozialmediziner Dr.E. auf Veranlassung eines privaten Krankenversicherungsunternehmens begutachtet
worden war. Dieser hatte ein Fatigue-Syndrom mit körperlicher Leistungsschwäche, vermehrter Müdigkeit und Abgeschlagenheit
angenommen und den dringenden Verdacht auf den chronischen Verlauf einer Neuro-Borreliose geäußert. Für die Tätigkeit als
Datenmigrator mit Reisetätigkeit sei der Kläger berufsunfähig, aktuell sei seine Leistungsfähigkeit auf 1 bis 3 Stunden pro
Tag herabgesunken.
Am 07.11.2005 wurde der Kläger durch die Internistin B. R. begutachtet, die bei ihm einen essentiellen Hypertonus ohne wesentliche
Zeichen für anderweitige Organmanifestation und eine gemischte Hyperlipoproteinämie sowie eine laborchemisch ermittelte Hyperurikämie
feststellte. Der Kläger müsse schwerste und schwere körperliche Arbeiten meiden, könne aber mittelschwere Tätigkeiten und
auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Datenmigrator weiter ausüben. Am 21.11.2005 wurde der Kläger außerdem durch den Neurologen
und Psychiater Prof.Dr.Dr.N. untersucht, der eine Anpassungsstörung diagnostizierte. Der Kläger könne bei Vermeidung besonderer
Stressbelastung leichte und mittelschwere Arbeiten 6 Stunden täglich und mehr ausüben. Der beratende Arzt der Beklagten, Herr
Dr.L., sah aufgrund der Unterlagen und Untersuchungen folgende Gesundheitsstörungen beim Kläger gegeben:
1. Leichte depressive Störung.
2. Bluthochdruck ohne leistungsmindernde Folgekrankheiten.
3. Stoffwechselstörungen bei Übergewicht; Leberzellschaden.
Mit Bescheid vom 13.12.2005 lehnte die Beklagte eine Rentengewährung ab, da der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne
zeitliche Einschränkung einsatzfähig sei.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 30.12.2005 Widerspruch ein. Er sei am 19.12.2005 aus einer stationären Rehabilitationsbehandlung
arbeitsunfähig entlassen worden. Außerdem sei das diagnostizierte Fatigue-Syndrom nicht hinreichend berücksichtigt worden.
In einem Rehabilitationsentlassungsbericht des M.P. Bad R. vom 22.12.2005 sind folgende Diagnosen aufgeführt:
1. Chronic-Fatigue-Syndrom.
2. Zustand nach Neuro-Borreliose.
3. Arterielle Hypertonie.
4. Hyperurikämie.
Beim Kläger bestehe eine Einschränkung der länger andauernden körperlichen und kognitiven Belastbarkeit bei vorzeitiger Ermüdung
und vermehrtem Schlafbedürfnis, sodass die Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge bzw. auch länger anhaltende Autofahrten z.B.
über 1 1/2 Stunden ohne Pause eingeschränkt seien. Der Kläger sei aktuell arbeitsunfähig. Er könne ansonsten 6 Stunden und
mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein.
Die Beklagte zog noch einen Bericht der Augenärztin Dr.Sch. bei, wonach der Kläger hypertone Netzhautveränderungen hat und
eine Exophorie aufweist. Die beratende Ärztin der Beklagten K.H. und der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.S. sahen durch
die vorliegenden Unterlagen eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers nicht als belegt an. Insbesondere
hätten im Rahmen der Rehabilitation vorzeitige oder rasche Ermüdungserscheinungen nicht objektiviert werden können.
Daraufhin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2006 den Widerspruch zurück und verwies den Kläger auf den
allgemeinen Arbeitsmarkt.
Mit Schreiben vom 18.04.2006 hat der Kläger am 19.04.2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhoben. In parallelen Rechtsstreitigkeiten mit der Bundesagentur für Arbeit (SG B-Stadt Az. S 10 AL 309/06 und SG F-Stadt Az. S 13 AL 727/06) wurde ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld verneint, da er für die Arbeitsverwaltung auf Grund der - trotz eines
gegenteiligen Gutachtens - weiterhin geltend gemachten und von den behandelnden Ärzten bescheinigten Erkrankung nicht zur
Verfügung gestanden habe.
Das SG hat im Rentenrechtsstreit Befundberichte bei den behandelnden Ärzten Dr.E., Dr.Sch., Dr.R. sowie von der Universitätsklinik
B-Stadt eingeholt.
Eine Arbeitgeberauskunft der Firma S. B. T. hat angegeben, dass der Kläger seit 1979 in der Anwender- und Anwendungsbetreuung
beschäftigt gewesen sei und es sich hierbei um eine Tätigkeit gehandelt habe, für die üblicherweise 3 Jahre Vorbildung benötigt
werde. Sie sei im einschlägigen Tarifvertrag in die höchste Lohnstufe H eingeordnet und der Kläger sei konkret nach H III
entlohnt worden.
Daraufhin hat das SG ein Gutachten bei der Internistin, Kardiologin und Sozialmedizinerin Dr.H. eingeholt, das diese vor dem Verhandlungstermin
am 28.11.2006 erstellte. Folgende Gesundheitsstörungen haben beim Kläger vorgelegen:
1. Chronisches Fatigue-Syndrom.
2. Anamnestisch vorbeschriebene, serologisch gesicherte Borreliose (nicht gesicherte Neuro-Borreliose).
3. Schwer einstellbare arterielle Hypertonie mit Linksherz-Hypertrophie bei noch erhaltener Pumpleistung des linken Herzens.
4. Nephrosklerose mit Proteinurie.
5. Enzymatischer Leberschaden.
6. Impingement-Syndrom Schulter beidseits mit endgradiger Funktionseinschränkung.
7. Diätetisch eingestellter Diabetes mellitus ohne Folgeschäden.
Der Kläger könne noch überwiegend leichte Arbeiten im Sitzen, im Stehen oder in wechselnder Stellung möglichst in geschlossenen
Räumen in einem Umfang von mindestens 6 Stunden täglich ausüben. Vermieden werden sollten Tätigkeiten mit besonderer nervlicher
Belastung wie Akkord-, Fließbandarbeiten und Nachtschicht, Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, Überkopfarbeiten,
ungünstige äußere Bedingungen mit häufigen Einflüssen von Kälte, Nässe, Zugluft und starken Temperaturschwankungen.
Auf Antrag des Klägers ist im Folgenden ein Gutachten nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) durch den Arzt für Sozial- und Betriebsmedizin Dr.E. eingeholt worden, der seinerseits die Erstellung eines Zusatzgutachtens
nach Aktenlage durch PD Dr.N. angeregt hat. Dr.E. ist in seinem Gutachten vom 18.01.2007 zum Ergebnis gekommen, dass beim
Kläger folgende Gesundheitsstörungen vorliegen würden:
1. Chronisches Müdigkeits- und Erschöpfungssyndrom (Fatigue-Syndrom) ursächlich bisher ungeklärt.
2. Zustand nach serologisch gesicherter Borreliose ohne sicheren Nachweis einer Neuro-Borreliose.
3. Arterielle Hypertonie, derzeit unter angegebener 6-fach bzw. 7-fach antihypertensiver Medikation unbefriedigend eingestellt;
echokardiographisch grenzwertig großes linkes Atrium linker Ventrikel ohne wesentliche Linkshypertrophiezeichen und ohne Kontraktilitätsstörung.
4. Obstruktive Ventilationsstörung; derzeit ohne medikamentöse antiobstruktive Therapie.
5. Nephrosklerose mit Proteinurie.
6. Nutritiv-toxischer Leberparenchymschaden.
7. Hypercholesterinämie bei extremer Hypertriglyzeridämie.
8. Zustand nach Impingement-Syndrom der Schultergelenke beidseits mit derzeit endgradiger Funktionseinschränkung.
9. Anamnestisch diätpflichtiger Diabetes mellitus, derzeit HBA1C-Wert im Normbereich.
10. Leichtgradige Schwerhörigkeit rechts, mittel- bis hochgradige Schwerhörigkeit links bei Zustand nach Tympanoplastik links
1997. Zustand nach Otitis media links, Verdacht auf Cholistiatom-Rezidiv links.
Die schwankende Leistungsfähigkeit des Klägers, wie sie aus seinen Angaben zu entnehmen sei, könne gutachterlich nicht sicher
nachvollzogen werden. Angeregt werde eine weitere diagnostische Aufklärung, insbesondere eine internistisch-kardiologische
Begutachtung und eine neurologische Begutachtung. Das ursprünglich vorgesehene Zusatzgutachten durch Dr.N. sei nicht eingeholt
worden, da sich dieser als befangen gesehen habe.
Nach Durchführung weiterer diagnostischer Maßnahmen in der Universitätsklinik B-Stadt und im Borreliose-Zentrum A. hat Dr.E.
am 27.10.2007 ergänzend Stellung genommen: Als zusätzliche Gesundheitsstörung hat er eine rezidivierende Diarrhoe unklarer
Genese genannt. Insgesamt ist er zum Ergebnis gekommen, dass dem Kläger eine weniger als 6-stündige, aber mehr als 3-stündige
Tätigkeit bei überwiegend leichten Arbeiten überwiegend im Sitzen, gelegentlich stehend und gehend zumutbar sei. Vermieden
werden sollten Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung wie Akkord- und Fließbandarbeit, Wechsel- oder Nachtschicht
oder Arbeit an laufenden Maschinen, ferner Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen auf Treppen, Leitern und Gerüsten
mit Absturzgefahr sowie Tätigkeiten mit vermehrter Alkoholexposition. Beim Gutachter seien erhebliche Zweifel hinsichtlich
einer vollständigen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit, d.h. eines Leistungsvermögens von weniger als 3 Stunden täglich verblieben.
Schließlich sei die fahrradergometrische Belastbarkeit bei der Untersuchung bei Dr.S. im März 2007 als ausreichend beurteilt
worden. Es fehle auch an einem wissenschaftlichen Nachweis der angegebenen physisch-psychischen Leistungsschwächen. Bei Einnahme
einer medikamentösen antihypertensiven 7-fach-Therapie könne andererseits die körperliche Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit
beeinträchtigt sein - eine regelmäßige Einnahme der Medikation vorausgesetzt. Es werde eine Heilbehandlung in einer überwiegend
internistisch-kardiologischen Klinik empfohlen, die dann auch die zukünftige Leistungsbeurteilung erlaube.
Die Beklagte hat entgegnet, dass eine Rehabilitationsmaßnahme während eines laufenden Rentenverfahrens nicht sinnvoll sei
und der Gutachter sich nach wie vor nicht festgelegt habe.
Am 13.03.2008 ist Dr.S. vom ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit in B-Stadt nach Aktenlage zum Ergebnis gekommen, dass
das Leistungsvermögen des Klägers so eingeschränkt sei, dass er eine regelmäßige Tätigkeit von nennenswertem Umfang auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt wohl nicht verrichten könne.
Das SG hat abschließend eine ergänzende Stellungnahme bei der Vorgutachterin Dr.H. erstellen lassen. Diese hat zunächst - wie von
Dr.E. angeregt - als weitere Untersuchungen ein sog. Stressecho und eine Spiroergometrie durchführen lassen. Im Ergebnis hat
die Gutachterin nach den eingeholten Befunden am 14.03.2008 festgestellt, dass eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens
des Klägers weiterhin nicht zu begründen sei.
Mit Urteil vom 16.06.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Aus den sozialmedizinischen Darlegungen der Dr.H. ergebe sich, dass der Kläger auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt noch ohne zeitliche Einschränkung an geeigneten Arbeitsplätzen einsatzfähig sei. Die gegenläufige Auffassung
des Dr.E. sei für das Gericht nicht maßgeblich gewesen, da sie noch vor der abschließenden Untersuchung mit der Fahrradstressechokardiographie
und der Spiroergometrie durchgeführt worden sei.
Mit Schreiben vom 05.08.2008 hat der Kläger am 06.08.2008 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Er sei allenfalls
in der Lage, 1 bis 2 Stunden täglich einer sinnvollen Arbeit nachzugehen, da bei ihm aufgrund der erlittenen Borrelioseerkrankung
ein extremes Müdigkeitssyndrom bestehe. Dies äußere sich in einer deutlich vermehrten Tagesmüdigkeit mit vermehrtem Schlafbedürfnis
und einer verminderten körperlichen Belastbarkeit sowie einem körperlichen Leistungsmangel.
Der Neurologe und Pharmakologe Prof.Dr.G. hat den Kläger ab Sommer 2008 behandelt. Er ist zum Ergebnis gekommen, dass ein
nach wie vor florider Entzündungsprozess vorliegen würde und es primär erforderlich sei, eine mehrmonatige immunstimulierende
Behandlung durchzuführen, ehe mit der Antibiose begonnen werden könne.
Während des Berufungsverfahrens hat sich Dr.S. am 05.02.2009 erneut gutachterlich geäußert und ist bei seiner Auffassung verblieben,
dass beim Kläger ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt derzeit nicht vorliege.
Der Senat hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten Dr.E., Dr.B. und Dr.Sch. angefordert. In den Befundberichten ist
geäußert worden, dass sich nun Folgeschäden der Hypertonie zeigen würden, während der Neuro-Borreliosekomplex kaum verändert
sei.
Der Senat hat sodann ein Gutachten beim Internisten, Kardiologen und Pneumologen Dr.C. eingeholt, der in seinem Gutachten
vom 10.07.2009 ausgeführt hat, dass beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen vorliegen würden:
1. Zustand nach Verbrennung linker Unterarm mit nachfolgender notwendiger Hauttransplantation ohne Bewegungseinschränkung
im Bereich des verbrannten Armes links sowie der Hautentnahmestelle am linken Oberschenkel.
2. Vordiagnostizierte kombinierte Schwerhörigkeit links bei Zustand nach Tympanoplastik links 1997.
3. Verdacht auf Cholesteatom-Rezidiv links (übernommen), Zustand nach Operation eines Tubustumors links am linken Gehörgang
sowie Zustand nach Kiefernhöhlenoperation 1979.
4. Schwere arterielle Hypertonie mit konsekutiv leichter Linksherzhypertrophie und diastolischer linksventrikulärer Dysfunktion,
hypertensiven Netzhautveränderungen, Proteinurie, Verdacht auf hypertensive Nephropathie.
5. Diskrete Hyperurikämie.
6. Vordiagnostiziertes obstruktives Schnarchen, leichtgradige Schlafapnoe nicht auszuschließen.
7. Dyslipidämie.
8. Hypertriglyceridämie.
9. Erhöhte Serum-Gamma-GT-Konzentration ohne sonomorphologisches Korrelat und ohne Hinweis für Leberentgiftungs- oder Synthesestörung.
10. Vordiagnostiziertes Impingementsyndrom beider Schultern mit aktuell leichtgradiger Funktionseinschränkung.
11. Vordiagnostizierte Veränderungen der Rotatorenmanschette.
12. Anamnestisch: Chronische Diarrhoe.
13. Vordiagnostiziertes Chronic-Fatigue-Syndrom, möglicherweise Folge einer Borreliose.
Aus internistischer Sicht könne der Kläger noch eine mindestens 6-stündige Tätigkeit ausüben, wobei dies jedenfalls für leichte
Tätigkeiten im Sitzen, im Stehen oder in wechselnder Stellung gelten würde. Gemieden werden müssten besondere Anforderungen
an das Gehör, Tätigkeit mit Stressbelastung wie Nachtschicht und Wechselschicht, Überkopfarbeiten und der Umgang mit hepatotoxischen
Substanzen. Aus internistischer Sicht sei auch nicht anzunehmen, dass sich auf streng neurologischem Fachgebiet eine Befundlage
ergeben würde, die eine andere Einschätzung der Belastbarkeit erwarten lassen würde. Gleichwohl werde eine zusätzliche neurologische
Begutachtung empfohlen, da die unklare Diagnose einer Neuro-Borreliose im Raum stehe.
Daraufhin ist ein Gutachten beim Nervenarzt Dr.F. eingeholt worden, das dieser am 21.09.2009 vorgelegt hat. Aus Sicht des
neurologischen Fachgebietes seien keine Gesundheitsstörungen festzustellen und seitens des psychiatrischen Fachgebietes sei
ein primäres Chronic-Fatigue-Syndrom genannt, das jedoch besser als Neurasthenie einzuordnen sei. Kognitive oder exekutiv-planerische
Defizite hätten nicht festgestellt werden können. Es habe sich seit der Begutachtung durch Prof.Dr.Dr.N. im Jahre 2005 keine
neue Situation ergeben. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund der schweren arteriellen Hypertonie sei zu beachten; aus
Sicht des nervenärztlichen Fachgebietes würden sich keine zusätzlichen Einschränkungen ergeben.
Der Kläger hat selbst umfangreich zu dem Gutachten Stellung genommen und verschiedene Textpassagen aus seiner Sicht korrigiert.
Er hat außerdem eine weitere spezialisierte Untersuchung für erforderlich gehalten, um die Auswirkungen des Chronic-Fatigue-Syndroms
näher einschätzen zu können.
Daraufhin hat der Senat ein Gutachten bei Prof.Dr.D. von der Abteilung für psychosomatische Medizin am eingeholt. Dieses Gutachten
ist am 14.04.2011 erstellt worden und hat auf einer ausführlichen psychosomatischen Exploration am 16.08.2010 beruht. Es ist
zum Ergebnis gekommen, dass aktuell beim Kläger eine Somatisierungsstörung, eine Neurasthenie und eine Entwicklung körperlicher
Symptome aus psychischen Gründen sowie eine arterielle Hypertonie, eine Steatosis hepatis, eine Diarrhoe und ein Verdacht
auf schädlichen Gebrauch von Alkohol vorliegen würden. Es handele sich hierbei um echte psychische Krankheitsbilder, die allerdings
mit ärztlicher Hilfe in absehbarer Zeit zu überwinden seien. Dem Kläger sei eine mindestens 6-stündige leichte bis mittelschwere
Tätigkeit noch zumutbar. Der Kläger sei auch noch in der Lage, sich auf berufliche Tätigkeiten umzustellen, die nicht von
einfachster Art seien. Das Leistungsvermögen des Klägers habe sich im Laufe des Verfahrens nicht wesentlich verändert. Empfohlen
werde ein stationärer psychosomatischer Aufenthalt von mindestens 8 bis 10 Wochen Dauer.
Der beratende Arzt der Beklagten, Dr.Sch., hat sich am 10.05.2011 dahingehend geäußert, dass auch dieses Gutachten ein ausreichendes
Leistungsvermögen beim Kläger bestätigt habe, sodass eine quantitative Einschränkung der Erwerbsfähigkeit nicht gegeben sei.
Der Kläger hat vorbringen lassen, dass die Untersuchung bei Prof.Dr.D. nicht als ausführliche Exploration einzuordnen gewesen
sei, sondern hierfür ein stationärer Aufenthalt habe dienen sollen, der dann jedoch nie anberaumt worden sei. Es seien auch
einzelne Untersuchungsergebnisse nicht oder nicht richtig wiedergegeben worden. So seien unzutreffende Aussagen zum Vorliegen
der Diarrhoe, der Zeckenbisse und des Borrelioseausschlusses gemacht worden. Der Kläger befinde sich seit Jahren in fachärztlicher
Behandlung und biete seine ganze Willenskraft zur Genesung auf, ohne dass die Behandlung bisher Erfolg gehabt habe. Die empfohlenen
Maßnahmen, etwa alle Blutdruckmedikamente abzusetzen, seien bereits versucht worden, hätten jedoch zu einer gefährlichen Blutdruckentgleisung
geführt.
Es werde beantragt, ein weiteres Gutachten von Amts wegen auf dem Fachgebiet der Psychiatrie und psychosomatischen Medizin
einzuholen. Im Übrigen ergebe sich bereits nach den Vorstellungen des Sachverständigen Erwerbsunfähigkeit, da mit dem beschriebenen
Leistungsvermögen der Kläger nicht mehr in der Lage sei 3 bis 6 Stunden täglich zu arbeiten. Am 05.11.2011 hat der Kläger
erklärt, dass er das Gutachten des Universitätsklinikums D-Stadt - d.h. von Prof.Dr.D. - für unschlüssig ansehe und den Antrag
auf Einholung eines weiteren psychiatrischen und psychosomatischen Gutachtens von Amtswegen wiederhole.
Der Kläger beantragt,
die Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet, da der vom Senat beauftragte
Sachverständige Prof. D. sich nicht hinreichend mit dem beim Kläger vorliegenden Chronic-Fatigue-Syndrom auseinandergesetzt
habe,
hilfsweise wird die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach §
109 SGG ebenfalls auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet beantragt, wobei für die Benennung des Sachverständigen um eine Frist von
vier Wochen gebeten werde,
hilfsweise das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 16.06.2008 und den Bescheid vom 13.12.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 23.03.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung, hilfsweise der teilweisen
Erwerbsminderung ab Antragsstellung festzustellen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 16.06.2008 zurückzuweisen.
Sie hält an dem angefochtenen Urteil fest. Beim Kläger bestehe ein noch mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen.
Nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 30.01.2012 (zugestellt an die Beteiligten am 19.11.2011) hat die Beklagte einen
aktuellen Versicherungsverlauf vom 12.01.2012 vorgelegt. Der Verlauf weist letztmals für Februar 2006 rentenrechtlich relevante
Zeiten beim Kläger aus.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Beklagtenakte und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Die Leistungsfähigkeit des Klägers stellt sich folgendermaßen dar: Er ist noch in der Lage, 6 Stunden täglich leichte Arbeiten
des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben, wobei sich der Arbeitsplatz in einem geschlossenen, temperierten Raum befinden sollte.
Der Kläger kann in Tag- und ggf. Spätschicht, aber nicht in Wechselschicht eingesetzt werden. Auch andere besondere Stressbelastungen
und eine Exposition zu hepatotoxischen Substanzen sind zu vermeiden. Die Tätigkeiten sollten keine Lärmbelastung aufweisen,
keine erhöhten Anforderungen an das Gehör stellen und nicht Überkopfarbeiten abfordern.
Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit stützt sich der Senat wesentlich auf das Gutachten des Dr.C., der die somatischen Einschränkungen
des Klägers umfassend ermittelt hat und diese sozialmedizinisch in eine Gesamtwürdigung mit den Feststellungen auf psychiatrisch-neurologischem
Fachgebiet zusammenfasst. Gegen dieses Gutachten sind auch keine dezidierten Einwände vorgetragen worden.
Weiter zeigen die Gutachten des Dr.F. und des Prof.Dr.D., dass die Gesundheitsstörungen des Klägers auf psychiatrischem und
psychosomatischem Fachgebiet sich gegenüber dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung nicht wesentlich geändert haben. Dem scheint
insoweit auch die Klägerseite zu folgen - jedoch unter Zugrundelegung ihrer anders gelagerten sozialmedizinischen Auffassung.
Die von der Klägerseite angenommene Unschlüssigkeit des Gutachtens des Prof.Dr. D. ergibt sich zur Überzeugung des Senats
aus den aufgezählten Unstimmigkeiten nicht. Zwar können Ungenauigkeiten in der Faktenerhebung die Bedeutung der darauf aufbauenden
Wertungen mindern oder im Extremfall entkräften. Im vorliegenden Fall sind Angaben z.B. zu den Erkrankungen im familiären
Umfeld nach den Angaben des Klägers fehlerhaft; andererseits sind sie in gleicher Weise bereits anderweitig Akteninhalt, ist
ein eindeutiger Gegenbeleg nicht vorhanden und die Bedeutung für die sozialmedizinische Wertung eher gering, weil hier eine
mögliche Behandlungschance nicht im Zentrum der bedeutungserheblichen Fragestellungen stand. Ebenso stellen die vom Kläger
gerügten Ausführungen zur sinnvollen Weiterbehandlung auf keine für die berufungsgerichtliche Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte
ab. Die Beklagte hat den Kläger nicht zu irgendwelchen Behandlungen im Rahmen der Mitwirkungspflichten aufgefordert gehabt.
Die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils sind im Ergebnis nicht zu beanstanden und die Berufung war zurückzuweisen.