LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.12.2009 - 31 U 392/08
Vorinstanzen: SG Berlin 18.04.2007 S 68 U 717/03
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. April 2007 wird zurückgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Anerkennung eines Unfalls vom 31. August 2002 als Arbeitsunfall sowie die Zahlung
von Verletztengeld (auch) für die Zeit vom 17. bis 20. Juni 2003 in Höhe von insgesamt 263,72 €.
Die 1961 geborene Klägerin ist Balletttänzerin und seit August 1979 an der D St-oper B beschäftigt. Am 31. August 2002 fand
anlässlich des Eröffnungswochenendes der St-oper und eines Opernfestes ein Benefizkonzert zu Gunsten der hochwassergeschädigten
S-oper statt, bei dem zu Spenden aufgerufen wurde. Das Benefizkonzert begann um 19:30 Uhr im Großen Saal der St-oper und wurde
auf dem Bplatz zeitgleich auf einer Großleinwand übertragen. Es handelte sich um eine öffentliche Veranstaltung ohne Einlasskontrolle,
bei der kein Eintritt erhoben wurde. Die Teilnahme war für die Beschäftigten der St-oper keine dienstliche Verpflichtung,
auch wenn diese erwünscht war. Die Mitarbeiter waren während des Opernfestes nicht durch äußere Kennzeichen als Angehörige
der St-oper identifizierbar. Gegen 21:00 Uhr wurde bei freiem Eintritt auf dem Bplatz auf einem Lkw, der zu einer Musiktheaterbühne
ausgebaut worden war, eine circa halbstündige Oper aufgeführt. Um circa 21:40 Uhr fand ein Lichtspektakel auf dem Platz vor
der St-oper statt. Eingeladen waren zu diesen Veranstaltungen auf dem Bplatz sowohl alle Mitarbeiter des Hauses und als auch
andere Zuschauer. Ab 22:00 Uhr fand in der Kantine des Intendanzgebäudes eine Veranstaltung für die Mitarbeiter der St-oper
- also die Betriebsangehörigen - statt, zu der per Aushang in den Schaukästen im Intendanzgebäude und per Verteilung im Hause
durch den neuen Intendanten geladen worden war. Die Feier diente auch der Begrüßung der Mitarbeiter durch den neuen Intendanten.
Teilnahmeberechtigt waren ausschließlich Betriebsangehörige, keine Außenstehenden. Um etwa 1:30 Uhr endete die Veranstaltung.
Zu betreten ist das Intendanzgebäude nur durch die Pforte an der Straße "H". Zutritt haben nur Hausangehörige mit eigenem
Schlüssel. Der Pförtner öffnet nur Mitarbeitern mit Dienstausweis die Tür. Aus Sicherheitsgründen ist Fremden der Zutritt
zum Gebäude verwehrt. An diese Sicherheitsvorkehrungen hat sich der am 31. August 2002 eingesetzte Pförtner gehalten.
Die Arbeitszeit der Klägerin begann am 31. August 2002 um 10:00 Uhr und endete um 17:00 Uhr; danach ging sie zunächst nach
Hause. Gegen 21:30 Uhr brach sie erneut Richtung St-oper auf, da sie an der Veranstaltung in der Kantine des Intendanzgebäudes
um 22:00 Uhr teilnehmen wollte. An den von der St-oper durchgeführten Veranstaltungen vor dem Feuerspektakel, nämlich dem
Benefizkonzert und der Aufführung der Kurzoper, hatte die Klägerin nicht teilgenommen. Nach den Proben am Tag war sie erschöpft.
Das Konzert interessierte sie nicht so sehr. Ihr Hauptinteresse lag an der Teilnahme an der Veranstaltung, die um 22:00 Uhr
beginnen sollte. Auf dem Weg dorthin fand auch die Lichterschau statt. Aus diesem Grund ging die Klägerin von der Bushaltestelle,
an der sie kurz nach 21:30 Uhr aus dem Bus gestiegen war, nicht unmittelbar weiter zum Intendanzgebäude, sondern blieb stehen,
weil auf dem Bplatz auch weitere Kollegen waren und sie sich den Feuerzauber anschauen wollte. Sie hätte trotz der auf dem
Bplatz anwesenden Massen - wenn auch langsam - weitergehen können. Als sie gegen 22:20 Uhr durch Reste eines Feuerwerkskörpers
am Kopf getroffen wurde, lief das Feuerwerk bereits eine Weile. Es dauerte anschließend auch eine weitere Zeit lang an.
Der Chirurg Dr. L führte im Durchgangsarztbericht vom 3. September 2002 aus, bei der Klägerin liege eine kleine oberflächliche
Platzwunde, primär verheilt, in der Sagitallinie vor. Sie leide gelegentlich unter Kopfschmerzen und Übelkeit. Die Halswirbelsäule
sei frei beweglich. Die Erstbehandlung habe am 31. August 2002 im Krankenhaus F stattgefunden. Hier sei die Wunde desinfiziert
und mit steri-strip-Verband behandelt worden. Im Nachschaubericht vom 13. September 2002 teilte er mit, die Klägerin klage
über Kopfschmerzen über dem rechten Scheitelbein, Schwindel, Übelkeit und Brechreiz. Es liege eine Schädelprellung rechts
mit anhaltender Symptomatik vor. Die Beklagte holte eine fachärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. H
vom 6. Januar 2003 ein und veranlasste die Begutachtung der Klägerin durch diesen Arzt, der unter dem 17. April 2003 ein Gutachten
erstellte.
Nachdem die Beklagte erneut bei dem Arbeitgeber der Klägerin die genauen Umstände der Veranstaltung auf dem Bplatz ermittelt
hatte, lehnte sie mit Bescheid vom 18. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2003 die Anerkennung
eines Arbeitsunfalles vom 31. August 2002 ab und führte zur Begründung unter anderem aus, am 31. August 2002 habe die versicherte
Tätigkeit der Klägerin als Tänzerin bei der D St-oper B offiziell um 17:00 Uhr geendet. Die Eröffnungsfeier der D St-oper
B habe um circa 21:40 Uhr begonnen. An dieser habe die Klägerin teilgenommen und sei während des dabei stattfindenden Lichtspektakels
gegen 22:20 Uhr von einem Feuerwerkskörper am Kopf verletzt worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
könne die Teilnahme von Beschäftigten zum Beispiel an Betriebsfesten, -ausflügen und ähnlichen Gemeinschaftsveranstaltungen
dem Unternehmen zugerechnet und einer versicherten Tätigkeit gleichgesetzt werden. Voraussetzung hierfür sei, dass die Veranstaltung
von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet, gebilligt und/oder gefördert und von ihrer Autorität als betrieblicher Veranstaltung
getragen werde. Des Weiteren sei zwingende Voraussetzung, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen der
Unternehmensleitung und der Belegschaft diene und deshalb allen Betriebsangehörigen offen stehe, wobei eine Mindestbeteiligung
von circa 20 % der Betriebsangehörigen gefordert werde. Vorliegend fehle es an dem geforderten Zweck und der Mindestbeteiligung
von Betriebsangehörigen. Bei dem Opernfest auf dem Bplatz habe es sich nach Auskunft des Arbeitgebers um eine öffentliche
Veranstaltung ohne Einlass gehandelt, die durch die St-oper B veranstaltet worden sei. Eine Angabe der Zahl der Teilnehmer
von Mitarbeitern sei daher nicht möglich gewesen. Eine Teilnahme der Mitarbeiter sei zwar gewünscht worden, um "ein gutes
Bild in der Öffentlichkeit abzugeben". Eine Kenntlichmachung nach außen mittels Kostümierung oder zum Beispiel Unternehmens-/Namensschild
sei aber nicht erfolgt. Das Arbeitsende am Unfalltag sei durch die Unternehmensleitung mit 17:00 Uhr angegeben worden. Bei
dem Fest mit anschließendem Feuerwerk habe es sich daher um eine Marketingveranstaltung der St-oper gehandelt, die dem ausschließlichen
Zweck der Werbung potentieller Zuschauer und der Darstellung in der Öffentlichkeit, nicht aber der Förderung des Verhältnisses
zwischen Unternehmensführung und Mitarbeitern gedient habe. Eine Zurechnung des Opernfestes zur versicherten Tätigkeit als
betriebliche Veranstaltung könne daher nicht erfolgen. Auch bei der Veranstaltung in der Kantine der St-oper nach dem Feuerwerk
auf dem Bplatz habe es sich nicht um eine betriebliche Veranstaltung gehandelt, da auch hier nicht vorrangig die Verbundenheit
zwischen Unternehmensleitung und Mitarbeitern gefördert werden sollte. Nach Auskunft der Unternehmensleitung sei nach dem
Feuerwerk vielmehr eine Fortsetzung des Opernfestes im Opernhaus geplant gewesen, die ebenfalls allen Teilnehmern offen stehen
sollte.
Die anschließende Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 18. April 2007 abgewiesen und zur Begründung unter anderem
ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Anerkennung des angeschuldigten Unfallereignisses vom 31. August 2002
als Arbeitsunfall und daran anknüpfend auf die Gewährung von Verletztengeld, da der Verletztengeldanspruch zur Voraussetzung
habe, dass die Arbeitsunfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls, zu dem Arbeitsunfälle gehörten (§ 7 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VII), eingetreten sei (§ 45 Abs. 1 Nummer 1 1. Fall SGB VII). Arbeitsunfälle seien gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls sei es erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten,
bei dem sich der Unfall ereignet habe, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sei. Dieser Zurechnungszusammenhang zwischen
der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung sei wertend zu ermitteln, indem untersucht werde, ob die
jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenzen liege, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung
reiche (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004 - B 2 U 47/03 R, zitiert nach Juris). Maßgeblich sei die Handlungstendenz des Versicherten, ob er eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende
Verrichtung habe ausüben wollen (BSG, Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 11/04 R, zitiert nach Juris). Eine derartige Tätigkeit habe die Klägerin ausgehend von ihren Angaben beim Eintritt des angeschuldigten
Unfalls, als sie das Lichtspektakel auf dem Platz neben dem Opernhaus betrachtet habe, erkennbar nicht ausgeübt. Sie habe
sich dort, nachdem ihr Arbeitstag um 17:00 Uhr geendet habe und sie nach Hause gefahren sei, mit einer Freundin und einem
Bekannten getroffen, um sich die Lichterschau anzusehen. Dass sie hierbei in irgendeiner Art und Weise einer der Staatsoper
dienenden Verrichtung habe nachkommen wollen, sei nicht ersichtlich; es sei von ihr auch nicht behauptet worden. Aufgaben
habe sie nicht wahrzunehmen gehabt. Sie sei insoweit lediglich eine von mehreren 1000 Zuschauern dieser öffentlichen und allgemein
zugänglichen Veranstaltung gewesen. Der erforderliche Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit der Klägerin sei auch nicht
dadurch hergestellt worden, dass Veranstalter der Lichterschau die St-oper gewesen sei, der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin,
und die Anwesenheit der Opernmitarbeiter nach Auskunft der St-oper erwünscht gewesen sei. Ersichtlich sei die Handlungstendenz
der Klägerin nicht hierauf bezogen gewesen. Ihr sei es um die Betrachtung der Lichterschau gegangen. Auch die äußeren Umstände,
in denen die Handlungstendenz ihre Bestätigung finden müsse (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2003 - B 2 U 23/03 R, zitiert nach Juris), sprächen dagegen, dass die Klägerin mit ihrer Anwesenheit einen betrieblichen Zweck verfolgt habe.
Sie sei als Opernangehörige nicht erkennbar gewesen. Es habe keine Kostümierung oder sonstige Kenntlichmachung gegeben. Auch
zeige der Umstand, dass die Klägerin ihrem Vorbringen zufolge dem vor der Lichterschau stattgefundenen Benefizkonzert und
der Aufführung der Kurzoper nicht beigewohnt habe, da sie hieran kein Interesse gehabt habe, dass sie dem Wunsch des Opernhauses
auf Anwesenheit der Opernangehörigen keine wesentliche Bedeutung beigemessen habe. Auch sei die Veranstaltung mit der Lichterschau
auf dem Bplatz nicht als betriebliche Veranstaltung, bei der ein sachlicher Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bestehen
könne, anzusehen. Dass die Veranstaltung der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten
sowie der Beschäftigten untereinander gedient habe, wie dies Voraussetzung für die Annahme einer betrieblichen Veranstaltung
sei (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004 - B 2 U 47/03 R, zitiert nach Juris), sei nicht erkennbar. Sie habe sich ausgehend von den Mitteilungen der St-oper ersichtlich an die Öffentlichkeit
gerichtet. Es sei eine Veranstaltung zur Eröffnung der neuen Opernsaison gewesen und habe als Benefizveranstaltung die Sammlung
von Spenden für die S-oper bezweckt. Es habe sich um eine öffentliche, allgemein zugängliche Veranstaltung gehandelt. Nach
Schätzung der Klägerin hätten sich mehrere 1000 Zuschauer eingefunden. Derartige ohne jede betriebsbezogene Begrenzung öffentliche
Veranstaltungen seien keine unter Versicherungsschutz stehenden Gemeinschaftsveranstaltungen (BSG, Urteil vom 28. Oktober
1966 - B 2 U 92/63, zitiert nach Juris; Krasney, in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3: Gesetzliche Unfallversicherung, Stand
2006, § 8 Rz. 125).
Ein unfallversicherungsrechtlicher Bezug der Teilnahme der Klägerin an der Veranstaltung auf dem Bplatz könne auch nicht nach
den Regeln zur Beurteilung so genannter gemischter Tätigkeiten hergestellt werden. Dies seien Tätigkeiten, die untrennbar
unversicherten privaten als auch versicherten betrieblichen Zwecken dienen würden. Versicherungsschutz bei derartigen Tätigkeiten
bestehe, wenn sie dem Unternehmen zwar nicht überwiegend, aber doch wesentlich zu dienen bestimmt seien. Entscheidendes Abgrenzungskriterium
sei, ob die Tätigkeit auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zwecke entfallen wäre (BSG, Urteil vom 12. April
2005 - B 2 U 11/04 R, zitiert nach Juris). Es sei nicht davon auszugehen, dass die Klägerin sich auch dann um kurz nach 21:30 Uhr auf dem Bplatz
eingefunden hätte, wenn sie nicht beabsichtigt hätte, die Lichtershow anzusehen, sondern es einzig darum gegangen wäre, als
Angehörige des Opernhauses zugegen zu sein, wie dies nach Mitteilung des Opernhauses erwünscht gewesen sei. Dies werde, wie
bereits aufgezeigt, vor allem durch den Umstand deutlich, dass die Klägerin beim vorangegangenen Benefizkonzert und bei der
Kurzoper mangels Interesses nicht zugegen gewesen sei, obwohl auch das Konzert und die Aufführung der Kurzoper Bestandteile
der Veranstaltung der St-oper gewesen seien.
Um eine betriebliche Veranstaltung im oben dargelegten Sinne könne es sich bei der für 22:00 Uhr in der Kantine der St-oper
angesetzten Veranstaltung gehandelt haben, zu der der neue Opernintendant eingeladen habe und an der die Klägerin habe teilnehmen
wollen. Dies könne aber offen bleiben, da die Klägerin den angeschuldigten Unfall nicht dort erlitten habe. Zwar habe die
Klägerin dorthin gehen wollen, doch habe sie im Zeitpunkt des angeschuldigten Unfallereignisses nicht unter dem so genannten
Wegeunfallschutz im Sinne von § 8 Abs. 2 Nummer 1 SGB VII, wonach versicherte Tätigkeit auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges
nach und von dem Ort der Tätigkeit sei, gestanden. Hierzu könne auch der Weg zu einer betrieblichen Veranstaltung gehören.
Die Klägerin habe ihren Weg zur Kantine der St-oper unterbrochen, als sie auf dem Bplatz nach ihren Angaben weitere Arbeitskollegen
getroffen habe und sich die Lichterschau mit dem Feuerwerk ansah, wodurch sie eine andere nicht der Zurücklegung des Weges
dienende Tätigkeit eingeschoben habe. Diese Unterbrechung sei so wesentlich, dass eine Zäsur eingetreten und der Versicherungsschutz
entfallen sei. Unerheblich sei insoweit, ob sich die Klägerin im Unfallzeitpunkt noch im öffentlichen Verkehrsraum, sofern
der Bplatz zwischen dem Opernhaus und der juristischen Fakultät dem allgemeinen Verkehr gewidmet sei, befunden habe. Seine
Rechtsprechung, der zufolge eine Unterbrechung des Unfallversicherungsschutzes erst beim Verlassen des öffentlichen Verkehrsraums
eintrete, habe das Bundessozialgericht (Urteil vom 9. Dezember 2003 - B 2 U 23/03 R, zitiert nach Juris) aufgegeben. Das Zusammentreffen mit den Arbeitskollegen und die Betrachtung der Lichterschau hätten-
wie dargelegt - ihrerseits mit der versicherten Tätigkeit der Klägerin nicht im Zusammenhang gestanden, sondern seien dem
persönlichen Lebensbereich der Klägerin zuzuordnen, so dass sie die Fortdauer des Versicherungsschutzes nicht hätten vermitteln
können, sondern vielmehr unterbrochen hätten. Auch habe es sich nicht um eine ganz kurze und geringfügige Unterbrechung gehandelt,
die den Zusammenhang des Weges mit der Betriebstätigkeit auch dann nicht beseitige, wenn sie eigenwirtschaftlicher, privater
Natur sei. Derartige nicht ins Gewicht fallende und nur zu unwesentlichen Unterbrechungen führende Tätigkeiten seien solche,
die bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges anzusehen seien und bei denen die eigenwirtschaftliche
Verrichtung hinsichtlich Dauer und Art ihrer Erledigung keine erhebliche Zäsur in der Fortbewegung in Richtung auf die Betriebsstätte
darstellen würde, wobei dies nach der allgemeinen Verkehrsauffassung zu beurteilen sei. Geringfügig sei eine Unterbrechung,
wenn die private Verrichtung ohne nennenswerte Verzögerung, gleichsam im Vorbeigehen, erledigt werden könne, wie das Besorgen
von Zigaretten aus einem Automaten am Straßenrand, die Hilfeleistung beim Öffnen einer Straßenbahntür oder bei dem Hineinheben
eines Kinderwagens in einen Bus (BSG, Urteile vom 9. Dezember 2003 - B 2 U 23/03 R und vom 12. April 2005 - B 2 U 11/04 R, zitiert nach Juris). Mit derartigen kurzzeitigen Verrichtungen sei das Zusammentreffen der Klägerin mit den Arbeitskollegen
und vor allem das Anschauen der Lichterschau auf dem Bplatz nicht gleichzusetzen. Nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung
sei die Klägerin kurz nach 21:30 Uhr am Bplatz eingetroffen. Zu der Veranstaltung in der Kantine im Intendanzgebäude des Opernhauses
sei erst für 22:00 Uhr eingeladen gewesen. Zur Überquerung des Bplatzes, um zum Eingang des Intendanzgebäudes an der Straße
"H" zu gelangen, seien nur wenige Minuten erforderlich gewesen. Die Klägerin habe - wenn auch langsam wegen der anwesenden
Massen - ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung zufolge den Weg fortsetzen und zum Intendanzgebäude weitergehen können.
Dennoch sei sie nach ihren Angaben stehen geblieben, weil sie Kollegen getroffen habe und sich den Feuerzauber habe ansehen
wollen. Diese Unterbrechung habe länger als die vorstehend aufgezählten geringfügigen Verrichtungen gedauert, die gleichsam
im Vorbeigehen erledigt würden. Bereits Unterbrechungen zu privaten Zwecken von 10 Minuten würden den Zusammenhang mit der
versicherten Tätigkeit aufheben (BSG, Urteil vom 9. Dezember 1964 - 2 RU 133/63, Die Berufsgenossenschaft 1965, Seite 196,197). Diese Zeitspanne sei deutlich überschritten, als die Klägerin ausweislich
der Unfallanzeige vom 2. September 2002 um 22:20 Uhr den Unfall erlitten habe. Zu diesem Zeitpunkt habe die Unterbrechung
auch noch fortgedauert. Die Klägerin habe unter Zugrundelegung ihres Vorbringens den etwaig unter Versicherungsschutz stehenden
Weg zum Intendanzgebäude noch nicht wieder aufgenommen. Vielmehr habe sie noch zwischen den anderen Zuschauern gestanden.
Das Feuerwerk sei nicht beendet gewesen.
Gegen das ihr am 2. Mai 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 1. Juni 2007 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie führt
unter anderem aus, der aus der angefochtenen Entscheidung ersichtliche Ansatz, beide Veranstaltungen - diese auf dem Bplatz
und jene in der Kantine der St-oper - streng isoliert zu betrachten, sei rechtsfehlerhaft. Der Sachverhalt werde zu Unrecht
so dargestellt, als habe zwischen diesen beiden Veranstaltungen kein innerer Zusammenhang bestanden. Im zweiten Absatz der
sechsten Seite des angefochtenen Urteils finde sich beispielsweise die Bemerkung, dass sie der so genannten Kurzoper und dem
Benefizkonzert ferngeblieben und erst zur Zeit des Feuerwerks erschienen sei. Hierdurch werde suggeriert, sie sei gleichsam
wegen des Feuerwerks abends zum Bplatz gekommen. Dies treffe indes nicht zu, denn wenn sich der öffentlichen Veranstaltung
auf dem Bplatz nicht die betriebsinterne Feier in der Kantine der St-oper angeschlossen hätte, wäre sie überhaupt nicht anwesend
gewesen. Hieran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass sie auf dem Weg zur Kantine interessiert das Feuerwerk beobachtet
habe, wie im Übrigen viele der Gäste, die dann erst hiernach zu der Feier in der Kantine der St-oper erschienen seien. Richtigerweise
hätten somit die öffentliche Veranstaltung auf dem Bplatz, die zwar öffentlich zugänglich, zu der aber das Erscheinen der
Betriebsangehörigen ausdrücklich erwünscht gewesen sei, und die im Anschluss stattfindende Feierlichkeit in der Kantine der
St-oper, zu der der Intendant die Mitarbeiter der St-oper eingeladen hatte, als eine Einheit gewürdigt und im Zusammenhang
erkannt werden müssen, dass insgesamt eine betriebliche Veranstaltung vorgelegen habe, bei der sie als Arbeitnehmerin besonders
geschützt gewesen sei. Der vorliegende Fall unterscheide sich insofern auch von den üblicherweise zu beurteilenden Fällen,
bei denen regelmäßig nur hinsichtlich einer einzigen Veranstaltung darüber zu befinden sei, ob diese betrieblich veranlasst
gewesen sei. Dies habe das erstinstanzlich mit der Sache befasste Gericht jedoch aufgrund des im Wesentlichen unstreitigen
Tatbestandes erkennen und entsprechend berücksichtigen müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. April 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2003 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2003 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Unfall am 31. August 2002,
circa 22:20 Uhr, um einen Arbeitsunfall handelte, und die Beklagte zu verurteilen, ihr Verletztengeld für den Zeitraum vom
17. Juni 2003 bis 20. Juni 2003 in Höhe von insgesamt 263,72 € brutto zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf den angefochtenen Bescheid in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat, sowie die
Entscheidungsgründe des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt
der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Az. ...) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf
die Feststellung, dass der Unfall vom 31. August 2002 ein Arbeitsunfall ist.
Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass es nicht darauf ankommt, ob die in der Kantine stattfindende Veranstaltung,
wofür viel spricht, unter Versicherungsschutz fällt, denn der Unfall fand weder dort noch auf dem Weg dorthin, statt. Zwar
hat die Klägerin nach ihren eigenen Angaben gegen 21:30 Uhr den Bus verlassen, um sich zu der gegen 22:00 Uhr beginnenden
Feier in die Kantine zu begeben. Sie hat ihren Weg jedoch - wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - kurz
darauf unterbrochen und bis zum Unfallzeitpunkt um 22:20 Uhr, also fast 50 Minuten, nicht wieder fortgesetzt, um sich das
Feuerwerk anzusehen. Damit erscheint die Behauptung der Klägerin in der Berufungsschrift, ohne die Veranstaltung in der Kantine
hätte sie den Bplatz an diesem Abend gar nicht betreten, zwar nachvollziehbar, dies ändert jedoch nichts daran, dass sie ihren
Weg zur Betriebsstätte aus eigenwirtschaftlichen Gründen, nämlich um das Feuerwerk zu betrachten, unterbrochen und dadurch
ihren Versicherungsschutz für den Zeitraum der Unterbrechung verloren hat. Bei dem Feuerwerk handelte es sich nicht um eine
Versicherungsschutz vermittelnde Gemeinschaftsveranstaltung des Arbeitgebers der Klägerin, sondern um eine sonstige Veranstaltung,
zu der nicht nur auch, sondern überwiegend betriebsfremde Menschen eingeladen waren. Beide Veranstaltungen sind auch entgegen
dem Vorbringen der Klägerin in der Berufungsschrift nicht als einheitliche Veranstaltung zu sehen, auch wenn sie zufällig
am selben Tag stattfanden, denn sie richteten sich an verschiedene Teilnehmerkreise, auch wenn sich diese überschnitten, und
dienten verschiedenen Zwecken. Während die Veranstaltungen auf dem Bplatz der Werbung potentieller Zuschauer und der Darstellung
in der Öffentlichkeit und damit gerade nicht der Förderung des Verhältnisses zwischen Unternehmensführung und Mitarbeitern
diente, traf letzteres auf die Veranstaltung in der Kantine zu. Während es sich bei der Veranstaltung in der Kantine damit
um eine Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt hat, trifft dies auf die Veranstaltungen auf dem Bplatz nicht zu. Der vorliegende
Fall unterscheidet sich insofern nicht von anderen Fällen, in denen auf dem Weg zu einer Betriebsfeier eine Unterbrechung
stattfindet. Auch wenn das Ereignis, für welches die Klägerin ihren Weg unterbrochen hat, ebenfalls von dem Arbeitgeber der
Klägerin organisiert war, hat er die Unterbrechung nicht veranlasst.
Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, denn er weist die Berufung aus den sehr ausführlich
dargestellten, alle rechtlichen Aspekte diskutierenden und die maßgeblichen Entscheidungen des Bundessozialgerichts nennenden
und beachtenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
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